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IFR & ATC | Winterwetter - Fliegen oder nicht?  
9. Januar 2019: Von Paul G. Eger  Bewertung: +4.00 [4]

Liebe Kollegen, lieber Herr Brill,

als bisheriger reiner Mitleser im Forum treibt mich jetzt doch eine Frage um die ich gerne stellen möchte. Wirklich nur eine Frage. Ich kämpfe wie vermutlich viele andere auch als SEP-IR Pilot im Winter mit der Problematik "should I stay or should I go". Besonders in den letzten Wochen mit den teils sehr eisgefährlichen Wetterlagen.

Auf dem unterhaltsamen Tracking der PuF-Flugzeugfamilie war jetzt in den letzten Wochen zu sehen, dass z.B. Bonnie munter und mehrmals zwischen dem Süden Österreichs und Deutschland hin und her geflogen ist. Flink über die Alpen, bei der 0-Grad-Grenze am Boden und wirklich unschönen Cross-Sections z.B. am 9.1. oder am 20.12.
Das waren Tage an denen ich mich in dieser Region mit einem durchaus vergleichbaren Muster C182 nicht in die Luft getraut hätte. Offensichtlich waren die Flüge aber erfolgreich.

Da ich annehme, dass Bonnie von PuF-Piloten geflogen wird drängt sich mir folgende Frage an euch und an andere Piloten die in den letzten Wochen IFR unterwegs waren auf: Wie macht ihr das? Welche Vorhersage-Produkte verwendet ihr? Was sind eure Kriterien?
Bitte nicht als Kritik oder Second-Guessing verstehen. Antwort gerne auch als PM, wenn sich das Thema nicht zur öffentlichen Diskussion eignet. Würde mich einfach nur wahnsinnig interessieren. Danke!

PGE

9. Januar 2019: Von Matthias Reinacher an Paul G. Eger

In PuF 2018/02 gibt es genau dazu einen Artikel. Ist der bekannt?

Viele Grüße
Matthias

10. Januar 2019: Von Rolf _PA46 an Paul G. Eger Bewertung: +2.00 [2]

Hallo Paul,

ich bin "bekennender Wetter-Angsthase" - sind die Cross-Sections schlecht vorhergesagt wie von Dir beschrieben, fliege ich nicht (und das, obwohl ich dank guter Freunde Zugriff auf DA42, C206 und C210P habe - alle FIKI). Persönliche Erfahrung in SR20: 20 sec gefrierender Regen kosten unmittelbar 30 kts indicated. Die C206 ist mit nur -10 kts gutmütiger, aber das TKS (da anti-ice) hat den nicht vorhergesagten gefrierenden Regen nicht mehr wegbekommen.

Aus meiner Sicht kommt es darauf an, was Deine Mission ist und wie schnell Du aus der kritischen Zone rauskommst. Wenn Du z.B. München - Hamburg fliegst und bei FL120 nach 6-8 min aus dem Bereich heraus / zumindest zwischen Wolkenschichten bist, mag das gehen. Meine Erwartung wäre dann aber, mindestens 1.000 ft/min Steigleistung, damit es bei den 8 min bleibt. Für kürzere Strecken und ein Routing, das einen in der kritischen Schicht lässt, ist das für mich ein NoGo.

Es gibt bestimmt kompetentere und / oder mutigere Piloten, die zu Kompromisse bereit sind. Für mich gibts es zu viele NTSB Icing reports, die kein Happy Ending haben. Interessant ist auch, dass FIKI Zertifizierung der FAA in Summe nur bedeutet, mit dem Flugzeug lassen sich unter 20 min light mit unter 5 min Anteil moderate Icing überleben (genaue Zahlen sind glaube ich 17 / 3 min).

Happy Landings

Rolf

10. Januar 2019: Von Wolff E. an Rolf _PA46

Steigleistung ist in der SEP Winter IR Zeit das wichtigste überhaupt. Es gab mal einen IR-Wetter-Kurs bei PuF, an dem ich auch teilgenommen hatte. War wirklich informativ. Ich meine, dass der dieses Jahr auch angeboten wird/wurde. @Jan, ist richtig?

10. Januar 2019: Von  an Rolf _PA46

Ich fliege im Winter grundsätzlich nur in VMC, außer es handelt sich um dünne, eisfreie Wolkendecken, solche durchfliege ich schon. Das TKS habe ich darum in fünf Jahren zwei Mal gebraucht, davon ein Mal im Hochsommer in Griechenland :-)

Dazu kommt natürlich, dass mein Platz rein VFR ist.

10. Januar 2019: Von Rolf _PA46 an Wolff E.

Steigleistung: Amen. Und selbst eine TBM mag da (mit einem vielleicht nicht ganz geübten Piloten) an ihre Betriebsgrenzen kommen: https://www.youtube.com/watch?v=0JkLR_xgayM.

10. Januar 2019: Von Achim H. an Rolf _PA46 Bewertung: +1.00 [1]

Man darf sich nie länger in Gebieten starker Vereisung aufhalten, entweder steigt man oder sinkt man. Mit starker Vereisung bringt man auch einen A380 runter.

In der Praxis ist Vereisung mit einem Turbinenflugzeug äußerst selten ein Problem, sofern man sich an die Regeln hält. Bei einem Kolbenflugzeug ist es eine ganz andere Sache.

Ich bin viel mit nicht enteister Turbo-SEP in Eis geflogen und mehr als einmal wünschte ich, dass ich zuhause geblieben wäre. Man benötigt immer einen Ausweg, nach unten, nach oben, umdrehen, etc. Bei der Alpenstrecke gibt es den oft nicht. Ich bin in schwierigen Lagen immer möglichst weit östlich geflogen.

Die Strecke Mainz-Graz kann man z.B. über Linz fliegen, das entschärft die Problematik enorm.

10. Januar 2019: Von  an Rolf _PA46

TBM-Crash von New Jersey: zum Unfallzeitpunkt haben Airliner in diesem Gebiet severe icing gemeldet ... das und falsche Flugstrategie haben zu dem Unfall geführt.

Ich glaube, dass man mit einer TBM in Europa bei praktisch allen Bedingungen außerhalb von Gewittern fliegen kann wenn eine IFR-Landung gewährleistet ist.

10. Januar 2019: Von Rolf _PA46 an  Bewertung: +2.00 [2]

Da bin ich bei Dir - und bleibe aus Ermangelung einer TBM heute am Boden und schippe Schnee :(

10. Januar 2019: Von Erik N. an Paul G. Eger Bewertung: +11.00 [11]

ich fliege (bzw. würde gerne fliegen) regelmäßig von EDLN nach München, mit der non-Turbo Bonanza ist das Augsburg oder Oberschleissheim. Ich fliege noch nicht so lange IFR und habe single pilot noch Muffen vor Anflügen in IMC bis auf 200ft Minimum, zudem herrscht dort lokal oft Nebel, tiefe Untergrenzen, und enroute mächtige Wolken mit z.T. moderate icing.

Jedenfalls lagen in den letzten paar Wochen immer dann, wenn ich runter wollte, diese Bedingungen entweder für den Hin-, den Rück- oder Hin- und Rückflug vor. Hinzu kommt, dass die Bonnie dann ein paar Tage draussen stehen würde.

Dann setze ich mich einfach in den ICE :) Das erspart mir Nahtoderfahrungen, aber ich baue leider auch keine Erfahrung auf. Wie ich dieses Dilemma lösen soll, ist mir derzeit nicht klar, aber jedenfalls betrachte ich das "Problem" nach dem Motto, besser unten und wünschen man wäre in der Luft, als andersrum.

Ich bin also ein bekennender fliegerischer Turnbeutelvergesser :)

10. Januar 2019: Von  an Erik N. Bewertung: +8.00 [8]

Ich bin schon seit längerem der Meinung, dass man nicht unbedingt Erfahrung im Fliegen in Vereisungsbedingungen aufbauen muss. Man kann sich auch grundsätzlich und konsequent davon fernhalten.

Unter (Privat)piloten gibt es m.E. zu oft die Haltung, dass das IR quasi zum Fliegen in schlechtem Wetter verpflichtet. Hunderte von "Warstories" in den Foren und wie Geweihe präsenterte Fotos von dick vereisten Flugzeugen sollen zeigen, was für ein harter Hund man doch ist. Statussymbol Lebensgefahr. Manchmal bin ich echt dankbar für meine Feigheit.

Es geht aber auch anders. Zwei Beispiele aus COPA sind mir besonders präsent: Im Sommer 2017 habe ich in der Bay Area/CA eine fast neue SR22 gechartert bei der mir als erstes auffiel, dass sie kein TKS hat. Ich glaube, das war die erste G5 ohne TKS/FIKI, die ich überhaupt gesehen habe. Der Eigner ist ein professioneller Pilot, der mir erklärte, dass er "kein TKS braucht" weil er "gar nicht daran denke, in Vereisungsbedingungen zu fliegen". Darum habe er sich das Geld dafür gespart.

Ein anderes COPA-Mitglied ist Eric, der ebenfalls eine fast neue SR22 hat. Eric fliegt beruflich als Captain 777 und wurde bei COPA schon oft in Diskussionen verwickelt weil er seit jeher auf dem Standpunkt steht mit "einmotorigen Flugzeugen nie in IMC zu fliegen". Ihr könnt Euch die Reaktionen vorstellen - von Ungläubigkeit bis Spott ist alles dabei. Er bleibt aber dabei: IFR in IMC fliege er nur mit der 777, in der Einmot stresse ihn das nur.

Ich habe das jetzt nur erwähnt um zu zeigen, dass es auch ganz andere Methoden gibt, mit der Materie umzugehen – und dass es immer noch der Captain (;-)) ist, der entscheidet, was er tun will, und was nicht. Man sollte sich als Privatpilot grundsätzlich davon frei machen, was "die Gruppe" von einem erwartet und nur Flüge machen, mit denen man sich auch wohlfühlt.

Wenn ich in FL150 über den Alpen in einer vereisten Einmot sitze, die bei Vollgas beginnt zu sinken, dann wird es schnell irrelevant, dass andere "das auch tun".

Ich fliege schon (auch weite Strecken) in IMC, auch bei starkem Regen und im Slalom zwischen den roten Bereichen des Radarbildes. Mein zweifelhafter Rekord liegt bei 3,5 Stunden in IMC und Dauerregen quer durch Europa. Aber wenn die OAT in IMC Richtung Null Grad geht, sinke ich - oder lande. Im Zweifelsfall habe ich andere Hobbies zur Verfügung - und MUC in der Nähe.

10. Januar 2019: Von Achim H. an Erik N. Bewertung: +4.00 [4]

So war es bei mir auch. An OVC002 habe ich mich jahrelang nicht getraut und der Flieger blieb dann stehen. Ist mühsam aber es wird dann eben mal bei vorhergesagtem OVC006 in der Praxis ein OVC002 und die Erfahrung baut sich langsam auf.

10. Januar 2019: Von Philipp Tiemann an Achim H. Bewertung: +6.00 [6]

Genau. Vorsichtig bleiben; aber wenn man genug fliegt, dann ergeben sich von ganz alleine Erfahrungen, von denen man dann wiederum für die Zukunft lernen kann.

Ich persönlich habe ich keinerlei Probleme mit Bedingungen voll am ILS-Minumum. Gerade wenn es ein ILS ist, der doch eher einfach bis zum Minimum herunterzufliegen. Alles sehr safe, solange man keinen Druck hat, sowie am Zielplatz noch drei Stunden Treibstoff in den Tanks.

Ein wirkliches Problem ist in der Tat eher das der Vereisungsgefahr (oder im Sommer das der CBs).

Im Winter gibt es in Mitteleuropa ja ganz grob 4 Wetterlagen (natürlich etwas vereinfacht):

1) Hochdruck, ggf. mit Nebeltendenz und eiskalten Temperaturen. In diesen Fall ist die Nullgradgrenze zwar mehr oder weniger am Boden; dafür hat man dann aber keinerlei Bewölkung mit vertikal signifikanter Ausdehnung. Geht also (im Hinblick auf Vereisungsgefahr) problemlos.

2) Hochdruck, Hochnebelwetter / nur relativ tiefer Stratus, darüber clear, ggf. etwas Sprühregen, Temperaturen am Boden ca. 5 Grad. Nullgradgrenze dann oft zwischen 2000 und 4000 Fuß. Auch das ist IFR gut machbar, da man enroute ebenfalls oben drüber ist. Im Anflug kann man dann das Pech haben, dass die Stratusschicht noch im negativen Temperaturbereich liegt, man aber im Inital Approach ein paar Minuten genau in dieser Höhe level gehalten wird. Da kann man innerhalb von 1-2 Minuten voll zueisen. Vorteil hier zumindest: man wird das Eis im Final Approach wieder los, da dort dann wieder positive Temperaturen herrschen. Trotzdem unangenehn. Strategien zur Vermeidung: den descent so spät wie möglich einleiten und die Sinkrate dann so steuern, dass man erst ganz kurz vor dem final descent seine Sollhöhe erreicht. So minimiert man die Zeit in der Vereisungszone.

3) Frontales/tiefdruckbedingtes Wettergeschehen mit Nullgradgrenze am oder nahe am Boden. Hier kann man es mit einem einfachen SEP ohnehin vergessen. No-go.

4) Frontales/tiefdruckbedingtes Wettergeschehen, mit wärmerer Luftmasse und Nullgradgrenze in 2000, 4000 oder 6000 Fuß GND. Hier kann man teilweise natürlich theoretisch low-level IFR im Dreck, aber im knapp positiven Temperaturbereich fliegen. In D/A/CH/HR ist man hier allerdings in die blöde MVA gebunden (es sei denn, als last resort, man cancelt IFR..., dann kann man am Ziel aber keinen IAP mehr fliegen...). In anderen Ländern hat man auch IFR hingegen noch Luft bis runter zur MSA... Macht aber alles keinen Spaß. Grundsätzlich finde ich schon: das enroute-Segment sollte komplett außerhalb von Wolken möglich sein.

10. Januar 2019: Von  an Achim H.

Mir gelingt es leider im Winter NIE so viel zu fliegen, dass sich echte Routine mit IFR-Minimalbedingungen einstellt. Dazu müsste man, meiner Meinung nach, beruflich fliegen - oder SET/MET.

10. Januar 2019: Von  an Paul G. Eger Bewertung: +1.00 [1]

Auch wenn mein Flieger theoretisch für eine SEP eine relativ gute Enteisung hat brauche ich sie sehr selten. Meine persönlichen Minima sind dabei:

- Kein severer Icing in der Vorhersage auf dem Flugweg und mit gut Abstand drum rum (eigentlich eh klar)
- Keine Icing-Schicht dicker als 5000ft durch die ich durch muss (davon höchstens 2000ft moderate - besser gar nicht)
- Kein Eis auf geplanter Reiseflughöhe (und damit auch kein absehbares IMC im Reiseflug bei Icing-Temperaturen)
- Kein Eis über FL180 (weil das die Option „nach oben“ praktisch immer offen hält)
- Geplanter Alternate entlang der Steigflugstrecke falls die Schichtdicke oder Intensität doch größer ist, als Vorhergesagt

Mit diesen Minima muss ich ab und zu aber nicht oft mal einen Flug ausfallen lassen.

Das größere Problem dieser Tage finde ich ist die Untergrenze beim VFR Teil des Fluges (aus EDFE) raus. Während zurück EDFM und ICE als Alternative oft problemlos ist, passt auf dem Hinweg der Flieger so schlecht in den ICE. Deswegen sind schon einige Flüge ausgefallen (bzw. gar nicht erst geplant worden), weil es völlig chancenfrei war, bis zum Pickup in VMC zu bleiben.
Ist aber auch nicht schlimm, da ich eh nur zum Spass fliege und nie „irgendwo hin“ muss.

10. Januar 2019: Von Erik N. an Philipp Tiemann

Interessante Wetterdifferenzierung, danke.

10. Januar 2019: Von Rolf _PA46 an Erik N.

EDLN nach München...

Nürnberg geht bei den Nebellagen meist noch gut, wenn EDMA dicht ist. Hatten wir glaube ich letztes Jahr im Forum zu Alternates mal diskutiert. Ist zwar nicht München, aber nur unwesentlich länger in der weiteren Anreise mit dem ICE als Augsburg

10. Januar 2019: Von Erik N. an Rolf _PA46

Ja oder Ingolstadt. Muss ich mal ausprobieren. EDMA hat app2drive, bzw. man schafft es einigermaßen schnell auch per Taxi / ICE / RE nach München...

10. Januar 2019: Von Johannes König an Erik N. Bewertung: +1.00 [1]

In Ingolstadt gibts auch einen Mietwagen, der unbürokratisch im IMA-Büro angemietet werden kann.

Details: https://www.flugplatz-ingolstadt.de/

10. Januar 2019: Von Flieger Max L.oitfelder an  Bewertung: +6.00 [6]

An Tagen wie diesen ist oft nicht einmal das Fliegen das Problem sondern danach die Frage: wo (heute in PRN bei +SN) ist der Taxiway?




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10. Januar 2019: Von Guido Frey an Erik N. Bewertung: +1.00 [1]

@Erik:

Ich habe die "Rutsche" von EDLP über EDMA oder EDNX und weiter nach EDDM via App2Drive bzw. S-Bahn/Taxi einige Male hinter mir und fand es an sich recht unproblematisch.

Ich persönlich halte aber auch das Anfliegen bis zum veröffentlichten Minimum für nicht allzu problematisch, so lange ich einen validen und möglichst simplen Plan B und exakte Bedingungen habe, unter denen ich dann genau auf diesen Plan B zurückgreife. In diesem Fall wäre das für mich:

Bei einer LOC- oder GS-Abweichung von mehr als 0,5 dot unter 1000 ft AGL wird durchgestartet.

Vor dem Flug habe ich mir meistens die Alternates gut angesehen und sie zusätzlich zum Wetter und Anflugverfahren auch auf "operationelle" Aspekte abgeklopft. Z. B.:

Bekomme ich dort einen Mietwagen/Taxi/Bahn (Erforderlichenfalls habe ich schon mal die zuständige Mietwagenstation vorgewarnt)?

Brauche ich dort Handling (Z. B. herrscht in SXF als Alternate zu EDAZ Handlingpflicht. Dort habe ich mir im Vorfeld schon einen Handler ausgesucht und mal bezüglich einer potentiellen Ausweichlandung vorgewarnt.)?

Wie sind die Öffnungszeiten und komme ich damit für den Rückflug klar (Oft ein Problem in EDML als Alternate für EDMA, da dort meist schon um 1900 LT oder früher Schluss ist).?

Vor dem Anflug überlege ich mir, wie oft ich einen Anflug an meiner Destination versuchen kann, sprich wann ich spätestens zum Alternate fliegen muss/möchte und wie viel Sprit ich für unvorhergsehene Situationen am Alternate noch übrig behalten möchte.

Bei der Reichweite meiner Maschine damaligen Maschine war dann auch oft genug mein Heimatplatz der Alternate, da bei viel Verspätung sich es auch nicht mehr gelohnt hätte, vom eigentlichen Alternate zum Ziel zu fahren.

Mit diesen Voraussetzungen wurde für mich dann die eigentliche Durchführung recht entspannt, da ich jederzeit wusste, welchen "Joker" ich noch im Ärmel hatte und welchen nicht mehr...

Insofern ist mein Rat für die Situation "Destination knapp über Minimum", es im o. a. Sinne gut vorbereitet zu versuchen und bei Misserfolg konsequent den vorher ausgedachten Plan B zu verfolgen.

Just my two cents...

11. Januar 2019: Von Jan Brill an Paul G. Eger Bewertung: +17.00 [17]

Hallo Herr Eger,

danke für die interessante Frage. Sie haben richtig vermutet, an den beiden Tagen war ich selber mit der Bonnie unterwegs.

Ich will jetzt nicht auf meine allgemeinen Überlegungen zu Wetterentscheidungen mit solchen Flugzeugen eingehen, das wird in dem von Herrn Reinacher erwähnten Artikel schon ausführlich ausgebreitet.

Kurz aber zu den konkreten Tagen: Der 20.12. war vom Wetter her auf der Route tatsächlich ungewöhnlich, da sich das Wetter in den letzten ca. sechs Stunden vor dem Flug deutlich anders (besser) entwickelt hatte als vorhergesagt. Mit anderen Worten: Ich war selber überrascht, dass das dann doch recht locker ging. Zumal meine Optionen an diesem Tag eingeschränkt waren da ich mit meiner Tochter unterwegs war und ein Ritt VFR durch die Alpentäler mit der heftigen Turbulenz daher ausschied (mit sowas kann man einem PAX das GA-Fliegen nämlich nachhaltig abgewöhnen).

Die tatsächliche Wetterlage wich von meiner Interpretation der Vorhersage so stark ab, dass wir ggf. einen Artikel daraus machen. Dem möchte ich jetzt nicht vorgreifen, ich bin auch mit der Aufarbeitung noch nicht fertig.


Eiswolke ohne Vereisung ...

Der 9.1. (gestern) war vergleichsweise ziemlich einfach gestrickt. Ich habe die Vorhersagekarten soweit es ging aus dem Bowser-Cache gefischt und angehängt um das nochmal zu rekonstruieren.

Gestern war ein typisches Beispiel für einen Tag der gruselig aussieht aber eigentlich gut fliegbar ist. Wie schon seit vielen Tagen herrschte Nordstau an den Alpen, mit tiefen Untergrenzen und starkem Schneefall im Alpenvorland. Südlich der Alpen, also ab etwa Zeltweg herrschen dann gute Bedingungen. Ein bisschen Föhn trägt auch dazu bei. Graz ist bei solchen Wetterlagen immer frei und VFR problemlos anfliegbar. Die Alpentäler nördlich LOXZ sind aber komplett zu. VFR also keine Chance. Es geht bis ca. 50 NM vor GRZ also nur IFR.

Nach Nordwesten hin beruhigt sich das Wetter. Im Frankfurter Raum liegt eine ca. 3.000 bis 4.000 ft dicke CU, SC Schicht mit Untergrenzen um 3.000 ft. Die allerdings mit durchaus Vereisungspozential.

Jetzt hatten wir in der Cross-Section auch noch hochreichende Bewölkung bis weit über die maximale Bonnie-Ceiling in ganz Südostdeutschland. Also genau auf der Route. Das ging so ab Würzburg los. Oje. Sowas sieht erstmal nach Severe-No-Go aus. Aber nur auf den ersten Blick. Denn die Temperaturen in der Höhe sind sehr niedrig. In FL140 herrschen -23 bis -25 °C. Da ist dann kein Eis mehr. Jedenfalls nicht außerhalb von Konvektion, die dank Golze ADL erkennbar ist.

FL140 ist mit der BE35 gut fliegbar. Wir haben also:

1) Eine brauchbare Option für den Reiseflug und
2) von FRA bis zu den Alpen genug Strecke im Flachland um unsere Interpretation der Wetterlage zu prüfen.

Sollte der Temp also 4° daneben liegen und wir erst in FL180 wirklich sicher in eisfreien Temperaturen fliegen können, oder falls wir Freak-Wetter haben bei dem es in -28° noch ansetzt, dann hätten wir bis zum wirklich hohen Gelände reichlich Optionen safe zu landen und die Reise mit LH oder Mietwagen fortzusetzen. Man kann eine Menge probieren im Eis, solange man einen Ausweg und die Bereitschaft hat ihn zu nutzen.

Die Vorhersage hat am 9.1. aber haargenau gestimmt. Start in EDFZ und Steigflug erst auf 130, dann 140, dann 150. Just to be safe. Im Climb so ca. bei FL080 ein bisschen Eis. Geschätzt 2-4 mm Raueis. Vorher extra nur wenig nachgetankt und "nur" mit halber Endurance (4 hrs) losgeflogen, um leicht und kletterfreudig zu bleiben. Da macht die Bonnie dann anfangs 1.000 fpm, in FL100 noch 600 - 700 fpm.

Der ganze Flug war dann praktisch IMC aber einmal in FL130 oder 140 mit -23°C und kälter bis auf den Anfangssteigflug komplett eisfrei. Das sieht komisch aus, weil man in einer Eiswolke fliegt (nicht zu verwechseln mit Vereisung). Man hat ständig den Eindruck im Niederschlag zu sein. Siehe Foto unten.

Über dem Alpenhauptkamm dann Ende der Bewölkung und quasi CAVOK bis auf die Südseite. Genau wie vorhergesagt.

Bitte beachten: Das ist kein "wird schon gutgehen"-Ding. Sowas klappt, aber eben nur unter spezifischen Bedingungen wenn ich weitgehend eifrei hoch und auch wieder runter komme. Dann isses aber safe. Von München aus wäre hingegen aufgrund der sehr viel massiveren Bewölkung der Flug wahrscheinlich nicht machbar gewesen, da der Climb nicht möglich gewesen wäre.

Wenn dann Richtung Alpen das Gelände ansteigt und die Basis absinkt muss man sich irgendwann entscheiden. Passt die Vorhersage? Ja. Hätte ich noch Luft nach oben wenn's doch ansetzt? Ja. Okay - also continue. Dann sind hinter LOWS noch ca. 15 bis 20 Minuten bis zum Ende der Bewölkung zu absolvieren in denen eine Landung schwierig wäre. Das traue ich mich dann tatsächlich abzuschätzen.

Sowas ist denke ich schon ziemlich das Maximum was man an Wettertauglichkeit aus dem Flieger herausholen kann. Ob man das macht ist eine persönliche Entscheidung und nicht zu fliegen ist bei diesem Wetter ebenfalls nachvollziehbar und m.E. keineswegs übervorsichtig.

Wichtig ist für mich hier: Kein Druck. Wenn ich gestern Abend in EDDN oder LOWS gesessen hätte wäre absolut nix passiert. Weder geschäftlich noch privat.


viele Grüße und happy Landings,
Jan Brill


P.S. Ereignislos war der Flug dann übrigens doch nicht. Wasser vom Regen in EDFZ hatte sich im Audio-Panel gesammelt und kurz vor Graz für ca. 20 min zu einem Funkausfall geführt. Mein erster "76 - höre nix"... bleibt halt immer lehrreich die Fliegerei ...




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Reichlich Eis. Die Frage ist ob wir drüber kommen.


11. Januar 2019: Von Lars Kaderali an Jan Brill Bewertung: +1.67 [2]

Hallo Jan,

vielen Dank für's Teilen - das ist wirklich super interessant und lehrreich, gerne häufiger mal solche Berichte! Finde den Thread ausgesprochen interessant, die Go/No-Go-Entscheidung unter IFR wegen Wetter ist m.E. eine der schwierigsten wenn nicht die Schwierigste in der Fliegerei.

Ich fliege eine Zweimot mit Turbo und FIKI - und sage öfters Flüge ab, wegen Wetter. Bei den von Dir geschilderten Wettervorhersagen hätte mich nicht getraut, den Flug anzutreten - offenbar zu unrecht.

Aus Interesse: Hat der Faktor "Nacht" für Deine Entscheidung eine Rolle gespielt?

Danke und viele Grüße

Lars

11. Januar 2019: Von Sven K. an Jan Brill

Hallo Jan,

ebenfalls danke für die "Abhandlung", tatsächlich sehr interessant. Ich stehe tatsächlich (aus EDAY Szrausberg kommend) immer mal wieder vor der Frage, ob und auf welcher Route man IFR über die Alpen kommen könnte, Dein Beitrag gibt mir ganz neue Denkanstösse dazu.

Eine Frage dazu habe ich (offensichtlich habe ich hier eine MET-Wissenslücke - shame on me!): wieso kann man bei -23 Grad durch eine Eiswolke fliegen, ohne dass Eis am Flieger ansetzt? weil keine Feuchte mehr im flüssigen Aggregatzustand vorhanden ist, die erst am Flieger anfriert und das Flugzeug bei diesen niedrigen Temperaturen gewissermassen "trocken" bleibt? wie kommt es aber dann, dass in FL80 aufgebauter leichter Eisansatz dann trotzdem (bei Steigen auf FL140, und in IMC) sich wieder abbaut?

Vielen Dank für etwas Kontext hierzu!

Viele Grüße,

Sven

11. Januar 2019: Von T. Magin an Lars Kaderali

"das ist wirklich super interessant und lehrreich, gerne häufiger mal solche Berichte!"

Jan hat da ein eigenes Seminar fuer - sehr zu empfehlen!


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