Guten Tag zusammen
Es ist mal wieder Zeit, Fakten zu benennen. Zugegeben, ich habe da einen Vorteil da es mein Beruf ist, sowohl wenn es die Medizin als auch die Luftfahrt betrifft.
Selbstverständlich ist medizinischer Sauerstoff dem Arzneimittelrecht zugeordnet, für jedermann nachlesbar im DAB (Deutsches Arzneibuch). Dort ist für Sauerstoff eine Maximalfeuchte von 0,05 mg/Liter oder 67 ppm bestimmt (Bezogen auf entspanntes Gas). Dies ist übrigens der gleiche Wert, der für Druckluft für Atemschutzgeräte gemäß DIN EN 12021 festgelegt ist.
Sauerstoff für Luftfahrtzwecke hat einen 10-fach geringeren zulässigen Wasseranteil im Gas, nämlich 0,005 mg/Liter oder 6,7 ppm, nachlesbar z.B. in der STANAG 7106.
Erste Feststellung (Fakt); Medizinsauerstoff darf 10 x feuchter sein als Luftfahrtsauerstoff.
Aber, unsere Atemluft ist fast um den Faktor 200 feuchter als Medizinsauerstoff, Faktor 2000 gegenüber Luftfahrtsauerstoff. Denn die Luft die wir üblicherweise einatmen hat diesen extrem höheren Wasseranteil. Luft hat nach Standardatmosphäre bei den so üblichen 65 % Luftfeuchtigkeit einen Wasseranteil von etwa 9 mg/Liter, bei 100% Luftfeuchte übrigens ca. 30 mg/Liter.
Daher gibt es die zusätzliche Anfeuchtung des medizinischen Sauerstoffs hinter dem Druckminderer, bevor ihn der Patient inhaliert, siehe das Bild in einem Vorbeitrag.
Der Grund für die vergleichsweise sehr niedrigen Werte in Druckgasen ist die Vereisungsgefahr in den Armaturen. Dies geschieht einmal durch die Gasexpansion die immer mit Abkühlung verbunden ist, sowie in der Luftfahrt ggf. durch die niedrige Umgebungstemperatur und damit ggf. die Temperatur der Armaturen selber. Im Segelflugzeug in FL 300, vor 3 Jahren z.B. erflogen in der Welle am Pfälzer Wald, hat die Flasche in der Rumpfröhre wohl fast die gleichen minus 30-50 Grad C wie die Umgebungstemperatur.
Daher also der zusätzliche Faktor 10 bei (Luftfahrt)Sauerstoff, da er ggf. bei solchen Umgebungstemperaturen verwendet wird, an entkleideten Patienten in der Intensivstation hingegen definitiv nicht.
Und nun kommt die Frage, woher denn der Sauerstoff in den Flaschen kommt. Technisch gesehen aus dem gleichen Flüssigsauerstoff beim Hersteller. Theoretisch könnte es bei der Flüssigsauerstoff-Herstellung schon Qualitätsunterschiede geben. Darüber habe ich aber bisher keine Fakten genannt bekommen. Am Ende muss in der Gasphase das eine Produkt in der Qualitätskontrolle jene Werte nachweisen, das andere Produkt solche. Ich kenne leider niemanden, der am gleichen Tag beim gleichen Herstelle einmal Medizinsauerstoff und Luftfahrtsauerstoff gekauft hat und die Werte selber gemessen und verglichen hat. Könnte eine interessante Studie werden.
Da die Nutzer von technischem Sauerstoff nun nicht tot aus der Luft wie die Fliegen von der Decke fallen, scheint der Unterschied für diese Zwecke nicht wesentlich zu sein = zweite Feststellung (aber empirisch). Das würde ich mal bis FL 180 so stehen lassen, also den üblichen Höhen in Europa beim Alpensegelflug.
ABER: wer mich formal fragen würde, dem müsste ich die Antwort geben, in der Luftfahrt nur Luftfahrtsauerstoff einzusetzen, wegen der Sicherheit gegen Vereisung der Armaturen.
Mit Fliegergruß
Ulrich Werner