Moin Hubert,
ich bin ja einerseits über die intellektuelle Reflektion meist erfreut, aber andererseits finde ich die Schlussfolgerung gar nicht mal so überzeugend. Ein aktuelles Beispiel?
https://www1.wdr.de/fernsehen/lokalzeit/bonn/videos/video-lokalzeit-aus-bonn---1392.html
Für Akzeptanz vor Ort muss man halt dann auch mal etwas von der Freude des Flugzeuges abgeben - der Aufwand ist recht gering, geteilte Freude ist doppelte Freude, und im Jahre 118 seit dem ersten dokumentierten Motorflug kann man immer noch Kinderaugen zum Leuchten bringen. Kathrin Kaiser zeigt hier perfekt, wie einfach es geht.
Nüchtern betrachtet haben wir genug Flugzeuge auch in der GA, welche mit 3l/ Sitzplatz/ 100 km bei knapp 300 km/h Luftlinie gar nicht so schlecht im Vergleich zur Airline aussehen würden, wenn es denn ohne Bleitetraethyl wäre. Und bewegen nur relativ wenige "Oldtimer", mit einem Flottenverbrauch, der weit unter dem der diversen Manta- und GTI-Clubs im Lande liegen dürfte. Oder auch nicht, aber die Dimension ist zumindest klar.
Um also PR-mäßig ohne Leugnung der Fakten die Faszination Fliegerei aufrechtzuerhalten, müssen wir schlicht vor Ort bzgl. Segelflug und moderneren Verbräuchen von Mogas und mit geringstmöglichem Lärmpegel gute Nachbarn sein. Das ist ganz simple Nachwuchsarbeit an der Winde (65-jährige können ja auch im Unruhestand jeden fliegbaren Nachmittag an der Winde sitzen... oder jeden zwoten oder dritten Tag...?) oder durch die Anschaffung von Velis für unsere ganzen Plätze, als Anfixen des Nachwuchses vor Ort. Da geht technologisch (hybrid oder elektrisch) eh noch einiges, wo unsere Infrastruktur dezentral und kaum störend die Provinz stärken kann, und deutlich leiser als A320/ 737 auf Jahrzehnte hinaus; ob Breezer dann Zweisitzer mit H2 aus Überschusswindstrom antreibt, Eviation/ Heart Aerospace etc. mit 1000 m - Bahnen und 6 Flugbewegungen pro Tag die ganzen VLPs vitalisieren werden, es liegt anteilig auch an uns. Das ist aber alles jenseits der Lobbyfrage, ich sehe es nicht so pessimistisch wie du, bei Weitem nicht.
Von daher sehe ich die Einschätzung "Die kleine Fliegerei mit ihrer Faszination in Pilot und Flugzeug erlebt einen dramatischen Wandel, völligen Verlust an Prestige. Das tut richtige „scheiße weh“, wie Junior sagen würde. Der Paradigmenwechsel ist folgerichtig, vernünftig und absolut unüberbrückbar. Piloten sind in der öffentlichen Wahrnehmung keine kühnen, gesunden Männer (wenig Frauen) mehr, welche Schwerkraft und Angst überwinden, starten, fliegen und cool landen, sondern egoistische, ökologische rücksichtslose alte reiche Männer." in der Tat vollkommen anders - es ist leider so rar, dass es immer noch etwas Besonderes ist, aber kühn? Das war vielleicht zu Zeiten von Quax dem Bruchpilot und Elly Beinhorn so, aber wer hätte bei der Vereinsfliegerei in Deutschland nach 1960 noch jemals an Kühnheit gedacht? Dem möglichen Paradigmenwechsel muss man definitiv begegnen, aber da die wenigsten von uns mit 140 l Avgas die Stunde Kirchturmflüge in tiefster Höhe machen, finde ich, dass du da verbal massiv überreißt. Latent, ja, anteilig, aber lange nicht so drastisch.
Der Bruchteil des Verbrauches einer Volkswirtschaft lässt sich übrigens lässig kompensieren. Wenn jeder Flugzeugeigner sein Dach mit PV vollballert und ab jetzt elektrisch mit dem eigenen PKW und auf der Langstrecke primär mit ICE führe, wäre das hier komplett vernachlässigbar. Aus ganz einfachen quantitativen Überlegungen. Und das wird auch noch in 2047 gelten. Kein Mensch würde sich dann über eine olle AN-2, Super Conny oder C340 beschweren, wenn man ein einzelnes Kuriosum dann und wann zwischen Panteras, Velis, Heart Aerospace 19-Sitzer von Lübeck nach Malmö oder Augsburg nach Venedig oder auch Joby 3.0 vom "Karstadt Nostalgieparkhaus Wilhelmshaven" nach Helgoland am Himmel sieht.
Zu deinen Gleichnissen mit Waffen - du kannst ja mal Verdun besuchen und dann zählen, wieviele GA-Tote in Europa von 1903 bis 2021 einem Quadratmeter Geländegewinn entsprachen. Ich würde mal ganz unbescheiden vermuten, nicht mal ein einziger Quadratmeter.
Entwicklung Verbrenner: Wir sind eine Nische, in der sucht man sich seine Financiers eh nicht bei Publikumsfonds. Otto Aviation, Breezer und Pipistrel oder Elixir mal so als rezente Beispiele. Der Graumarkt wird bei den 2 - 3 erfolgreichen Mustern der ersten Stunde auch ganz schnell ein weißer Markt sein, denn das Mobilitätsbedürfnis dieses Planeten wird gewaltig bleiben.
Hubert, ich mag Kassandras, aber wenn du so schwarz siehst, empfehle ich Initiationsflüge für Unterprivilegierte und Jugendliche - ob in Oldtimer Spornrad, ASK-13 oder Velis überlasse ich ganz deiner Phantasie, aber dann bitte nicht misanthropisch.