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4. Mai 2024 17:30 Uhr Jan Brill

Infrastruktur: Fliegen ohne Betriebsleiter


Der Flugleiter ist Geschichte – es lebe der Betriebsleiter!

Am 30. April erschien die NfL 2024-1-3106, die "Grundsätze über die Betriebsleitung auf Landeplätzen und Segelfluggeländen ohne Flugverkehrsdienst" festlegt. Das ist die lang erwartete Richtlinie die das sog. Fliegen ohne Flugleiter regeln wird. Mit Erscheinen der NfL ist für unser Editorial der Ausgabe 2024/05 eine Ergänzung nötig. Wichtigste und drastischste Änderung: Es gibt keine Flugleiter mehr! Es gibt nur noch Betriebsleiter. Mit dieser Änderung der Terminologie macht die NfL tatsächlich einen radikalen Schnitt in die deutsche Flugleiterpraxis. In vielen anderen Aspekten blieb die Richtlinie allerdings deutlich hinter den Erwartungen und Möglichkeiten zurück.

Die NfL betrifft alle Flugplätze, Landeplätze und Segelfluggelände die keine Flugverkehrsdienste vorhalten. Also weder einen Tower, noch eine zugelassene AFIS-Stelle betreiben. Das Wort "Flugleiter", das taucht in der NfL auch nicht auf. Die drastischste Änderung vollzieht sie indem sie den deutschen "Flugleiter" durch bloße Nichterwähnung in der Versenkung verschwinden lässt. Die Regelung benennt stattdessen drei Arten von behördlich definiertem Bodenpersonal für diese Art von Flugplätzen:

  1. Sachbearbeiter für Luftaufsicht, das sind Angestellte der Behörde im Öffentlichen Dienst, die z.B. Lizenzen kontrollieren und alle anderen an die Landesbehörden delegierten Aufgaben der Luftaufsicht wahrnehmen.

  2. Beauftragte für Luftaufsicht, das sind Angestellte des Flugplatzes, die im Prinzip die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Meist haben diese Personen noch eine Vielzahl von anderen Aufgaben am Flugplatz und nehmen die Luftaufsicht nur teilzeit wahr, zwischen dem Kassieren von Gebühren, der Bereitstellung von Rettungsgerät oder dem Rasenmähen.

  3. Betriebsleiter. Das ist der neue Begriff. Der Betriebsleiter hat keinerlei behördliche oder verkehrstechnische Aufgabe. Er nimmt das Hausrecht des Platzhalters wahr und natürlich viele sehr nützliche Aufgaben im Service, Rettungswesen und in der Verwaltung des Platzes.



Fliegen ohne Flugleiter oder Betriebsleiter ist im Ausland Gang und Gäbe, so wie hier auf dem Schottischen Platz von Castle Kennedy (EG39). Jetzt ist Freiheit höchstoffiziell auch bei uns erlaubt! Ich verspreche Ihnen: Es tut auch gar nicht weh!
Der bisherige "Flugleiter" wie ihn die §53 Absatz 3 LuftVZO festlegt ("Der Landeplatzhalter hat auf Verlangen der Genehmigungsbehörde eine oder mehrere Personen als Flugleiter zu bestellen.") war an größeren Plätzen meist eine Mischung aus BfLs und Betriebsleiter. Ein oder mehrere Mitarbeiter erhielten Schulung und Beauftragung als BfL und erledigten die Luftaufsicht teilzeit als eine von vielen Aufgaben.

An kleineren Plätzen und an Segelfluggeländen an denen der §53 LuftVZO nicht anwendbar ist oder Absatz 3 nicht angewandt wurde (Kann-Vorschrift) definierte sich die Rolle des Flugleiters rein über die Platzgenehmigung. Und die Platzgenehmigung teilte dem Flugleiter oftmals eine gruselige Aufgabenfülle zu, die im krassen Widerspruch zu europäischen und nationalen Rechtsgrundsätzen stand.

Damit ist jetzt definitiv Schluss. Die NfL legt da eindeutig fest:

"Luftaufsichtsrechtliche, polizeiliche oder ordnungsbehördliche Befugnisse sowie die Bewegungslenkung von Luftfahrzeugen in der Luft und auf den Start- und Landebahn(en) stehen der Betriebsleitung nicht zu."

Das könnte aus der Pilot und Flugzeug stammen und lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig!


Alles kann darf, nichts muss...

Schade ist, dass das Verkehrsministerium praktisch das komplette Feedback zur NfL von Verbänden und Interessengruppen unberücksichtigt ließ und sogar hinter den Entwurf der Länder-Arbeitsgruppe zurückgefallen ist. Z.B. war im Länderpapier eindeutig beschrieben, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht durch die Anwesenheit eines Flugleiters, sondern durch regelmäßige Kontrollen erfüllt würde.

Ansonsten kann man die NfL zusammenfassen als "Alles darf, nichts muss". Die Bundesverwaltung und das Ministerium ziehen sich durch die Festlegungen fein aus der Affäre. Fliegen ohne Betriebsleiter ist ausdrücklich erlaubt. In welchem Umfang allerdings entscheiden die Landesbehörden.

Ein williger Platzhalter findet mit einer willigen Behörde viel Spielraum. Wer verhindern will der findet allerdings auch Rückhalt.


Erzwungener Handlungsbedarf

In einem Punkt allerdings hat die NfL etwas Bewegung in die Sache gebracht. Durch die Änderungen der Terminologie von Flugleiter auf Betriebsleiter und die Schärfung der Differenzierung zwischen BfL und Betriebsleiter dürfte in nahezu 100% aller Platzgenehmigungen in Deutschland nun Handlungsbedarf gegeben sein. Und diesen Ansatz sollten die Plätze dringend nutzen um maximal flexible und liberale Regelungen in die Betriebsgenehmigung zu schreiben. Vermeiden sollte man darin auf jeden Fall harte Festlegungen wann ein Betriebsleiter anwesend zu sein hat und wann nicht. Das gehört nicht in die Genehmigung, das gehört zu den Betriebsverfahren die der Platzhalter festlegt.

Guido Frey von der Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter hat dazu in seinem Newsletter mehrere Vorschläge erarbeitet und erläutert. Ich empfehle jedem Antragsteller ihn vor Abgabe eines Änderungsantrags zu kontaktieren:

Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter
Guido Frey, Telefon: +49 178-4 04 43 32, E-Mail: Guido.Frey@posteo.de


Haftung?

Für etwas Verwirrung hat in den Tagen nach dem Erscheinen folgender Passus in der NfL gesorgt:

"Wird dem Antrag durch die Landesluftfahrtbehörde stattgegeben, entbindet dies Flugplatzbetreibende ebenfalls nicht von der Haftung für den betriebssicheren Zustand des Flugplatzes und den ordnungsgemäßen Betrieb."

Das fällt unter "stating the obvious". Nichts und niemand kann den Flugplatzhalter von dieser Pflicht befreien. Solche Sätze finden sich reihenweise auch in Platzgenehmigungen mit Flugleiter, z.B.:

"Die Bestellung von Flugleitern entbindet den Flugplatzhalter nicht der eigenen Verantwortlichkeit fur die ordnungsgemäße Anlage und den Betrieb des Segelfluggelandes sowie die Beachtung aller sonstigen luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen und Anordnungen."

Es wäre aber geradezu grotesk wenn sich für Flugplätze – einmalig in der Rechtsgeschichte – die Auffassung etablieren würde, dass der Flugplatzhalter dieser als Verkehrssicherungspflicht zusammengefassten Haftung nur nachkommen könnte indem er die Grashalme der Piste zu 100% der Betriebszeit durch einen Betriebsleiter beobachten lässt. Keine Straße, kein Parkplatz, eine Anlegestelle, kein Wanderweg und keine sonstige normale Infrastrukturanlage wird lückenlos überwacht. Trotzdem kommen Betreiber dieser Anlagen ihrer Verkehrssicherungspflicht nach.

Der Verkehrssicherungspflicht kommt man nach indem man in angemessenen Abständen die Anlage kontrolliert. Ob die Piste frei von Hindernissen ist oder nicht kann ohnehin nur der Pilot entscheiden. Beim Start vom Boden aus und bei der Landung eben aus der Luft.



Bewertung: +22.00 [22]  
 
 




4. Mai 2024 19:04 Uhr: Von Marco Scheuerlein an Jan Brill Bewertung: +0.00 [2]
Beitrag vom Autor gelöscht
4. Mai 2024 22:17 Uhr: Von Jan Brill an Marco Scheuerlein Bewertung: +3.00 [3]

Jammert was ihr wollt, für die kleinen Plätze die ich so kenne ist das jetzt schon perfekt!!!


Falscher Thread? Sorry, hab vllt. den Faden verloren... Wo wird gejammert?

Wie sich das ganze in der Praxis auswirkt wissen wir erst wenn eine Anzahl von Anträgen beschieden ist.

Jan

4. Mai 2024 22:21 Uhr: Von Wolfgang Winkler an Jan Brill Bewertung: +10.00 [10]

Gejammert wir im Parallel-Thread.

Man kann die neue Regelung sogar so lesen, dass sämtliche derzeit noch in den Genehmigungen enthaltenen "Flugleiter"-Regelungen durch diese NfL eigentlich von Amts wegen einer Überprüfung gemäß den neuen Grundsätzen der NfL zu unterziehen sind. Mit einem entsprechenden Änderungsantrag seitens des Platzbetreibers kann dies nur zusätzlich bekräftigt werden. Und es ist eine "kleine Änderung" ohne den Rattenschwanz eines öffentlichen Anhörungsverfahrens.

Die notwendigen Schitte sind

  • Mindestausrüstung an Feuerlösch- und Rettungseinrichtungen gemäß der neuen einschlägigen NfL auch tatsächlich bereitstellen
  • Aushang mit "Verhalten bei Unfällen" auf der Landseite und auf der Luftseite gut sichtbar anbringen
  • Betriebsleiter benennen
  • Stichhaltige Begründung schreiben, warum die von der neuen NfL genannten Gründe, weswegen die Anwesenheit eines Betriebsleiters notwendig sein könnte, am eigenen Platz eben nicht zutreffen
  • Antrag an die Genehmigungsbehörde schreiben, die Flugleiterpflicht aus den oben genannten Gründen aus der Genehmigung zu streichen (nicht "aufzuheben", das ist nämlich durch die NfL bereits geschehen)

Und jetzt auch so schnell wie möglich machen, sonst entsteht behördenseitig womöglich der Eindruck "die wollen ja gar nicht". Für unseren Platz haben wir den Antrag bereits eingereicht.

5. Mai 2024 10:51 Uhr: Von airworx Aviation an Wolfgang Winkler

In welchen Zuständigkeitsbereich fällt denn euer Flugplatz ? evtl. Austausch per PM ?

lg

5. Mai 2024 13:39 Uhr: Von Marco Scheuerlein an Jan Brill Bewertung: +0.67 [1]
Beitrag vom Autor gelöscht
6. Mai 2024 08:13 Uhr: Von Hubert Eckl an Marco Scheuerlein

Danke Marco! Du lehrst uns hier immer wieder, daß "message and content" weit über "wrapping" geht. Bedenke aber "Er sieht Dir Ungeheuer ähnlich" gleicht nicht " Er sieht Dir ungeheuer ähnlich."

6. Mai 2024 09:40 Uhr: Von ingo fuhrmeister an Hubert Eckl

Hubert...da wunderst du dich über meine kaputte shift taste?

6. Mai 2024 13:21 Uhr: Von Michael Söchtig an ingo fuhrmeister

Der DAEC ist noch kritisch:

„Leider sind unsere Anregungen in keiner Weise in das Papier eingeflossen“, bemängelt Mike Morr, Referent für Luftraum, Flugsicherheit und Flugbetrieb im DAeC. Er befürchtet, dass es mit den formulierten Vorgaben für Flugplatzbetreibende schwierig werden wird, eine Genehmigung für das „Fliegen ohne Flugleiter“ zu erhalten, obwohl doch genau das Sinn und Zweck des Regelwerks hätte sein sollen. „Wir werden Nachbesserungen einfordern“, kündigt Mike Morr an.

6. Mai 2024 13:42 Uhr: Von ingo fuhrmeister an Michael Söchtig Bewertung: +2.00 [2]

wer gibt schon anregungen an behörden....man muß unmißverständliche forderungen stellen!

die behörden sind für den bürger da, der die behörden mit steuergeldern füttert, das scheinen

die immer zu vergessen!

6. Mai 2024 15:48 Uhr: Von Nicolas Nickisch an ingo fuhrmeister Bewertung: +2.00 [2]

Und dann auch noch korrekt im Beitrag gegendert ....

neulich ging es im Österreichischen Fernsehen um Maturantinnen und Maturanten. Gegendert wären das wohl Maturierende.

Und nur 2 Buchstaben entfernt von .... ? :-)))

6. Mai 2024 16:22 Uhr: Von ingo fuhrmeister an Nicolas Nickisch

suche in google...1.MO 38.9

gibt es da auch ....innen????

6. Mai 2024 16:37 Uhr: Von Wolff E. an Nicolas Nickisch

Es geht noch besser Spachtelmasse innen

6. Mai 2024 16:43 Uhr: Von B. S. an Wolff E.

Sind das nicht Spachtelmassendens ?

6. Mai 2024 17:45 Uhr: Von Chris _____ an B. S. Bewertung: +3.00 [3]

Liebe Forierende, ich muss doch sehr bitten, hier nicht vom Thema abzuweichen... es geht um Flugleitende und Betriebsleitende, und wie wir Pilotierende den Behördenden klarmachen, dass es diese nicht braucht. In anderen Länder:innen gibt es ja auch FoF, also Fliegende ohne Flugleitende.

6. Mai 2024 17:54 Uhr: Von Michael Söchtig an Chris _____

Danke.

6. Mai 2024 18:10 Uhr: Von ingo fuhrmeister an Michael Söchtig

Neu: kindsausträger

Alt: kindsausträgerin

Oder:

Zitronenfalter

Sattelschlepper

Trabant

Wo es gut paßt:

Teufel

Teufelinnen

Außen

Innen

Der Liebesfilm aus Indien:

Der derinderinderinderin

Alles korrektgegändert

:-))

6. Mai 2024 18:20 Uhr: Von Michael Söchtig an ingo fuhrmeister Bewertung: +2.00 [2]

Wenn dann keine Behörde mehr bereit ist zu diskutieren könnte das an diesem Nicht-Niveau liegen.

6. Mai 2024 18:51 Uhr: Von Hubert Eckl an ingo fuhrmeister Bewertung: +1.00 [1]

Kürzlich war an der Autobahn zu lesen " Vorsicht Spurinnen!" ??????

6. Mai 2024 18:52 Uhr: Von ingo fuhrmeister an Hubert Eckl Bewertung: +1.00 [1]

Da hast du dich verlesen...das waren spurillen

6. Mai 2024 22:31 Uhr: Von Mike G. an Michael Söchtig Bewertung: +1.00 [1]

Naja, die Behörde hat angefangen.

4. Juni 2024 20:30 Uhr: Von otmar ripp an Jan Brill

ich sags gleich, uns bei charterware.net interessiert das thema geschäftlich, bieten wir doch eine lösung für eine hauptforderung, das flugbuch des platzes muss weiter gefüht werden.

aber offene frage, welche Lösungen kennt ihr hierzu ?

gruss otmar

4. Juni 2024 21:26 Uhr: Von Rockhopper Flyer an otmar ripp

Soweit ich weiß hat aerops da was im Angebot.

4. Juni 2024 21:52 Uhr: Von Guido Frey an otmar ripp Bewertung: +2.00 [2]

1. Abschaffung des Hauptflugbuches (Das ist allerdings ein ziemlich dickes Brett, da es im LuftVG verankert ist und daher eine Gesetzesänderung nötig ist.).

2. aerops

3. Vereinsflieger

4. iwiation

5. Eigenbauprogrammierung von ADS-B-, Flarm- und/oder Mode-S-Empfängern

5. Juni 2024 07:24 Uhr: Von Guido Frey an otmar ripp Bewertung: +1.67 [2]

Das wichtigste habe ich noch vergessen:

Lowtech-Lösungen (ausgelegte Kladde, simple e-Mail-Adresse für Start- und Landemeldungen)

Die sollten m. E. als erstes an einem Platz ausprobiert werden. Erst wenn das nicht funktioniert oder zu aufwändig ist, würde ich in Technik investieren..


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