@Achim die bittere Wahrheit ist leider, dass es nicht des Verblassens bedarf (1989 ist nicht so lange her...), ein Teil der Bevölkerung war und ist mit der Beschneidung von Freiheitsrechten schlicht einverstanden. In Deutschland mehr, als bei den westlichen Nachbarn.
Dennoch sollten wir die Pferde ein bisschen im Zaum halten und nicht aus jedem Verwaltungsbeamten oder -angestellten gleich einen Mittäter machen, das gibt die Realität einfach nicht her.
Grundsätzlich bin ich ein Freund davon, Dinge grundsätzlich zu diskutieren, und sich nicht an Einzelfällen abzuarbeiten, aber hier muss man sich die Sache schon noch einmal im Detail anschauen.
Worum geht es? Um die Frage, ob dokumentiertes Fehlverhalten im Straßenverkehr auf den Luftverkehr übertragbar ist. Vorgeschaltet ist die Frage, die ich schon aufgeworfen habe, ob das Fehlverhalten überhaupt Auswirkungen auf die Fahrsicherheit hat. Klingt plausibel, scheint mir aber z.B. bei Punkten für eine vergessene Umweltplakette oder Nicht-Anschnallen anders gelagert, als bei Tempo 60 in einer 30er-Zone vor einer Schule (letztere Leute finde ich nur widerlich, Punkte hin oder her).
Die Frage der Übertragbarkeit wiederum besteht ja nicht nur zwischen Auto und Flugzeug, sondern beispielsweise auch zwischen Auto und Eisenbahn oder Auto und Fahrrad. Es gab ja eine Reihe von Gerichtsverfahren in denen Kläger argumentierten, ein Rotlicht- oder Alkoholverstoß auf dem Drahtesel habe nichts mit dem Verhalten im PKW zu tun. Beim Rotlichtverstoß würde ich das persönlich sofort unterschreiben, beim Alkohol habe ich da schon so meine Zweifel.
We alkoholisiert Auto fährt, fliegt aber vermutlich schon deshalb selten alkoholisiert, weil man den Flieger nicht abends mit zur Kneipe nimmt, nicht mal in der Eifel.
Es ist also nicht so leicht, eine plausible Trennlinie oder einen plausiblen Zusammenhang zu prüfen, deshalb bin ich prinzipiell der Auffassung, dass eine generelle Übertragung wohl nicht der richtige Weg sein kann.
Jetzt kommt das große Aber:
Es gibt außerhalb des Verkehrs weitere Fälle, bei denen der Staat charakterliche Eignung prüft, etwa bei Adoptionsverfahren. Wer im Turnverein kleine Mädchen angegrabscht hat, darf in aller Regel nach deutschem Recht nicht adoptieren oder bekommt eben einfach keinen Kindervorschlag.
Ich bin fast sicher, dass dieser Praxis hier mehr oder weniger alle zustimmen können, selbst die, die behördlichem Handeln, das Rechte beschneidet, zunächst mal sehr kritisch gegenüber stehen.
Solche (leider nicht besodners konstruierten) Fälle zeigen, dass es bei der grundsätzlichen Betrachtung der Frage, ob der Staat Charakterfragen zu behördlichem Handeln heranziehen sollte, eben kein einfaches "Nein" geben kann.
Eine ausschließliche Ex-Post-Prüfung kann es an verschiedenen Stellen nicht geben. Das o.g. Beispiel gehört dazu, sicher gibt es noch weitere, etwa ob man Mitglieder der NPD eine Stelle beim Verfassungsschutz anbieten möchte.
Wir müssen als Bürger dafür sorgen, dass unsere Exekutiven dergestalt kontrolliert werden, dass sie das nötige Maß an Handlungsfähigkeit erhalten, ohne, dass die Behörden uns, dem Souverän, aus der Hand gleiten.
Bei der Frage der charakterlichen Eignung zum Privatpiloten, ist das sicher bereits geschehen.