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23. März 2019: Von Urs Wildermuth an Tee Jay Bewertung: +4.00 [4]

Hallo TJ,

ich denke das Hauptproblem war, dass das ursprüngliche Referendum total stümperhaft vorbereitet war und Cameroon nicht mal im Ansatz an dieses Resultat geglaubt hat. Als es dann knallte, waren sie völlig unvorbereitet. Für mich war der Fehler dort schon gemacht, hätte man dieses Referendum ernst genommen, hätte man dort schon ein Ausstiegsszenario präsentieren müssen und idealerweise zur Abstimmung bringen müssen.

Andererseits wäre ein 2. Referendum alles andere als undemokratisch gewesen falls es z.b. über den Ausstiegsvertrag gewesen wäre und ebenso über einen vertragslosen Zustand. Im Gegenteil, gerade bei einem Parlament dass offensichtlich unfähig ist mit der Situation umzugehen, wäre eine 2. Volksbefragung sehr sinnvoll gewesen.

Ich denke was man aus dem Debakel lernen kann ist, dass direkte Demokratie via Referendum eben nicht etwas ist, was Volk und Regierungen aus dem Nichts aus dem Boden stampfen können, nachdem sie jahrzehntelang ohne Volksbefragungen regiert haben. Für uns hier in der Schweiz sind die völlig normal und zentraler Bestandteil des politischen Lebens. In UK offenbar nicht und vor allem hatte die damalige Regierung der krassen Irreführung durch einzelne Brexit Exponenten nichts entgegen zu setzen.

Das ist bedenklich und zeigt aber genau die Dinge, die Ingo erwähnt hat. Genau solche Leute wurden für den Brexit Wahlkampf instrumentalisiert und diese extrem negativen Gefühle wurden provoziert, gegen Brüssel, gegen Deutschland ohne Zweifel (ich habe in einigen Foren Dinge gelesen die ich hier nicht wiedergeben mag aber eine gefühlte Dominanz der EU durch Deutschland hat mitgespielt. Mich hat das sehr geärgert. Es hätte rationale Gründe gegeben mit denen man hätte argumentieren können, stattdessen war Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie alte Ressentiments u.a aber nicht nur gegen Deutschland federführend sowie völlig haltlose Versprechen (wenden wir das Geld für den NHS auf) und Unterschlagungen (die "Scheidungsmilliarden" wurden runtergespielt bzw es wurde den Leuten vorgelogen, man könne sich da schon drum drücken. Mal ganz zu schweigen davon, was die damaligen Regierungen in England an unpopulären Entscheiden immer der EU aufgedrückt haben, obwohl es ihre eigene Politik war.... auch das wäre spannend geworden was passiert wäre, wenn post Brexit die Leute langsam begriffen hätten wie sie belogen wurden.

Es wäre wirklich spannend gewesen, hätte May den Mut gehabt nun ein 2. Referendung über ihren Exit Plan vorzulegen. Dass sie's nicht weist eher darauf hin, dass sie das heutige Szenario wo der Rückzug des Atrikel 50 wegen dem völligen Fehlen einer gangbaren Lösung nun plötzlich eine Version ist die offen diskutiert wird, bewusst in Kauf genommen oder sogar provoziert hat. Dass sich dann aber viele pro Brexit Wähler vor den Kopf gestossen fühlen würden und entsprechend reagieren würden, ist auch klar.

Die Engländer mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe (meist expats) sind nach wie vor sehr EU kritisch aber viel kritischer gegenüber ihren eigenen Politikern. Die meisten schauen völlig ungläubig und auch sehr erzürnt nach London. Nach meiner Auffassung hat sich die englische Politik beim eigenen Volk und auch in Europa völlig unmöglich gemacht und der Vertrauensverlust wird unter Umständen gravierendere Folgen haben als der eigentliche Brexit so er denn kommt.

24. März 2019: Von Tee Jay an Urs Wildermuth

Hallo Urs, das ist erstmal ein Platzhalter, ich bin heute erstmal fliegen und antworte heute am späten Abend...

Bis dahin zu dem "unvorbereiteten Referendum" eine sehenswerte Doku:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-angriff-auf-die-demokratie-102.html

Zusätzlich habe ich mir gestern eine TheGuardian Serie "Brexit breakdown: Anywhere but Westminster" angeschaut, sehenswert!

Bis später

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ich denke das Hauptproblem war, dass das ursprüngliche Referendum total stümperhaft vorbereitet war und Cameroon nicht mal im Ansatz an dieses Resultat geglaubt hat.

Lass und die nicht-australische Form von Cameroon nehmen ;-) David Cameron hat dieses als Wette und Besänftigung der rechten in seiner Partei getan. Es war von Anfang ein ein innerparteilisches und opportunistisches Zerren um Zustimmung und Wohlwollen der Hardliner, um mit Ihren Stimmen an die die Macht zu kommen. Ja, niemand außer den Rechten haben damit gerechnet, daß dieses Referendum erfolgreich wird. Man hatte das gescheiterte schottische Referendum noch frisch in Erinnerung. Daß man dabei das britische Volk in Sippenhaft für innerparteiliche Grabenkämpfe mißbrauchte, geschenkt. Das ist der erste Faktor.

Ich denke was man aus dem Debakel lernen kann ist, dass direkte Demokratie via Referendum eben nicht etwas ist, was Volk und Regierungen aus dem Nichts aus dem Boden stampfen können, nachdem sie jahrzehntelang ohne Volksbefragungen regiert haben. Für uns hier in der Schweiz sind die völlig normal und zentraler Bestandteil des politischen Lebens. In UK offenbar nicht und vor allem hatte die damalige Regierung der krassen Irreführung durch einzelne Brexit Exponenten nichts entgegen zu setzen.

Njein, ein weiterer Faktor sind die durch die Tories selbst verschräften Ungleichheiten. Die Kluft zwischen der goldenen Finanzkuh London und dem Um- bzw. Hinterland. Historisch schon immer groß, hat diese sich in allen Aspekten seit der Finanzkrise 2008 nochmals verschärft. Es scheitert doch bereits an einer verkehrstechnischen Anbindung des Nordens mit dem Süden. Was bei uns der Hauptstadtflughafen BER ist, ist für die Briten der öffentlichen Nah- und Fernverkehrs mit HS2 als Inbegriff für Träumereien und Luftschloß-Denken aus Westminster. Der Vergleich mit der Schweiz greift dahingehend zu kurz, daß dort die Unterschiede und die Kluft weniger groß sind (oder im Sinne Max Frisch nur besser andorra-weiß übertüncht?).

Es hätte rationale Gründe gegeben mit denen man hätte argumentieren können, stattdessen war Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie alte Ressentiments u.a aber nicht nur gegen Deutschland federführend sowie völlig haltlose Versprechen etc...

Für mich war der Fehler dort schon gemacht, hätte man dieses Referendum ernst genommen, hätte man dort schon ein Ausstiegsszenario präsentieren müssen und idealerweise zur Abstimmung bringen müssen.

in diese Melange stoßen nun die Kräfte von Außen mit Ihren nützlichen Idioten und gekauften Medien hinzu. Da sind zum einen der Mercer- und Murdoch-Clan auf der einen Seite und die viele russische Oligarchen und das Kapital in London auf der anderen Seite (wenn Karl Marx das gewusst hätte). Alle mit Ihrer eigenen Agenda, in Sache aber dem gleichen Ziel: Spalten, Unterschiede verstärken, Zwietracht und Unsicherheit sähen, zum weiterhin ungestörten Geschäftemachen.

Als es dann knallte, waren sie völlig unvorbereitet.

Nein der Knall war so nicht ganz unerwartet und ich sehe leider derzeit erschreckende Parallelen bei uns auf dem Kontinent. Macron hat mit seiner Wahl die EU vor der Kernschmelze damals bewahrt. Was wohl geschehen wäre, wenn Marie le Pen oder ein Präsident von Gnaden der Rechten in Frankreich der brennenden Banlieues gewonnen hätte?

... Parlament, dass offensichtlich unfähig ist mit der Situation umzugehen...

Ich finde das britische Parlament geht damit bislang sehr gut um. Es ist endlich der Ort, wo kontrovers ein Diskurs erstmalig geführt wurde und geführt wird und der Regierung Schranken auferlegt wurden. Und wenn ich vom Parlament rede, dann meine ich das Parlament als Ganzes. Denn die Opposition mit Ihren unterschiedlichen Strömungen ist nicht besser dran. Es sind die Parteien, die versagen und mit ihnen das etablierte Zwei-Parteien System und das Wahlrecht hinzu. Man muß sich die Frage stellen, ob in einer komplexen Welt mit Ihren Problemen ein derartiges schwarz-weiß Denken und Spalten noch zeitgemäß ist. Die gesellschaftliche Spaltung setzt sich in der Politik fort und endet genau in diesem Deadlock, den wir jetzt haben. Das ist der Fehler.

Wenn Ultrarechte Hardliner besser bei den Torys und Ultralinke lieber in Labour bleiben, anstatt eigene Parteien zu gründen. Das wird nicht gemacht, da dieses mit der politischen Bedeutungsloigkeit einher geht und spätestens bei der nächsten Wahl durch das System abgestraft wird. Daher haben wir die starken "Parteien in den Parteien" auf beiden Seiten der Bänke.

... eine gefühlte Dominanz der EU durch Deutschland hat mitgespielt.

Da bin ich sofort bei Dir. Am deutschen Wesen ist die Welt erweisenermaßen öfters schon nicht genesen. Es ist ein Verbrechen, wie wir als Deutsche und besonders Angela Merkel (und AKK tritt wohl offensichtlich in deren Fußstapfen) fahrlässig mit Europa umgehen und Macron am langen Arm verhungern lassen.

Die Engländer mit denen ich in letzter Zeit gesprochen habe (meist expats) sind nach wie vor sehr EU kritisch aber viel kritischer gegenüber ihren eigenen Politikern. Die meisten schauen völlig ungläubig und auch sehr erzürnt nach London. Nach meiner Auffassung hat sich die englische Politik beim eigenen Volk und auch in Europa völlig unmöglich gemacht und der Vertrauensverlust wird unter Umständen gravierendere Folgen haben als der eigentliche Brexit so er denn kommt.

Als ich letzten Monat noch beim gepflegten Abendessen in der Granary Square Brasserie nähe Kings Cross mit einigen guten Freunden diniert habe, glaubte niemand daran, daß der Brexit für sie persönlich eine große Bedeutung hat, weder die in London arbeitenden Europäer in gehobenen Positionen, noch die anwesenden Londoner selbst.

Das ist ist vielelicht die tragische Ironie am Brexit. Die Betroffenen und Leidtragenden sind genau jene, die aus Angst und Sorge für den Brexit stimmten.

25. März 2019: Von Tee Jay an Tee Jay

Ich würde sagen, die britische Regierung ist gerade in "total disarray". Eine weitere Niederlage Mays + drei Minister gehen.

26. März 2019: Von R. F. an Tee Jay

Die sind einfach nur der knaller

26. März 2019: Von Lutz D. an Tee Jay

Es bleiben halt die alten Gewissheiten jeder guten Verhandlung:

Nothing is agreed until everything is agreed

und

Wenn man zwei Jahre hat, dann dauert es halt zwei Jahre und keinen Tag kürzer. Bei Aufschub dann eben auch länger.

26. März 2019: Von Erik N. an Lutz D.

May hätte sich Hartley Brewer holen sollen....

26. März 2019: Von Tee Jay an Erik N.

Ja passt, "xenophobia and hate speech" wären dann einträchtig vereint. Allein schon der Schritt vom Guardian zum Sunday Express ist bemerkenswert.


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