Hat eigentlich jemand ein Flugzeug mit erstmaliger Musterzulassung vor 01.01.1975, für das trotzdem ein Lärmzeugnis ausgestellt wurde?
Der Hintergrund: bei diesen Flugzeugen ist ja per definitionem weder Chapter VI noch Chapter X anwendbar.
Allein aufgrund des Alters wird also kein Lärmzeugnis ausgestellt - da kann das Flugzeug noch so leise sein - aus meiner Sicht eine fragwürdige Auffassung von Umweltschutz und somit Unfug vom Gesetzgeber, bzw. zumindest die LBA-Auslegung.
Am Beispiel meines Flugzeugs:
Es existiert in der EASA-Lärmtabelle (TSDSN Light propeller driven airplanes, Record C1499) ein nach Kapitel X erhobener Messwert: Level 76.3, Limit 84.4, Margin 8.1
Der Grenzwert nach Landeplatz-Lärmschutzverordnung Anlage 2 (Kapitel 10-Flugzeuge) beträgt für die zulässige Startmasse von 1089 kg L=68+(1089-500)*0.017=78 db(A)
Also: eigentlich alles gut, denn 76.3 ist weniger als 78, also leise genug nach Kapitel 10, was ja auch das modernere Messverfahren wäre. Eigentlich - denn es ist für diese alten Flugzeuge nicht definiert worden, nach welchem Verfahren die Lärmemission demonstriert werden kann.
Entsprechend gibt es in der EASA-Lärmtabelle dazu den Beisatz:
"This aircraft type conforms with the provisions of Article 6.1 of Regulation 216/2008 without the need to comply with the Standards of ICAO Annex 16, Volume I, by virtue of the date of type certification."
In der Ablehnung des Lärmzeugnisses übersetzte das LBA "without the need to comply" kreativ mit "die EASA hat festgelegt, dass für das Luftfahrzeug kein Lärmschutzzeugnis ausgestellt werden darf, da der Zeitpunkt der Musterzulassung vor 1975 war und das Luftfahrzeug erstmals vor 1980 registriert wurde".
Ich könnte nun sagen: super, ich unterliege nicht der Lärmzeugnis-Pflicht! In Wahrheit führt es aber ständig zu Problemen (und Kosten) bei der Landegebühr und aus meiner Sicht zu einer unangemessenen Benachteiligung, da de facto Gleichstellung mit Flugzeugen, die zwar auch alt sind, aber darüber hinaus den Grenzwert des einfachen Schallschutzes überschreiten. Dies kann nicht im Sinne der Landplatz-Lärmschutzverordnung sein und führt diese ad absurdum.
Eine Pauschalablehnung von Lärmzeugnissen (ich meine das Zeugnis an sich - nicht einen Anspruch auf hübsche Werte) für alte Flugzeuge ist auch fragwürdig, da es sich beim Lärmzeugnis-Antrag um eine Berechtigung handelt:
Verordnung (EU) 748/2012
21.A.203 Berechtigung
Lärmschutzzeugnisse für Luftfahrzeuge im Rahmen des vorliegenden Abschnitts können von allen natürlichen oder juristischen Personen oder deren Vertretern beantragt werden, unter deren Namen ein Luftfahrzeug in einem Mitgliedstaat (Eintragungsstaat) registriert ist oder werden soll.
Dieser Berechtigung sollte die Pflicht der Behörde gegenüberstehen, ein Lärmschutzzeugnis auch auszustellen; halt wahrheitsgemäß so wie die Zahlen aus der EASA-Tabelle es hergeben. Außerdem ergibt sich aus meiner Sicht auch aus den Nachweispflichten infolge der Landeplatz-Lärmschutzverordnung ein berechtigtes Interesse, ein Lärmschutzzeugnis ausgestellt zu bekommen.
Dass weder Kapitel 6 noch Kapitel 10 anwendbar ist, hinterlässt ein Regel-Vakuum. Eine Berechtigung ohne Festlegung, wie sich diese erreichen lässt.
Mich würden die Erfahrungen anderer Halter von entspr. älteren Flugzeugen sehr interessieren.
Habt ihr mit dem LBA eine Lösung finden können?
Sicher stehe ich mit meinem Problem nicht alleine da und es wird an Deutschlands Himmel noch eine ganze Weile alte Flugzeuge mit erstmaliger Musterzulassung vor 01.01.1975 geben, so dass das Thema noch Aktualität besitzt. Leider konnte ich im PuF-Forumsarchiv und auch im sonstigen Internet nichts zum Thema finden.
@Herr Brill / PuF-Redaktion: wäre diese Problematik nicht mal einen Heftbeitrag wert?