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29. Mai 2014 Jan Brill

Behörden: LBA zur Grundüberholung


LBA-Serie - Teil 1 von 6: Das LBA muss zur Grundüberholung!

Die Fälle der Flugzeughalter, Piloten und Flugunternehmer, die an den absurdesten Aspekten in der Zusammenarbeit mit dem Luftfahrt-Bundesamt verzweifeln, häufen sich in den letzten zwölf Monaten. Dies ist zum einen der ungeheuer komplexen Umstellung auf die EU-Gesetzgebung geschuldet, die für alle Beteiligten – Behörden, Bürger und Unternehmer – schwierig und in manchen Fällen auch ausweglos komplex ist. Das ist aber lange nicht alles. In mehr und mehr Fällen und Bereichen generiert das LBA Probleme, für die die EASA nicht verantwortlich gemacht werden kann. Wir wollen im folgenden Artikel anhand von fünf Themenbereichen untersuchen, in wieweit sich politische Entscheidungen und die Personalpolitik des BMVI auf diese Probleme auswirken.

Ob es die Cessna-SIDs, die neuen IR-Regeln, das Lizenzwesen oder nur die simple Frage ist, wo ein Kennzeichen auf ein Flugzeug aufzubringen ist – das LBA informiert häufig spät, manchmal unvollständig und ist in der Beseitigung der so entstandenen Probleme in vielen Fällen wenig hilfreich. Maßgeblich verantwortlich für diese Situation sind nach unserer Recherche nicht die „immer-doofen“ Klischee-Bürokraten (die man beim LBA übrigens kaum findet), verantwortlich sind vielmehr grundlegende politische Weichenstellungen, die drauf und dran sind, eine wichtige und angesehene Behörde zugrunde zu richten.


Teil 1: Kennzeichen D – Das Rad wird neu erfunden. Und der Bürger zahlt!


Ganz oben: Das Original. So wurden Kennzeichen bei der King Air 200 seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen. Unten: Nach einem Perso­nal­wechsel beim LBA beginnt die Lernkurve von Neuem!
Ein Flugzeug, zumal ein hochwertiges, zu verkaufen ist richtig Arbeit. Und wer eine hochwertige Business-Turboprop sucht, der landet in Deutschland schnell bei Beechcraft in Augsburg. Das Unternehmen verfügt in der Branche sowohl bei der Wartung wie auch beim Handel mit den edlen Beech-Flugzeugen über einen tadellosen Ruf und ist für seinen exzellenten Service auch nach dem Kauf bekannt.

Und guten Service brauchen die Kunden. Denn Kauf samt Umregistrierung einer King Air ist inzwischen eigentlich nur noch für Profis zu schaffen. Wo wann welches Papier beim Amt wie und in welcher Frist auf welchem Formular und mit welchem Stempel eingereicht werden muss, ist eine Aufgabe, die im EASA-Land inzwischen mindestens so komplex geworden ist wie die Instandhaltung der Flugzeuge.

Beech Augsburg macht das seit Jahren. Zur Zufriedenheit der Kunden und zur Zufriedenheit des LBA.

Nun ist die Grundkonstruktion einer King Air 200 keineswegs brandneu. Die markigen Formen der Twin-Turboprop zieren den Himmel über der ganzen Welt seit 1969. Da sollte man doch meinen, dass die Frage, wo die ICAO-konformen Kennzeichen anzubringen sind, inzwischen gelöst sein müsste und als bekannt und beherrscht vorausgesetzt werden kann.

Die King Air ist zwar wuchtig, aber dennoch keine fliegende Plakatwand. Und solange man das Kennzeichen nicht im Bannerschlepp hinter sich herzieht, gibt es eigentlich nur einen Ort, an dem die Kennzeichen angebracht werden können: direkt hinter der Endleiste unten am Rumpf. Und dort werden sie seit 1969 auch platziert. Ziemlich unabhängig davon, ob ein D, ein G oder ein N auf den Rumpf kommt und ob es sich um das klassische Lack-Design mit Mittelstreifen oder das etwas modernere Design mit dunkler Rumpfunterseite handelt. Das Kennzeichen landet meistens da.

Seit 45 Jahren werden King Airs in Deutschland also mit dem Kennzeichen an dieser Stelle zum Verkehr zugelassen! Also brachte man bei der Umregistrierung einer frisch verkauften King Air 250 (gleiche Rumpfmaße) das Kennzeichen genau dort an.

Entsprechend groß war die Überraschung, als dies vom zuständigen Mitarbeiter des LBA plötzlich abgelehnt wurde. Das Kennzeichen müsse auch bei geöffneter Tür zu sehen sein! Wo diese Forderung herkommt, ist nicht ganz klar, aus den international verbindlichen ICAO-Regeln zur Kennzeichnung von Flugzeugen jedenfalls nicht. Seit über vier Jahrzehnten klebte oder lackierte man das Kennzeichen D an diese Stelle. Seit dem Herbst 2013 plötzlich nicht mehr!

Alles Verhandeln und Bitten half nichts. Das Kennzeichen musste aufwendig wieder entfernt und neu aufgebracht werden. Kosten: über 5.000 Euro und dazu eine saftige Verzögerung bei der Auslieferung des Flugzeugs!

Sodann stellte sich die Frage: Ja wohin soll das Kennzeichen denn jetzt? Und die war gar nicht so einfach zu beantworten!
  • An die Rumpfoberseite hinter das letzte Fenster? Geht nicht, das verzerrt den letzten Buchstaben.
  • Ans Leitwerk? Geht auch nicht, denn der zweite Buchstabe darf aus technischen Gründen nicht in den Seitenruderspalt geraten. Wenn man aber den nötigen Abstand herstellt, ist das Schriftbild zu weit auseinandergezogen.
  • Hinter die Tür? Geht nicht. Da ist der Rumpf der King Air zu klein.
Es stellte sich heraus, dass es augenscheinlich durchaus einen Grund gibt, weshalb die Kennzeichen seit 45 Jahren meistens an der althergebrachten Stelle angebracht werden. Das konnte man beim LBA jetzt aber natürlich nicht mehr zugeben. Also fertigte man eine Sondergenehmigung aus, die Kennzeichen kleiner als von der ICAO gefordert hinter der Tür anzubringen. Die Kennzeichen sind jetzt also kleiner, schlechter lesbar und nicht mehr den internationalen Forderungen entsprechend. Aber das LBA ist zufrieden!

Das Ganze könnte man als Posse abtun. Wir haben dieses Beispiel jedoch an den Anfang unserer Reihe gestellt, da es ein bestimmtes Schema verdeutlicht. Nach einem Personalwechsel in der entsprechenden Abteilung wird das Rad neu erfunden. Jahrzehntelange Praxis wird verworfen. Dann stellt man fest, dass es gute Gründe für diese Praxis gab. Und weil man nicht mehr zurück kann, wird im Ergebnis eine absolute Murks-Lösung vorgeschrieben, mit der sich in diesem Fall nun eine arme King Air im Ausland schämen muss.

Hinzu kommt dann noch die Art und Weise, wie dies umgesetzt wird. Wenn eine Werft im Jahr 2013, ohne dass es eine Gesetzesänderung gegeben hätte, ein Kennzeichen dort anbringt, wo es schon seit mehr als 40 Jahren angebracht und genehmigt wurde und sich die Behörde plötzlich überlegt, dass all das nicht mehr gilt, dann wäre das mindeste, was das Amt tun könnte, zu sagen: „Also dieses Mal genehmigen wir das noch, nächstes Mal bitte die Kennzeichen hier oder da anbringen.“
Stattdessen bestand das LBA auf der teuren und zeitaufwendigen Neulackierung der Kennzeichen. Natürlich wäre ein Prozess hier höchst aussichtsreich gewesen, aber der Firma Beechcraft ging es um den Kunden. Und der sollte möglichst schnell sein Flugzeug bekommen.

Solche plötzlichen Änderungen der geübten Praxis sind für Bürger und Unternehmen absolut nicht absehbar. Es ist schon schwer genug, mit den Gesetzesänderungen Schritt zu halten. Wenn dann rückwirkend eine 45 Jahre lang geübte Praxis nicht mehr anerkannt wird, kann der Betroffene dies eigentlich nur noch als Willkür und Schikane ansehen.


Lesen Sie in den weiteren Teilen unserer LBA-Serie:

Am 30 Mai, Teil 2: Cessna SIDs – Rechtbehalten über jede Vernunft





Die vollständige Serie finden Sie auch in der Juni-Ausgabe von Pilot und Flugzeug.


Bewertung: +10.00 [10]  
 
 




31. Mai 2014: Von Rudy Winter an Jan Brill Bewertung: +4.00 [4]
Sehr geehrter Herr Brill,

Vielen Dank für diese ebenso aufschlußreiche wie unglaubliche Reportage! Als Ex-Europäer ist es immer wieder sehr schwer nachzuvollziehen, in welche Richtung sich die Demokratie und Bürokratie in Europa entwickelt haben.

Ich möchte Ihnen und Ihren Lesern gerne, auch als Anregung zur Diskussion, warum Ähnliches nicht mehr in Deutschland möglich ist, ein Beispiel zur Thematik aus Kanada geben, wie der Umgang mit und von Behörden auch geschehen kann:

Ich fliege für eine Charter-Airline (Boeing 737, Embraer 175, Dornier 328) in Calgary, Alberta und bin für die Entwicklung der Standard Operating Procedures (SOP) der Embraer Gruppe zuständig. Die Embraer 175 kam dieses Jahr als neue Type zur Flotte und die Einbindung ist ein entsprechend behördlicher Aufwand. Unter anderem werden SOPs entwickelt und der Behörde (Transport Canada) zur Überprüfung und Genehmigung vorgelegt.

Naturgemäß findet die Behörde Punkte, in denen sie nicht übereinstimmt, so auch in unserem Fall. In einem speziellen Punkt schienen die Meinungen komplett gegensätzlich zu sein.

Jetzt aber die kanadische Vorgehensweise: der zuständige Beamte (Civil Aviation Safety Inspector) vereinbart einen Termin für ein Konferenzgespräch am Telefon (hört sich unglaublich an, ist aber so). Während dieses Gesprächs (Inspector, Director of Flight Operations und ich selbst) werden die strittigen Punkte diskutiert. Es werden Bücher und Regelwerke herangezogen, am Telefon durchgewälzt und - jetzt kommt das wirklich Unglaubliche - schließlich gab der Inspector zu: "Sie haben da einen guten Standpunkt. Sie scheinen da recht zu liegen. Da hab ich grade was gelernt". Sollten deutsche Leser jetzt vom Sessel fallen und das als Märchen abtun - so war es tatsächlich!

Am Ende des Gesprächs wurden die SOPs noch mündlich genehmigt und zum Druck freigegeben, die schriftliche Bestätigung folgte per email.

Kleines Detail am Rande: die Embraer kam im Januar dieses Jahres hinzu, in der ersten Mai Woche begannen die kommerziellen Flüge, und das war bereits verspätet durch den Urlaub eines weiteren Inspectors. Würde mich interessieren, ob dieser Zeitrahmen für die Aufnahme eines weiteren Flugzeugtypes in ein AOC in Deutschland auch möglich wäre...

Mit den besten Grüßen und happy landings,
Rudy Winter
Flair Airlines
Calgary

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