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23. Januar 2017 Jan Brill

Behörden: Bussgelder BAF


Wie das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung das Fliegen unsicherer macht

Dass es zu jeder Vorschrift auch einen geben muss, der sie kontrolliert, und dass ein Verstoß immer auch eine Strafe nach sich ziehen muss, das ist Teil unserer Mentalität. „Wo kämen wir denn sonst hin?“ In der Luftfahrt allerdings gibt es bei bestimmten Regelverletzungen, bestimmten Feh­lern ein der Strafe übergeordnetes Interesse. Nämlich das der Sicherheit. Sicherheits-Management-Systeme, wie sie von der EASA mit Macht propagiert werden, sind in der Regel mehr daran interessiert, zehn Fehler aufzudecken, als einen zu ahnden. Denn von den zehn aufgedeckten Fehlern lernt man mehr. Diese Einsicht wird auch unter dem Begriff „Just Culture“ zusammengefasst. Was das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) im Moment aber veranstaltet, das ist exakt das Gegenteil. Simple Ausführungsfehler (Execution Failures) werden strengst geahndet. Der Flugsicherheit ist dieses Vorgehen im höchsten Maße abträglich.


Nicht nur die Geldbuße ist für die Piloten ein Problem, sondern auch der Eintrag in die Akte, denn dieser kann sich angesichts der Kreativität mancher Luftsicherheitsbehörden schnell zum ZÜP-Problem ausweiten.
Betrachten wir einmal drei Pilotenfehler, die in den letzten Monaten von Flugbesatzungen begangen wurden und die beim für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Regel­verstößen im Luftverkehr zuständigen Referat LFR beim BAF aktenkundig wurden.


1) Die Freigabe im Kopf

Ein Verkehrs­flughafen in Süddeutschland und ein Aus­bildungsflug auf einem neuen Muster. Der erste Flug für den Piloten, der auf das neue Muster wechselt. Nach einem naturgemäß sehr intensiven Briefing vor dem Flug und am Rollhalt, in dem das anstehende Takeoff-Verfahren mehrmals und gründlicher als sonst in allen Einzelheiten durchgesprochen wurde, erhält die Besatzung die Freigabe zum Aufrollen auf die Piste.

Und dann passiert ein Fehler. Völlig auf das Takeoff-Verfahren fokussiert, beginnt der Schüler den Startlauf und der Lehrer greift nicht ein. Das Flugzeug hebt ohne Freigabe von der Piste ab.

Es folgt eine kurze Diskussion im Funk, in der der Lehrer den Fehler sofort zugibt und um Entschuldigung bittet: „Sorry for this.“ So wie das lange zwischen Profis üblich war. Es entstand keine Gefährdung und keine Staffelungsunterschreitung. Der Fall wäre dem Lehrer bestimmt im Gedächtnis geblieben und es wäre ein klassisches Ereignis für das Safety-Reporting-System der Flugschule, aus dem die Kollegen auch noch etwas lernen könnten (sofern es ihnen nicht schon selber mal passiert ist).

Dabei bleibt es für den Lehrer aber nicht. Es folgt Monate später ein Ordnungs­widrig­keitsverfahren durch das BAF. Voraus­sichtliches Bußgeld: Zwischen 500 und 1.500 Euro.


2) Zwei vergessene Worte

Auch im zweiten Fall sind ein paar fehlende Worte ausschlaggebend. Diesmal allerdings die des Piloten. Ein PPL-Pilot führt mit einem SEP-Muster einen längeren IFR-Flug durch. Der Rückflug führt über die Alpen. Oder sollte es zumindest. Denn aufgrund von wechselnden Wetterbedingungen muss der Pilot mehrere Wetter-Deviations fliegen und oftmals die Flughöhe wechseln, was die vor dem Flug sorgfältig angestellte Treibstoffberechnung zunichte macht.

Der Pilot koppelt die neuen Verbräuche und Winde mit, aber nach dem dritten oder vierten Level-Change ist die Treibstoffsituation unklar. Eineinhalb Stunden vor dem Ziel beginnt er, sich nach Alter­nativen und Ausweichflugplätzen umzusehen und die Optionen für eine Diversion auch mit ATC zu prüfen. Die Heimat lockt, aber die Treibstoffsituation ist einfach unsafe. Es wird bald dunkel und das Wetter wird zum Ziel hin eher schlechter.

Mitten in dieser Phase zuckt auch noch die Kraftstoffdruckanzeige. Der Pilot hat seine Frau und seine zwei kleinen Kinder an Bord. Kein Raum für Experimente oder Unsicherheit! Er fliegt im Luftraum Echo und in VMC und trifft eine Entscheidung: Genug! Er teilt dem Lotsen, mit dem er vorher schon eventuelle Ausweichflugplätze diskutiert hat, mit, dass er einen geeigneten Flugplatz direkt querab sieht und dort landen wird. Sechs Minuten später ist er am Boden. In einem Telefonat mit dem Lotsen erläutert er nochmals seine Entscheidung.

Über ein Jahr später eröffnet das BAF ein Ord­nungs­widrig­keitsverfahren gegen den Piloten. Er sei von seiner Freigabe abgewichen. Er hatte nämlich als er ankündigte zu landen nicht gesagt „Cancelling IFR“. Strafe: 500 Euro und ein Eintrag in die Pilotenakte.

Sicher, der Funk war in der Endphase auf­grund von Stress nicht mehr unbedingt Apollo-13-mäßig. Die Treibstoffsituation war unklar und der Pilot hatte vorher auch eine andere Möglichkeit zum Tanken verstreichen lassen. Aber: Der Pilot hatte klar gesagt, dass er aufgrund von Treib­stoffmangel auf dem direkt vor ihm gelegenen Ausweichflugplatz landen würde. Er flog im Luftraum E und in VMC. VFR war also zulässig und der Flugregelwechsel eine legitime Entscheidung des Piloten, auch wenn er die zwei Worte „cancelling IFR“ nicht gesagt hat.

Hätte der Pilot der Saratoga in unserem Unfallbericht am Ende dieser Ausgabe mit einer unklaren Treibstofflage konfrontiert auch nur irgendwann eine ähnlich beherzte Entscheidung getroffen, wären drei Erwachsene und zwei Kinder noch am Leben und drei weiteren Kindern wären schwere Verletzungen erspart geblieben.
Ich kann mir unter Flugsicherheits­gesichts­punkten beim besten Willen kein kontraproduktiveres Ver­halten einer Behörde vorstellen, als diese Diversion zu bestrafen.


3) Touchy beim Touch and Go

Unser drittes Beispiel befasst sich mit einer eher alltäglichen Situation. Ein nicht so verkehrsreicher Flughafen im schönen Nordhessen. Lehrer und zwei Schüler drehen in einem MEP-Flugzeug ihre Runden für die MEP IFR MPL Ausbildung. Bei der x-ten Runde ist das Flugzeug zur Landung freigegeben. Die Crew brieft aber einen Touch-and-Go und führt diesen auch aus.
Der Fehler wird später bemerkt, man entschuldigt sich, eine Gefährdung von irgendwem entstand selbstverständlich nicht. Der Fluglehrer war übrigens früher selber Lotse und ist absoluter Profi.

Nach Wochen kommt die Abrechnung vom BAF: Ordnungswidrigkeit und eine voraussichtliche Strafe von mehreren Hundert Euro!

Wir hätten noch zahlreiche weitere Beispiele. Im Approach zu früh gesunken oder im schlechten VFR-Wetter ein ED-R angekratzt. Jeden dieser Fehler habe ich in den letzten 28 Jahren schon mindestens einmal begangen. Bei vielen erinnere ich mich noch genau, wie es zu der Situation kam, was die beitragenden Faktoren waren. Und ich meine, ich hätte etwas daraus gelernt.
Früher konnte so etwas mit einem Gespräch unmittelbar nach dem Flug geklärt werden. Heute beginnt Monate später eine langwierige und hässliche formaljuristische Auseinandersetzung. Aus der lernt man auch, aber eben andere Dinge ...


Wer reportet sowas?

Vor allem in unserem ersten und letzten Beispiel muss man sich fragen: Um Himmels Willen – welcher Lotse reportet sowas? Sind Lotsen alle zu 100 % fehlerfrei? Meine persönliche Erfahrung sagt: Eher Unwahrscheinlich.

Stellen Sie sich vor, so was passiert an einem amerikanischen Trainingsplatz. Touch-and-Go statt Landung. Das hätte wahrscheinlich gar keine Folgen gehabt. Außerdem wird man dort sinnvoller Weise für alle drei Varianten auf einmal freigegeben: „Cleared for the option“ erlaubt Landung, Go-Around oder Touch-and-Go.

Wie soll man auch einen halbwegs sinnvollen Trainings- oder Prüfungsflug zusammenstellen, wenn man nicht ggf. mal einen Go-Around oder Touch-and-Go überraschend einstreuen kann? Ein geplanter Touch and Go ist im SEP eine eher fade Angelegenheit. Als Lehrer oder Prüfer möchte ich sehen, ob der Kandidat das auch überraschend kann. Denn darin liegt die Schwierigkeit.

Auch der verfrühte Takeoff aus Beispiel eins hätte nicht unbedingt aktenkundig werden müssen. Genau der gleiche Fehler ist mir auch schon passiert. Damals hatte der Lotse beim Anrollen aber geistesgegenwärtig noch eine Freigabe hinterhergeschickt (Danke!).

Das BAF hat allerdings strikte Anweisung an die DFS und die anderen in Deutschland tätigen Flugsicherungsunternehmen herausgegeben, nach der alle, wirklich alle Verstöße zu melden seien. Sonst drohen dem Lotsen Konsequenzen. Und was einmal beim BAF gemeldet ist, führt fast immer zu einem OWI-Verfahren. Das Referat Luftraum, Flugverfahren, Recht (LFR) unter der Leitung von Wolfgang Ruths ist ganz und gar nicht dafür bekannt, Verfahren einzustellen.

Unter der Hand berichten uns auch Mit­arbeiter, dass bei den OWIs eine bestimmte Quo­te zu erfüllen sei. Erfolgskriterium ist nicht Flugsicherheit, sondern eine gut gefüllte Kasse!


Strafen oder aufdecken?

Grundsätzlich möchten wir hier nicht der Anarchie das Wort reden. Wirkliche Verstöße müssen geahndet werden. Ahndung kann im Luftverkehr aber nicht das einzige und höchste Interesse der Aufsichtsbehörde sein.

In der Wissenschaft vom menschlichen Leistungsvermögen unterscheidet man zwischen vier Arten von Fehlern in der Luftfahrt (Strauch, 2004: Reason, 1990):

  • Slips: Einfache manuelle Fehler, z. B. falscher Schalter.
  • Lapses: Aufgaben werden nicht zu Ende oder unvollständig ausgeführt, z. B. unterbrochene Checkliste.
  • Mistakes: Ein fehlerhafter Plan wird ausgeführt.
  • Violations: Handlungen weichen von den gesetzten Standards oder Vorschriften ab, sei es mit Absicht oder versehentlich.

Violations können auch das Ergebnis von Slips, Lapses oder Mistakes sein. Oder sie können absichtlich begangen werden.

Im Fall einer absichtlichen Violation ist die Frage der Ahndung unstrittig. Doch in keinem der drei vorangegangenen Beispiele handelt es sich um einen absichtlichen Verstoß.

Nun fragt im Straßenverkehr natürlich auch niemand, ob ein Geschwindigkeitsverstoß absichtlich begangen wurde oder weil der Fahrer nicht aufgepasst hat. Spielt keine Rolle. Der Fahrer ist verantwortlich.

Auch der Pilot ist verantwortlich, Slips und Lapses passieren aber nun mal. Und im Luftverkehr sollte das Interesse der zukünftigen Fehlervermeidung dem Interesse an der Strafverfolgung übergeordnet sein.

Den beides zusammen geht nicht. Grund: Die Mehrzahl der Fehler bleibt unentdeckt. Und wenn ein Fehler aufgedeckt wird, ist eine ehrliche und offene Mitarbeit der Beteiligten notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Aufarbeitung. Wer das OWI-Verfahren im Blick hat, der reportet entweder gar nicht oder mit Blick auf das Verfahren.

Erfolgreiche Luftfahrtnationen haben das kapiert. Die USA bieten mit dem Aviation Safety Reporting System der NASA eine Möglichkeit, die es Piloten erlaubt, einen Fehler oder Verstoß selber zu melden. Der Anreiz: Tut man dies und ist der Fehler nicht absichtlich passiert, wird dies als kooperatives Verhalten gewertet und man kommt um eine Strafe herum. Jedenfalls einmal alle fünf Jahre.

Der Ertrag: Eine weltweit einmalige Datenbasis ehr­licher Safety-Reports. Die anonymisierten Reports sind jedem Forschungsprojekt im Bereich der Luftfahrt zugänglich. Und die über 1,3 Mio. Berichte seit 1981 haben sicherlich einen Anteil daran, dass das US-GA-System messbar sicherer ist als die Allgemeine Luftfahrt in Europa.
Auch die EASA hat sich diesem wissenschaftlichen Konsens angeschlossen. In zahlreichen Workshops und Präsentationen der Agentur wird dieses Prinzip der Just Culture als wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Sicherheitskultur behandelt.

Und auch die Industrie hat das schon lange begriffen und setzt die extrem umfangreichen Überwachungsmöglichkeiten moderner Flight-Data-Monitoring-Systeme in einem Konzept der Just Culture um. Denn ohne die Akzeptanz und Mitarbeit der Besatzungen sind diese Daten wertlos. In einer Deklaration stellten sich im Oktober 2015 nahezu alle Verbände der gewerblichen Luftfahrt hinter das Konzept.


Safety-Management und Reporting-Systeme wertlos

Das Vorgehen des BAF bringt die Allgemeine Luftfahrt in Deutschland aber nicht nur um die Chancen und Erträge einer Just Culture. Das Amt torpediert auch bestehende Strukturen. Denn Safety-Management und Re­porting-Systeme kann man in diesem Umfeld auch sein lassen.

Als ATO und gewerblicher Flugbetrieb sind wir verpflichtet, Berichte über Vorkommnisse und Fehler zu sammeln und auszuwerten. Das ist der Kern des EASA Safety Management Systems (SMS). Kein Mensch wird mir im Flugbetrieb aber auch nur irgendetwas reporten, wenn nur der Hauch einer Chance besteht, dass das BAF den Report zu Gesicht bekommt.

Das SMS wird eines unverzichtbaren Be­stand­teils beraubt. Hinzu kommt, dass es mit dem Bußgeld ja auch nicht getan ist. In aller Regel erfolgt bei diesen Verfahren eine Eintragung in die Pilotenakte. Das stellt für Lizenzinhaber ein unkalkulierbares Risiko dar. Denn damit sind bei der ZUP der Willkür Tür und Tor geöffnet. Über Beispiele, bei denen auch Ordnungswidrigkeiten schon zu Problemen mit der Zuverlässigkeitsprüfung führten, haben wir bei Pilot und Flugzeug mehrfach berichtet. Bei einer OWI im Luftfahrtbereich liegt dieser Kunstgriff für eifrige Zuverlässigkeitsprüfer noch näher.
Piloten sind schon deshalb gut beraten, eine BAF-OWI mit allen Mitteln zu bekämpfen. Mit Sicherheit im Luftverkehr hat das alles dann wirklich nichts mehr zu tun.


Fazit

Just Culture bedeutet keinesfalls „anything goes“. Wer absichtlich Vorschriften verletzt, keine NOTAMS liest oder zum dritten Mal mit mieser Planung auffällig wird, der hat die ungeteilte Aufmerksamkeit des BAF zweifellos verdient.

Einfache handwerkliche Fehler sind aber kein Fall für die OWI-Mühle. Das rabiate Vorgehen der Behörde würgt jedes freiwillige Reporting-System unmittelbar ab. Die Ausein­andersetzung mit Fehlern im Flug­betrieb wird so unmöglich, ein Lernen aus den offen berichteten Vorkommnissen anderer Besatzungen findet nicht mehr statt.

Das BAF muss von der Möglichkeit Verfahren auch einzustellen Gebrauch machen und Lotsen brauchen dringend wieder einen Ermessensspielraum wenn es um die Frage geht was man dem Amt meldet und was nicht. Andere europäische Behörden wie das BAZL machen diesen Kompromiss aus Strafverfolgung und Safety-Interessen vor, ohne das in ihrem Regelungsbereich das Chaos ausbricht.



Bewertung: +25.67 [26]  
 
 




23. Januar 2017: Von  an Jan Brill Bewertung: +0.33 [1]

Meine 5 Cent:

Den ersten Fall sehe ich am kritischsten, das darf eigentlich nicht passieren – und wenn, dann ist man m.E. mit € 500 gut bedient. Natürlich, ist nix passiert, aber so eine runway incursion gehört zum Gefährlichsten, was man anstellen kann.

Fall zwei und drei sind ein Witz, kleinliche und intolerante Obrigkeitsbürokratie. Vor allem der zweite Fall dürfte maximal eine kleine Ordnungswidrigkeit sein.

23. Januar 2017: Von Flieger Max L.oitfelder an 

Ich sehe im ersten Fall zwar keine Runway incursion da die Freigabe ja erteilt wurde, aber von der Wertigkeit her sehe ich das ähnlich wie Du.

23. Januar 2017: Von Alfred Obermaier an Jan Brill

Fall 1 ist mir in NZ auch schon passiert. ATC erteilte die Startfreigabe während des Startlaufes. Hintergrund war eine Diskussion mit der Lotsin über die Abflugstrecke. Die Freigabe war anders als die Veröffentlichung. Wir bekamen Freigabe nur zum Aufrollen, die Lotsin hatte unseren zu frühen Startlauf offenbar gar nicht bemerkt.

Mir unklar, weshalb das eine so hohe Wertigkeit haben soll, denn im vom Jan beschriebenen Fall erfolgte KEINE Gefährdung anderer Teilnehmer am Luftverkehr. Die Besatzung hörte schließlich den Funk mit. Ich vergleiche das mal mit Stoppschild überfahren im Straßenverkehr

An einem Verkehrslandeplatz mit TWR bekam ich eine Startfreigabe (ohne "immediate") und als ich die Leistung erhöhen will um aufzurollen, blicke ich zum Endanflug und sehe einen Jet im kurzen Endanflug (ca 1 NM out). Bevor ich was sagen kann, kommt vom TWR " disregard clearance". Wäre ich sofort losgerollt wäre eine gefährliche Situation entstanden. Lotse hat sich nicht entschuldigt. Lotsen sind also fehlerfrei, denn er hat seinen Job richtig gemacht.

An sich hilft nur eines, alle Freigaben konsequent mitschreiben und ggfs nachfragen.

Übrigens auch BAZL kennt ein Reportingsystem

my 2 cents

23. Januar 2017: Von Achim H. an  Bewertung: +8.33 [9]

Ich hatte alles von "nur als Hinweis, ist nicht schlimm" über einen unflätigen telefonischen Anschiss (USA) bis zum deutschen OWi-Verfahren mit Drohung über 25 000 € (das ich gewonnen habe und nix zahlte) alles gehabt. Auch eine runway incursion für die ich nix zahlen musste, aber getroffen hat es mich schon und gelernt habe ich daraus.

Es ist wie Jan Brill schreibt einfach nur unsäglich, wie hier OWi-Geldgeier Piloten verfolgen, anstatt die Förderung der Flugsicherheit als ihr Anliegen zu betreiben. Die DFS und die Lotsen sind nah am Geschehen und haben Verständnis für die Rahmenbedingungen, aber beim BAF besteht die Fliegerei nur aus der Aktenlage.

23. Januar 2017: Von  an Flieger Max L.oitfelder

Ja, sorry - das hatte ich übersehen. Wenn er schon auf der Piste stand ist wohl auch dieser Fall etwas weniger dramatisch als ein Aufrollen auf die Bahn ohne Clearance ...

23. Januar 2017: Von  an Alfred Obermaier

Hi Alfred

ein STOPPSCHILD zu missachten ist m.E. deutlich gefährlicher. Das haben schon tausende von Autofahrern mit dem Leben bezahlt.

Ansonsten: What Achim said.

Die Startfreigabe schreibe ich natürlich nicht mit, hätte auch keinerlei Beweiswert. Ist aber auf dem Band!

23. Januar 2017: Von Alfred Obermaier an 

Bekanntlich hinkt jeder Vergleich.

Werden von Dir keine ATC Freigaben mitgeschrieben? Glaube ich nicht wirklich.

23. Januar 2017: Von  an Alfred Obermaier

Du schreibst auf "Cleared for Takeoff 25"? Wozu?

Natürlich mache ich das nie. Bei Streckenfreigaben schreibe ich in Abkürzungen und Symbolen mit.

23. Januar 2017: Von Stefan K. an Jan Brill

Der zweite Fall, fällt meiner Meinung nach eindeutig unter Kindergarten.

Allerdings sind die beiden anderen Fälle, gerade der erste, hochgradig sicherheitsrelevant und könnten in einer Katastrophe enden.

23. Januar 2017: Von  an Stefan K.

Du meinst etwa bei einer Runway mit Kreuzung, oder? Ansonsten kann ich mir kaum eine Situation vorstellen, die schnell gefährlich würde. Oder? Lasse mich gern belehren!

23. Januar 2017: Von Stefan K. an  Bewertung: +5.00 [5]

Die KLM stand in Teneriffa auch schon auf der Bahn.......

23. Januar 2017: Von Andreas KuNovemberZi an Stefan K. Bewertung: +4.00 [4]

Den dritten Fall halte ich für nicht so dramatisch, denn schließlich muss man als Lotse auch nach Erteilen der Landefreigabe immer damit rechnen, dass das landende Flugzeug durchstartet. In diesem Fall war der GA eben nicht technisch oder durch Wind bedingt.

Not safe and sound - go around!
Und das gilt völlig unabhängig von einer Freigabe.

23. Januar 2017: Von Flieger Max L.oitfelder an Alfred Obermaier Bewertung: +3.00 [3]

Bei "cleared to land" hatte ich eigentlich noch nie genug Hände frei zum Schreiben ;-)

23. Januar 2017: Von  an Stefan K.

Okay, im dichten Nebel, das ist noch mal eine andere Nummer! In so einem Fall oder bei einer kreuzenden Runway - da sehe ich die Gefahr auch. Aber, wie eingangs gesagt, klar, das was sicher der größte Fauxpas.

Dagegen ist das Vergessen von "Cancel IFR" nicht mal der Rede wert ...

Ich hab' schon beim VFR-Anflug auf EDDN explizit die falsche Landerichtung bekommen. War natürlich aus dem Funk der anderen Maschinen völlig klar. Kam auch kein "sorry" vom Controller ...

23. Januar 2017: Von Jan Brill an  Bewertung: +13.33 [15]

Liebe Foristen,

ich finde es bedauerlich, dass sich die Diskussion in die Richtung entwickelt: Wie schlimm war jeder einzelne Fall. Natürlich liegt jedem Fall irgendein Versäumnis oder ein Fehler zugrunde. Mal mehr mal weniger gravierend. Mal mehr oder weniger alltäglich. Wir behaupten ja nicht, dass das BAF vollkommen grundlos tätig wird.

Worum es mir in dem Artikel aber geht, ist der hauptsächlich strafbasierte Umgang mit solchen Vorfällen. Da hat es ATC übrigens deutlich leichter, hier wird bei Fehlern des Lotsen "Just Culture" ganz groß geschrieben...

Ich gehe davon aus, dass für jeden Fehler in unserem Flugbetrieb, der beim BAF aktenkundig wird, ein vielfaches an Fehlern vorkommt, die keine Behörde mitkriegt.

Kein Mensch wird mir etwas, das unerkannt geblieben ist, reporten, wenn er in jedem Fall BAF & Bußgeld & Eintrag in die Akte befürchten muss. Da kann ich mein tolles Sicherheits-Management- und Reporting-System in der ATO und im AOC auch gleich komplett in die Tonne treten.

viele Grüße
Jan Brill

23. Januar 2017: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Jan Brill Bewertung: +2.67 [4]

Ja und nein.

Dem Artikel entnehme ich, dass die Bussgelder nicht völlig weltfremd dimensioniert waren. 500 € ist im Vergleich zum besagten Gessler-Hut / Stopp-Schild (das mich meine erste Führerscheinprüfung kostete und damit auch recht teuer war) in Relation zur Flugstunde noch im Rahmen.

Unsäglich wäre es, wenn Lotsen gehalten oder überwacht sind oder wären, eine "Quote" zu erfüllen. Nur sauberer Funk auf FIS heute? Scheiß-Tag, Chef wird meckern. Außerdem wäre das wirklich sicherheitstechnisch kontraproduktiv, denn die Aufmerksamkeit eines Lotsen ist auch begrenzt, und kann nicht gleichzeitig uneingeschränkt Steuerer und Polizist sein.

Ich finde vielmehr kritisch, dass es keinen formalen Bussgeldkatalog gibt. Wenn ich Single-Pilot am Steuer sitze und gerade etwas schief gelaufen ist, dann wäre etwas, was meine Konzentration aufrecht erhält: "Kostet Dich 500 Euro, aber nicht den Lappen".

Ich kann nur von mir selber aus schließen: Ich habe zwar noch nie "Lining up" und "Cleared for Takeoff" verwechselt, aber eine mittelmoderate Strafe würde meine Aufmerksamkeit weiter erhöhen, und für das, was ich verbockt habe, hätte ich ggf. auch 500 Euro bezahlt. Hingegen ist für mich der Nutzwert begrenzt, wenn anonyme Safety-Reports besagen, dass tatsächlich ab und zu Leute auch ohne Freigabe starten.

In der Diskussion hier ganz falsch finde ich, sich darauf zu beziehen, dass Lotsen auch Fehler machen. Natürlich machen sie das. Das ist aber der falsche Ansatz, sich darauf zu beziehen. Und, würden "wir" Lotsenfehler zur Anzeige bringen, wären die Konsequenzen für den Betroffenen möglicherweise deutlich gravierender als 500 Euro.

Und zuletzt: Gerade Bußgelder für Dinge wie ohne Not in 500 ft über Städte fliegen finde ich durchaus hilfreich: Für die Compliance ggü. dem Fliegen an sich, und für die Sicherheit.

23. Januar 2017: Von Tee Jay an Jan Brill Bewertung: +1.00 [1]

Gab es eine Anfrage an das BAF oder eine Stellungnahme? Diese vermisse ich irgendwie im Artikel. Natürlich wird niemand was zu den genannten Einzelfällen sagen können aber zu den Folgen und dem offensichtlichen Widerspruch zu "Just culture".

23. Januar 2017: Von Jan Brill an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu Bewertung: +9.00 [9]

Dem Artikel entnehme ich, dass die Bussgelder nicht völlig weltfremd dimensioniert waren [...] eine mittelmoderate Strafe würde meine Aufmerksamkeit weiter erhöhen, und für das, was ich verbockt habe, hätte ich ggf. auch 500 Euro bezahlt.

Für einen freiberuflichen Kapitän in einem Bedarfsflugbetrieb, der nebenher als Lehrer tätig ist, beläuft sich das Bußgeld auf ein Viertel des Netto-Monatsgehalts.

Unsäglich wäre es, wenn Lotsen gehalten oder überwacht sind oder wären, eine "Quote" zu erfüllen.

Das habe ich im Artikel nicht behauptet. Ich behaupte allerdings, dass das BAF gehanlten ist aus den gemeldeten Vorfällen eine gewisse Quote Heu zu machen. Das ist etwas anderes.

Ich kann nur von mir selber aus schließen: Ich habe zwar noch nie "Lining up" und "Cleared for Takeoff" verwechselt

Ich schon. Gerade als Lehrer wenn man x-mal bespricht was gleich passieren wird und der Schüler fliegt ist das ein nicht ganz untypischer Fehler.

Hingegen ist für mich der Nutzwert begrenzt, wenn anonyme Safety-Reports besagen, dass tatsächlich ab und zu Leute auch ohne Freigabe starten.

Das sehe ich ganz anders. Und die letzten 40 Jahre Human Factors Forschung auch. Ich muss jedes Jahr auf zig Fortbildungen. CRM, DGR, FF, Security, FI(A)-Refresher etc. Wenn ich irgendeine Erwartungshaltung an diese Seminare habe, dann die, dass ich mit Informationen aus der Praxis versorgt werde. Und da gehören Fehlerhäufungen (und ggf. sogar Ursachen) mit dazu.
Auch als Kollege wäre ich sehr froh, wenn solche Vorfälle im Flugbetrieb geteilt werden. Denn das allermeiste was den Kollegen passiert kann mir auch passieren.

@ Tee Jay: So eine Stellungnahme des BAF vermisse ich auch.

viele Grüße
Jan Brill

23. Januar 2017: Von Alfred Obermaier an 

Alexis, angenommen Du sitzt rechts und bist mit der Person vorne links beschäftigt, der sich mitunter skurrile Fragen ausdenkt oder Fehler macht, die von Dir bemerkt und geklärt werden müssen. Dazu sind dann noch einige Flieger vor Dir und der Funk läuft im Hintergrund mit. Dann kommt "line up", vorne links setzt Leistung und rollt ihn die Bahn, so und jetzt ist Deine Aufmerksamkeit zu 200 pct gefragt, damit vorne links kein Vollgas setzt, Du den Funk hörst und entsprechend reagiert wird.

Momentan sehe ich nicht die von Dir, von Max oder von anderen beschriebene Gefährlichkeit, denn die einzige Bahn am Verkehrslandeplatz ist belegt, es kann sich also nur um das "Rwy vacated" des vorher gelandeten Acft. handeln oder der Lotse muss nochmal den kontrollierten Luftraum sichten oder auch nur ein Telefonat mit RDR führen oder den Streifen schreiben.

Im übrigen ist der Pilot für die Einhaltung des Abstandes verantwortlich und nicht der Lotse, der kann nur feststellen dass der Min Abstand (nicht) eingehalten wurde

Ohne Freigabe zu starten, dh in die Bahn rollen und starten, kein Kavaliersdelikt. Darüber reden wir aber nicht.

Lotse vergisst im Platzrundenbetrieb die Landefreigabe, bzw frage kurz vorm Aufsetzen nach "...", kommt vor.

Ich denke bei "Gefährlichkeit" ist mE zu unterscheiden zwischen einem Flughafen mit schnell und langsam fliegendem Verkehr (vielleicht sogar mit mehreren Bahnen) und einem kontrollierten Verkehrslandeplatz bei dem ich der einzige Verkehr in der Platzrunde bin.

23. Januar 2017: Von Stefan K. an Alfred Obermaier Bewertung: +3.00 [3]

Oder kreuzender Verkehr, oder Follow Me auf der Bahn, oder Luftfahrzeug hinter dir im Go Around, oder FOD, oder Backtrack, oder Stop vom Radar wegen Notfall, oder Radio Com in der CTR, oder aus Staffelungs Gründen zu Verkehr außerhalb der CTR im C, oder rund fünfzig weitere Gründe.......

Das ist, sorry dafür, amateurhaftes Denken....

23. Januar 2017: Von Wolfgang Lamminger an Jan Brill

ein Problem ist m. E. auch, dass im BAF kaum lizensierte Piloten tätig sind, sondern überwiegend Verwaltungspersonal.

Ein mir bekannter Pilot (CPL und FI) war dort tätig und ist nach kurzer Zeit entsetzt "geflüchtet"...

23. Januar 2017: Von Thore L. an Jan Brill Bewertung: +2.00 [2]

Hallo Jan,

geht's hier nicht auch um den fast überall anzutreffenden und kaum zu überwindenden Konflikt zwischen "etwas aus Begeisterung tun" und dem formalen "Verwaltungsgeist", der immer dann einzieht, wenn grad der eigentlich vonnötene "richtige" Begeisterungsgeist nicht (mehr) da ist?

Natürlich müsste auch unsere Fliegeradministration von Begeisterung am Fliegen geradzu "beflügelt" sein. Dann würde sie alles tun, um fliegen für alle besser, erlebnisreicher, und natürlich sicherer zu machen. Sie würden "ermöglichen", und nicht "kontrollieren". Sie würden nur die echt nicht belehrbaren irgendwann mal in Schranken weisen und dabei auch ein gutes Auge auf ihre Pappenheimer haben.

Diese spassbremsende und Lebensenergie kostende Unsitte ist aber nicht nur in der Fliegerei zu finden. Man findet sie in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Behörden aller Art, in den allermeisten Unternehmen egal welche Branche, Kindergärten, Schulen, ach wo eigentlich nicht: kaum geht die Begeisterung, kommt der Verwaltungsgeist.

Das ist ein gesellschaftliches Phänomen, über das kommende Generationen hoffentlich kopfschüttelnd lächeln werden.

23. Januar 2017: Von  an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu

Ich habe den Fehler des Lotsen nur erwähnt weil er mir gerade einfiel - und nicht um irgendwas "gegenzurechnen". Ich würde den Lotsen wegen eines Fehlers auch nicht anschwärzen, aber ein "sorry" müsste schon drin sein.

Ich hab' in den 90s mal DM 400 bezahlt, weil ich die tschechische Grenze entlang fliegend (für Fotos), ohne Flugplan 1,5 Minuten im tschechischen Luftraum war ...

23. Januar 2017: Von Alfred Obermaier an Stefan K.

Danke Stefan, dann befinde ich mich ja in guter Gesellschaft.


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