Vielen Dank für die ganzen teils positiven und verständnisvollen Reaktionen!
Ich möchte auf einige Reaktionen aber ein wenig genauer eingehen:
Neu! Gestern 21:38 Uhr: Von John Askild
Schade, leider sind einige gute und wichtige Punkte in viel ideologischem und kommerziellem Mist versteckt.
Wenn man jetzt unbedingt darauf bestehen würde, dann würde ich mir vielleicht Lobbyismus vorwerfen lassen. Aber „viel ideologischen und kommerziellen Mist“?
Sofern das ernst gemeint ist, bitte erläutern.
Neu! Gestern 21:43 Uhr: Von Achim Hasenmöller
Womit ich nicht einverstanden bin, ist die angebliche Berechtigung der Cessna SIDs als verpflichtende Maßnahme. Dass die Werften das anders sehen, ist wiederum nachvollziehbar.
Hallo Achim, ja das kann ich in der Tat gut nachvollziehen.
Weder EASA noch LBA (oder sonstige NAA’s) wollen die Verantwortung (in rechtlicher Sicht) dafür übernehmen, einen oder alle Halter vom SID-Programm frei zu sprechen.
Nehmen wir an, eine freigesprochene Cessna stürzt aufgrund des nicht durchgeführten Programms ab (irrwitzig), dann wäre auf rechtlicher ebene die Hölle los.
Die EASA im speziellen kann für solche Freisprechungen nämlich gar keine Haftung übernehmen, da hinter ihr (im Gegensatz zu den NAA’s) kein rechtliches Organ steht, welches dafür haftet. Die EASA ist immer noch keine Behörde!
Neu! Gestern 22:07 Uhr: Von Alexis von Croy
Ich glaube, dass die meisten der etwa 5 von mir in USA gecharterten C-172 keinen Wert von $ 20.000 hatten, deshalb frage ich mich, wie das finanziell gehen soll. Diese Fliugzeuge kann man eigentlich verschrotten
Hallo Alexis, du nennst das Problem leider beim Namen!
Wenn ich ehrlich bin, wird die Durchführung der SID-Programme bei den meisten Flugzeugen ernsthafte Beanstandungen zum Vorschein bringen, was wiederum zum finanziellen Problem werden wird! Ich befürchte, dass für viele Flugzeuge die Durchführung des jeweiligen SIDs schnell den finanziellen Totalschaden bedeuten kann. Wie man damit umgehen soll, ist für mich leider auch nicht klar.
Jedoch sehe ich auch große Probleme im aktuellen Flugzeugmarkt bedingt! Viele Gebrauchtflugzeuge können nur noch verkauft werden, wenn man Preise anbietet, die in meinen Augen enorm unterm dem eigentlichen Gegenwert sind.
(In Werft-Kreisen wird auch relativ laut darüber diskutiert, ob das SID-Programm von Seiten Cessna’s auch unterstütz wurde, um damit eine marktbereinigende und marktbelebende Wirkung zu erreichen).
[…]und wozu bitte ist eine AVIONIK-NACHPRÜFUNG in Deutschland gut, außer um Geld in die Betriebe zu spülen? Ich wette dass ich es a) merke wenn ein Gerät nicht mehr geht und b) wette ich, dass es nicht länger hält weil es jemand in funktionsfähigem Zustand getestet hat.
Länger halten, weil es jemand im funktionsfähigem Zustand getestet hat, das wird wahrscheinlich nicht eintreten. Avionik und Instrumente sind aber einfach sehr anfällig und haben häufig Fehler ohne dass der Pilot davon etwas mitbekommt.
Nur ein paar häufige Beispiele: Code-Fehler oder Drop-Outs bei Mode-S Transpondern, ILS/Glideslope/Localizer/VOR-Falschanzeigen außerhalb der Toleranz (was nicht erst durch controlled flight into terrain bemerkt werden sollte), undichte und deshalb falsch anzeigende Stau-/Statiksysteme, EFIS/FMS-Systeme mit im Laufe der Zeit falschen Daten/Werten….. wie gesagt, nur ein paar Beispiele. Flugzeugwartung soll ja auch präventiv sein, und NICHT nur Mängel beheben, nachdem sie offensichtlich zum Vorschein getreten sind. Avionik/Instrumente sind nun einmal sehr wichtig für die Piloten, von dem her sehe ich eine regelmäßige Überprüfung als sehr gerechtfertigt an.
[…]Es gibt JEDE MENGE ärgerlicher und unnützer Vorschriften, die zu viel Geld kosten und langfristig das Ende der GA bedeuten werden, wie wir sie kennen.
Ich muss dir hier leider vollends zustimmen. Das SID-Programm sehe ich zwar wie schon gesagt als finanziellen Einschlag, aber für (technisch / sicherheitsbedingt) sinnvoll halte ich es trotzdem.
Neu! Gestern 22:20 Uhr: Von Malte Höltken
Naja, in den aufgeführten Stunden gibt es ja einiges, wofür ein Halter nicht jemanden für 75€/h beschäftigen muß. Handlochdeckel schrauben, Verlkeidungen abnehmen und wieder einbauen, Papier auf Vordermann und für die Werft in direkt auswertbares Format bringen, etc. Dafür jemandem 75€/h zu zahlen ist schon ziemlich dekadent. So kommt es dann naturgemäß zu sehr großen Schwankungen. Okay, es kommt natürlich ein wenig darauf an, wie man seine eigene Arbeitszeit berechnet aber zumindest der Papierkram kann ja abends nebenher laufen, neben aktuellem Betrieb.
Malte, Entschuldigung… aber ich glaube es hakt!
Wie in meinem langen Eingangspost hier geschrieben – wir Flugzeugmechaniker Arbeiten auch nicht nur zum Spaß! Viele von uns arbeiten schon am Maximum, und das für ein finanzielles Minimum.
Würdest du dein Auto auch in die Werkstatt stellen, aber dort dann einen Großteil der Arbeit (wahrscheinlich auch noch mit Werkzeug/Mitteln der Werkstatt) selbst durchführen wollen, damit die Rechnung nicht so hoch wird?!
Oder willst du für den TÜV-Prüfer auch Papierkram abnehmen, damit es für dich billiger wird?!
Und 75€ (meist brutto) findest du also dekadent. Bitte informier dich mal was für sonstige technische Sachverständige pro Stunde aufgerufen wird – und Flugzeugmechaniker sind nun mal einfach sehr hoch qualifizierte Techniker.
Dein letzter (von mir Fett markierten Satz) lässt mir einfach nur den Mund offen stehen!!!
Natürlich, wir machen die Aufwändige Papierarbeit (für die man auch qualifiziert sein muss!) aus Nächstenliebe mal schön für euch Abends, da sind wir ja SOWIESO aus Spaß an der Arbeit noch da ….. ich glaub ich spinne!
Versteh mich bitte nicht falsch, ich bin auf keinen Fall dafür die Wartungspreise unnötig in die Höhe zu treiben. Aber es gibt in der deutschen GA doch relativ viele Kunden mit finanziellen Vorstellungen, die mich sehr äußerst stutzig machen.
Es wird bei Jahresnachprüfungen darüber diskutiert ob die Behebung von X Beanstandungen wirklich nötig ist, oder ob man nicht auch diese und jene nicht zertifizierte Teile einbauen kann. Das bin ich so leid… Wenn diese Halter Ihre Autos zum TÜV bringen, und es keine Plakette gibt weil die Bremslichter nicht funktionieren oder die Felgen keine ABE haben, dann wird da auch nicht diskutiert. Warum aber so extrem in der GA?
Genauso habe ich Kunden die mir für Ihre nagelneue SR22 zur 100 Std. Kontrolle Öl und Ölfilter mitbringen…. das würden die sich mit Ihrer S-Klasse in der Daimler-Werkstatt niemals trauen.
Wie gesagt, ich will keine Kosten unnötig in die Höhe treiben, ich wünsche mir nur dass von Werften und Haltern ein gewisses Mindestmaß von Anstand und Vernunft an den Tag gelegt wird!
Neu! Heute 08:27 Uhr: Von Björn Steiner
Das wichtigste in dieser ganzen Diskussion ist aber ein sinnvolles Miteinander von Haltern und Werften. Weder sind Billigheimerargumente wirklich stichhaltig, noch befördern Horrormaximalrechnungen das Vertrauen in ein partnerschaftliches Verhalten. Aus den verschiedenen Diskussionen kristallisiert sich scheinbar eine grundlegende Akzeptanz im Bereich von um die 5.000 EUR heraus. Von hier aus können dann die Überlegungen der Werften starten, ob sie bereit sind das zu leisten, oder eben nicht. Es werden auch so schon genügend Halter, aufgrund der Kakophonie in den Diskussionen, ihre Maschinen frustriert abwracken und das Fliegen aufgeben. Davon haben auch die Werften am Ende nichts.
Hallo Björn, im Großen und Ganzen möchte ich Dir zustimmen, vorallem der Satz über das vernünftige Miteinander!
Dennoch muss ich dir auf der anderen Seite wiedersprechen. Es mag zwar sein (ist für mich auch total verständlich!) dass für Viele ein SID-Rahmen von ca. 5000 € diskutabel wäre.
Die Beispielrechnung, die Ich in meinem vorherigem Post aufgemacht habe, ist aber schon vom Minimalaufwand mit keinen Beanstandungen ausgegangen. Wenn eine Werft das nun für 5000 € durchführen sollte, dann würde sie schlichtweg dabei zusetzten! Das kann auch nicht der Sinn der Sache sein.
Ich habe jedoch leider Befürchtungen dass demnächst 2-3 spezielle Werften wieder auf den Markt drängen werden, und SID’s für solche Preise anbieten. Die Kunden und deren Geldbeutel wird es sicher freuen…. Was sie jedoch nicht wissen, diese speziellen Werften machen dann Papier, schreiben eine Rechnung…. Und am Flugzeug ist nicht viel (oder gar nichts passiert). Das ist leider schon alles vorgekommen, und passiert in Deutschland immernoch L (Namen der Werften nenne ich nicht).
Sein Flugzeug für die Durchführung des SID-Programms nach Tschechien/Ungarn/Lithauen zu stellen, kann für den Halter sicherlich eine Lösung sein, aber für sinnvoll erachte ich sie nicht.
Zum einen könnte ich mir vorstellen, dass das LBA irgendwann die ausländischen Durchführungsnachweise aus irgendeinem fadenscheinigen Grund nicht anerkennt und vieleicht eine nochmalige Durchführung fordert, zum Anderen finde ich ein Out-Sourcen der Flugzeuge für die Wartung einfach ‚schäbig‘.
Dadurch nimmt man dann defakto auch an der Zerstörung der deutschen GA-Teil, denn auch die Werften sind schließlich ein Bestandteil davon – und diesem Teil der GA geht es mit Sicherheit auch nicht blendend!
Ich weiß nicht ob jemand von Euch bei der Veranstaltung von EASA, FAA, Cessna & Co. Zu dem Thema in Köln dabei war. Dabei ist aber klar geworden, dass Cessna lange Zeit von den Mängeln an Ihren Flugzeugen angeblich keine Ahnung hatte. Genauso hatten sind sie angeblich bei den 100/200er Serien von einem SID-Aufwand von 20-30 Stunden ausgegangen – bis dann das Feedback über A&P’s und AI’s kam, was von oftmals weit über 100 Stunden berichtete.
Die FAA ist übrigens dabei eine Data-Evaluation des SID’s durchzuführen. D.h. sie sammeln derzeit Daten und Reporte von Werften über beim SID gefundene Beanstandungen in den USA, um dann dementsprechend einzelne Punkte der SID-Programme zu FAA AD’s zu machen…. Welche dann automatisch von der EASA übernommen werden sollen.
Als eine mögliche Lösung des SID-Problems sehe ich darin, dass Cessna die SID-Programme grundlegend überarbeitet, und eine gemeinsame Regelung mit der FAA/EASA getroffen wird, dass die Kontrollen nicht zu LTA’s werden.
So sollte Cessna in meinem Augen vor Allem viele Jahres-Intervalle aus den Kontrollpunkten streichen, oder diese zumindest um 100% ausdehnen. Es gibt in der Tat viele 172er die 2500 Std. TTAF haben, aber bereits über 20 Jahre alt, und daher vom SID betroffen sind. Hier schlägt das SID in umso erbarmungsloserer, und in meiner Sicht nicht unbedingt sinnvoller Weise, zu.
Zudem MUSS endlich von behördlicher Seite etwas in Sachen Ersatzteilpreise unternommen werden!
Hier liegt in meinen Augen ein allgemein viel größeres Problem für Halter und Werften.
In der KFZ-Branche ist es größtenteils so, dass Werkstätten an Ersatzteilen 80-150% verdienen – was auch total überzogen ist. In der Luftfahrt jedoch, verdienen Werften meist zwischen 5% und 15% an Teilen, was schlichtweg zu wenig ist.
Dies können wir aber gar nicht anders gestalten, da die Preise vom Hersteller aus schon in lächerliche Bereiche getrieben wurden. Unter anderem gibt es im SID-Programm alte Service Kits die geprüft/nachgeholt werden müssen. In diesen alten Service Kits sind noch Preise für Ersatzteile angegeben. Jedoch sind aus 11$ für Fahrwerksbolzen mal eben 550$ geworden, oder Fahrwerksaufnahmen haben sich von 170$ auf 3800$ verteuert. Das ist in keinster Weise mehr zu rechtfertigen und ist in meinen Augen Schlichtweg WUCHER!
Hier sollten unsere Behörden unbedingt einschreiten, und wenn nötig die Zertifizierungsprozesse für Teile bzw. Flugzeuge der GA erheblich herunter schrauben!
LG Sebastian