Hallo Zusammen,
habe vor kurzem meine EASA CB-IR Theorie nach dem neuen (2020 bzw. 2021) Syllabus abgeschlossen.
Hier ein - natürlich subjektiver - Erfahrungsbericht sowie ein kleiner Einblick in mein Lernsystem sowie pro Fach eine kurze Erläuterung meiner Erfahrung in der Prüfung.
Vielleicht hilft er ja einigen anderen die so gar keine Idee haben wie sie dran gehen sollen?
Aufteilung und Lernzeit
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Die Theorie hat bei mir von April bis Mitte Oktober gedauert. Ich habe die bekannteste Online Theorieschule genutzt.
Die sieben Fächer habe ich auf drei Sittings aufgeteilt:
1. Air Law, Instrumentation, Flight Planning, Human Performance und Communications
2. Radio Navigation
3. MET
Insgesamt habe ich deutlich über 200 Stunden Zeit investiert, davon habe ich rund 160 im Fragenkatalog (Aviationexam und teilweise ATPLQ) verbracht. Der Rest ging für Literatur sowie das Pflegen von Notizen und das Erstellen sowie Erlernen von Lernkarten drauf.
Es ist so, dass ich jede Prüfung auf "sicheres Bestehen" gelernt habe, d.h. ich habe nicht radikal versucht die Lernzeit zu minimieren sondern so gelernt dass ich im Fragenkatalog immer über 90% richtig, meist bei 95% lag. Dafür habe ich auch jedes Fach auf Anhieb bestanden, auch wenn es bei zwei Fächern in denen ich mich 100% sicher gefühlt hatte knapper war als erwartet.
Fragenkataloge
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Durch den neuen Syllabus ist der Fragenkatalog von Aviationexam leider lange nicht mehr so treffsicher wie er wohl einmal war: In fast jeder Prüfung waren mir >50% der Fragen vom Wortlaut her unbekannt. Das ist nicht schlimm, da es ja trotzdem um die gleichen learning objectives geht, allerdings sind viele Fragen etwas "fies" oder missverständlich formuliert so dass man selbst bei Kenntnis der Materie manchmal daneben liegt, einfach weil der Fragensteller etwas anderes im Kopf hatte als man selbst oder man nicht genau genug gelesen hat und in eine Falle getappt ist.
Für ein Fach (RNAV) habe ich den ATPLQ Fragenkatalog genutzt: Der Anteil bekannter Fragen war dort deutlich besser. Allerdings hat dieser zwei Nachteile: 1. Ist er für die nochmal deutlich umfangreicheren ATPL Learning objectives, d.h. man muss Dinge lernen die für CB-IR eigentlich nicht interessant sind. 2. Sind die einzelnen Lernbereiche pro Fach nur grob unterteilt, was den initialen Durchlauf erheblich schwieriger macht und die Erklärungen finde ich auch nicht so gut wie bei Aviationexam.
Insgesamt ist das für CB-IR'ler im Moment keine so angenehme Lage: Aviationexam deckt zwar die Learning Objectives für CB-IR ab aber es wird in der Prüfung doch oft ganz anders nachgefragt. ATPLQ deckt die Fragen besser ab aber man muss ATPL Niveau lernen. Es heißt also: Fragenkatalog lernen, dabei aber unbedingt auch das Verständnis erlangen, mit Wortlaut lernen käme man nicht weit ;)
Trotzdem ist das ganze natürlich machbar und kein Hexenwerk, zumindest bei mir - als 40 jährigen - hat es aber doch erhebliches Engagement gekostet.
Lernsystem
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Mein grundsätzliches Vorgehen für jedes Fach war so:
0. Literatur zum Fach grob ansehen
Um ein Grundverständnis zu erlangen habe ich mir für die meisten Fächer ein Buch angesehen. Allerdings nur grob durchgelesen und nicht extrem viel Zeit herein gesteckt. Es geht ja nur um Zusammenhänge. Pro Fach habe ich maximal 3 Stunden in einem Buch verbracht. Oft habe ich Kapitel auch erst dann gelesen wenn der Themenbereich im Fragenkatalog dran kam.
1. Fragenkatalog für das Fach einmal komplett durch gehen.
Für jedes Fach gibt es auf Aviationexam nochmal eine Unterteilung in Bereiche (z.B. MET Flight Hazards) und darunter dann nochmal in Unterbereiche (z.B. Flight Hazards - Icing).
Ich bin für jedes Fach jeden Unterbereich einzeln durch gegangen: Damit sind die Fragen schön thematisch gruppiert. Habe versucht die Fragen zu beantworten, wenn etwas nicht klar war Erklärung auf Aviationexam lesen. Oft befanden sich in den Kommentaren (neben dem üblichen Gestöhne wie doof die Frage ist) auch von anderen Schülern erstellte Lerntipps / Tabellen. Die zum Beantworten notwendigen Kenntnisse habe ich mir auf Papier notiert um sie später zu lernen.
Sobald ich den Unterbereich durch hatte, habe ich die falsch beantworteten Fragen wiederholt (Funktion bei Aviationexam).
2. Lernkarten erstellen
Nach dem Durchklicken aller Unterbereich eines Fachs hatte also ich Notizen mit allem was ich für das Fach auswendig lernen musste. Daraus habe ich dann Lernkarten für die Software Anki erstellt: Das ist eine spaced repetion Software mit man im Prinzip Karteikarten lernt. Der Vorteil der Software ist, dass man ihr sagen kann wie gut man die Karteikarte beantworten konnte (oder ob man falsch lag) und sie zeigt die Karte dann entsprechend länger nicht / bald wieder.
Um die Karteikarten zu erstellen habe ich mein Lern-Notizen erst einmal in das Tool "notion.so" rein geschrieben und dann mit dem Online Tool "2anki" daraus Lernkarten gemacht. Hätte aber auch einfach direkt Karten in Anki erstellen können. Ein ordentlicher Teil meiner Karten waren Zeichnungen (z.B. Wolkentypen und in welcher Höhe sie auftreten bei MET oder ILS Leitstrahlen, ihre Abdeckungswinkel und Reichweite in RNAV). Das ist vielleicht ein persönliches Ding aber ich kann mir Dinge optisch gut merken, stupides Wörter auswendig lernen ohne den Sinn verstanden zu haben kann ich nur schlecht. Oft hatte ich also auf der Vorderseite der Karte nur so etwas wie "Drawing Cloud Types and their heights" stehen und auf der Rückseite die Zeichnung. Die Zeichnungen habe ich alle selbst erstellt (Stift auf ipad). Ansonsten habe ich immer versucht Sachverhalten in Tabellen zusammen zu fassen - besser eine Tabelle als 10 einzelne Karten.
3. Lernkarten auswendig lernen
Einfach jeden Tag die offenen Karteikarten im Anki durch gehen und versuchen sie zu beantworten. Wenn das initiale Lernen geschafft ist dann sinkt der notwendige Zeitaufwand drastisch. Wichtig ist, dass man täglich dran bleibt, da die Abfrageintervalle pro Karte immer länger werden und man - wenn die Karte drankommt - sich schon Mühe geben muss sie wieder aus dem Gedächtnis hervor zu ziehen.
4. Vorbereitung zum School Exam: Zweiter Durchlauf durch den Katalog
Im School Exam musste man unter Aufsicht den Fragenkatalog im Prüfungsmodus mit mind. 85% richtig abschließen. Also habe ich vorher nochmal für das Fach den gesamten Fragenkatalog durch gearbeitet, jedoch ohne Aufteilung nach Unterthemen, d.h. alles was das Fach angeht gemischt wie es auch in der Prüfung ist.
Bei der Wiederholung habe ich 85-95% erreicht.
5. School Exam
School Exam geschrieben (ging zum Glück per Zoom). Direkt danach habe ich mich zur Prüfung angemeldet mit Terminwunsch möglichst in 2 Wochen oder sogar weniger.
6. Prüfungsvorbereitung: Dritter Durchlauf durch den Katalog. Die Fächer wo ich vorher sehr gute Ergebnisse erzielt habe, habe ich zuerst wiederholt, die schwierigeren erst kürzer vor der Prüfung.
Teilweise habe ich 2 Tage vor der Prüfung auch nochmal die für mich schwierigen Fragen wiederholt (Aviationexam Funktion).
7. Prüfung
Aufgrund der terminlichen Flexbilität habe ich bei Austrocontrol geschrieben. In Wien ist es so: Geprüft wird direkt auf Tablets, Karten werden in super Qualität auf DIN A3 ausgedruckt. Insgesamt ist das Handling tadellos und man ist sehr serviceorientiert. Das macht die Prüfung zwar nicht leichter aber es nimmt unnötigen Stress.
Dass der Anteil unbekannter Fragen recht hoch ist hat für mich zwei Effekte:
1. Es kommt echt auf die Tagesform an. In der Prüfung spulst du nicht nur eh gelerntes Zeug ab sondern musst die Fragen sehr genau lesen und dir Zeit nehmen um darüber nach zu denken. Ich habe es immer so gemacht, dass ich am Vortag angereist bin und dafür gesorgt habe dass ich am Morgen ganz entspannt zum Prüfungsort gekommen bin.
2. Durch die zufällige Fragenwahl kommt es echt auch auf Glück an bzw. kann man mal Pech haben. In einigen Fächern habe ich gerade so über 80% geschafft, obwohl ich mich dort fachlich extrem sicher gefühlt habe. In Human Performance habe ich mich mit dem Stoff am schwersten getan, hatte aber 100%. Also: Es ist kein Schande da mal durch zu rasseln, kann einfach mal passieren. Dafür hat man ja aber auch 6 Sittings und darf jedes Fach insgesamt vier mal versuchen.
Klar: In der Prüfung habe ich versucht jede Frage bestmöglich zu beantworten. Wo ich mir nicht ganz sicher war habe ein begrenztes Maß an Zeit investiert, eine Antwort ausgewählt und die Fragennummer notiert. Wenn ich dann alles beantwortet hatte bin ich zu diesen Fragen zurück gekehrt und habe die restliche Zeit genutzt die Fragen nochmal unter dem geistigen Mikroskop anzusehen.
Bemerkungen zu jedem Fach
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1. Air Law
Literatur: Keine
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 04:00h
Lernkarten: 79
Viel auswendig zu lernen. Selbst gemalte Schaubilder in meinen Karteikarten haben mir sehr beim lernen geholfen.
Hier war ich sehr gut vorbereitet, habe trotzdem nur knapp über 80% geschafft. Interessanterweise waren in der Prüfung einige Fragen zu VFR Flügen(?)
2. Instrumentation
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 02:15h
Lernkarten: 58
Literatur: Das Buch von Pad Pilot. Bedingt empfehlenswert da nicht so treffsicher auf den abgefragten Stoff, evtl. wäre das von Aviationexam besser gewesen?
Es kamen einige Fragen zu EFIS.
Trotz guter Vorbereitung nur knapp über 80%.
3. Flight Planning
Literatur: keine
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 10:00h
Lernkarten: 26
Für mich das drittaufwändigste Fach: Zwar nicht so viele Fragen aber dafür dauert das Beantworten pro Frage recht lange, da man Karten lesen, Routen Strecken addieren muss etc.
Es kamen viele Fragen mit Kartenbeilage dran, so dass ich die Zeit (60 Minuten) auch fast ausgeschöpft habe. Sehr gutes Ergebnis erzielt.
4. Human Performance
Literatur: Buch von Padpilot, aber nicht so empfehlenswert da recht weit von Prüfungsfragen entfernt
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 03:05h
Lernkarten: 35
Bei diesem Fach habe ich mir am schwersten damit getan einen roten Faden zu erkennen. In weiten Teilen musste ich mir mit stupidem Auswendiglernen behelfen, was eigentlich gar nicht meine Sach eist.
Ergebnis trotz nicht so guter Vorbereitung exzellent - wohl Glück bei den Fragen gehabt.
5. Communication
Literatur: IFR Sprechfunk von Helge Zembold (hatte ich für das AZF gekauft). War aber gar nicht notwendig.
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 04:20h
Lernkarten: 49
Fand ich mit am einfachsten. Ergebnis war sehr gut.
6. Radio Navigation
Literatur: Aviationexam Buch, fand ich ziemlich gut
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 07:00h
Lernkarten: 101
Für mich das zweitaufwändigste Fach.
Da ich von anderen Schülern wusste dass die Aviationexam Treffsicherheit doch sehr zu wünschen übrig lässt habe ich - nach dem School Exam - meine letzte Wiederholung für das Fach in ATPLQ gemacht. Das hat mir einen sehr guten Wiederekennungswert der Fragen (~70%) und ein exzellentes Ergebnis beschert.
Prüfung war sehr GNSS und PBN lastig, es musst nur sehr wenig VOR/ADF gerechnet werden.
7. MET
Literatur: Meteorologie für Piloten von K.H. Hack. Fand ich sehr empfehlenswert. In diesem Fach kam mein Grundverständnis auch vom (vorgeschriebenen) Präsenzunterricht der Theorieschule, da wir einen exzellenten Dozenten hatten.
Zeitaufwand für einen Durchlauf Fragenkatalog beim Wiederholen: 15:00h
Lernkarten: 140
Für mich auf aufwändigste Fach. Um die 1.700 Fragen in AviationExam! (und nur 1.100 in ATPLQ). Den Bereich "The Atmosphere" habe ich ATPLQ gelernt, den Rest in Aviationexam. Der Grund dafür war, dass ich erst alles in ATPLQ lernen wollte weil Fragenkatalog kleiner. Allerdings hat es sich für mich als die nicht richtige Wahl heraus gestellt (fehlende Unterbereiche, Erklärungen zu schlecht, doch keine Lust auf alle ATPLQ Learning objectives) und ich bin auf Aviationexam umgeschwenkt.
Wiedererkennungswert der Fragen war <40% aber mit Verständnis gut machbar, mein Ergebnis war - wohl auch mit etwas Glück - exzellent.
Bei diesem Fach habe ich auf den dritten Durchlauf durch den Fragenkatalog verzichtet da School Exam und Prüfung sehr nah aneinander lagen.
Abschließende Worte
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Am Anfang erscheint der Lernumfang vielleicht riesig. Bei mir hat es sehr geholfen jedes Fach eben Stück für Stück zu erlernen, also jeden Tag vielleicht nur 40-100 Fragen und den dahinter liegenden Stoff.
Allen Leuten die derzeit an der CB-IR Theorie arbeiten wünsche ich viel Erfolg und das Quäntchen Glück dass in der Prüfung hilft :-)
Falls jemand eigene Erfahrungen oder Tipps beisteuern möchte postet sie doch gerne - vielleicht helfen wir dem ein- oder anderen dabei besser in die Lernerei herein zu kommen?