Die NfL betrifft alle Flugplätze, Landeplätze und Segelfluggelände die keine Flugverkehrsdienste vorhalten. Also weder einen Tower, noch eine zugelassene AFIS-Stelle betreiben. Das Wort "Flugleiter", das taucht in der NfL auch nicht auf. Die drastischste Änderung vollzieht sie indem sie den deutschen "Flugleiter" durch bloße Nichterwähnung in der Versenkung verschwinden lässt. Die Regelung benennt stattdessen drei Arten von behördlich definiertem Bodenpersonal für diese Art von Flugplätzen:
- Sachbearbeiter für Luftaufsicht, das sind Angestellte der Behörde im Öffentlichen Dienst, die z.B. Lizenzen kontrollieren und alle anderen an die Landesbehörden delegierten Aufgaben der Luftaufsicht wahrnehmen.
- Beauftragte für Luftaufsicht, das sind Angestellte des Flugplatzes, die im Prinzip die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Meist haben diese Personen noch eine Vielzahl von anderen Aufgaben am Flugplatz und nehmen die Luftaufsicht nur teilzeit wahr, zwischen dem Kassieren von Gebühren, der Bereitstellung von Rettungsgerät oder dem Rasenmähen.
- Betriebsleiter. Das ist der neue Begriff. Der Betriebsleiter hat keinerlei behördliche oder verkehrstechnische Aufgabe. Er nimmt das Hausrecht des Platzhalters wahr und natürlich viele sehr nützliche Aufgaben im Service, Rettungswesen und in der Verwaltung des Platzes.
Fliegen ohne Flugleiter oder Betriebsleiter ist im Ausland Gang und Gäbe, so wie hier auf dem Schottischen Platz von Castle Kennedy (EG39). Jetzt ist Freiheit höchstoffiziell auch bei uns erlaubt! Ich verspreche Ihnen: Es tut auch gar nicht weh! |
Der bisherige "Flugleiter" wie ihn die §53 Absatz 3 LuftVZO festlegt ("Der Landeplatzhalter hat auf Verlangen der Genehmigungsbehörde eine oder mehrere Personen als Flugleiter zu bestellen.") war an größeren Plätzen meist eine Mischung aus BfLs und Betriebsleiter. Ein oder mehrere Mitarbeiter erhielten Schulung und Beauftragung als BfL und erledigten die Luftaufsicht teilzeit als eine von vielen Aufgaben.
An kleineren Plätzen und an Segelfluggeländen an denen der §53 LuftVZO nicht anwendbar ist oder Absatz 3 nicht angewandt wurde (Kann-Vorschrift) definierte sich die Rolle des Flugleiters rein über die Platzgenehmigung. Und die Platzgenehmigung teilte dem Flugleiter oftmals eine gruselige Aufgabenfülle zu, die im krassen Widerspruch zu europäischen und nationalen Rechtsgrundsätzen stand.
Damit ist jetzt definitiv Schluss. Die NfL legt da eindeutig fest:
"Luftaufsichtsrechtliche, polizeiliche oder ordnungsbehördliche Befugnisse sowie die Bewegungslenkung von Luftfahrzeugen in der Luft und auf den Start- und Landebahn(en) stehen der Betriebsleitung nicht zu."
Das könnte aus der Pilot und Flugzeug stammen und lässt an Klarheit nichts zu wünschen übrig!
Alles kann darf, nichts muss...
Schade ist, dass das Verkehrsministerium praktisch das komplette Feedback zur NfL von Verbänden und Interessengruppen unberücksichtigt ließ und sogar hinter den Entwurf der Länder-Arbeitsgruppe zurückgefallen ist. Z.B. war im Länderpapier eindeutig beschrieben, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht durch die Anwesenheit eines Flugleiters, sondern durch regelmäßige Kontrollen erfüllt würde.
Ansonsten kann man die NfL zusammenfassen als "Alles darf, nichts muss". Die Bundesverwaltung und das Ministerium ziehen sich durch die Festlegungen fein aus der Affäre. Fliegen ohne Betriebsleiter ist ausdrücklich erlaubt. In welchem Umfang allerdings entscheiden die Landesbehörden.
Ein williger Platzhalter findet mit einer willigen Behörde viel Spielraum. Wer verhindern will der findet allerdings auch Rückhalt.
Erzwungener Handlungsbedarf
In einem Punkt allerdings hat die NfL etwas Bewegung in die Sache gebracht. Durch die Änderungen der Terminologie von Flugleiter auf Betriebsleiter und die Schärfung der Differenzierung zwischen BfL und Betriebsleiter dürfte in nahezu 100% aller Platzgenehmigungen in Deutschland nun Handlungsbedarf gegeben sein. Und diesen Ansatz sollten die Plätze dringend nutzen um maximal flexible und liberale Regelungen in die Betriebsgenehmigung zu schreiben. Vermeiden sollte man darin auf jeden Fall harte Festlegungen wann ein Betriebsleiter anwesend zu sein hat und wann nicht. Das gehört nicht in die Genehmigung, das gehört zu den Betriebsverfahren die der Platzhalter festlegt.
Guido Frey von der Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter hat dazu in seinem Newsletter mehrere Vorschläge erarbeitet und erläutert. Ich empfehle jedem Antragsteller ihn vor Abgabe eines Änderungsantrags zu kontaktieren:
Interessengemeinschaft Fliegen ohne Flugleiter
Guido Frey, Telefon: +49 178-4 04 43 32, E-Mail: Guido.Frey@posteo.de
Haftung?
Für etwas Verwirrung hat in den Tagen nach dem Erscheinen folgender Passus in der NfL gesorgt:
"Wird dem Antrag durch die Landesluftfahrtbehörde stattgegeben, entbindet dies Flugplatzbetreibende ebenfalls nicht von der Haftung für den betriebssicheren Zustand des Flugplatzes und den ordnungsgemäßen Betrieb."
Das fällt unter "stating the obvious". Nichts und niemand kann den Flugplatzhalter von dieser Pflicht befreien. Solche Sätze finden sich reihenweise auch in Platzgenehmigungen mit Flugleiter, z.B.:
"Die Bestellung von Flugleitern entbindet den Flugplatzhalter nicht der eigenen Verantwortlichkeit fur die ordnungsgemäße Anlage und den Betrieb des Segelfluggelandes sowie die Beachtung aller sonstigen luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen und Anordnungen."
Es wäre aber geradezu grotesk wenn sich für Flugplätze – einmalig in der Rechtsgeschichte – die Auffassung etablieren würde, dass der Flugplatzhalter dieser als Verkehrssicherungspflicht zusammengefassten Haftung nur nachkommen könnte indem er die Grashalme der Piste zu 100% der Betriebszeit durch einen Betriebsleiter beobachten lässt. Keine Straße, kein Parkplatz, eine Anlegestelle, kein Wanderweg und keine sonstige normale Infrastrukturanlage wird lückenlos überwacht. Trotzdem kommen Betreiber dieser Anlagen ihrer Verkehrssicherungspflicht nach.
Der Verkehrssicherungspflicht kommt man nach indem man in angemessenen Abständen die Anlage kontrolliert. Ob die Piste frei von Hindernissen ist oder nicht kann ohnehin nur der Pilot entscheiden. Beim Start vom Boden aus und bei der Landung eben aus der Luft.