ZZZ: [Sim, IMC und Co]
Du schulst ja nicht, daher sei Dir dahingehend nachgesehen. Die Erfahrung allerdings zeigt, daß gerade das Erleben und Beherrschen der Grenzflugsituationen mitsamt der richtigen Reaktionen nicht nur zu schnelleren Reflexen, sondern auch zu einem tieferen Verständnis führen. Wenn Flugschüler beispielsweise verstehen lernen, wo die wirklichen Grenzen des Flugzeuges sind und wie sich ein Abreißen der Strömung bemerkbar macht, so meine Erfahrung, sind diese auch wesentlich entspannter beim Fliegen der richtigen Anfluggeschwindigkeit auch bei bockigem Wind sind. Gleichsam ist das Erleben und trainieren des überzogenen Flugzustandes natürlich etwas, was Theorie mit Praxis verbindet. Deine Argumentation läuft ja darauf hinaus, daß Du diese Übung am liebsten aus dem Syllabus streichen wollen würdest, weil Du sie für unnötig erachtest. Scheinbar scheint allerdings jeder mit Lehrberechtigung dem zu entgegnen, daß diese Übung für das Verständnis des Fliegens eines Flügels wichtig ist. Die Risiken sind absolut überschaubar, wenn man sich an die Spielregeln hält: Bekannte Schwerpunktlage, bekanntes Ausleitmanöver und tieferes Verständnis durch den Lehrberechtigten, genug Höhe, Achtsamkeit, Umsicht und ein für das Manöver geeignetes und zugelassenes Flugzeug. Im Fall der Lanceair waren mehrere der Punkte faktisch nicht gegeben, damit einer Fehlerkette die Möglichkeit genommen, unterbrochen zu werden.
ZZZ: Zu einem Teil von Verwirrung habe ich sicher beigetragen, weil wir recht regelmäßig hier nicht VFR-Piloten und IFR-Piloten abgrenzen.
Ich sehe da kein Grund zur Verwirrung, die Ausbildungsinhalte für den PPL, der Basisbaustein auch für die IFR-Fliegerei ist, ist identisch. Egal ob man dann das IR macht, oder nicht.
ZZZ: Für VFR? Das überrascht mich. Ich kenne tatsächlich nur den "Wings leveled" stall.
Das tut mir für Dich leid. Wir können kommendes Jahr gerne zusammen in die „Blechbüchse“ steigen und die Übungen zusammen nachfliegen: https://www.youtube.com/watch?v=Ac40nbgc7XE // https://www.youtube.com/watch?v=wPFKFahGbgA – DISCLAIMER: Ich habe im Nachgang nicht die geringste Ahnung, was mich geritten hat, die Übungen so tief anzusetzen. Ich kenne den Flieger insbesondere bei der vorherrschenden Schwerpunktlage aus dem EffEff, aber das ist kein Grund von den üblichen 5000 ft AGL abzuweichen.
Chris T: Malte, komm doch mal runter.
Manchmal würde ich mir gerne mal meine Beiträge vorlesen lassen…
Chris T: Es geht doch einfach darum, anhand des konkreten Unfalls, bei dem ein "Vertrautmachen" fatale Folgen hatte, mal zu diskutieren, ob unsere Prioritäten in der Flugausbildung hierzulande richtig liegen. Und natürlich sind Georg und ich als (nehme ich mal an) nicht-FIs da weniger bewandert als du als FI. Trotzdem denkt man halt nach.
Ich bin sicher der letzte, der eine Diskussion und Anregungen dazu verbieten wollen würde. Darauf soll mein Beitrag auch nicht zielen. Gleichsam darf man, denke ich, eine Befremdlichkeit feststellen, wenn zwar auf der einen Seite mit einer gewissen Vehemenz die vermeidliche Überlegenheit US-amerikanischer Luftfahrtgesetzgebung über die europäische propagiert wird, sich bei näherer Diskussion allerdings große Lücken in der Kenntnis über letztere offenbaren.
Dabei ist diese Nichtwissen ja widerspruchsfrei behebbar. Ich bin ja schließlich auch kein Fluglehrer von Gottes gnaden, sondern durch einen mehr oder weniger aufwendigen Lernprozess zu bestimmten Standpunkten gelangt, die ich natürlich nicht nur argumentieren, sondern auch bei besserer Gegenargumentation ändern kann.
Chris T: Betrachten wir es mal von der Seite: Haben wir als Flug"schüler" (in Grundausbildung, Checkflug, Auffrischung, Vertrautmachen usw) Situationen mit FIs "geübt" oder sind da von den FIs reingeritten worden, die wir im Nachhinein als unnötig gefährlich einschätzen?
Ich kann mich an keine gefährliche Situation erinnern. Gleichwohl aber an Situationen in der außerschulischen Fliegerei, in der mir das Training der hier als zu gefährlich diskutierten Übungen wohl die Haut gerettet haben. Beim Abkippen im Endanflug auf einen ansteigenden Acker mit einer Hornet, beim Motorausfall kurz nach dem Start, bei der Sicherheitslandung wegen Ölverlust, bei der Sicherheitslandung mit defekten Magneten, beim Versagen des Klappenmotors beim Durchstarten, beim ungeplanten Einflug in IMC.
Die Übungen waren nie hemdsärmelig durchgeführt, sondern mit genug Sicherheitsmargen geplant, vorher besprochen, erklärt, gezeigt, geübt, gekonnt. Trudeln in sicherer Höhe, Seilrissübungen in allen Höhen mit klaren Handlungsanweisungen, Startabbrüche im Motorflugzeug, Ziel- und Notlandeübungen bei Tag und bei Nacht.
Meine letzte Übung dieser Art war als Trainee für den SEP(sea). Ich war schon sehr erstaunt, wie sehr man eine C172 mit Wiplines drücken muß, um genug Energie zum Abfangen zu behalten und bin froh, diese Übung mit erfahrenem Fluglehrer geflogen zu sein, bevor sie mir womöglich ohne selbigen passiert.
Daher trainiere ich mit meinen Schülern genau auch diese Situationen, in denen sie sich sonst die Nacken brechen würden. Gerade der Motorausfall im Anfangssteigflug sollte trainiert werden. Das nötige Verhalten des Piloten beim Ausfall in den ersten paar Fuß nach dem Abheben unterscheidet sich eklatant vom Verhalten das notwendig ist in 200 Fuß.
Natürlich übt man den Motorausfall in 200ft nicht in Aachen. Man fliegt dazu zu einer langen Bahn ohne Verkehr. Kassel oder so. Dann sind auch die Risiken überschaubar, managebar und der Nutzen über das Risiko enorm.
Chris T: aber halt, in der Lancair scheint der Fall nicht ganz so klar zu sein. DAS ist der Punkt. In der Lancair sollte man es vielleicht besser bleiben lassen.
Ja natürlich, insbesondere ohne ausreichende Höhe, mit Passagieren, vergleichsweise schwanzlastiger Schwerpunktlage, widerstandsarmer Zelle und wohmöglich sogar ohne sich dem Verhalten des Flugzeuges schrittweise genähert zu haben. Ein Experimental wie diese Lanceair ist da gänzlich anders zu bewerten als ein zugelassenes Flugzeug.
ZZZ: Mit "Unusual attitude - übernehmen Sie" hätte ich mutmaßlich nicht halb den Stress gehabt
Du magst Dich wundern, aber auch das ist Bestandteil des LAPL/PPL Syllabus.
ZZZ: Ich hab's auch nur als einen pädagogischen Streich empfunden, und mein Puls ist minimal hochgegangen; bei den 2-3 mal, die mir mein Fluglehrer das Gas im Anfangssteigflug wegzog.
Dann hast Du das Gas nicht festgehalten. Ich warne auch immer. Wenn mein Schüler das Gas loslässt im Start, dann gehört der Hebel mir und ich mache damit, was ich will. Ist sehr heilsam. Ansonsten ist eine derartige Übung aus dem Blauen Dunst ohne vorheriges Briefing oder vorangegangene Übungen natürlich Mist. Der Flugschüler muß die Übung immer auch einordnen können.
Tobias Schnell: Interessanterweise ist der Power-on Departure Stall tatsächlich nicht explizit im EASA-Syllabus erwähnt.
Ich lese ihn in Lektion 10b(D) im Lehrplan der AMCs. Bei uns ist er im ATO-Handbuch allerdings auch expliziter erwähnt.
ZZZ: Die psychologischen Aspekte aus Flugschülersicht: Siehe mein Beitrag.
Nein, aus Deiner Sicht. Du sprichst nicht für die Flugschüler.
Chris T, Du magst kein EFATO in der Ausbildung sehen, ZZZ, Du kein Überziehen, weil ihr davor Angst habt. Die eigene Angst vor gewissen Flugzuständen oder Situationen ist aber ein denkbar schlechter Ratgeber für einen Ausbildungssyllabus. Ich kenne auch einen Piloten, der hat Angst vor Kurven mit mehr als 30°. Ein anderer hat Angst, sich zu verfliegen und fliegt deshalb nur Platzrunden. Soll ich deshalb aufhören Steilkurven oder Überlandflug zu schulen? Zu welchen inkompetenten Flugzeugbedienern wollt Ihr angehende Piloten denn ausbilden?
[Beitrag im Zusammenhang lesen]