Schaut so aus, als ob das hier ein Ewig-Fred wie die Umkehrkurve wird. Wohlan:
Die Topographie und Rohstoffverfügbarkeit Deutschlands ist nunmal vorgegeben. Wir haben nicht das Wasserkraftpotential pro Einwohner von Québec oder Paraguay. Dafür haben wir passabel viel Braunkohle, Wind und Sonne.
Braunkohle: Einfach mal über die Riesenlöcher fliegen, dass wir von denen aber wegwollen, bestreitet bislang keiner hier. Oder irre ich da? Rechnet mal aus, was da an Endenergie beim Verbraucher ohne KWK und über größte Strecken noch ankommt. Hätte selbst nicht gedacht, dass das so wenig ist.
Ansonsten haben wir vor der Ukraine-Großinvasion (der Krieg herrscht ja seit 2014...) pro Jahr 60 - 80 mia € per anno ausgegeben für den Import fossiler Energie. Ich möchte hier nicht mit Blutkohle aus Kolumbien anfangen, aber oberirdischer Abbau dort, in den USA, Australien etc. plus Transport um die Welt ist billiger als jeder Abbau unter Tage. Dort haben wir seit den 1960ern durch perverse Subventionen die Bergschäden an Ruhr und Saar hervorgerufen, mit Ewigkeitskosten, anstatt unsere Häuser besser zu dämmen, KWK zu forcieren und erst ein Rentner, ich meine aus Karlsruhe selbst, hat diesen "Kohlepfennig" (ein Euphemismus wie das "Sondervermögen", manche Dinge ändern sich nie) durch das Verfassungsgericht am Heimatort kippen können. Also 50 Jahre Schwachsinn, anteilig. Kurze spaßige Tatsache am Rande, auch in der Ukraine war vor der Großinvasion Importkohle billiger als der eigene Aushub des Donbass. War selbst überrascht.
Statt also unsere permanente Importabhängigkeit durch heimische Ingenieurleistungen zu ersetzen, und das sogar jahrzehntelang während des Kalten Krieges, wo man darauf achtete, beim Erdgasimport aus der Sowjetuntion nie über 20% Abhängigkeit zu kommen, ist schon bezeichnend: Heizöl und Pendlerpauschale sind uns wohl wichtiger als Autarkie vom Reich des Bösen sowie einiger Kleptokratien im Nahen Osten. Wobei man fairerweise sagen muss, auch ab den 70ern haben wir schon im Westen Deutschlands viel fossile Energie bei befreundeten Nachbarn beziehen können. Besser als Stadtgas war es immer, aber was die Städteplanung und Wärmeversorgung anbelangt, gab es auch da schon einige langfristige Weichen, die man intelligenter hätte stellen können.
Gucken wir uns dann Wind und Sonne an, wird gerne mal wiedergekäut, was die eigenen Lieblingspostillen so vorgegeben haben, und das ist beim Niveau unserer vierten Gewalt oft falsch, oder oberfächlich, oder reduziert Komplexität auf die Lettern der Bild-Zeitung. Kein Vorwurf an den Leser, wir haben alle genug anderes um die Ohren im Leben. Aber demokratisch gesehen eine Katastrophe, wenn man fachlich bei der Zeit eine, beim Spiegel drei, bei der FAZ nur den Technikteil (im Politikteil diesbezüglich oft eine Katastrophe) und die Welt (einen Totalausfall) höchstens ernst nehmen kann. Denn so entstehen in einem fundamentalen Teil unserer Volkswirtschaft und Demokratie Erzählungen und Ideologie, wo man ganz nüchterne Fakten bräuchte:
Die Topographie ergibt bei uns im Gegensatz zu Österreich und der Schweiz kaum Lauf- oder Speicherwasser. Wer es gerne farblich hübsch aufbereitet mag, kann die Rohdaten von ENTSO-E gerne bei Energy-charts.info ansehen. Ja, das macht das ISE und damit für manche "im Lager der Falschen". Ändert aber nix daran, dass man sich da durch alle Rohdaten für die Länder Wocheh für Woche durchklicken kann. Wenn man denn bereit ist, seine Vorurteile zu revidieren. Da hab ich in diesem Strang doch immer wieder meine Zweifel...
Wir haben also nur vergleichsweise wenig Wasserkraft, Speicherwasser und Pumpspeicherwerke. Fakt.
Wind:
globalwindatlas.info
Rechts unten auf 150 m stellen (das ist die der heutigen Ingenieurwirklichkeit am nächsten kommende Nabenhöhe, mit Bodenreibung kennen wir Flieger, gerade auch IFR, uns ja ganz gut aus, oder?), gucken, ab wann sich eine sogenannte Schwachwindanlage regelmäßig rentiert (6,5 m/ s, rechnet's mal in Knoten um, was für ein Seitenwind das bei der Landung ist) und welche Farbe das ergibt, und einfach mal Bayern und Baden-Württemberg plus Sachsen angucken. Dass Sachsen nicht mehr macht, ist kriminell geradezu, aber Kretschmer guckt da eher auf Umfragen denn auf Fakten. Bayern und BaWü? Hat erhebliches Potential. Wäre Blödsinn gewesen, dort in den 80ern und 90ern anzufangen, aber technisch wie finanziell sind wir so weit. Schon längst. Aber wenn Narrative und Faktenarmut wichtiger sind... Schlechtestern Ort Europas ist jedenfalls nicht Bayern. Man gucke sich mal im Vergleich die Poebene an, DAS ist eine echt wirksame Windabschattung. Und ein Nebelloch. Kennen Flieger ja. Eigentiich.j
Globalsolaratlas.info
für die Sonnenerträge. Jedermann kann beim Betrachen schlicht gucken, was er unverschattet auf dem eigenen Dach, Firmenparkplatz, Lärmschutzwand der Bahn etc. ernten kann. Erstaunlich viel. Passt auch gut zur Lastkurve, die wir Tag für Tag haben.
Politik: Wäre so einfach, wenn man nach Einführung des EEG (ein Einspeisegesetz gab es ja vorher schon, gegen das sich die Versorger mit Händen und Füßen wehrten - sie wussten schon, warum, wer gibt schon gerne Gebietsmonopole ab...) einfach konsequent maßvoll und konstant ausgebaut hätte. Manche Nachbarländer haben es ein einzelnen Punkten besser gemacht (UK mit den Differenzverträgen statt reinen Ausschreibungen, Dänemark in fast allen Feldern...), aber das gilt immer noch als erfolgreichstes Einzelgesetz der Menschheit, wenn man es sich quantitativ anschaut. Verfassungen sind ein anderes Feld, aber dass ein Gesetz derartig um den Globus gelaufen ist, ist ohne Beispiel. Warum? Es knackt sinnvoll lokal je nach Alternativinvestitionen natürliche, und sinnvolle, Monopole.
Die Kostendegression bei den neuen (solar) bzw. neu-alten (Windkraft, aber nicht zum Mahlen oder Wasser anheben) Technologien ergibt eine ganz simple Grafik, hoch auf der Y-Achse, abfallend bis zu einer gewissen Parallele zur X-Achse aufgrund der Fixkosten eine Kurve, die jenseits aller Narrative zunächst eine Anschubsubvention ergibt, und irgendwann alle Konkurrenten wegfegt, auch wenn eine Pufferung immer nötig bleibt aufgrund der volatilen Erzeugerseite. Ist also eine reine Frage des Timings, zuerst mit Anschubinvestitionen zu arbeiten, bis man ein demokratisch gewünschtes Niveau an Autarkie und Preis hervorgerufen hat.
Und da kommen wir jetzt leider vom Kaufmännischen und der Ingenieurleistung sowie Naturwissenschaften zur ideologischen Ablenkung. Wer sich angucken will, was Merkel, Altmeier etc. wann verursacht haben, guckt sich den Ausbau bei Wind und Sonne im Energiemonitor der Zeit an. Unterste zwei Grafiken. Man sieht genau, wann der Gesetzgeber exakt wie stark versagt hat, eben diese Kostendegression in ein Marktmodell und zwei Zukunftsbranchen zu flankieren. Und wir diskutieren im Jahre 2023 ernsthaft über diese Frage? Echt? Tja, da liegt das Versagen unserer vierten Gewalt. Wer die Fakten in Farbe unterlegt in einer einzigen Grafik vor Augen hat, kann sich immer noch drüber streiten, ob wir 80, 90 oder 100% binnen 12, 22 oder 32 Jahren (meine Willkür, nur zur Verdeutlichung) bis wann am besten erreichen, aber der Rest ist schlicht extrem sinnvoll und extrem schlecht verstanden.
Und daher empfehle ich Ernst, statt auf die Primärenergie auf die Endenergie zu gucken - er will von A nach B fahren. Wenn das sein Ortsbus, der Taxifahrer, die ambulanten Pflegekraft auch für einen Bruchteil der Primärenergie mit Strom oder Überschusswasserstoff von "vor Ort" machen kann, ist das einfach nur sinnvoll. Michael Stock sollte sich einfach mal mit Markus S. die Grafiken in Ruhe angucken und feststellen, dass bei energy-charts.info auch die Preise enthalten sind, und die letzten paar Wochen zurückklicken. Immer dann, wenn wir keinen bzw. kaum Brennstoff brauchen, geht der Preis massiv runter. Macht einen unabhängiger von Journalistenschreddern in Saudi-Arabien, Kriegsfürsten in Moskau und Erdgaszufallsgewinnern wie Qatar. Muss ja nicht gleich auf 100% gehen, aber konstant die Richtung, die muss stimmen.
Michael Söchtig, Malte, Alex Patt und einige andere haben es verstanden und können es begründen. Andere käuen Schlagzeilen wieder und versuchen sich Argumentationen zusammenzubiegen, die haarsträubend sind. Denn gegen Habeck kann man wirklich sehr gute Argumente finden (handwerklich schlechte Gesetze ab und an, Blockade Biogas aus Ideologiegründen der Grüninnen, dabei könnte man den Ausbau auf Reststoffe weitestgehend beschränken, Bremsen des Maximalausbaus schwimmender PV sogar auf Baggerseen...). Aber wenn man ernsthaft die Topographie, Meteorologie und den Stand der Technik leugnet, muss man sich schon den einen oder anderen schärferen Anwurf meinerseits gefallen lassen.
Ach ja, Windanlagen sollen gerne dauerhaft ADS-B Signale aussenden, damit Rettungshubschrauber, Bundeswehrtiefflieger und auch wir sicherer sind. Gegen Kernkraftwerke war ich noch nie, wenn sie vernünftig gewartet und günstig sind - da kenne ich jetzt indes ein paar Insider beim Ersten, die mich über die Abschaltung von der Hälfte der ehemals 17 Kraftwerke glücklich machen. Bei den letzten Dreien ist die große Revision, wie auch immer die gleich hieß, drei Jahre verschoben worden. Würden wir in einen solchen A320 ohne C-Check noch einsteigen? Nur mal so exemplarisch, nach MEL fliegen? Na? Geht meistens gut und ist doch mE zu recht reguliert. Der Drops ist gelutscht, die gehen in knapp drei Wochen vom Netz, den notwendigen Kraftwerkspark haben wir übrigens. Nur falsch zusammengesetzt. Wir sind nicht von ausländischer Kernkraft abhängig, sie ist nur zu manchen Zeiten günstig. Aber das leugnen gernen mal Leute, die Lastkurven und das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage ignorieren. Die Auslegung ist immer N+1. Das ist bei Großkraftwerken übrigens deutlich riskanter als bei vielen Kleinanlagen, Stichwort KWK bei BHKW. Wäre für die Ukraine sehr, sehr sinnvoll gewesen. Dänemark machth das seit den 80ern. Unsere EVUs wollten es natürlich nicht, weil es ihre Gebietsmonopole mit existierenden Großkraftwerken angreift. Physikalisch ist der Zweck wohl selbsterklärend. Und der Gewinn bleibt dann halt bei den lokalen Stadtwerken...
Für den PPL muss man deutlich mehr lernen als für das Verständnis einer sinnvollen Energieversorgerstruktur. Wer sich die Ausbauszenarien angucken will, kann das mit simplen, hübschen Grafiken übrigens auch bei energy-charts.info - ruckartig geht da gar nix, das geht immer über gut zwei Jahrzehnte. Aber wer Ausschläge wie letzten Sommer und Frühjahr vermeiden will, baut sowas konstant über Jahrzehnte aus, ganz unabhängig, ob das Mittelmaß im Amt gerade Kohl, Schröder, Merkel oder Scholz heißt. Ist schon ziemlich peinlich, den Atomausstieg 2011 (nicht den ersten, den zweiten) den Grünen anzulasten, während Schwarzgelb damals auch die PV-Industrie killte, als sie gerade extrem interessant wurde. Ich hätte mich jedenfalls gefreut, wenn am Rande des ostdeutschen Braunkohlebeckens die Folgejobs massiven Zuwachs erfahren hätten, wie auch die Windkraft in Sachsen, und dafür die AgD aus allen Landesparlamenten geflogen wäre. Kein direkt linearer Zusammenhang, schon klar, aber mit echten Alternativen in gut bezahlten Industriejobs in einem strukturschwachen Gebiet würde das einem manch beknackte Debatte mit dem sächsischen MP sparen. Mindestens mal das.