Thore, ich glaube, Du hast einfach Glück gehabt, dass Dein Gast dem einfachen Denken in vielerlei Hinsicht anhängt.
Setzen wir einen Augenblick axiomatisch Jesu Existenz und Gottheit voraus, dann ist sich die historisch-kritische, wie auch theologische Bibelexegese in Bezug auf Mt 25, 31-46 doch ziemlich einig.
Historisch-kritisch lässt sich zeigen, dass es bei dem "Weltgericht" um Sondergut bei Matthäus handelt, das vom Evangelisten (wie auch immer er hieß) nachträglich der Überlieferung zugefügt wurde, es sich hier also, anders als beim voranstellenden Gleichnis der ungleichen Talente, nicht um ein Wort Jesu handeln kann.
Theologisch muss man auf sola scriptura - sed tota scriptura verweisen, nur die Schrift, aber eben die ganze Schrift. Dann lässt sich Mt 25, 31ff. eigentlich nur als Weltgericht für die Heiden deuten, denn die Nicht-Beherbung eines Gastes wäre als Sünde durch Jesu Tod (der ja auch chronologisch nach Mt 25 stattfindet) "geheilt", so man sich zum Christentum bekennt und aufrichtig gewillt ist, danach zu leben (ein bisschen vereinfacht, zugegeben).
Gleichwohl ist natürlich das Gebot der Nächsten-, Fernsten- und Feindesliebe unumstößlicher Grundsatz der christlichen Überlieferung (nicht jedoch der jüdischen, in der wir nur von der Nächstenliebe erfahren, was ein himmelweiter (sic!) Unterschied ist) und lässt sich schwerlich mit dem in weiten Teilen wohl areligiösen sächsischen Mob in Verbindung bringen.
Im übrigen ist deren Forderung nach "Ablehnung jeglicher religiöser Radikalität" Ausdruck der intellektuellen Schwäche der Verfasser jenes Papiers. Religion ist immer radikal oder sie ist keine Religion. Entweder Du folgst Gott oder Du tust es nicht. Alles dazwischen ist Folklore. Richtig im Sinne der PEGIDA ist wohl, dass dem islamischen Gott folgen, schneller in den Gegensatz mit der offenen Gesellschaft führt, als beispielsweise das Christentum oder der Buddhismus, nicht zuletzt, weil die Exegese dort im 12. Jahrhundert stehen geblieben ist.
Gerne biete ich im Herbst wieder im Kloster Montenau mein beliebtes Seminar "Bibelexegese für Piloten" an, u.a. mit Vertretern der Luftfahrtbehörde des Heiligen Stuhls und dem Junkers Jörg.