"Nachtflug mache ich nicht" hatte ich mir vor 2 Jahren beim NVFR-Lizenzerhalt vorgenommen:
- Du schaffst es definitiv nicht, den Stress auf der Radar-Frequenz parallel zum Fliegen zu managen
- Es ist zu gefährlich SEP
- Du siehst die Wolken kaum
Der letzte Nachtflug endete so, dass mir beim Eindrehen in den Queranflug der linke Flügel absackte, mein Fluglehrer übernahm und die Aquila mit hohem Speed auf die Piste drückte. Die 5:00h machten wir voll, in dem wir noch eine Extraschleife zur Abstellposition drehten. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Ich hatte den linken Flügel vom Schnee befreit, er den rechten. Den Grund für das Hängen des Flügels haben wir am Boden nicht herausgefunden.
Knapp 2 Jahre später und ca. 220 Flugstunden erfahrener war es nun an der Zeit:
- Willst Du wirklich im Dezember schon um 17 Uhr auf dem Boden sein müssen?
- Wenn Dich die Umstände doch zum Nachtflug bringen und Paxe dabei sind: Willst Du dann eine Platzrunde drehen, um danach rechtlich einwandfrei mit Paxen zu fliegen, oder wäre es nicht sinnvoll, vorher zu üben?
- Du bist schon 80 km über durchgehenden Nebel und über den Kanal geflogen: Das war auch nicht ungefährlicher
- Eine Wolke ist auch nur aus Luft, das kann man überleben und das hast Du auch schon.
- Inzwischen zuckst Du nicht mehr zusammen, wenn Du auf einer Frequenz mit Lufthansa und AirBerlin bist - auch Radar sind nur Menschen.
Die Entscheidung, heute das erste Mal "richtig" alleine Nachtflug zu machen, entstand spontan. Das Wetter war scheinbar prima, vor Ort in Mönchengladbach stimmte mich dann das EDDL-METAR mit Cb etwas misstrauisch, aber letztlich kenne ich ja auch Regen.
Es ging nach Essen-Mülheim, weil mir die Landungen in EDLN einfach zu teuer sind, um 3 Platzrunden zu drehen.
Im Kern geht es mir darum, anderen "Frozen NVFRlern" die Erkenntnisse nahezubringen:
- Wenn Ihr wie ich NVFR direkt nach dem PPL gemacht habt, und nun 150 h reicher an Erfahrungen seid, wird Euch das "Doing" des Fliegens und Funkens wesentlich harmloser als damals vorkommen. Ich war damals eher überfordert, heute war es einfach konzentriertes Fliegen wie beim Durchqueren einer CTR o.ä.
- Damals war ja GPS als Flugschüler tabu. Für NVFR durfte es dann an sein. Nachdem ich nun viele Stunden viel zu sehr nach GPS fliege (da hat mich Wolff beeindruckt, der permanent "noch" auf die Karte schaut), habe ich heute gemerkt, wieviel "Sicht" trotzdem noch dabei ist, aber nachts einfach nicht mehr da ist. "Report field in sight" - sowohl bei Essen/Mülheim wie bei Mönchengladbach als Anforderung von Radar. Bei Essen habe ich irgendwann beschlossen: "Dieses Blinklicht, das Du schon länger siehst, wird schon Essen/Mülheim" sein. Bei Mönchengladbach habe ich einfach gelogen, denn die Clearance für die CTR musste mir ja der Turm geben. Vielleicht kenne ich mich ja mal NVFR-mäßig so sehr aus, wie ich es bei Tag "zuhause" bin. In Essen bin ich die Platzrunde nach Gefühl geflogen: Da, wo dunkel ist, werden wohl die Wiesen sein, die Du kennst. In Mönchengladbach ist das Feld hell genug, um seine Platzrunde irgendwie nach der sichtbaren Bahn aufzubauen.
- "Erwarte, dass Du die Höhe auf den letzten Metern ganz falsch einschätzt". Meine erste Landung war eine der schönsten überhaupt, die anderen so naja... So bewusst habe ich nie geflared: Schon deutlich über der Bahn, damit es bloss keine Bugradlandung gibt. Für souveräne Landungen bei Nacht muss ich noch deutlich mehr trainieren.
- So ein Cb-METAR verunsichert einen ja schon. Bei vermeintlich bester Sicht, denn die Lichter der Städte sind weit im voraus zu erkennnen, prasselt plötzlich der Regen gegen die Scheibe. Davon war, im Gegensatz zum Tag, absolut vorher nichts zu sehen. Ich beschliesse, dass ein echter, böser Cb mir nicht diese Sichtweiten erlaubt und fliege weiter. Aber hätte ich - außerhalb des Ruhrgebiets - noch die Sichtweiten plausibel einschätzen können und festgestellt, dass ich wirklich sicher außerhalb des Zentrums bin? Auf dem Rückflug ist es vor mir "irgendwie weiß". Radar genehmigt mir 20 Grad nach links, und das "Weiße" zieht an meiner rechten Seite vorbei.
- Optisch ist alles okay. Mein iPad decke ich ab, denn es leuchtet zu hell. Angst davor, nicht richtig mit Hell/Dunkel klar zu kommen, habe ich nicht.
- Eigentlich nehme ich Wind nicht mehr sehr bewusst war. Das sitzt zu automatisch. Bei Nacht ist es schon komisch, wie ein moderater Wind von etwa 10-15 Knoten in Flughöhe einem den Unterschied zwischen Heading und Course verschiebt.
- EDLE wie EDLN haben eine PAPI. NVFR klammere ich mich daran, während es sonst ein sportliches Kriterium zur IFR-Vorbereitung ist. Ich weiß noch nicht, ob ich eine NVFR-Landung auf Plätzen ohne PAPI versuchen würde. Die Bäume vor dem Treshold, die bei Tag so gut zu sehen sind: Kann ich sie auch bei Nacht abschätzen? Zumal die Lichter in Essen so "unterbrochen" wirken, wenn man noch weit weg vom Threshold ist.
NVFR ist - zumindest Single-Pilot - nichts zum Genießen. Aber richtig schön war es doch!