Lutz, finde ich super, den Beitrag. Genau das ist es. Warum kann es eben auch Dir und mir passieren?
Mir ist im Laufe meines bisherigen Pilotenlebens 3 Mal der Sprit knapp geworden, dabei 2x mit einem Fluglehrer daneben. Das 3. und bislang letzte Mal hat einer der beiden Motoren schon zu stottern begonnen. In beiden Tanks herrschte nach der Landung gähnende Leere.
Was war passiert?
1) IFR Ausbildung mit Fluglehrer 2003: der Cross Country Flug dauerte einfach irgendwie länger als gedacht. Offenbar hatte ich mich in der Vorbereitung bei der Fluglänge verrechnet und der Lehrer hatte es ebenfalls nicht bemerkt. Bemerkenswert fand ich, dass bei fortgeschrittener Flugdauer auch das Vertrauen wuchs, dass wir das schon noch schaffen würden. Das war insofern verblüffend, weil die Tankanzeige immer weiter Richtung Null zeigte, aber das Gefühl von "das schaffen wir schon noch" dabei nicht weniger, sondern mit jeder doch noch geschafften Meile größer wurde. So nach dem Motto, na wenn das bis hier her noch gereicht hat, wird's ja wohl auch noch bis zum Flugplatz reichen!
Als wir dann landeten waren beide Tanks praktisch leer. Glück gehabt.
Lesson learned: wenn das Gefühl sagt, dass schaffen wir noch, und der Tank sagt, das könnte knapp werden, gehe ich sofort tanken. Und Fluglehrer sind nicht unfehlbar.
2) IFR Flug von Schottland nach Köln in einer C182. Mitten in der Nacht meist in IMC mit Regen, Gegenwind erheblich stärker als vorhergesagt. Unser G1000 behauptete, wir würden es mit 6 Gallonen Restmenge noch schaffen. Ich wollte runter, aber wo? Offen waren auf dem Weg - als klar wurde das wird knapp - lediglich Brüssel mit Landegebühren jenseits der 800 Euro. "Vielleicht wird der Wind ja demnächst wieder weniger??"
Landung in Köln um 2 Uhr nachts, mit grade mal 20 Minuten Reserve. Glück gehabt.
Lesson learned: Wind berechne ich auf längeren Strecken seitdem mit -20kt als vorausgesagt. Komme ich dann nicht mit richtiger Reserve aus, Flug anders planen. Zur Not nicht fliegen.
3) Anflug auf Helgoland mit einer Piper Apache. Das war mein erster Cross Country Flug in diesem Flugzeug. Der Halter hatte mich eingewiesen, und mir gesagt: "Flugzeug hat pro Seite 2 Tanks, einen Haupttank und einen Nebentank. Der eine hat für 3 Stunden Sprit, der andere für 4." Ich hatte verstanden, der Haupttank hält mich 4 Stunden in der Luft, der Nebentank 3. In Wirklichkeit war es aber andersrum. Ich wollte zu Viert mit der Kiste wieder aus Helgoland (damals noch 400 Meter) raus, also wollte ich dort nur Minimum Sprit haben. Flug dort hin 3 Stunden, nächster Tankplatz 25 Minuten entfernt. Dachte ich, super, mache ich die Haupttanks voll, habe ich genau richtig Sprit dabei. Im Anflug begann dann nach exakt 3 Stunden der rechte Motor zu stottern. Der linke hat uns grade noch so auf die Bahn gebracht.
Beide Tanks nach der Landung: leer. Glück gehabt.
Lesson learned: neues Flugzeug? Erst mal genau verstehen.
Dass ich und meine Passagiere noch lebe, und der unglückliche Pilot hier und seine Paxe nicht? Ich bin der Letzte, der einen Stein wirft. Ihn "Depp" zu nennen finde ich unerträglich. Fliegen ist komplex, und besteht aus einem ganzen Haufen von auch teils sehr einfachen Sachen, die aber alle überschaut werden wollen. Viele einfache Sachen gleichzeitig richtig zu machen, kann auch sehr schwer sein! Wer da mal den Überblick verliert und dann ein paar dieser ganz einfachen Sachen falsch macht, lebt gefährlich und wird im Falle des Falles dann von der übrig gebliebenen Schreibtischpilotengarde als intellektuell beeinträchtigt dargestellt - das finde ich nicht nur schäbig, es wird vor allem dem Problem nicht gerecht!!
Grade wer nicht so in Übung ist, kann ganz leicht mal eine Fehleinschätzung treffen, oder mal ne Weile die Prioritätenliste falsch setzen. Und rumms... Dass ich das hier schreiben kann und nicht in der Nordsee treibe, ist pures Glück. Irgendwo ein paar Knoten mehr Gegenwind... Danke.