"...aber je länger es kein AD oder gar grounding gibt, umso unwahrscheinlicher werden grundsätzliche Design-Fehler .."
Dazu muss man sich die Frage stellen: Welche Auswirkungen hätte denn ein Designfehler?
Ein Designfehler, der solche gravierenden Auswirkungen hat - auch wenn die Wahrscheinlichkeit des Eintretens äußerst gering ist - müsste zu einem (sofortigen) Grounding aller Flugzeuge führen, in welcher die ursächliche Konstellation möglich ist bzw. in denen der Designfehler vorhanden ist.
Anschließend muss eine Lösung zur Behebung gefunden und die Flugzeuge umgerüstet werden. Selbst wenn zur Behebung nur ein Software-Update notwendig wäre, müsste dieses getestet und als funktionierende Problemlösung freigegeben werden. Das dauert sicherlich mindestens 3 Monate, vermutlich aber deutlich länger, da es sich fast nie um ein isoliertes Problem handelt. Erst recht nicht, wenn es aufgrund der schon beträchtlichen Betriebshistorie, so lange keine Auswirkungen hatte.
Wenn es "nur" die 787 betrifft, handelt es sich um mehr als 1.000 Flugzeuge. Flugzeuge, die Arbeitspferde und Umsatzbringer für die Airlines sind, denn auf der Langstrecke kann eher Geld verdient werden, als auf den Kurzstrecken. Ein 3-monatiger Ausfall der 787-Flotte würde sich bei den Schadensersatzforderungen an Boeing sehr schnell in schwindelerregende Höhe bewegen. Man muss kein Rechen-Genie oder Prophet sein, um zu dem Punkt zu kommen, dass Boeing in der schon angeschlagen Situation finanziell am Ende wäre.
Kurzum: ein Designfehler würde Boeing - zumindest den zivilen Teil - vernichten.
Als nächstes darf man sich dann die Frage stellen: Wer untersucht die Daten des FDR und wie?
Ich habe in keinster Weise Ahnung in welcher Form und Detailtiefe der FDR Daten aufzeichnet. Ich kenne lediglich die Formate, die ein G1000 aufzeichnet und das auch nur vom flüchtigen durchscannen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass dort neben einer ganzen Menge von Sensordaten, hauptsächlich nur steht, welches System, welche Fehler gemeldet hat und was ein- oder ausgeschaltet wurde, und durch welche Aktion (z.B. Schalter, also Mensch, oder Subsystem oder Ursache, z.B. niedrige Spannung). Um aus dieser Datenmenge Schlüsse zu ziehen, haben die Hersteller Auswertungsprogramme, die im wesentlichen für Wartungszwecke entwickelt wurden, nicht aber für die Identifikation von Ursachen, deren Konstellation man nie betrachtet hat.
Außerdem muss man die "vermutete" Ursache in einem Test-Aufbau dann auch verifizieren. Man muss also dieselbe Konfiguration nachstellen und "hoffen", dass der Fehler erneut auftritt. Allein der Aufbau eines Test-Systems mit exakt denselben Komponenten und Softwareständen wird vermutlich sehr lange dauern.
Daraus ergeben sich zwei Schlußfolgerungen:
1) Die Ursachenforschung ist sehr komplex und benötigt tiefes System-Know-How, das eigentlich nur beim Hersteller selbst vorhanden ist, insbesondere auch das Test-Bed.
2) Der Hersteller gräbt mit der "Ursachenforschung" womöglich sein eigenes Grab.
Hinzu kommt, dass die den Hersteller überwachende Zertifizierungs-Organisation, die auch die Unfalluntersuchung begleitet, die FAA, eine von DT stark unter Druck gesetzte staatliche Organisation ist. Wenn man dann noch den starken MAGA-Fokus von DT ins Kalkül nimmt, ist es nicht mehr weit bis "Verschleppung", "Verharmlosung" oder gar "Verheimlichung" denkbare Optionen sind.