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Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
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20. Januar 2006 Jan Brill

Infrastruktur: EDDN


Der Flugplan mit Gesinnungscheck

Sie wollen nach Nürnberg? Nun gut – aber sagen Sie uns bitte erst warum! Kein Witz. Der öffentliche, internationale Verkehrsflughafen von Nürnberg darf angeflogen werden. Aus manchen Gründen jedenfalls – aus anderen allerdings nicht. Seit Jahren kaum bemerkt schlummert in der deutschen AIP, AD-2,EDDN 1-9 der Gesinnungsparagraph. Eine Gruppe hochrangiger deutscher Geschäftsleute musste dies kürzlich auf die harte Tour erfahren.


Dank deutscher Regelungswut ein Stündchen länger in der Luft: Beech 1900
© avantiair.com 
Deutschland, irgendwann im Dezember 2005. Die Beech 1900 eines großen deutschen Bedarfsflugunternehmens fliegt eine Gruppe von Firmenangestellten von Mailand nach München. Der Flug ist Routine. Das Flugzeug operiert als Firmenshuttle immer auf der selben Route mit einem so genannten Dauerflugplan, oder „Repetitive Flight Plan“.
Erst Delay wegen RVR, dann40 Minuten stehen am Rollhalt

Für gewönlich startet der Flug um 18.30 Uhr Ortszeit in Mailand, heute allerdings wird es später. Die Abfertigung verzögert sich, da die RVR am Flughafen Linate unter den Minima für den Flugbetrieb liegt. Auch später herrschen am Flughafen von Linate wegen des Wetters „Low-Visibility-Procedures“ – es geht also langsam voran.

Über 40 Minuten steht die Beech am Abflugpunkt bevor sie den Flug über die Alpen antreten darf. Kurz vor Erreichen des Zielflughafens München wird klar: Es klappt nicht mehr. Die Maschine wird nicht mehr vor 22.00 Uhr landen können, damit teilt die Flugsicherung der Crew lapidar mit, sei der Flughafen München geschlossen. In jener unnachamlichen Art, die eigentlich nur Menschen verstehen, die schon einmal das zweifelhafte Vergnügen hatten, als Piloten der „Allgemeinen Luftfahrt“ nach München fiegen zu dürfen, schlägt man der voll beladenen Maschine die Tür vor der Nase zu. Zwar war das Flugzeug rechzeitg in Mailand „ready for startup“, rechzeitig begann es sich vom Gate in Bewegung zu setzen, aber was interessiert das den Laptop-und-Lederhosen-Flughafen im Erdinger Moos.


München zeigt sich gnadenlos

Leicht verschnupft entschliesst sich die Crew, zu dem im Flugplan gefilten Ausweichflughafen Nürnberg zu fliegen. Aufwendig wird die Ground-Transportation für die Fluggäste aus der Luft umgestellt, die Fahrzeuge umdirigiert. Nürnberg ist zwar weit vom eigentlichen Reiseziel entfernt, aber – wie in der Airport Directory nachzulesen – hat EDDN immerhin H24 und da wird man die Paxe wohl gut abladen können. Oder nicht?
Auf halbem Weg in die Frankenmetropole erhält die Crew zum zweiten Mal einen Korb durch die Flugsicherung: Die Maschine könne nicht nach Nürnberg fliegen, die Luftaufsicht des Flughafens habe angerufen, eine Landung dort sei nicht zulässig. Kein weiterer Kommentar. Rätselraten im Cockpit der Beech. Was nun? Irgendwo wird man doch wohl landen dürfen, schliesslich sind Treibstoffvorräte und Sitzfleisch begrenzt.

Lieber gleich in ein sicheres Drittland?

Also nach Frankfurt? Oder lieber in ein sicheres Drittland zum Beispiel nach Prag flüchten? Man entschliesst sich schlussendlich, nach Stuttgart zu fliegen und dort darf der kleine Airliner dann auch tatsächlich landen.

Wer aus den falschen Gründen nach Nürnberg kommt, der darf dort nicht landen!

Der Vorgang liess dem Flugbetrieb indes keine Ruhe. Warum durfte man in Nürnberg nicht landen an diesem Abend? Die Luftaufsicht belehrt: AIP GERMANY, AD 2, EDDN 1-9 „Local Traffic Regulations“ postuliert:

5. Ausweichflüge
Starts und Landungen von Luftfahrzeugen zwischen 2100 und 0500, die nicht nach bzw. von Nürnberg geplant waren und die nur wegen der für andere Flughäfen geltenden Nachtflugbeschränkungen oder wegen Flugbeschränkungen in bestimmten Lufträumen auf dem Flughafen Nürnberg durchgeführt werden sollen, sind nicht zulässig


Hätten Sie’s gewusst? Wichtig ist also nicht, dass Sie bei Nacht mit einer Kabine voller Paxe und endlichen Treibstoffreserven nach Nürnberg fliegen wollen. Wichtig ist: warum?
Diese selten obskure Einschränkung zielt klar und deutlich auf eben den beschriebenen Fall ab. Eine Maschine erreicht München nicht mehr rechtzeitig vor 22.00 Uhr und geht stattdessen nach Nürnberg. Hätte man zur gleichen Zeit einen entsprechenden Flugplan Mailand – Nürnberg gemacht, wäre die gleiche Landung, mit dem gleichen Flugzeug zur gleichen Zeit und in der gleichen Konfiguration natürlich möglich gewesen. Ein Gesinnungscheck eben.
Es handelt sich also mal wieder um einen typischen Fall teutonischer Überregulierung. Wieviele Flugzeuge sind denn von dem Problem betroffen? Vielleicht pro Monat eines? Und was unterscheidet diese Flugzeuge von den anderen Flugzeugen, die Nürnberg zum selben Zweck (Personentransport) und zur selben Zeit nur eben mit einer andern FPL-Message anfliegen?

In München ist der Kunde Bittsteller: Was in Züruch, Hamburg oder Berlin für den zahlenden Kunden möglich ist, kommt in München nicht in Frage!

Warum vor allem läßt man in München nicht das geschehen, was an anderen Plätzen in Europa Usus ist: Startet ein Flug rechtzeitig vom Gate, verspätet sich dann aber aus flugsicherungstechnischen Gründen (Delay, Slot, etc.) darf er selbstverständlich landen. Das geht in Zürich, das geht in Hamburg – aber natürlich geht das nicht in München. Dort, am Flughafen Franz Josef Strauss, ist der Kunde ein Bittsteller. Ausnahmen werden nur gemacht, wenn VIPs an Bord sind. Dann wird allerdings kräftig gebuckelt.

Für die Passagiere auf dem nächtlichen Irrflug bedeutete der Bürokratenirrsinn übrigens eine beträchtliche Wartezeit am Boden. Denn kaum waren Transport und Empfang in Nürnberg organisiert, hiess es in der großen süddeutschen Destinations-Lotterie auch schon: Fliegen Sie nach Stuttgart, gehen Sie nicht über Los.

Wer in Deutschland mit dem Abbau sinnloser Vorschriften beginnen will, der könnte hier gefahrlos mit der Arbeit anfangen.

Mehr zum Thema Flugplatzinfrastruktur in Deutschland in der kommenden Ausgabe von Pilot und Flugzeug am 26. Februar


  
 
 




21. Januar 2006: Von Dieter Leusch an Jan Brill
...es ist grauenhaft! Das gibt es in keinem Land der Erde - außer damals zu kommunistischen Zeiten im Ostblock.
Was, wenn die Crew PAN-PAN (Urgency communication) wg. fuel gemeldet hätte? Wäre dann vielleicht die Alarmrotte der Lw gestartet und hätte den airliner abgefangen? Es ist zum K... und die lächerlichen Bürokraten in München und Nürnberg meinen sicher auch noch das sei alles richtig so! Diesbezüglich ein Trauerspiel in Deutschland!
Dieter
22. Januar 2006: Von Gerhard Uhlhorn an Dieter Leusch
Ja, es ist nicht etwa die DDR an die Bundesrepublik angegliedert worden, sondern in Wirklichkeit die Bundesrepublik an die DDR. Sonst hätte es der Russe wohl auch kaum erlaubt. Der Kompromiss war die Einsetzung der bundesrepublikanischen Regierung für das vereinte Deutschland :-)
(Deswegen musste wohl auch das Grundgesetz kassiert werden – Art. 23 GG)

Gruß
Gerhard
23. Januar 2006: Von Edgard L. Fuß an Gerhard Uhlhorn
Solchermaßen unlogischen und m.E. rechtswidrigen Dinge gibt es schon länger: so müssen die An- und Abflugrouten der CTR Braunschweig auch eingehalten werden, wenn die CTR garnicht aktiv ist. Wer also im heiligsten der Deutschen Luftfahrt landen will, muß auch Sonntags die Routen einhalten, fliegt er nur an Braunschweig vorbei (oder drüber weg), gelten diese natürlich nicht.... und eine rechtliche Begründung für vorgeschriebene Routen im Luftraum G kenne ich schon gar nicht, abgesehen von der Platzrunde.
Oder irre ich mich da?

Gruß,
Edgard
23. Januar 2006: Von  an Jan Brill
Hallo Herr Brill,

kleine Anmerkung am Rande:

Zitat:
"Erst Delay wegen RVR, dann 40 Minuten stehen am Rollhalt
(...)
Über 40 Minuten steht die Beech am Abflugpunkt bevor sie den Flug über die Alpen antreten darf. (...)"
Zitat Ende

Ja was denn nun? Rollhalt oder Abflugpunkt?
Der Abflugpunkt ist auf der Piste, der Rollhalt eben an diesem auf dem Taxiway...

Ich hoffe, dass war nur ein Flüchtigkeitsfehler, in der Realtität wäre eine Verwechslung wohl eher "unangenehm"...

Grüße,
TS
29. Januar 2006: Von Othmar Crepaz an 
Oha! Der Herr Schmidt von ATC eventuell auch ein "Bleistiftspitzer"?? ;-))
Nix für ungut!
30. Januar 2006: Von  an Othmar Crepaz
Hallo,

hat nix mit "Bleistiftspitzen" zu tun... ;-)

Wer von sich (PuF) behauptet oder in Anspruch nimmt, professionell zu arbeiten, sollte auch in Kleinigkeiten auf korrekte Darstellung achten! Dies ist kein Vorwurf sondern nur eine sachliche Richtigstellung.

Im Übrigen...
Schon mal was von "Runway-Incursion" gehört?
Genau darum geht es dabei, nämlich meldepflichtige Vorfälle im Bereich TWY und RWYS, z.B. durch unklare Anweisungen, Mißverständnisse etc.

Traurige Beispiele gibt es hierzu genügend, München, Mailand etc.

Grüße,
TS
5. Februar 2006: Von Müller Hans an Jan Brill
Hat denn diese Fluggeselschaft keine OPS.

1.Wie kann man denn eine Maschine zu einem Flughafen starten lassen der in der Betriebszeit nicht zu erreichen sein wird.§3a LuftVO lässt grüßen.

2. Hätte die OPS nicht in Nürnberg vorher das Procedere abchecken können und den Flugplan "gemäß Gesinnungscheck" machen können?

3. Einige Poster sollten auch mal daran denken, dass die Leute die an einem solchen Tag in den Türmen oder in den Luftaufsichten Dienst schieben, lediglich die Verfahren umsetzen, die auf politischen Druck entstanden sind.Die Ermessensspielräume sind da glaube ich nicht mehr so groß.

4.Es sollten sich die "hochrangigen Geschäftsleute" in der besagten Maschinen besser bei den ihnen bekannten Politikern dafür einsetzen, dass solche kontraproduktiven Regularien baldmöglichst abgeschafft werden.
8. Februar 2006: Von Michael Höck an Müller Hans
doch die haben eine OPS.
Haben Sie schon mal versucht SCHNELL in FJS eine Entscheidung ja/nein zu bekommen von der Laenderbehoerde? Vergessen sie es einfach...

Wieso frage ich Sie, ist EDDN nur "halboffen" sprich nicht als Alternate zu benutzen ?

Warum ist IFPS/CFMU so gestrickt, dass man einen Flugplan so gut wie garnicht SCHNELL umstricken kann ?

Warum gibt es diese Information nicht im Jeppesen? Die AIP hat man ueblicherweise nicht an Bord...

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