Zunächst einmal ist es zu begrüßen, dass die Frage, wie mit Herstellerempfehlungen zur TBO umgegangen werden soll, europaweit einheitlich geregelt wird. Denn wenn es darum geht, ob und wann einer Hersteller-Empfehlung zum Intervall zwischen zwei Grundüberholungen Folge zu leisten ist, gingen die Meinungen in Europa sehr weit auseinander. Dies war und ist ein konstantes Problem, wenn es darum ging, Flugzeuge ins Ausland zu verkaufen und dort zuzulassen.
Denn bei uns galt seit der NfL II 70/99 aus dem Jahr 1999 eine sehr großzügige und pragmatische Regelung. Der Halter hatte zu entscheiden. Später dann die CAMO. Das LBA hatte damit die TBO-Intervalle z.B. für Kolbenflugmotoren als das erkannt, was sie sind: Empfehlungen und ggf. Teil des Instandhaltungsprogramms. „Empfiehlt“ ein Hersteller im Instandhaltungsprogramm oder Service Bulletin die Grundüberholung nach 2.000 Stunden, kann der Halter dieser Empfehlung nachkommen. Er muss aber nicht. Und die allermeisten TBOs für GA-Flugzeuge sind von den Herstellern aus dem US-Rechtsraum klar als Empfehlungen veröffentlicht („Recommended Time Between Overhaul“).
Etwas ganz anderes sind Festlegungen im Gerätekennblatt (TCDS) zur maximalen Lebensdauer oder Betriebsstundenzahl einer Komponente. Diese sind Bestandteil der Zulassung und in jedem Fall verbindlich. Solche Festlegungen gibt es im GA-Bereich meist nur für die Zelle (z.B. 12.500 Stunden) und so gut wie nie bei klassischen Kolbentriebwerken von Lycoming oder Continental. Daher schrieb das LBA in der NFL II 70/99 auch richtigerweise:
Unberührt von der Aufhebung bleiben auch Lebenszeiten und Inspektionsintervalle, die im Gerätekennblatt des jeweiligen Luftfahrtgerätes explizit oder mit Hinweis auf andere Unterlagen als Lufttüchtigkeitsgrenzen (Airworthiness Limitations) aufgeführt sind.
Es geht in der gesamten Diskussion also ausschließlich darum, wie mit Empfehlungen des Herstellers (im EASA-Speak „Design Approval Holder“ genannt) umzugehen ist. Fixe Betriebsstunden-Limits waren verbindlich, sind verbindlich und bleiben verbindlich. Nur wer den Unterschied zwischen einer Empfehlung und einer Airworthiness-Limitation nicht kennt, könnte hier ins Schleudern kommen. Die FAA hat das begriffen, sie stellt das Nachkommen solcher Empfehlungen im privaten Bereich allein ins Halterermessen. Dass wir es in Europa schaffen, uns selbst bei diesem im Prinzip recht simplen Thema massig Knüppel zwischen die Beine zu werfen, ist leider nicht untypisch.
Was ist ein AMC?
Die EASA hat nun ein AMC herausgegeben. AMCs sind „Acceptable Means of Compliance“. Sie sind nach Regulations und Implementing Rules die dritte Stufe der EU-Regelungen, mit denen wir es zu tun haben. AMCs sind am ehesten mit Durchführungsverordnungen vergleichbar. Sie werden direkt von der Behörde erlassen und durchlaufen keinerlei gesetzgeberischen Prozess.
Wichtig ist aber: Sie legen nur eine mögliche Art und Weise fest, den Vorgaben der Implementing Rules (hier Part-M) zu entsprechen. Wer nach einem AMC verfährt, kann also von seiner Behörde nicht mit strengeren Auflagen beglückt werden. Das ist die gute Nachricht. Grundsätzlich wäre es für eine Behörde auch möglich, eigene AMCs zu erlassen und der EASA vorzulegen, sie muss aber einen von der EASA beschriebenen Weg (AMC) ebenfalls akzeptieren. Im vorliegenden Fall ist allerdings kaum anzunehmen, dass es weitere AMCs geben wird. Wir müssen also davon ausgehen, dass das, was in der Decision Nr. 2013/025/R steht, erst mal verbindlich ist.
Was hat die EASA entschieden?

Es geht nicht nur um Triebwerke und Propeller. Auch andere Komponenten wie z.B. Fahrwerksbeine oder Hydraulik haben TBOs. Haltern von Turbinen-Flugzeugen und Maschinen > 2.730 kg MTOM drohen jetzt über Nacht enorme Kosten für diese Baugruppen, sofern eine Grundüberholung überhaupt möglich ist. |
Zunächst einmal wirft die EASA unseren soeben mühevoll herausgearbeiteten Unterschied zwischen Empfehlung und Auflage wieder über den Haufen. Sie schreibt nämlich:
When the instructions for continuing airworthiness referred to in M.A.302 (d) (ii) contain overhaul intervals for components, typically referred to as Time Between Overhauls (TBO), they should be taken into account when developing the aircraft maintenance programme. Unless paragraph 2 or 3 below is followed, TBO values established by the design approval holder (DAH) should apply.
Jetzt müssen wir nur noch schauen, was M.A.302 (d) (ii) festlegt, und da finden wir dann die Unterlagen, die wir zur Erstellung des IHPs heranziehen, also die:
Anweisungen für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit, die von den Inhabern der Musterzulassung [...] herausgegeben wurden; [...]
Wenn diese Instandhaltungsanweisungen also auch nur eine empfohlene TBO „enthalten“ („contain“), ist diese nach dem Willen der EASA erst mal als verbindlich anzusehen. Betrachten wir ein konkretes Beispiel. Die aktuellen TBOs für alle Lycoming-Kolbentriebwerke werden in der von Lycoming herausgegebenen
Service Instruction No. 1009AV geregelt. Und da steht groß und fett: „Recommended Time Between Overhaul Periods“.
Der Hersteller schreibt die Grundüberholung also nicht vor, er empfiehlt sie. Da diese Empfehlung aber in einer Service Instruction enthalten ist, wird sie in der EASA-Welt im Handumdrehen zur Pflicht! Auch so kann man natürlich die eigenen Bürger grätschen.
Ausnahmen sind nach der Entscheidung der EASA nur für Segel- und Kolbenflugzeuge möglich. Diese Unterscheidung bringt schon die erste wesentliche Einschränkung. Denn damit werden TBO-Verlängerungen in Turbinenflugzeugen unmöglich – egal für welche Komponente. Ein und derselbe Hydraulikzylinder mag also in einer C210 jenseits der TBO Dienst tun, in einer Silver Eagle geht das nicht. Das ist so unsinnig, dass man sich an den Kopf greift.
Ebenfalls außen vor sind Complex Motor-powered Aircraft (CMPA), also nach Artikel 3 Basic Regulation ein Flächenflugzeug:
- mit einer höchstzulässigen Startmasse über 5.700 kg oder
- zugelassen für eine höchste Fluggastsitz-Anzahl von mehr als 19 oder
- zugelassen für den Betrieb mit einer Flugbesatzung von mindestens zwei Piloten oder
- ausgerüstet mit einer oder mehreren Strahlturbinen oder mit mehr als einem Turboprop-Triebwerk.
Da Turbinenflugzeuge aber sowieso schon ausgenommen sind, betrifft diese Einschränkung eigentlich nur noch die Super-Constellation und die DC-3. Was übrig bleibt und sich überhaupt Hoffnungen auf TBO-Verlängerung machen darf, sind also Kolbenflugzeuge unter 5,7 Tonnen. Nun kommen aber weitere Einschränkungen hinzu:
Luftfahrtunternehmen. Keine TBO-Verlängerung gibt es für Flugzeuge, die in Luftfahrtunternehmen eingesetzt werden. Eine einfache Vercharterung (z.B. Lisa) fällt jedoch nicht darunter.
Anfängerschulung. Keine TBO-Verlängerung gibt es für Flugzeuge, die zur Ausbildung von Schülern ohne Vorkenntnisse (Ab-Initio-Ausbildung) eingesetzt werden. Die IFR-Ausbildung fällt da jedoch nicht drunter, das bedeutet für private Halter, die auf dem eigenen Flugzeug das IFR erwerben wollen, eine leichte Verbesserung zur bisherigen Regelung des Part-M. Auch ein CPL oder ein Typerating könnten nun mit TBO-Verlängerung geschult werden.
IFR-Komponenten. Diese Klausel hatte uns (und nicht nur uns) mächtig verwirrt. Die EASA stellte klar: Gemeint ist nicht, dass Flugzeuge, die nach IFR betrieben werden, generell keine TBO-Verlängerung bekommen könnten. Lediglich die IFR-spezifischen Komponenten (was auch immer das sein mag, vielleicht Horizont, Wendezeiger?) könnten nicht verlängert werden. In der Praxis dürfte dies keine Rolle spielen, da diese Komponenten meist sowieso keine TBO haben.
Sondernutzung (Kunstflug). Diese Klausel wurde bislang so interpretiert, dass Flugzeuge, die für Kunstflug zugelassen sind, keine TBO-Verlängerung erhalten könnten. Wir sind uns da nicht so sicher. In der Entscheidung der EASA steht:
[... ] components [...] for which their normal serviceable condition could be affected because of the aircraft’s utilisation (e.g. engine on an aircraft used for aerobatic flight).
Dass die Autoren der Entscheidung ausgerechnet in diesem Punkt ein Beispiel anführen, wird unzähligen Haltern von Kunstflug-Maschinen noch schwer Kopfzerbrechen bereiten. Betrachtet man sich allerdings die Formulierung genauer und berücksichtigt auch die etwas unorthodoxe Wortwahl und Auslegung bei den IFR-Komponenten, muss man daraus keine generelle TBO-Pflicht für Kunstflugmaschinen ableiten.
Lediglich wenn die Nutzungsart den Zustand der Komponente beeinträchtigt (hier wäre ein kausaler Zusammenhang gefordert), ist die TBO nach dieser Lesart Pflicht. Eine einsame 152er Aerobat, die zweimal im Jahr zum Trudeltraining verwendet wird, fällt da sicher nicht drunter. Der Absatz bedeutet also keineswegs einen Automatismus, sondern eröffnet lediglich die Möglichkeit einer nutzungsabhängigen Einzelabwägung.
Wie lang verlängern?

Wann ein Triebwerk fällig ist, muss der Halter zusammen mit der Werft entscheiden, die das Flugzeug ständig wartet. Denn nur dort hat man die nötigen Informationen zur Wartungs- und Service-Historie. |
Verlängert wird eine TBO nach der EASA-Entscheidung grundsätzlich in Schritten von 20%, wobei nach 10% eine erneute Prüfung der Komponente erforderlich ist. Für Flugzeuge unter 2.730 kg und im privaten Betrieb ist kein Limit für die Anzahl der Verlängerungen vorgesehen. Flugzeuge über 2.730 kg dürfen nur maximal zweimal um 20% verlängern, also im Ergebnis 40%. Bedeutet für einen Motor mit zwölf Jahren und 2.000 Stunden z.B. 2.800 Stunden und knapp 17 Jahre. Für Triebwerke mag das noch gehen, aber z.B. Fahrwerkskomponenten an seltenen Flugzeugen gehen hier vor allem beim Zeitlimit oft drüber. Hier können für Halter enorme Kosten entstehen, und das schon bei der nächsten Nachprüfung!
Nicht ganz klar ist auch die Einschränkung auf „privately operated“ aircraft. Hier beglückt uns die EASA mal wieder mit einer völlig neuen Definition. War sonst immer von „Flugzeugen im Luftfahrtunternehmen“ die Rede (das ist klar), ist diese neue Definition völlig offen. Was ist z.B. mit einer 172er im Verein? Einer DA40 in der Haltergemeinschaft? Oder einer C210 im Werksverkehr? Was ist mit einer privaten Vercharterung? Oder darf wirklich nur ein Privatmann, der selber sein eigenes Flugzeug fliegt, über die 40% TBO-Extension gehen? Diese Punkte sind im Moment ungeklärt.
Wer darf verlängern?
Sehr heikel ist die Frage, wer eigentlich die TBO-Verlängerung genehmigen darf. Bislang konnte dies der Wartungsbetrieb tun bzw. die CAMO, die das ARC ausstellte. Nun dürfen (außer für ELA1-Flugzeuge) nur noch sog. „B“ und „C“ eingestufte Betriebe eine TBO-Verlängerung aussprechen. Dies bedeutet de facto: Nur noch Betriebe, die selber die Genehmigung haben, die Komponente überholen zu dürfen, können auch eine TBO-Verlängerung genehmigen. Das ist aus Sicht eines Kölner Schreibtischs wahrscheinlich nachvollziehbar, in der Praxis aber leider selten behämmert. Denn:
1) Lange nicht für alle Komponenten gibt es in Europa genehmigte Überholungsbetriebe. Vor allem Aggregate und Fahrwerksteile können meist nur in den USA überholt werden, und da wird sich niemand den Aufwand des EASA-Paperworks antun, nur um dann nichts an der Überholung zu verdienen.
2) Für die meisten TBO-Entscheidungen ist die Werft, die das Flugzeug auch täglich wartet, die allerbeste Adresse. Denn diese hat keinen wirtschaftlichen Konflikt und kennt vor allem die Wartungs- und Service-Historie des Flugzeugs. Denn TBO-Verlängerungen sind Prognosen. Und da ist die Historie einer Komponente mindestens genauso wichtig wie der aktuelle Befund. Ein Überholbetrieb irgendwo im Grünen hat diese Historie nicht. Hatten wir vorher schon einmal Metall im Öl? Zickt der Alternator jetzt schon zum dritten Mal oder war‘s zuletzt der Regler? Wie haben sich die Temperaturen seit letztem Jahr verändert? Lief der Zylinder immer schon 40° wärmer?
3) Einen ollen O-320 erst mal beim Überholer vorsprechen zu lassen, um dann (wahrscheinlich nach Aktenlage) zu entscheiden ja oder nein, ist ein irrer bürokratischer Aufwand oder schlicht eine Farce. Entweder kommt der Überholbetrieb zum Flugzeug und macht ein paar Tests (da können schnell mal fünf bis sechs Betriebe anreisen!) oder es wird nach Aktenlage entschieden, und dann ist dieser Schritt für die Katz.
Details

Turbolader, Pumpen, Aggregate: Wo auch immer eine Recomended TBO draufsteht ist diese +40% nach dem Willen der EASA nun für alle Kolbenflugzeuge > 2.730 kg MTOW verpflichtend. Und für Turbinen-Flieger gibt es gar keine Verlängerungen mehr. Sie können nicht mal einen Klimakompressor oder einen Propeller jenseits der TBO betreiben. |
Welchen Umfang genau eine Inspektion für und während einer TBO-Verlängerung hat, ist nicht festgelegt. Lediglich für Kolbentriebwerke gibt die EASA im AMC etwas Anleitung, da steht aber auch nur das, was eh jeder tut: Ölfilter, Kerzen, Kompression, Ölverbrauch, Leistungsabgabe, Korrosion. Das sind exakt die Untersuchungen, die bei jeder 100er enthalten sind. Warum man dafür einen Überholungsbetrieb braucht, bleibt das Geheimnis der EASA, vor allem wenn man sich klar macht, dass für ELA1 Flugzeuge (< 1.200 kg MTOM) die normalen Prüfer eben doch wieder TBO-Verlängerungen machen dürfen.
Dies führt dann wieder zu völlig willkürlichen Glückstreffern: Für eine Ur-182er darf der Prüfer also eine TBO-Verlängerung genehmigen. Für eine C182A mit 1.202 kg MTOM geht‘s hingegen wegen 2 kg (!) zum Überholbetrieb.
Fazit
Wie so oft bei EU-Regelungen gibt es Gewinner, Verlierer, Leute, die nochmal davonkommen, und Leute, die zittern müssen.
Gewinner:
- Halter, die auf ihrem Flugzeug mit TBO-Verlängerung eine weiterführende Ausbildung (CPL, IR) machen wollen. Dies war bislang nicht möglich, nun geht es.
Verlierer:
- Halter von Turbinenflugzeugen. Dort sind gar keine TBO-Verlängerungen mehr möglich, auch nicht für Komponenten, die mit der Turbinenhaftigkeit des Flugzeugs gar nichts zu tun haben (Heizung, Fahrwerk, Aggregate).
- Halter von Flugzeugen > 2.730 kg MTOM. Hier sind nur noch 40% TBO-Verlängerung möglich.
Für beide Gruppen gilt: Die entsprechenden Komponenten müssen schon bei der nächsten Nachprüfung raus. Hier werden für viele Halter sehr plötzlich enorme Kosten entstehen.
Nochmal davon kommen Halter von ELA1-Flugzeugen. Hier sieht es im Moment so aus, als ob sich in der Praxis nicht viel ändert.
Zittern müssen alle anderen. Für Kunstflugzeuge gibt es vielleicht etwas Hoffnung, wenn die EASA den entsprechenden Absatz zur Nutzungsart präzisiert bzw. sich das LBA nicht die strengstmögliche Auslegung zu eigen macht und anstatt stur nach Kunstflugtauglichkeit wirklich nach der tatsächlichen Nutzung des Flugzeugs entscheidet, wie es der Absatz 2 (l) iv ja fordert.
Für die anderen Halter kommt es auf Interpretationsfragen an. Was genau muss ein Überholungsbetrieb für eine TBO-Verlängerung tun? Wie wird „privately operated aircraft“ am Ende ausgelegt?
Große Sprengkraft kann auch die Tatsache entfalten, dass nicht zwischen kritischen Komponenten, wie Triebwerken, und weniger kritischen Komponenten, wie z.B. einer Hydraulikpumpe oder einem Fahrwerksbein, unterschieden wird. Das ist vor allem für Turbinen-Flugzeuge und Flugzeuge > 1.200 kg unangenehm. Die einen dürfen gar keine TBO-Verlängerung machen, die anderen müssen erstmal einen Betrieb finden, der den Eisenklotz EASA-konform instand setzen darf.
Kommentar
Während Turbinen-Halter maximal geschädigt sind und Halter von Flugzeugen > 2.730 kg auf 40% festgenagelt wurden, ergibt sich vor allem für Betreiber von Flugzeugen zwischen 1.200 kg und 2.730 kg eine beträchtliche Unsicherheit. Vor allem die Frage, wer die TBO-Verlängerung genehmigt, ist hier entscheidend.
Dabei ist nach Informationen von Pilot und Flugzeug der Fall keineswegs so klar, wie er auf den ersten Blick scheint. Die EASA hat nämlich auf den wütenden Protest der normalen Werften („A-Betriebe“) hin erklärt, das LBA könne durchaus auch A-Betrieben erlauben, TBO-Verlängerungen durchzuführen. Das LBA hat jedoch bislang erklärt, dass man dies nicht tun werde, da man sich beim nächsten EASA-Audit kein Finding einfangen möchte (es gibt eine EASA-interne Rangliste der dollsten Behörden. Da will das LBA aufsteigen!). Hier sind die Halter in einem typischen Ping-Pong-Spiel zwischen zwei Behörden gefangen.
- Die EASA macht eine sehr schädliche Regel.
- Sobald diese auf die Praxis trifft, ertönt ein Aufschrei.
- Die EASA rudert zurück und erklärt, die nationalen Behörden könnten ja auch Ausnahmen zulassen.
- Die nationalen Behörden erteilen dann aber keine Ausnahmen, entweder weil sie nicht wollen oder weil sie beim nächsten Audit der EASA dabei auf wenig Verständnis stoßen würden.
- Ergebnis: Der Halter sitzt in der Tinte.
Dieses Spiel erleben wir vielfach in den der EASA unterworfenen Bereichen. Es ist für die Bürger das Frustrierendste, da niemand Verantwortung für den Zustand übernimmt.
Es bleibt festzuhalten, dass wir dieses Problem wohl selber lösen müssen. Ein europäischer Aufschrei wird kaum erfolgen, denn für viele Länder, die bislang keine oder kaum TBO-Verlängerungen bei Triebwerken erlaubten, eröffnet die EASA-Entscheidung ungeahnte Freiräume.
Deutschland war hier mit der klaren Unterscheidung zwischen Empfehlungen und Auflagen an internationale Standards angepasst und technisch fortschrittlich, was auch an der exzellenten Arbeit der Wartungsbetriebe lag, denn Unfälle mit deutsch registrierten Luftfahrzeugen, die auf TBO-Überschreitungen zurückzuführen wären, gab es seit 1999 genau null.
Deutschland macht jetzt also einen Rückschritt, was auch beim LBA bedauert wird, oder wie ein LBA-Mitarbeiter Pilot und Flugzeug gegenüber nicht ohne Ironie und Bitterkeit sagte: „Das sollte uns die Europäische Einigung schon wert sein.“
Wir müssen jetzt darauf dringen, die Folgen abzumildern. Also:
- A-Betrieben die TBO-Verlängerung zu erlauben. Die Betriebe haben das bislang vorbildlich gemacht, und sollten dies weiter tun dürfen.
- Turbinen-Flugzeugen und Flugzeugen > 2.730 kg TBO-Verlängerungen erlauben (dies muss die EASA tun). Die Kriterien sind nämlich völlig untauglich: Ein Fahrwerksbein in einer Turbinen-Duke wird auch nicht anders belastet als in einer Kolben-Duke. Auch die Heizung in einer Cessna 340 (2.719 kg) dürfte kaum länger halten als in einer C414 (3.062 kg), nur weil das Flugzeug leichter ist!
- Die schwammigen Begriffe wie „privately operated aircraft“ definieren bzw. durch gebräuchliche Kategorien ersetzen. Hier sollte das BMVBS die deutschen Flugzeughalter vor Rechtsunsicherheit bewahren und verbindliche Kriterien festlegen.
Update 20. Dezember 2013: Die EASA hat die hier beschriebene Decission am 19. Dezember vollumfänglich
zurückgezogen.