Ich starte gestern im friaulischen Flachland und mache auf dem Weg nach Norden einen Zwischenstopp auf einem hauptsächlich von Segelfliegern genutzten Platz im Gebirge. Am späten Vormittag ist einiges los. Ich gebe im Anflug Positionsmeldung und Vorhaben mit meinem wenigen Italienisch durch. Andere unterhalten sich über die Aufwinde an den Hängen. Ich lande hinter einem Schlepper. Gleich darauf startet ein Zug in Gegenrichtung. Ich sage ein paar Seglern Guten Tag, gehe einen Espresso trinken und starte wieder in Richtung Österreich. Kein Ton von irgendeinem mit Flugleitung.
Am Innausgang Richtung FoF-Land ankommend höre ich schon von weitem, dass ziemlicher Betrieb herrscht. Oder besser gesagt, ich höre einen Menschen am Funk der, hörbar ausgelastet, bemüht ist ein Fahrzeug am Boden und Flugzeuge am Boden und in der Luft zu koordinieren. Am VRP melde ich mich und werde aufgefordert ein paar Warteschleifen zu drehen, weil „so viel los“ sei. Ich muss zweimal „bitte wiederholen“ sagen, bis das halbwegs verständlich rüberkommt. Als ich schließlich aus einiger Höhe ins Tal und in den Gegenanflug gehe, kann ich drei andere Flieger ausmachen, die entweder durchs Tal kommen oder gerade gestartet sind und durch den Gegenanflug fliegen. Keiner gibt eine Meldung ab. Die Flugleitung koordiniert weiter ein Fahrzeug am Boden.
Nach der Landung finde ich im ‚Turm‘ zwei sichtlich angestrengte Menschen vor. Einen am Funk, einen am Komputer. Der am Funk muss Namen der Segelflieger abfragen und sie dem am Komputer weitergeben. Der wiederum muss sehen, ob die „schon angelegt“ sind oder nicht. Der am Funk muss zwischendurch Gebühren rechnen und Quittungen ausfüllen. Die Übermittlung der Namen aus einem Segelfugcockpit zum Turm und an den Komputer funktioniert nicht immer ganz reibungslos. Auf jeden Fall wird alles fein säuberlich niedergeschrieben. Immerhin, alles geht freundlich und problemlos über die Bühne.
Obwohl diese Situation sich in Österreich abspielt gleicht sie der Situation an meinem Flachlandheimatplatz wenn an einem Sommerwochenende Motor- und Segelflieger zu Hauf unterwegs sind. Zwischen „Erbitte Abfluginformation“ bei klarer Pistenlage und „XYZ startbereit am Rollhalt“ müssen im Funk Nummern hin und her gereicht werden, Infos über offene und geschlossen Sektoren wiederholt werden und der eine oder andere Motorflieger im Queranflug abgewehrt werden der partout den entgegenkommenden Segler nicht sehen will.
Um FoF an solchen Plätzen einzuführen, müsste mMn ein wirklicher Mentalitätswandel geschehen. Ein zwar gut gemeintes aber didaktisch und sachlich nicht wirklich ausreichendes Video, noch dazu auf einem YouTubekanal mit nur relativ wenigen Abonnenten, hilft nicht viel.
Nötig wäre eine gross angelegte Awareness-Kampagne in sämtlichen verfügbaren Medien, unter Beteiligung von sämtlichen interessierten Institutionen, evtl. mit Hilfe von Fördergeldern des entsprechenden Ministeriums, um
a) ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass ein Mangel an korrektem und guten Funken besteht,
b) ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie gutes Funken geht und warum es nicht schwierig ist,
c) Klarheit darüber zu schaffen, wie ein Platz mit FoF angeflogen werden sollte,
d) Klarheit darüber zu schaffen, wie dort in eine Platzrunde eingeflogen werden kann
e) usw.
Ob ein diesbezüglicher Mentalitätswandel zu mehr Selbstständigkeit und engagierterem Verhalten, durchaus auch in Bezug auf eigenverantwortliche Weiterbildung, möglich ist… wer weiss.
Meine Beobachtung ist, dass es zwei Gruppen gibt (Achtung Hypothese), die einen solchen Wandel eher nicht mitmachen. Erstens fliegende alte weisse Männer die sowieso Bescheid wissen und zweitens jüngere, rasend schnelle youtubeaffine Geradeausflieger, die nach zwei Flügen in die benachbarte Pizzeria ebenfalls sowieso Bescheid wissen.
Es kommt noch mehr dazu. Es fängt schon in der Ausbildung an, die häufig von didaktisch gänzlich unerfahrenen Leuten gemacht wird. Zwei Lehrer können durchaus Gegensätzliches sagen. Ergebnis ist, dass sich der neue Flieger dann halt selbst was zusammen reimen muss. Es gäbe dazu einiges zu sagen.
Auf der Messe wird dann jetzt zum wiederholtem Male ein Panel zum FoF abgehalten. Ob das über das Vortragen von Bedenken und entsprechende Gegenrede hinaus geht, man wird sehen.
Die bei uns teils fehlende fliegerische Mentalität an Sachlichkeit, Eigenverantwortung, Umsicht, vorausschauendem Mitdenken, und echter Kameradschaftlichkeit statt Besserwisserei wird nicht so leicht zu verändern sein. Es müssten ja alle üben was alle anderen im umliegenden europäischen Luftraum längst fast überall beherrschen. Und dazu müsste man sich eingestehen, dass wir dabei in der kleinen GA in Deutschland im Rückstand sind.
Die entsprechenden Leute sollten eine Kampagne machen: Zeitschriften, Verbände, YouTuber, Vereine, Unternehmen. Macht euch gemeinsam mit Profis – die wissen wie man etwas gut an den Mann bringt! – Gedanken darüber, wie man FoF positiv rüberbringt, so dass die Leute auch Lust darauf bekommen diese Veränderung anzunehmen und mitzumachen.