A superior pilot uses his superior judgment to avoid situations that would require the use of his superior skills.
Ja, den Spruch kennt hier vermutlich jeder. Besonders wichtig wird der Spruch, wenn die eigenen Skills ein eher normales Maß umfassen.
Die Vorgeschichte. Mutter-Kind-Fly-in in Höxter. Sah ja morgens noch nicht so richtig gut aus, deshalb bin ich mit der gecharterten Mooney erstmal kurz rüber nach Spa, noch einen Sprung machen. Kaum gelandet war das Wetter in Höxter auch so gut, dass man sorglos abfliegen konnte. Gut 40 Gallonen Sprit in den Tanks, sonst nur mich und drei kleinere Taschen (Headset, Papiere, Helm). Also weit vom MTOW entfernt. Wind in Spa genau cross, as usual. Anlassen, taxi, alles ganz normal, alles nach checklist.
Take-off. Ca. bei der Halbbahnmarkierung fliegt die Kiste. Ich schwöre, ich habe mir nichts dabei gedacht. Fahrwerk, Klappen, Pumpe, steigen. Bis zur deutschen Grenze nur bis 3000ft (1400ft AGL Spa), alles normal. Danach kam mit Hilfe von FIS sehr schnell der Wechsel zu Radar und eine Steigflugfreigabe auf FL70 und Airspace Charlie Crossing via Wipper und Germinghausen VOR.
Kurz vor Düren kam ich in ca. 4000ft on top, FL70 habe ich hinter Nörvenich erreicht. DA habe ich zum ersten Mal aktiv gemerkt, dass das irgendwie komisch ist. So schwer war ich ja nicht, nur 500ft Steigen pro Minute bei 110 KIAS.
Grübel, grübel. Ach egal, jetzt bin ich ja oben. Cowl Flaps zu, ordentlich geleaned, dem Funk lauschen, hier eine Germanwings, da eine Lufthansa, über mir der blaue Himmel, unter mir eine wundervolle Wolkendecke. Alles smooth, der Motor klingt gut, ich freue mich über die Leistung meines Headsets, hatte ich in der Mooney noch nicht probiert. Instrumente scannen.
Hmm. Komisch. 135kn IAS bei 24“/2400RPM? Bisschen langsam. Beschleunigt die Mühle noch? Steige ich noch? Nein. Mal den Mixture prüfen. Bisschen weiter rausdrehen, ah, da will er nicht mehr, wieder etwas rein, fuel flow 15 Gph,...moment mal, 15GPH? Das ist aber ein bisschen viel? Speed zu wenig, fuel flow zu viel....das hatte ich doch anders in Erinnerung.
Ansonsten alles im grünen Bereich, auch der Sound des Motors ist gut, Temperaturen, alles prima, na und 135kn IAS sind ja auch nicht so langsam, noch 10 Minuten, dann beginnt ja schon der descent. Wer weiß, was da nicht in Ordnung ist, aber bedrohlich wird es wohl nicht sein. Noch mal alle checklisten durchkauen, nein, alles so weit gut, nichts vergessen.
Und hier geht es ja auch schon in den Sinkflug, Hebel alle schön stehen lassen, Nase runter, toll, 500ft pro Minute, 160kn IAS, das wird passen.
In Höxter mitgehört, gerade landet der Schnelle Wolff. Bescheid geben, ich nehme einen Direktanflug auf die 32, nicht weil ich es eilig habe, sondern weil es sinnvoll scheint.
5nm out drehe ich ins final, mit gut 160kn, Gas habe ich ein bisschen zurückgenommen, 23/2300 habe ich jetzt gewählt, also mal die Checkliste abarbeiten. Mixture nach vorne – hey, komisch, war ja schon fast ganz vorne, höchstens eine Umdrehung raus, merkwürdig. Egal, next item.
2nm vor der Schwelle müsste ich dann das Gas rausnehmen. Mache ich auch. Und muss sofort an meinen früheren Fluglehrer Klaus denken, der hatte mir noch vor einer Woche beim Bier während eines Gewitters gesagt, dass die Engländer im Krieg nur overhead-joins geflogen sind, weil man rausgefunden hat, dass die meisten kritischen engine failure bei Wechsel zwischen Gasstellungen passieren und immer auch mal gerne beim Gaszurücknehmen.
Nun, an der Theorie scheint mir von der einen auf die andere Sekunde nachvollziehbar etwas dran zu sein, denn der Motor fängt an zu kotzen, als hätte ich nicht am Gas, sondern am Mixture gezogen. Kurzer Blick auf den Hebel, nein, war der richtige. Pumpe? Mixture? Vollster Tank? Zündung? Alles, wie es sein soll. Den Gashebel hatte ich natürlich sofort wieder nach vorne geschoben und die Mooney stieg. Nicht gut, wie mir jetzt sehr deutlich vor Augen stand, aber sie stieg.
Also alles sauber machen, Höxter kurz Bescheid geben und auf FIS wechseln. Kurz mitteilen, dass ich wegen Motorproblemen urückdrehe (eine selten dämliche Formulierung, ich wollte eigentlich nur die Richtung angeben, der FIS-Lotse fragte sehr verwundert nach, ob ich mit einem kaputten Triebwerk wirklich bis nach Aachen wolle). Vielleicht war aber auch, wie Triple-Zulu schon richtig mutmaßte, der plötzlich sehr starke Wunsch da, einfach nur zu Hause zu sein.
Aber eigentlich – in dem Moment wollte ich nur noch eines – altitude. Jetzt kam mir die geringe Steigrate auch echt bedenklich vor. Blitzmerker! Einen Blick in die Karte brauchte ich nicht. Paderborn wäre die längste Bahn in der Nähe, das war klar, also mal dahin, dank Skydemon und dem Ipad auf den Knien musste ich da nicht viel nachdenken.
In ausreichender Höhe dann noch ein paar Einstellungen versucht, aber mit dem gleichen Ergebnis, das mir jetzt offensichtlich schien: Der Motor gab irgendwie maximal um die 60% Leistung ab und wenn ich unter 20“ ging, dann begann er den Dienst zu quittieren.
Warum ich nicht über Höxter geblieben bin? Keine Ahnung. Der Motor machte ja Leistung, ich brauchte Zeit zum Denken und in mir drin sagte es: Flieg zur langen Bahn. Mit dem Wissen von heute Abend, wäre ich vermutlich über Höxter geblieben.
Anyway, der Flieger machte jetzt mit allen Hebeln vorne noch 125kn. Viel zu wenig und es wurde laufend weniger. Ich musste jetzt landen, die Leistung ging mir schneller flöten, als ich gucken konnte. FIS reichte mich weiter an Paderborn Turm, dem ich Luftnotlage erklärte und ich bekam auch so die Freigabe zum Anflug, irgendein Jet war noch einige Meilen voraus, den würde ich nicht mehr einholen. Da tauchte Haxterberg vor mir auf. 750m plus viel Überrollfläche, sagte der Towerlotse wie aus der Pistole geschossen. Das wird ja wohl auch reichen. Paderborn Turm hat Haxterberg gebriefed, irgendwo im kurzen final bei 100kn (langsamer ging halt auch nicht, ohne ihn ganz ausgehen zu lassen) und genügend Höhe das Gas rausgenommen, der Motor verabschiedet sich, kalifornischer Riesenslip, aufgesetzt, und kurz vor dem Abrollen stand die Latte dann ganz. Sogar in einen Taxiway habe ich es noch geschafft.
Ausgestiegen - und freundliche Leute der "Rübenrally?"halfen dabei, den Flieger noch ins Gras zu ziehen. Mit Zeugen in den Tank geguckt, beide voll (habe ich hier so im Forum gelesen. Ob man das machen muss, keine Ahnung). „Hier riecht’s nach Benzin“ sagt einer. Also mal lieber den Brandhahn schließen. Ja, ein bisschen tropft’s da. „Bestimmt der Vergaser“, sagt einer. „Ist ein Einspritzer“, sage ich. „Ok, dann ist es nicht der Vergaser“.
„Sah doch gut aus“, sagt der Flugleiter. „Äh, ja, ich weiß", sage ich. "Denn ich bin ein super Pilot. Schau meine Hände, zittern nicht mal, wenn ich das Headset nur fest genug umklammere. Gut, ich habe so ein geschätztes Dutzend Warnsignale unterwegs 'übersehen', aber das werde ich Dir ja nicht auf die Nase binden“.
Ich bin heute Abend, 5 Tage später, immer noch schwer beeindruckt von dem Umstand, wie ich mir den Flug schön gemalt habe und Warnsignale konsequent wegzudenken. Es ist ja nicht so, dass ich den Flieger nicht gekannt hätte. Einsitzig in Spa bis zur Halbbahnmarkierung rennen - das sind 400m. In Aachen war ich auch bei der Halbbahn frei. 500ft Steigen - hallo? 135kn IAS in FL70? 15Gph fuel flow? Wenn ich von diesem event eines mitnehme, dass ich mir einbläue: Wenn etwas nicht stimmt, dann stimmt etwas nicht.
Was war's? Nach meinem heutigen Kenntnisstand, hat die Leitung zum fuel servo versagt (EDIT: ODER VOM FUEL SERVO) wo genau, wie genau, weshalb usw. dazu möchte ich mich nicht weiter äußern, weil ich es zur Zeit nicht genau weiß. Es spricht wohl viel für ein Materialproblem. Jedenfalls lief die teure Suppe nicht in den fuel servo, sondern zu einem bedeutenden Teil irgendwo über die cowl flaps nach draußen - ohne dem Abgassystem zu begegnen, sonst wäre mir möglicherweise noch wärmer geworden.
Ganz herzlichen Dank schulde ich FIS, die mir, ohne die Umstände zu kennen und - wie ich vermute - ohne den Plan ganz nachvollziehen zu können, den Weg nach Paderborn freigemacht haben. Ebenso schulde ich dem Towerlotsen in Paderborn Dank, der mir genau die Infos zu Haxterberg gab, die ich in diesem Moment benötigte (oder zu benötigen meinte)., das war exzellent.
Ebenfalls muss ich meinen Vercharterer loben, der sich nicht nur sofort um eine Rückfluggelegenheit kümmern wollte (der Schnelle Wolff war - was wohl - schneller), sondern mich auch in den Folgetagen in vollster Transparenz einbezogen hat, hätte ich Zeit gehabt, hätte ich auch zur Begutachtung mitfliegen und die Kiste - da schnelle Reparatur möglich - heimholen können. Keine Sekunde hochgezogene Augenbrauen, Zweifel, o.ä. Fand ich gut, sehr gut sogar. Shit happens, aber der Umgang damit trennt bei Vercharterern und ganz grundsätzlich die Spreu vom Weizen.