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13. April 2007 Jan Brill

Technik: DA42 Unfall


Achilles’ Twin: Probleme mit dem elektrischen System der DA-42 lassen Zweifel an der Lufttüchtigkeit des Musters aufkommen

Der Startunfall einer DA-42 in Speyer am 4. März 2007 offenbart, dass ein zweifacher Motorausfall schon bei geringen Abweichungen von den empfohlenen Handbuchverfahren möglich ist und nährt erhebliche Zweifel an der Lufttüchtigkeit des Musters. Pilot und Flugzeug wurden im Rahmen der Recherche zu diesem Unfall Erkenntnisse aus der Flugunfalluntersuchung zugespielt, die jeden DA-42-Piloten aufhorchen lassen sollten.

Vorbemerkung: Pilot und Flugzeug verzichtet im Normalfall darauf Erkenntnisse der Flugunfalluntersuchung zu veröffentlichen bevor diese abgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall halten wir es jedoch für unerlässlich, Piloten des Musters DA-42 Twinstar so schnell wie möglich über die eine Anfälligkeit des elektrischen System zu informieren, die zum Ausfall beider Triebwerke führen kann.



Zwei Motoren geben selbst dem ängstlichsten Passagier ein unerschütterliches Gefühl der Sicherheit. Das beide Triebwerke aufgrund einer einzigen Ursache zeitgleich ausfallen gilt als sehr selten. In der DA-42 genügt ein simpler Defekt am DC-Mainbus um beide Triebwerke nachhaltig zum Schweigen zu bringen.
© Diamond Aircraft 
Ein zweifacher Motorausfall gehört zu den Ereignissen, bei denen sich ein Twin-Pilot wirklich fragt wieso er eigentlich eine Zweimot fliegt. Gott sei Dank sind solche Ereignisse sehr selten.

Nicht zuletzt deshalb geben zweimotorige Flugzeuge selbst dem ängstlichsten Passagier ein unerschütterliches Gefühl der Sicherheit.

Twins verfügen über zwei weitgehend getrennte Kraftstoffsysteme, zwei unabhängig voneinander arbeitende Triebwerke samt Steuerung und entsprechend doppelt vorhandene Aggregate. Dass der Ausfall einer simplen Komponente das sofortige Versagen beider Triebwerke zur Folge haben kann erscheint kaum vorstellbar. Ziel eines jeden Zweimot-Entwurfs ist es, so genannte „single points of failure“ auszuschließen. Das Versagen einer einzigen mechanischen Komponente darf nicht den Ausfall beider Triebwerke zur Folge haben.

Tatsächlich sind die Fehlermodi, unter denen zwei Triebwerke zeitgleich aufgrund einer einzelnen Ursache ausfallen können auf wenige Szenarien beschränkt: Dies sind im Wesentlichen: Ungenügender oder falscher Kraftstoffvorrat, äußere Einflüsse wie Eis, Steinschlag, Luftfilterverschmutzung oder Kollision sowie fehlerhafte Bedienung oder Konfiguration des Treibstoffsystems.


Unfallort der D-GOAL. Beide Propeller in Segelstellung deuten frühzeitig auf ein elektrisches Problem hin.
© Patrick Faucheron www.pilotes-prives.net 
Der Flugunfall der D-GOAL in Speyer (EDRY) am 4. März 2007 lässt deshalb aufhorchen. Die erst 10 Tage zuvor zum Verkehr zugelassene DA-42 Twinstar erlitt unmittelbar nach dem Abheben auf der Piste 17 einen zeitgleichen Ausfall beider Triebwerke (TAE Centurion 1.7) und musste in der Bahnverlängerung notlanden. Das Flugzeug wurde dabei schwer beschädigt, die Besatzung überlebte ohne schwere Verletzungen.


Fehlersuche konzentriert sich auf das elektrische System der Twinstar

Schon die ersten Beobachtungen am Unfallort deuteten in Richtung des elektrischen Systems. Zunächst einmal war da die Aussage, dass die Motoren just in dem Moment den Dienst versagten, in dem der Fahrwerksschalter auf UP gelegt wurde. Beide Propeller der Twinstar wurden zudem in Segelstellung (feathered) vorgefunden.

Betrachtetet man das elektrische System und die Feather-Automatik der DA-42 erkennt man, dass es eigentlich nur eine Möglichkeit gibt, nach der beide Props zeitgleich in Segelstellung fahren können. Ein zeitgleicher Spannungsabfall an allen vier ECUs (Engine Control Units) der Thielert-Triebwerke.


DA-42 Cockpit im Flug. Nicht nur die ECUs sind auf Strom angewiesen. Auch das Garmin 1000 puffert einen Spannungsabfall nur für 200 ms und beginnt ansonsten eine zwei Minuten lange Initialisierungs-Prozedur.
Nichts anderes macht nämlich auch der Engine Master Switch, mit dem das Triebwerk in der Luft gefeathert wird. Er unterbricht – neben einigen anderen Verbindungen – die Spannungsversorgung zu den beiden ECUs (je zwei ECUs pro Triebwerk).
In diesem Moment öffnet das nun stromlose Governor-Valve und das Öl, das zuvor die Propellerblätter in ihrer jeweiligen Anstellwinkel-Position gehalten hat, strömt zurück in den Ölsumpf des Getriebes.
Damit dies nicht beim regulären Abstellen der Triebwerke passiert sind die Props mit einem Feather-Lock ausgerüstet, das bei Drehzahlen unterhalb 1.300 RPM die Blätter in der Full-Fine-Position arretiert.
Um beide Props in die Segelstellung zu bekommen muss also zeitgleich und bei Drehzahlen über 1.300 RPM den ECUs der Saft abgedreht werden.

Würde man den Triebwerken beispielsweise den Sprit nehmen (leere Tanks, falsche Konfiguration), würde die Drehzahl langsam abfallen und die Props wären in der Steigflug-Position zum Stehen gekommen.


Zusammenbruch des Bordnetzes

Lässt man einmal die Möglichkeit außer Acht, dass die Besatzung zeitgleich beide switchlock-gesicherten Engine Master in die OFF-Position brachte, bleibt nur ein vollständiger Zusammenbruch des Bordnetzes um das angetroffene Bild zu erklären.

Tatsächlich bestätigen die Aufzeichnungen der TAE-Triebwerkscomputer genau diese Vermutung. Die ECUs der Centurion-Motoren zeichnen nämlich während des Betriebs ein Vielzahl von Daten auf, die „crashsicher“ in den Gehäusen der Rechner gespeichert werden (dies ist unter anderem der Grund, weshalb Flugzeuge mit TAE-Triebwerken zu günstigeren Prämien versichert werden als herkömmliche Avgas-Drachen).

Die Triebwerksaufzeichnungen deuten auf eine Unterbrechung der Spannungsversorgung für etwas über eine Sekunde hin. Um zu verstehen, wie dies möglich war, in einem Flugzeug, bei dem die Elektrik zu den absolut kritischen Systemen zählt, müssen wir die Vorgeschichte des Fluges mit einbeziehen.


Ursachenkette

Die DA-42 musste an diesem Tag aufgrund einer vollkommen leeren Batterie fremdgestartet werden. Unklar ist, ob das allein vom Battery Hot Bus gespeiste Batterierelais gar nicht angezogen hatte, oder ob die Batterie aufgrund ihrer extremen Tiefentladung keine Pufferwirkung mehr entfalten konnte.
Aus den Pilot und Flugzeug vorliegenden Untersuchungsbefunden geht jedoch hervor, dass das elektrische System ungepuffert arbeitete. Sämtliche elektrische Verbraucher hingen also direkt an den beiden Wechselstromgeneratoren (Alternators) der DA-42.

In dieser Konfiguration (über die die Besatzung keine Kenntnis haben konnte und keine Warnung angezeigt bekam) wird das elektrische System nun im Start mit Landelichtern, Avionik und anderen Verbrauchern belastet.
Kurz nach dem Abheben kommt nun der Elektromotor für die Fahrwerkshydraulik hinzu. Ein Vergleich mit ähnlichen Installationen führt uns zu der Annahme, dass der Anlaufstrom des Motors zwischen 180 und 200 Ampere betragen hat.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass die beiden Wechselstromgeneratoren aufgrund günstiger Bedingungen (hohe Drehzahl, geringe Höhe, niedriger Taupunkt) nahe an ihrer maximalen Kapazität von 60A arbeiteten, hat dies – ohne die Pufferwirkung der Batterie – das Bordnetz bei weitem Überlastet und zu einem kurzzeitigen aber vollständigen Spannungsabfall auf dem Main Bus der DA-42 geführt.

Dieser Spannungsabfall konnte durch die trägen Sicherungen zwischen ECU Bus und Main Bus nicht oder nicht schnell genug isoliert werden. Der Spannungsabfall hat sich daher bis zur ECU-Versorgung fortgesetzt, die ECUs initialisierten sich neu, und die Props fuhren in die Segelstellung.


Das elektrisches System der DA-42 ist im Prinzip ein Single-Bus-Design. Ein Spannungsabfall auf dem LH- oder RH-Main-Bus kann sich bis zu den ECUs fortsetzen.
Eine hier rot gekennzeichnete Trockenbatterie soll im Fall eines Zusammenbruchs des Main-Bus zuminest die Erregerspannung für die beiden Wechselstromgeneratoren liefern. Bis dieses Backup aber wirksam wird und die Generatoren wieder anlaufen, kann das System bis zu 0,2 Sekunden stromlos bleiben.



Kurzzeitiger Zussammenbruch der beiden Wechselstromgeneratoren in Folge fehlender Erregerspannung

Es ist vorstellbar, dass dieser sehr kurzzeitige Spannungsabfall allein noch nicht zu einer Reinitialisierung der ECUs führen konnte, sondern zusätzlich noch durch einen weiteren Faktor verstärkt, beziehungsweise verlängert wurde.

Die Wechselstromgeneratoren der DA-42 sind nämlich (wie in der AL üblich) nicht selbsterregend. Bedeutet: Ohne eine Spannung an den Erregerwicklungen der Alternators wird auch keine elektrische Energie erzeugt. Im Normalbetrieb wird diese Spannung dem Bordnetz entnommen. Bricht dieses wie im vorliegenden Fall zusammen, übernimmt eine separate Trockenbatterie die Versorgung der Erregerspule und bringt den Alternator wieder online.
Dies allerdings ist kein unmittelbares Backup. Zieht man die Regelgüte üblicher Wechselstromgeneratoren in Betracht, sind hier für eine zusammengebrochene Stromerzeugung zurück auf maximalen Output Regelzeiten von 0,2 Sekunden durchaus keine Seltenheit.


Zweifel an der Lufttüchtigkeit der DA-42 Twinstar

Fazit: Steht die Batterie aus welchem Grund auch immer als Akkumulator für das Bordnetz nicht zur Verfügung, kann eine handbuch- und sachgerechte Bedienung des Flugzeuges schnell und ohne Vorwarnung zum sofortigen Ausfall beider Triebwerke führen. Nach Unterlagen, die Pilot und Flugzeug vorliegen, hegt die BFU daher erhebliche Zweifel an der Lufttüchtigkeit des Musters.


Fehlbedienung beim Startup


Starting-with-external-Power-Checkliste. Nur durch genaue Textarbeit kann der Pilot erkennen, dass er den zweiten Motor nach Angaben von Diamond „unbedingt“ aus eigener Kraft ankriegen muss. Den hier von uns rot unterlegten Teil hat Diamond im Service Information Bulletin 42-050 fünf Tage nach dem Unfall nochmals klargestellt.
© Diamond Aircraft 
Im vorliegenden Fall wurde der Ausfall der Batterie durch eine Fehlbedienung lange vor dem Start – beim Startup nämlich – begünstigt. Beide Triebwerke der DA-42 wurden mit Groundpower gestartet. Das AFM der DA-42 weist den Piloten unter Punkt 13 der Startup-with-external-Power Checklist darauf hin, das zweite Triebwerk ohne externe Hilfe anzulassen.

Erst fünf Tage nach dem Unfall jedoch wies Diamond im Service Information Bulletin Nr. 42-050 darauf hin, dass es sich bei dieser Verfahrensanweisung um einen kritischen Bestandteil handelt.

Ohne genaue Kenntnis dieses ansonsten nicht weiter hervorgehobenen Handbucheintrages hätten die meisten Piloten aber zweifellos angesichts einer leeren Batterie nach dem Startup eines Triebwerks das zweite Triebwerk gleich noch mitgestartet um so die frisch aufgepäppelte Batterie „zu schonen“.

Dass man aber auch bei buchstabengetreuer Befolgung des Startups bei Diamond um die kritische Natur des elektrischen Systems weiss, zeigt sich darin, dass Flüge unter IFR oder Night-VFR nach einem Fremdstart ausdrücklich untersagt sind.

Die Tatsache, dass eine geringfügige Fehlbedienung beim Triebwerks-Startup nun aber dazu führt, dass eine kritische Konfiguration nicht erkannt wird und das Flugzeug just nach der Rotation nahezu zwangsläufig beide Triebwerke verliert, genügt nach Ansicht von Pilot und Flugzeug nicht den Sicherheitsanforderungen an ein modernes und neu musterzugelassenes Flugzeug der GA.


Design des elektrischen Systems

In jedem Fall ist eine Tiefentladung der Batterie ja auch nur eine von zahlreichen möglichen Ursachen für ein Versagen derselben. Batterien gehen kaputt, Hauptrelais versagen, Kontakte oxydieren. All das hat im momentanen Design des elektrischen Systems der DA-42 zur Folge, dass die Triebwerke einer wechselnden Belastung des DC-Main ausgesetzt sind und nahezu jederzeit verstummen können.

Es sei erlaubt, an dieser Stelle die Frage zu stellen, wie ein solches System den Anforderungen einer Musterzulassung genügen konnte.

Diamond vertritt in einer Stellungsnahme gegenüber Pilot und Flugzeug indes den Standpunkt es handele sich um ein Motorproblem und sei als solches vom Triebwerkshersteller Thielert zu lösen.
Dieser Standpunkt wird von der zuständigen Zulassungsbehörde der Österreichischen Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH (Austro Control) gestützt.


Übersichtlich und safe: Das elektrische System der Columbia 350/400. Das Flugzeug ist zwar nur eine Single, mit zwei komplett getrennten Gleichstromsystemen bietet die Columbia aber für die kritischen Systeme auf dem Essentials-Bus eine höhere Ausfallsicherheit als die zweimotorige Twinstar. Verbraucher, die das System potentiell in die Tiefe reißen können, hängen nur an einer Seite. Kritische Verbraucher können indes durch Dioden abgesichert ohne jede Umschalt-Elektronik von beiden Systemen Strom beziehen.
Der Einstufung des Vorgangs als reines Triebwerksproblem vermögen andere europäische Zulassungsbehörden nicht zu folgen. Behördenseitig wird insbesondere darauf verwiesen, dass das elektrische System der DA-42 wichtigen Bestimmungen aus dem Installationshandbuch des Centurion 1.7 nicht genügt. Dort wird nämlich klipp und klar gefordert, dass die angehängte Last am Gleichstrombus des Triebwerks 35A in keinem Fall überschreiten darf.

Diamond möchte die ECUs nun durch weitere Trockenbatterien puffern. Obwohl dies im vorliegenden Fall zweifellos ein Weiterlaufen der Triebwerke ermöglicht hätte, hegt Frank Thielert, CEO des Triebwerksherstellers TAE die Befürchtung, dass der nun von Diamond vorgeschlagene Fix nur Symptome behandelt, das Problem jedoch nicht an der Wurzel packt.


Dualbus System ist Industrie-Standard

Jenseits des alten Arguments nämlich, dass ein Avgas-Schüttler im vorliegenden Fall erstmal weitergelaufen wäre, sind kritische Komponenten die auf elektrischen Strom angewiesen sind im Flugzeugbau nichts Neues. Auch das Garmin 1000 überbrückt lediglich einen Spannungsabfall von 200 ms (50 ms zugelassen).

Daher sind moderne Flugzeuge der Allgemeinen Luftfahrt, wie beispielsweise die Cirrus SR22 oder die Columbia 350/400, die für PFD oder andere Funktionen auf Elektrizität angewiesen sind gängiger Weise mit zwei getrennten Gleichstromsystemen ausgestattet.

Ein besonders übersichtliches Beispiel hierfür liefert die Columbia 350/400: Statt jedes System mehr oder weniger einzeln zu puffern und gegen Ausfälle zu schützen, arbeiten her zwei vollkommen getrennte Systeme mit jeweils eigenem Alternator, eigener Batterie und eigener Gleichstromsammelschiene nebeneinander. Die Verbraucher sind je einem der beiden Systeme zugeordnet.
Lediglich die wichtigsten Verbraucher (PFD, Stall Warning, Standby Horizon) sind über einen durch Dioden stromrichtungsmäßig entkoppelten Essentials-Bus an beide Systeme angehängt. In diesem System hätte ein anspringender Fahrwerksmotor nur eine Seite (Bus) in Mitleidenschaft gezogen, die ECUs wären dann über den Essentials-Bus unterbrechungsfrei weitergespeist worden. Mit anderen Worten: In diesem System können Sie einen Schraubenschlüssel quer über eine der Haupt-Sammelschienen legen – die Essentials merken das nicht mal.

Das elektrische System der DA-42 weist aus Sicht von Pilot und Flugzeug darüber hinaus weitere unnötige Nachteile auf:
  • Die Batterie der Twinstar ist mit 10Ah bei 24 Volt winzig. Ein vergleichbarer Twin-Trainer, die PA-44 Seminole, bietet mit 35 Ah bei 12 Volt über ein Drittel mehr Kapazität und das obwohl die Triebwerke der Piper noch nicht einmal auf elektrische Energie vom Bordnetz angewiesen sind. Sicherlich ist die DA-42 mit einer bescheidenen Zuladung ausgestattet, die Kilos für ein paar extra-Amperestunden sind aber bare Sicherheit und sollten noch drin sein.

  • Im elektrischen System der DA-42 kann ein wildgewordener Alternator die ECU über die Bypass-Line selbst dann noch durch Überspannungen beeinträchtigen, wenn der Alternator Switch schon auf OFF liegt und der Alternator Circuit Breaker gezogen ist!
    Tatsächlich sind Überspannungen ein häufiger Fehlermodus bei Flugzeug-Ladesystemen. Erst aber, wenn der ECU-Bus Circuit Breaker manuell gezogen wird, ist ein außer Kontrolle geratener Wechselstromgenerator tatsächlich unschädlich gemacht – eine unnötige Abhängigkeit von einer einzelnen Triebwerkskomponente.
    Zwar verfügt das System über Überspannungsableiter, die Tatsache aber, dass ein Alternator nach wie vor an der ECU hängt, selbst wenn der Alternator Switch auf OFF liegt UND der Alternator Circuit Breaker gezogen ist, darf wohl getrost als verwirrend bezeichnet werden.

  • Das Battery-Relais der DA-42 kann nur vom Battery Hot Bus aus angezogen werden. Folge: Selbst wenn mittels Groundpower das Bus-System des Flugzeuges unter Spannung gesetzt wird, bleibt die Batterie abgehängt und wird nicht geladen. Der Pilot kann folglich mit einem nur an den Generatoren hängendem Bus-System fliegen ohne von dieser äußerst instabilen Konfiguration Kenntnis zu haben.


Aus Sicht von Pilot und Flugzeug wäre es daher begrüßenswert das elektrische System der DA-42 grundlegend zu überarbeiten und auf ein zeitgemäßes Dualbus-Design umzustellen.
Weitere Trockenbatterien, die gewartet, geprüft und getauscht werden müssen und den Flieger darüber hinaus auch nicht gerade leichter oder einfacher durchschaubar machen, vertiefen nur die Nachteile eines suboptimalen Ansatzes.


Bis dahin empfehlen wir allen DA-42-Piloten: Hätscheln Sie Ihre Batterie und hoffen Sie darauf, dass das Batterierelais niemals die Lust verliert! Denn wenn Ihnen eine dieser beiden Komponenten aussteigt, kann ein einfacher Schalterdruck die DA-42 ganz schnell zu ihren fliegerischen Genen als Motorsegler zurückführen – nur eben ohne Motor ...


Lesen Sie zu diesem Thema auch den ausführtlichen Bericht in der kommenden Ausgabe von Pilot und Flugzeug am 19. April 2007


  
 
 




13. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an Jan Brill
Herr Brill,

das Wort „Stomkapazität“ gibt es aber nicht. Eine Leistung wird in Watt (Volt mal Ampere) gemessen. Bei 12 Volt und 1 Ampere habe ich die gleiche Leistung wie bei 24 Volt (V) und 0,5 Ampere (A). Daher liegt der Energiegehalt der Batterie mit 24 Volt und 10 Amperestunden bei 240 Wattstunden (Wh). Der Energiegehalt der anderen Batterie ist mit 12 V und 35 Ah bei 420 Wh. Das sind 75 % mehr, also drei Viertel mehr!

Insofern stimmt Ihre Aussage „über ein Drittel mehr“ genau genommen schon, es ist „über“.
13. April 2007: Von Jan Brill an Gerhard Uhlhorn
Hallo Her Uhlhorn,

ja und nein... mit Ihrer Anmerkung zur Terminologie haben Sie recht. Streichen wir einfach das "Strom".

Bei der Frage wieviel mehr Saft nun die Seminole-Batterie hat kommt wieder die Praxis ins Spiel. Betrachtet man sich die Spannungskurve beider Batterien über die Zeit bei einem Entladestrom von 30 A (PA-44) / 15 A (DA-42) und lässt aus praktischen Erwägungen den Bereich unterhalb von 11 Volt (Seminole) und 21 Volt (DA-42) außer acht, hält die Seminole ca. 30% länger (mir kommt hier das Bild von den Duracell-Hasen ins Gedächtnis, aber das kann auch an Ostern liegen).

In jedem Fall: Die auf elektrischen Strom angewiesene Twinstar bietet im Vergleich eine deutlich geringere Energiereserve als die uralte Seminole.

MfG
Jan Brill
13. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an Jan Brill
Hallo Herr Brill,

mit der Aussage, dass die Batterie bei der Piper 30 % länger hält haben Sie sicher Recht. Doch ändert es nichts an der Richtigkeit meiner Aussage. Würde ich die Piper-Batterie in die DA-42 einbauen, hielte sie 75 % länger (abgesehen, dass es von der Spannung her nicht ginge). Die Piper hat also einen 35 % höheren Verbrauch an elektrischer Energie.

Wenn also bei der DA-42 die Batterie bei 1 A 10 Stunden reicht, und bei der Piper die Batterie bei 2,7 A 13 Stunden reicht, dann haben wir bei der DA-42 24 Watt (1 A * 24 V) und bei der Piper 32 Watt (2,7 * 12 V)

Also ist die Batterie überproportional größer, so dass sie mehr als 30 % länger hält.

Jetzt schreiben sie im Text das Wort „Kapazität“. Doch die Kapazität ist 75 % größer, nicht 30 %. Aber die Batterie ist, im Verhältnis zum höheren Verbrauch, um 30 % großer dimensioniert. Vielleicht trifft diese Formulierung besser.

Manchmal ist es ganz schön schwer eine genaue Formulierung für technische Dinge zu finden, nicht wahr? ;-) Ich habe das Problem auch oft.
13. April 2007: Von Jan Brill an Gerhard Uhlhorn Bewertung: +1.00 [1]
Danke - gerade bei diesem Thema ist es wichtig wirklich genau zu formulieren, das stimmt.

Wichtig ist mir in diesem Artikel den Fehlermodus herauszuheben: Eine Batterie, die - aus welchem Grund auch immer - offline ist, legt beide Triebwerke still. Kasslischer Single Point of Failure. Ist mir unerklärlich wie dieses Design eine Musterzulassung erlangen konnte, oder in den USA validiert wurde.

MfG
Jan Brill

P.S. Ich möchte hier nicht schlauer tun als ich bin. Der Vollständigkeit halber sei deshalb darauf hingewiesen, das mir dies auch in unserem Test der DA-42 in PuF 2005/08 nicht aufgefallen ist. Ich habe das elektrische System damals als zwar etwas kompliziert, aber hinreichend redundant bewertet. Diese Bewertung war unrichtig.
Von einer Zulassungsbehörde hätte ich aber dennoch mehr erwartet. Wichtig ist jetzt, dass das System richtig nachgebessert und eine vernünftige FMEA durchgeführt wird. Von weiteren Trockenbatterien als Fix bin ich nicht überzeugt.
13. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an Jan Brill
Also, ich finde Ihre Art der Berichterstattung ja sehr gut, gerade weil Sie auch zu Fehlern stehen. Ich finde sie sogar um Längen besser als die von Heiko Teegen, obwohl ich sie auch sehr mochte, weil er immer auf Gefälligkeits-Journalismus verzichtete. Und ich habe es auch verstanden, worauf Sie im Artikel hinaus wollten. Trotzdem sollte auch dieses Detail richtig sein.

Für die DA-42 Piloten heisst es ja nun, dass man immer sehr gut auf seine Batterie aufpassen muss. Kann man sich eine Kontrolllampe an das Batterie-Relais anschließen, welche den korrekten Betrieb anzeigt? Ich würde ab jetzt nur noch Verbraucher schalten, wenn ich in sicherer Höhe bin, dass ich bei einem beidseitigem Motorausfall immer noch sicher landen kann. D.H. Fahrwerk erst in sicherer Höhe einfahren.

Also, wenn sich der Vogel nicht mehr durch die eingebaute Batterie starten lässt, dann lieber eine Ersatzbatterie einbauen und die alte erst prüfen. Nach einer Tiefentladung sind die meistens ohnehin kaputt, weil Sulfate ausfallen und die Platten kurzschließen.
13. April 2007: Von Rudolf Winter an Gerhard Uhlhorn
Beitrag vom Autor gelöscht
13. April 2007: Von  an Gerhard Uhlhorn
als die von Heiko Teegen, obwohl ich sie auch sehr mochte, weil er immer auf Gefälligkeits-Journalismus verzichtete.
###-MYBR-###
VETO!!!!!!!!! das stimmt nicht!

mfg
ingo fuhrmeister
13. April 2007: Von Jan Brill an 
an die Teilnehmer des Forums:

Es geht mir in diesem Beitrag darum eine sicherheitsrelevante Fehlerproblematik der DA-42 zu erörtern. Ich wäre dankbar wenn wir beim Thema bleiben könnten.

Andere Themen bitte ich in einem separaten Thread zu behandeln.

Danke,
Jan Brill
13. April 2007: Von Harald Schröter an Jan Brill
Sehr geehrter Herr Brill,
vielen Dank für diesen hervorragenden Artikel. Man ist wirklich erstaunt, daß die DA 42 mit diesem Design eine Musterzulassung bekommen hat.
14. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an 
> VETO!!!!!!!!! das stimmt nicht!
Habe ich mich geirrt? Tut mir Leid. Mir war es so vorgekommen.

Was muss man denn nun als Pilot einer DA-42 machen? Nicht mehr damit fliegen? Aufpassen?
14. April 2007: Von Harald Schröter an Gerhard Uhlhorn
Stehenlassen.Nicht fliegen, bis die Jungs vom Balkan das Stromverteilungsdesign geändert haben.
15. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an Harald Schröter
Das ist aber bitter.
15. April 2007: Von Rudolf Winter an Gerhard Uhlhorn
Ein herzliches Hallo an die Runde,

ich würde dieses Posting gerne nutzen den Thread wieder zum Ursprung zurückzuführen.

Nach dem Unfall in Speyer nahm sich die BFU des Falles an. Am 12.4.2007 hat die BFU eine Sicherheitsempfehlung an die EASA ausgegeben. Auf diese bezieht sich warscheinlich auch Herr Brill. In dieser heißt es unter anderem:

"Die Hauptbatterie des Flugzeuges war entladen und zum Zeitpunkt des Fluges nicht auf den Relay-Bus augeschaltet. Dies konnte der PIlot nach dem Anlassen der Triebwerke mit Hilfe der Bodenstromversorgung nicht bemerken"

Herr Brill folgert nun:

"In dieser Konfiguration (über die die Besatzung keine Kenntnis haben konnte und keine Warnung angezeigt bekam) wird das elektrische System nun im Start mit Landelichtern, Avionik und anderen Verbrauchern belastet..."

Fakt ist (zumindest nach Aussage der betreuenden Werft), der Pilot (seines Zeichens Fluglehre und Einweiser auf DA42) stellt fest, das die Batterie leer ist, und zwar so leer, das nach dem Einschalten des Hauptschalters nicht einmal das Batterie Relais anzieht, sondern der Flieger "TOT" bleibt.

Er lässte den Flieger ENTGEGEN des Flughandbuches an, welches aus gutem Grunde fordert das zweite Triebwerk mit dem Bordnetz anzulassen. Wäre er nach Handbuch vorgegangen wär das laufende Triebwerk am Boden ausgegangen.

Jeder DA42 Pilot weiß, daß sein Flugzeug ein "Elektroflugzeug" ist und nur mit "Strom" fliegt. Man muss sich hier doch ernsthaft fragen, wie jemand in solch einer Situation auf die Idee kommen kann, mit einem von einer funktionierenden Stromversorgung abhängigen Flugzeug zu starten.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, daß bei der Schulung von Piloten auf Flugzeuge mit Thielert Triebwerken häufig viel zu wenig Wert auf die Besonderheiten eines FADEC Flugzeuges gelegt wird. Es geistern wilde Gerüchte über angeblich vorhandene Backup Batterien für die ECU's / FADEC herum...

Dieser Unfall war absolut vermeidbar und ist meines Erachtens nach in erster Linie auf Fehlbedienung, Non-Standard Verfahren und schlechte Ausbildung zurückzuführen.

Die Fehlbedienung wird merkwürdigerweise im BFU Schreiben nicht mit einem Wort erwähnt!? Der Schluß, der Pilot hätte über die nicht aufgeschaltete Batterie keine Kenntnis haben können ist jedenfalls abenteuerlich.

Die Handlungen des Piloten sind entgegen der Aussage von Herrn Brill keine "kleine Fehlbedienung" sondern grob Fahrlässig und haben diesen Unfall geradezu zwangläufig zu Folge gehabt.

Derzeit sind außer des Schreibens der BFU keine AD's herausgegeben. Die DA42 Piloten müssen Ihre Flugzeuge demnach nicht stehenlassen, sondern sich um einen guten Zustand der Batterie und des Batterierelays kümmern.

Laut AFM hat übrigens jeder Generator der DA42 60 Amp Nennleistung nicht 35Amp. Diesen Fehler macht auch die BFU in Ihrem Schreiben. Sie beziehen sich dabei scheinbar auf den 14V DA40 Generator.

Wünschenswert wäre eine Anzeige über eine nicht aufgeschaltete BAtterie aber allemal. Sollte nämlich mal ein Batterierelais oder eine Batterie im Fluge ausfallen kann der Pilot den Fahrwerksbreaker ziehen und das Fahrwerk manuell ausfahren.

R. Winter
15. April 2007: Von Kai Schmitz an Rudolf Winter
Hallo Herr Winter,

ich freue mich über Ihren Beitrag. Ich denke wir kommen hier auf den eigentlichen Kern der Diskussion zurück.

Herr Brill und Sie sind offenbar einer Meinung, was die Lage der Fakten bei diesem Unfall angeht. Lediglich kommen Sie zu gänzlich unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

Eins schon einmal vorweg: Ich habe selbst nie eine Twin geflogen, somit auch keine DA42. Dennoch finde ich das Thema unter verschiedenen Gesichtspunkten spannend.

Letzlich geht es hier aus meiner Sicht um unterschiedliche Philosophien was das Training und die Handhabung von Flugzeugen angeht. Es überrascht nicht, dass die Einführung moderner Technik nach mehreren Jahrzehnten technologischer Stagnation in diesem Marktsegment nicht gänzlich ohne Probleme verläuft. Hier treten, wenn auch in erheblich kleinerem Maßstab dieselben Probleme auf, die wir von der Einführung von Computern und Fly-by-Wire aus der Verkehrsluftfahrt bereits kennen. Je komplexer die Systeme sind, desto wichtiger ist die präzise Kenntnis der Zusammenhänge und die erreicht man nur durch ausgiebiges Training.

Offensichtlich hat der Pilot es versäumt, die passende Checkliste zu konsultieren. Vermutlich war er sich aufgrund seines Ausbildungsstandes der davon ausgehenden Gefahr nicht bewusst. Trotzdem bin ich geneigt der Argumentation von Herrn Brill zu folgen. Fehler werden gemacht und mir fällt es nicht besonders schwer mir vorzustellen, dass anderen Piloten genau derselbe Fehler passieren wird. Einen beidseitigen Triebswerkstillstand zielgenau in dem Moment, in dem ihm der steuernde Pilot am hilflosesten ausgeliefert ist sollte das aber nicht zur Folge haben.

Es wäre technologisch durchaus machbar die von Herrn Brill beschriebene Architektur der getrennten DC-Busse einzusetzen. Das Design wäre damit erheblich sicherer. Und falls solche Systeme in anderen GA-Flugzeugen vergleichbarer Größe bereits eingesetzt werden, sollte die Wirtschaftlichkeit der DA42 dadurch ebenfalls nicht in Frage gestellt werden.

Gruss,

Kai Schmitz
15. April 2007: Von Gregor FISCHER an Rudolf Winter
An winter,

Zitat: ^^Fakt ist (zumindest nach Aussage der betreuenden Werft), der Pilot (seines Zeichens Fluglehre und Einweiser auf DA42) stellt fest, das die Batterie leer ist, und zwar so leer, das nach dem Einschalten des Hauptschalters nicht einmal das Batterie Relais anzieht, sondern der Flieger "TOT" bleibt. ^^


Nun, 'normale' Flugmotoren funktonieren halt seit hundert Jahren mit batterieunabhängigen Magnetos und brauchen überhaupt keinen Strom, wenn sie angeworfen sind. Dass ein Einweiser auf die DA42 die fundamentalen Unterschiede zu einem Thielert-Diesel nicht kennt, ist unglaublich. Wenn das so ist, gehört dem Kerl die Lizenz entzogen!
16. April 2007: Von Jan Brill an Rudolf Winter
...freut mich, dass es hier zur Sache geht:

Zunächst ein paar Richtigstellungen - just for the records...

@ Herrn Winter
"Laut AFM hat übrigens jeder Generator der DA42 60 Amp Nennleistung nicht 35Amp. Diesen Fehler macht auch die BFU in Ihrem Schreiben. Sie beziehen sich dabei scheinbar auf den 14V DA40 Generator."

Ist kein Fehler der BFU! 35 A bringt der Generator unter den ungünstigsten zugelassenen Bedingungen, also in großer Höhe, bei geringer Drehzahl und niedrigem Taupunkt. 60 A beträgt die Nennleistung des Generators nur unter optimalen Bedingungen. Das AFM geht hier leider nicht soweit ins Detail.

"Man muss sich hier doch ernsthaft fragen, wie jemand in solch einer Situation auf die Idee kommen kann, mit einem von einer funktionierenden Stromversorgung abhängigen Flugzeug zu starten."

Wir haben keinerlei Anhaltspunkt dafür dass der Pilot wusste dass sein Flugzeug nur an den Generatoren hing. Es ist sehr leicht im Nachinein, nach 300 Mannstunden der Analyse und der Untersuchung solche Behauptungen aufzustellen und solche Fragen zu stellen, die an sich schon einen Vorwurf und eine Wertung bedeuten. Entscheidend ist aber was der Pilot unmittelbar vor dem Flug wusste, bzw. hätte wissen sollen.
Die Antwort: Ich habe keine Ahnung ob der Pilot nun der Meinung war die Batterie wieder geladen zu haben oder nicht. Und wenn ich der Pilot wäre würde ich im Moment auch nichts dazu sagen.


@ Herrn Fischer
"Dass ein Einweiser auf die DA42 die fundamentalen Unterschiede zu einem Thielert-Diesel nicht kennt, ist unglaublich."

Auch hier bitte ich um Vorsicht. Wir wissen nicht was der Pilot wusste, dachte oder vermutete. Es ist gut vorstellbar, dass der Pilot dachte seine Batterie wieder geladen zu haben – wir wissen das aber nicht mit Sicherheit (siehe oben).


Bewertung der Faktoren

Tatsächlich gewichte ich die Faktoren grundlegend anders als Herr Winter und schliesse mich der vorläufigen Bewertung der BFU an.
Es ist unstrittig, dass der Pilot das Fremdstartverfahren nicht handbuchkonform ausführte. Dies stellt aber im besten Fall einen nachgeordneten Faktor in der Kette dar und keine eigentliche Ursache. Daher halte ich die Sicherheitsempfehlung der BFU auch für angemessen.

Nochmal: Man kann von dem Piloten einer DA-42 sicherlich erwarten, dass er das elektrische System als ein kritisches System betrachtet und weiss, dass ohne Strom die Triebwerke stehen.
Das Handbuch, und die Dokumentation zur DA-42 so wie sie dem Piloten aber am 4.3. vorlagen, enthielt keinerlei Hinweis darauf, dass die Befolgung von Schritt 13 hier einen ultra-kritischen Aspekt darstellt.

Mit unserer heutigen Kenntnis, dank BfU-Empfehlung, Service Bulletin und diesem Artikel, ist die Handlung des Piloten natürlich nicht nachvollziehbar. Es geht aber darum, was der Pilot (oder wir!) am 4.3. wussten.



Herr Winter, ich kann verstehen, dass Sie das von Ihnen gewerblich genutzte Muster DA-42 hier nicht als unsicher dargestellt sehen wollen.

Alle Überlegungen, ob/was/wann/wie der Pilot hätte tun wissen oder unterlassen sollen, helfen aber nicht über die Erkenntnis hinweg, dass ein simpler Ausfall von Batterie oder Relais zu der exakt gleichen Situation führen, ohne dass der Pilot davon Kenntnis haben kann.

Mir ist selber in der PA30 schon einmal eine Batterie mitten im Flug geplatzt, weil sie die -38° in FL250 irgendwie nicht ausgehalten hat (2 Jahre alt). Mir ist auch schon einmal ein Hauptrelais im Betrieb gestorben (allerdings am Boden). All das in den letzten 1.000 Stunden mit dem Muster.

Wenn Ihnen in der DA-42 das gleiche passiert und Sie bemerken nicht durch Zufall die ungewöhnlich instabile (aber nominale!) Spannung auf dem Main-Bus, und sie fahren als nächstes auf dem ILS bei Minima das Fahrwerk aus, dann wird's wirklich spannend... daher halte ich das Muster tatsächlich für unsicher, sehe eine Nachbesserung als dringend erforderlich an, und werde dies auch weiterhin öffentlich fordern.
Wenn ich Diamond-Kunde oder Operator wäre würde ich dies sofort und notfalls auch mit juristischer Hilfe durchsetzen und zwar innerhalb von Wochen.

Ist doch absurd: Mit so einem Teil darf man gewerblich nach IFR Passagiere befördern, mit einer PC-12 oder TBM-850 aber nicht...
###-MYBR-###
MfG
Jan Brill
16. April 2007: Von Walter Streubel an Jan Brill
Sehr geehrter Herr Brill,
Ihre Folgerungen bezüglich der elekrischen Auslegung der Twinstar mögen stimmen oder nicht, mir fehlt dazu das Fachwissen.
Nicht nachvollziehen kann ich die Verharmlosung des Verhaltens der Piloten. Wenn ich am Boden einen abormalen Zustand habe und alle Zeit nach Checkliste vorzugehen, würde ich g e n a u nach Checkliste vorgehen.
Soviel ich weiss, gibt es in der Checkliste der Da42 keine Punkte, die mit vernachlässigbar oder unwichtig gekennzeichnet sind.
Liebe Grüße
Walter Streubel
16. April 2007: Von Harald Schröter an Walter Streubel
Da der Mensch eine Mangelmutante ist, macht er eben Fehler.
Er glaubt, sieht, höhrt nur das, was er im Augenblick für opportun hält, oder gewohnt ist-> nicht Einschalten des Alternators beim TDI etc.
Umso komplexer ein System ist, desto schwieriger wird es für den Piloten in Streßsituationen (Zeitdruck, technische Fehler etc.) richtig zu handeln (gilt auch für Profis), zumal dann, wenn Pilot an einem Tag nicht absolut fit ist.
Deshalb sollte ein System nach Möglichkeit so aufgebaut sein, das selbst bei Fehlbediehnung Ausfälle von lebenswichtigen Systemen vermieden werden.
16. April 2007: Von  an Walter Streubel
Moin,
wenn Sie ihr Auto mit dem Starthilfekabel überbrücken, analysieren sie ja auch nicht sofort, ob der Generator arbeitet , und wenn ja, wieviel Ladestrom genau der Batterie wieder zugeführt wird. Sie machen die Haube zu, behalten aber im Kopf, daß sie die Batterie mglw. wieder aufladen müssen (viell. fahren sie in eine Werkstatt umd die Batterie prüfen zu lassen, dort kaufen sie dann eine Neue).
Erst wenn das zweite mal die Batterie schwächelt, sind sie sicher, eine tote Batterie zu haben.

Im Fall der gecrashten DA42 hätte jeder Normalpilot wahrsch. das Handbuch zwar gelesen, aber ohne genaueste Betrachtung aller möglichen Aspekte der Elektrik beide Motoren mit Groundpower gestartet, eine völlig logische (Fehl-) Handlung.
Ein kleiner Zusatz im Handbuch, der das Vorgehen (Starten des 2. Motors mit eigenem System, sozusagen behelfsmäßiger interner Check der Stromversorgung) hinreichend erklärt, hätte wahrsch. den Unfall verhindern können.
Das ändert aber nichts am fehleranfälligen Design der Anlage.


Wie heißt es so schön nach Murphy:
Die Fehler, egal ob wahrscheinlich oder unwahrscheinlich, passieren. Die Frage ist "wann"?
In diesem Fall war es noch Glück, in einem anderen Fall gibt es vielleicht dann 4 Tote.
Deswegen sollte JETZT SOFORT gehandelt werden.
16. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an 
Na ja, wenn man ein wenig was von Akkus versteht, dann weiß man, dass eine Autobatterie (Blei-Akku), welche völlig leer war i.d.R. kaputt ist. Dabei ist das Leersein aber nicht das Symptom, sondern die Ursache. Tiefentladung knackt viele Akkus.
16. April 2007: Von Rudolf Winter an 
Am 13.4.7 hat die Easa eine Safety Information Notice 2007-08 herausgegeben.

Diese weist auf die bereits erwähnte SI 42-040 von Diamond hin und erklärt diese für verbindlich. es heißt weiter:

"DAI and Thielert are working together to identify a more robust system to avaoid recurrence even in the event that the correct procedure are not adhered to. This will be subject of a future Service Bulletin which may be mandanted be EASA

This Safety Information Notice is for information only. No AD action by NAA is required"

Kurz nochmal zum Thema zurück... Bei den hier gezogenen Vergleichen zum Auto kräuseln sich mir die Nackenhaare. Flugzeuge mit FADEC "leben" vom Strom. Kein Pilot sollte es also auf gutdünken auf einen zweiten Versuch ankommen lassen, sondern sich im Zweifelsfalle an die Maintenance wenden.

Das ein tiefentladener Akku in den meisten Fällen auszuwechseln ist gehört meines Wissens nach bereits in den PPL Stoff.

Die Ausbildung in diesem Bereich MUSS DRINGEND verbessert werden.

Das elektrische Design der DA42 sollte und wird davon unabhängig verbessert werden. Das Flugzeug bzw. (Zitat) "so einem Teil" die Lufttüchtigkeit abzusprechen wird der Sache nicht gerecht. Wie so oft ist es nicht ein Fehler sonder eine Kette von Fehlern die zum "GAU" führen

R. Winter
16. April 2007: Von Gerhard Uhlhorn an Rudolf Winter
Gut, wenn man nun um dieses Problem weiß, dann kan man es berücksichtigen.

Das eigentliche Problem ist aber, dass ich als Pilot keinerlei Möglichkeiten habe eine möglicherweise im Flug defekt gegangene Batterie oder Relais zu identifizieren, außer vielleicht an leicht abweichenden Spannungsanzeigen. Hier liegt die eigentliche Gefahr, denke ich.
16. April 2007: Von Christian Kück an Gerhard Uhlhorn
Die in den GA Flugzeugen verwendeten Generatoren kommen entwicklungstechnisch aus dem KFZ Bereich. Konstruktionsbedingt haben sie nur eine recht langsame Lastausregelung (im Bereich 100-800ms) für einen Lastsprung. Hierbei wird von wenig Strom nach viel Strom schneller ausgeregelt als von viel Strom nach wenig (bedingt durch die verwendete Technologie für die Rotorfeldregelung). 24V Generatoren sind bauartbedingt noch langsamer in der Lastausregelung als 12V Generatoren. Beide sind konstruiert, um dauernd mit einer funktionsfähigen Batterie zusammenzuarbeiten. Ohne Batterie gibt es bei Laständerungen u.U. große Spannungsexkursionen. Die Elektronik wird zwar getestet, auch in einem solchen Betriebsfall nicht sofort abzurauchen, aber normale Funktion kann nicht sicher gewährleistet werden. Ich bin sicher, das der Zusammenbruch des Main Bus beim Betätigen des Fahrwerksantriebs ohne Batteriepuffer reproduzierbar ist. Stehen dann beide Latten gleichzeitig ist es fast der worst case jedes Starts. Kommt gleich nach Struktur und Kontrollversagen.
Zwei hochstromfähige Batterien sind IMHO das mindeste, was nachgerüstet werden muß. Zumindest zum Laufen notwendige Engine Elektronik sollte gegen Kurzschluß abgesichert und per Dioden-Or von beiden Batterien gespeist werden. Das Zusatzgewicht dürfte nur bei wenigen kg liegen und wiegt den Sicherheitsvorteil immer auf. Der normale GA Pilot ist immer noch die Unabhängigkeit der Magnetzündung gewohnt. Weniger Zuverlässigkeit sollte ihm in einer 2-Mot nicht zugemutet werden. Checkliste und Handbuch hin oder her, so ein single point of failure gehört beseitigt.

Gruß
Christian Kück
17. April 2007: Von  an Rudolf Winter
Klar, wenn die Elektronik keinen Mucks von sich gibt, ist der Akku meistens tot.
Der Vergleich mit dem Kfz ist aber ab und zu anzutreffen (einige Leute fliegen sicher Motorradbatterien )

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