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28. August 2006 Jan Brill

Infrastruktur: Zweibruecken und der Linienverkehr


Verstrickt: Zweibrücken in der Zwickmühle

Der Flughafen Zweibrücken (EDRZ) liefert das neueste Beispiel, wie der Traum vom Linienflugverkehr in Kombination mit einer weltfremden Verordnungslage unmittelbar die Nutzbarkeit einer Verkehrsanlage für die Allgemeine Luftfahrt mindert. Jahre lang war der unkontrollierte Flugplatz Zweibrücken während der Betriebszeiten durchgängig nach Instrumentenflugregeln anfliegbar. Ein Luftraum F machte es möglich, insgesamt vier veröffentlichte Instrumentenanflugverfahren standen dem Verkehr zur Verfügung. Damit ist nun Schluss. Denn Zweibrücken möchte nur 12 NM vom Flughafen Saabrücken entfernt ebenfalls Linienflugverkehr abwickeln. Was aber hat das eine mit dem anderen zu tun?


In Europa einmalige Geldverschwendung: Noch keine 8.000 Starts im Jahr, aber schon einen Turm mit Kontrollzone. Fachlich ist das nicht zu erklären.
© Flughafen Zweibrücken GmbH 
Die Antwort führt uns ins Wunderland deutscher Bürokratie- und Interessensblockade:

Zunächst einmal ist da die Forderung des §22a LuftVO zu erfüllen. Dieser besagt dass, wenn regelmäßiger Linienflugverkehr stattfindet, dieser im kontrollierten Luftraum (Klassen E bis A) stattzufinden hat. Soweit eine international übliche und sogar sinnvolle Verordnung.
Jetzt kommt allerdings die „Auslegung“ von DFS und Vereinigung Cockpit. Denn würde ein Flugplatz in Dänemark oder Schweden ein- oder zweimal am Tag von einer Linie angeflogen, dann wäre die logische Luftraumstruktur diesen selbstverständlich unkontrolliert zu lassen und mit einem an den Boden heruntergezogenen Luftraum E auszustatten.
Ein Graus für VC und DFS. Denn für die DFS gibt es an einer solchen simplen Luftraumkonstruktion nichts zu verdienen, und die VC mag sich einfach nicht an den Gedanken gewöhnen zumindest gelegentlich mit Linienflugzeugen durch den Luftraum Echo zu fliegen und dort womöglich auch noch hinausschauen zu müssen.

Ergebnis: Eine Kontrollzone muss her.

So geschehen am 1. Juli 2006. Da wurde der unkontrollierte Flugplatz Zweibrücken in einen kontrollierten Flughafen umgetauft. Aus dem nur bei Bedarf aktivierten Luftraum Fox wurde eine Kontrollzone im Luftraum D und statt eines Flug- oder Verkehrsleiters, der Freigaben von Langen Radar an die IFR-Maschinen weitergab, tut nun ein ausgebildeter Lotse unter der Fachaufsicht der DFS Dienst auf dem Turm in EDRZ.

Allerdings scheint sich der einsame Flughafen in der Pfalz (7.281 Starts im Jahr 2005, Quelle: destatis.de), mit dieser Luxusausrüstung ein wenig übernommen zu haben. Wer in den vergangenen Wochen nämlich die NOTAMS für EDRZ studierte, der konnte für das Wochenende einen sich mit schöner Regelmäßigkeit wiederholenden Text lesen:

from: 2006/08/26 07:00 until: 2006/08/27 19:00
ALL NON SKED IFR FLTS STRICTLY PPR. TEL. : +49 (0) 6332 974666.

Von der etwas eigentümlichen Formulierung (was ist eigentlich der Unterschied zwischen „PPR“ und „STRICKTLY PPR“ ?!?) einmal abgesehen, bedeutet dies nichts anderes, als das man den IFR-Verkehr am Wochenende vor die Tür setzt. Dies allerdings scheibchenweise und von Woche zu Woche.
Wegen „Personalmangel“, wie es hinter vorgehaltener Hand heißt, wird der Turm in Zweibrücken am Wochenende dicht gemacht. Außerdem würde dies den Flugbetrieb im nahe gelegenen Pirmasens (EDRP) erleichtern.

Jetzt allerdings wird’s unübersichtlich: Denn mangels Türmer gibt’s keinen IFR-Verkehr mehr in Zweibrücken. Service- und Sicherheitslevel sind also deutlich schlechter als zuvor.

Warum aber nicht einfach bei Inaktivität der Kontrollzone auf die erprobte Struktur des Luftraums Fox zurückgreifen? Flugbetrieblich ist das kein Problem, schließlich wurde in EDRZ jahrelang der Verkehr der Allgemeinen Luftfahrt genau so abgewickelt.
„Rechtlich nicht möglich“ sagt das Verkehrsministerium. Hinter vorgehaltener Hand erfahren wir, dass sich hier die Interessensvertretung der Fluglotsen quer legt: Denn dann könnte man ja ein und denselben Arbeitsplatz (Info/Turm) mit unterschiedlich bezahlten Kräften besetzen. Undenkbar! Lieber lassen unsere Fluglotsen-Vertreter die Piloten der AL im schlechten Wetter durch die hindernisreiche Landschaft kurven.

Fassen wir den pfälzischen Flugplatz-Schwank also zusammen:

Wer einmal am Tag eine Linienmaschine landen lassen will, der braucht einen Turm und wer einmal einen Turm einrichtet, der hat diesen auf Gedeih und Verderb am Bein.
Dies ist das Resultat des segensreichen Wirkens dreier „Interessensvereinigungen“ im Zusammenspiel mit einer vollkommen fachfremden Luftfahrtbürokratie.

Ergebnis für die Piloten und Passagiere der Allgemeinen Luftfahrt: Wer im schlechten Wetter einen der zahlreichen Betriebe am ehemaligen Militärflughafen besuchen möchte, der muss in Saabrücken landen und dann per Mietwagen weiterreisen.

Für sehr viel Geld, hat man die Nutzbarkeit des Flughafens für die allermeisten Kunden wirksam eingeschränkt. Wohlgemerkt – es handelt sich um reines bürokratisches Schattenboxen denn im Schnitt landet in EDRZ noch nicht mal jede Stunde ein Flugzeug – rein fachlich bräuchte man hier außer dem ILS weder Turm noch Infostelle noch Flugleiter noch sonst etwas.

Flughafen in der Zwickmühle

Geschäftsführer der Flughafen Zweibrücken GmbH Peter Schmitt ist sich über die missliche Lage dabei durchaus im Klaren: „Wir vergessen die Allgemeine Luftfahrt nicht“, sagt er im Gespräch mit Pilot und Flugzeug. „Wer am Freitag anruft bekommt auch am Wochenende ein PPR für einen IFR-Anflug, und wir hoffen im Februar genügend Lotsen zur Verfügung zu haben um während der Betriebszeiten einen regulären Flugverkehr abwickeln zu können.“

Festzuhalten bleibt, dass eine organische Entwicklung eines Flugplatzes mit den Kunden unter der beschriebenen Interessenslage nicht möglich ist.

Man kann nun lange philosophieren, wieso in Zweibrücken, nur wenige Kilometer vom etablierten Flughafen Saabrücken entfernt eine weitere öde Piste die illustren Billigflieger anlocken möchte. Die Tatsache, dass EDRZ in Rheinland-Pfalz (Beck, SPD) und Saabrücken im Saarland (Müller, CDU) liegt, könnte aber etwas mit diesem strukturpolitischen Harakiri zu tun haben.
Dem Vernehmen nach soll das Land als Eigentümer von EDRZ einen Deal mir der German Wings eingefädelt haben, die dort ab September 8 Flüge pro Woche anbieten möchte.

Die Landschaft in Deutschland ist voll von Flugplätzen, die sich mit der fixen Idee vom Linienflugverkehr wirtschaftlich den Garaus gemacht haben („Airline-Itis“). Aber der Flughafen Zweibrücken ist ja in öffentlicher Hand und die deutschen Steuerzahler haben bei diesem Unfug bislang sehr viel Geduld bewiesen. Resultat ist jedoch eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit und Sicherheit für die Allgemeine Luftfahrt.


  
 
 




29. August 2006: Von  an Jan Brill
Das ist ja fast wie früher in England. Da hatte die Gewerkschaft auch durchgesetzt, das auf der E-Lok ein Heizer mitfährt. Was der da sollte, habe ich bis heute nicht verstanden. Scheint ähnlich zu sein mit der DFS. Die wollen auch nur Ihre Leute unterbringen und am Status Quo nicht rütteln. Ob das Ganze Sinn macht, ist erst mal nicht so wichtig. Jeder ist sich nun mal der Nächste. Es ist ja nicht das eigene Geld des Flugplatzgeschäftsführer, sondern Steuergelder und diese sind bekanntlich allen. Zumindestens meckert keiner so laut, wenn diese "verballert" werden. Da hebt dann der Bundesrechungshof den Finger, aber es passiert eigentlich nichts. Solange das so geht, wird diese Praxis weiter angewand. Warum was ändern ? Es passiert ja doch nichts. Aber wehe, man vergisst als Selbstständiger die Umsatzsteuererklärung zeitig abzugeben, dann wird einem für jeden Monat 1 % Zins belastet.
29. August 2006: Von Stefan Jaudas an 
Hi,

das mit dem Heizer, den gabs auch auf britischen Dieselloks.

Die Begründung dafür war (nach Aussage eines Bekannten aus Britannien), daß man es keinem ehrlichen, hart arbeitenden, unterqualifizierten und vor allem gewerkschaftlich organisierten Malocher wie einem Dampflokkohleschaufler zumuten konnte und wollte, sich dem Gang der Zeiten und der Technik anzupassen. Da wurde nicht mal in Erwägung gezogen, die Heizer umzuschulen, weiterzuqualifizieren oder auf einen anderen, angemessenen Arbeitsplatz (wenn vorhanden) zu versetzen. No change! Alles bleibt gleich! Punkt!

Und was hatten die davon? Die englische Krankheit, die inzwischen zur deutschen Krankheit geworden ist. Nur daß bei uns keine Maggie in Sicht ist, die gerade noch rechtzeitig die bitteren Pillen verteilen würde. Naja, vielleicht fallen die Mullahs ja auf Helgoland ein. Die Bundeswehr 2006 könnte das vielleicht gerade noch richten. Das wären dann die Falklands von Frau Merkel ...

Gruß

Stefan
30. August 2006: Von Alexander Bubenik an 
Sie haben leider nur allzu recht - ich teile Ihre Meinung vollständig. Thematisiert man das Thema dann in öffentlicher Form, wird einem schnell das Totschlagargument der Sicherheit unter die Nase gehalten.

Dies ist aus meiner Sicht ganz besonders heuchlerisch, da die Flugsicherheit durch solche Verhaltensweisen massiv beeinträchtigt wird.

Dabei wäre es so einfach und so kostengünstig zu ändern ...
30. August 2006: Von  an Alexander Bubenik
Mit Sicherheit wird inzwischen leider allzuviel Schindluder getrieben. Dieser Deckmantel muss für vieles herhalten. (Überflugverbot Berlin 3 NM, WM-Sperrgebiete usw) Aber da kracht es trotzdem (Berlin hauptbahnhof, vereitelter Kofferbombenanschlag). Und das mit dem Luftraum D über Zweibrücken bringt auch keine Sicherheit zusätzlich, wenn einer falsch fliegt und nicht rausschaut, macht er das auch in D. Das bringt nichst. Es hat wohl auch sehr viel mit der Regelwut eines deutschen Beamten zu tun (z.B Anweisung xyz : Stirbt ein Beamter auf einer Dienstreise, ist die Dienstreise zu Ende) Solange solche Regelwerke veröffentlich und abgesegnet werden, sehe ich schwarz. Der deutsche Bürger ist aus meiner Sicht in den Augen des Beamten erstmal dumm und muss komplett geführt werden. Daher auch Luftraum D und nicht F. Wenn er dann noch fliegt, ist es ganz vorbei. Die ganze restliche Welt fliegt nachts ohne Turm (sogar Linie) Flugplätze an und macht damit alles falsch. Nur die deutschen Beamten wissen, das es so besser ist. Aber gerade das Abnehmen von der Selbstverantwortung führt aus meiner Sicht zu Fehlern. Wenn ich weiß, das die heiße Herdplatte mir die Finger verbrennt, passe ich auf. Wenn ich aber in der Küche handtiere und einer passt auf mich auf, bin ich logischerweise schlampiger und verlasse mich auf den "Aufseher".

Armes Deutschland...
13. Oktober 2015: Von Kevin Kissling an Jan Brill
Ab 12.11.2015 gibt es eine neue RMZ um Zweibrücken (EDRZ) in Form der ehemaligen CTR auf deutschem Gebiet, welche bisher per NOTAM deaktiviert, komplett zurückgezogen wird.

Dazu gibt es "neue" alte IFR Procedures, die bisher ebenfalls per NOTAM deaktiviert sind.
https://www.dfs.de/dfs_homepage/de/Services/Customer%20Relations/Kundenbereich%20VFR/01.10.2015.%20-%20Bekanntmachung%20RMZ%20Zweibr%C3%BCcken/

Ist das jetzt positiv zu werten, dass wieder regelmäßigerer Flugbetrieb stattfinden könnte oder ist dies nur ein "Verwaltungsakt"?

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