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11. April 2023: Von Tobias Schnell an Markus S. Bewertung: +1.00 [1]

Diese Kompensationsgeschäfte sind ja gang und gäbe in der CO2-Bilanzierung. Ob man das als "greenwashing" bezeichnen will, bleibt jedem überlassen.

Fakt ist aber, dass man über die SAF-Verwendung (egal ob selbst getankt oder über ein Kompensationsgeschäft) sofort bzw. im Moment des Vertankens etwas bewirkt, während die gängigeren CO2-Kompensationsmethoden meist in Projekte mit jahrelanger Laufzeit bzw. ökologischem "payback" investieren.

Bei Lufthansa kann man z.B. wählen, ob man seinen Flug "herkömmlich" kompensiert oder ein SAF-Zertifikat kauft. Beispel FRA-LHR (88 kg CO2): Standard-Kompensation 1,37 €, SAF-Kompensation 67,58 €.

LH spricht von etwa den vierfachen Kosten für SAF im Vergleich zu Jet-A1.

11. April 2023: Von F. S. an Tobias Schnell Bewertung: +1.00 [1]

Fakt ist aber, dass man über die SAF-Verwendung (egal ob selbst getankt oder über ein Kompensationsgeschäft) sofort bzw. im Moment des Vertankens etwas bewirkt,

Eine sehr nette Illusion - aber nein, das ist so ziemlich genau das Gegenteil von "Fakt".
Bei "Kompensationsgeschäften" passiert im Moment des Vertankens erst mal gar nix. Das kann man sehr schön am Strommarkt sehen: Nur, weil ich heute meinen Stromtarif auf "100% Ökostrom" umstelle, wird morgen keine einzige Milliwattstunde Ökostrom mehr produziert und verbraucht - und nächste Woche auch nicht. Wenn sehr viele Kunden das machen, dann könnte es dazu führen, dass mittel- bis langfristig mehr Ökostrom produziert wird, aber sicher nicht "sofort".
Und dieses mittel- bis langfristig muss auch nicht so sein - wie man beim Strom schön an Island sieht: Dieses Land erzeugt seinen Strom schon lange zu fast 100% aus erneuerbaren Energien. Allerdings verkauft Island über 2/3 seiner Herkunftszertifikate an andere Länder, so dass juristisch Island über 2/3 seines Stroms aus fossilen Quellen bekommt - natürlich nur rein juristisch, da Island nicht mit einem Stromkabel mit Europa verbunden ist, kann gar kein fossiler Strom nach Island. Und da die Isländer das natürlich auch wissen, tun sie weiterhin so, als seien sie "Erneuerbaren-Weltmeister" (klar: ihr Strom kommt ja auch fast komplett aus erneuerbaren) und nehmen einfach das Geld mit.
Das ist genau so, als würden tesla-Kunden daran glauben, dass sie der Umwelt etwas Gutes tun, weil sie ein E-Auto fahren: Sie vergessen dabei, das Tesla diese "Gute" an andere Kunden verkauft hat und der Tesla-Fahrer deswegen die Emissionen eines normalen Benziners in die Luft bläst.

Jetzt ist der SAF-Markt noch nicht so entwickelt. Wer wirklich SAF tankt, der kann sich zumindest ein bisschen gut fühlen - er darf allerdings nicht daran denken, dass es viel zu wenig SAF am Markt gibt und daher unabhängig davon, ob ich es verfliege grundsätzlich alles SAF verbraucht wird - deswegen ändert es an der Gesamtemmision der Luftfahrt kein bischen, ob man an der Aero SAF tankt, oder nicht. Aber hier kann man wenigstens darauf hoffen, dass es einen (sehr) langfristigen Effekt hat, weil die Produktionskapazitäten bei hoher Nachfrage ausgebaut werden.

12. April 2023: Von Tobias Schnell an F. S. Bewertung: +4.00 [4]

Eine sehr nette Illusion - aber nein, das ist so ziemlich genau das Gegenteil von "Fakt".
Bei "Kompensationsgeschäften" passiert im Moment des Vertankens erst mal gar nix

OK, jetzt stehen zwei Tankwagen neben einem Flugzeug. In einem davon ist Jet-A1, im anderen ist SAF. Es passiert also keine sofort wirksame CO2-Einsparung, wenn das Flugzeug aus letzterem betankt wird und damit den nächsten Flug durchführt?

Und ob ich nun selber das SAF in meine Gulfstream schütte, oder - mangels örtlicher Verfügbarkeit - die Lufthansa dafür bezahle, die gleiche Menge auf einem künftigen Flug zu tanken, macht keinen Unterschied. In dem Moment, wo es im Flugzeug landet, manifestiert sich die Einsparung.

Wenn man das über Compensaid macht, wird übrigens ein physisches Vertanken innerhalb der nächsten sechs Monate garantiert.

dass es viel zu wenig SAF am Markt gibt und daher unabhängig davon, ob ich es verfliege grundsätzlich alles SAF verbraucht wird

Aber eben nicht unabhängig davon, ob es Leute über eine Kompensation kaufen.

12. April 2023: Von F. S. an Tobias Schnell

OK, jetzt stehen zwei Tankwagen neben einem Flugzeug. In einem davon ist Jet-A1, im anderen ist SAF. Es passiert also keine sofort wirksame CO2-Einsparung, wenn das Flugzeug aus letzterem betankt wird und damit den nächsten Flug durchführt?

Leider ist es mit dem modernen Ablasshandel nicht mehr so einfach, wie früher, als nur jemand "ego te absolvo" sagen musste und die Sünden in dem Moment tatsächlich weg waren.

Erst mal die einfachen physikalischen Fakten: Bei einem Flug mit SAF wird ziemlich exakt genau so viel CO2 in die Athmosphäre freigesetzt, wie bei einem Flug mit Jet-A. Und da es kein "gutes CO2" oder "schlechtes CO2" in der Athmosphäre gibt, ist der Flug isoliert betrachtet mit SAF und Jet-A genau gleich schädlich für das Klima. Das einzige, was man tun könnte, das sofort wirksam ist, wäre nicht zu fliegen.

Der Vorteil des SAF entsteht nicht beim Verbrauch, sondern in der Herstellung. Diese ist aber schon lange passiert, wenn die Tankwagen neben Deiner Gulfstream stehen - und der Bau der Produktionsanlage dafür ist noch viel länger her. Deine individuelle Entscheidung, den linken oder rechten Tankwagen zu rufen, kann darauf also schon rein theoretisch keine Auswirkung gehabt haben, da sie ja noch nicht bekannt war. Soviel zu "sofort wirksam".

Wenn es schon keine kurzfristigen Auswirkungen gibt, so begründet sich ja das gute Gewissen auf die Hoffnung von langfristigen Veränderungen. Stark vereinfacht kann man sich denken. "Wenn immer mehr Piloten aus dem "guten Tankwagen" tanken, dann wird der Marktmechanismus dafür sorgen, dass immer weniger Jet-A1 und immer mehr SAF produziert wird".
In einem freien, ungeregelten Markt wäre das auch so - und die Entscheidung für den guten Tankwagen hätte zwar nicht sofort, aber doch auf 3-5 Jahre gesehen eine positive Auswirkung (die Produktionskapazitäten für SAF müssen ja erst mal gebaut werden, etc.)
Jetzt ist der Markt aber reguliert. Es wird ernsthaft diskutiert, in absehbarer Zeit Jet-A zu verbieten und nur noch SAF zuzulassen. Dies führt zu der scheinbar paradoxen Situation, dass es heute überhaupt keinen Sinn mehr hat, den "guten Tankwagen" zu benutzen: Kurzfristig bringt das eh nichts und langfristig sorgt die Regulierung eh für das richtige, ohne, dass es irgendeinen Marktimpuls dazu bräuchte.

Deswegen ist es heute eine reine "feel good Prämie", wenn man diesen Ökosprit tankt - es sei denn, man geht davon aus, dass sich die Regulierer nicht durchsetzen werden und man den entsprechenden Marktimpuls doch setzen muss.

12. April 2023: Von Tobias Schnell an F. S. Bewertung: +6.00 [6]

Der Vorteil des SAF entsteht nicht beim Verbrauch, sondern in der Herstellung [...] Soviel zu "sofort wirksam"

Noch besser - dann ist es ja sogar schon vorher wirksam geworden :-)

Deine individuelle Entscheidung, den linken oder rechten Tankwagen zu rufen, kann darauf also schon rein theoretisch keine Auswirkung gehabt haben, da sie ja noch nicht bekannt war.

Man könnte vermuten, dass die Produktionsmenge von SAF erheblich davon abhängt, ob es auch jemand zum aktuellen Preis abnimmt. Von daher finde ich es eine etwas gewagte These zu behaupten, meine Kauf- oder Kompensationsentscheidung wäre hier irrelevant.

Manchmal sind die Dinge vielleicht nicht ganz so komplex wie sie dargestellt werden...

Kurzfristig bringt das eh nichts und langfristig sorgt die Regulierung eh für das richtige, ohne, dass es irgendeinen Marktimpuls dazu bräuchte

Also, dann kaufe ich jetzt wieder Fleisch ohne Tierwohllabel (die Kuh ist so oder so tot, wenn ich sie esse), schaffe mir ein 500-PS-SUV an (wenn ich es nicht mache, kauft es ein anderer) und baue meine Wärmepumpe (die auch nur mit "virtuellem" Ökostrom betrieben wird, der ja gemäß Deiner Ausführungen nicht extra für mich erzeugt wird) wieder aus. Die Regulierung wird irgendwann schon dafür sorgen, dass die richtigen Dinge passieren...

12. April 2023: Von F. S. an Tobias Schnell

Fleisch ist ein sehr gutes Beispiel:
Natürlich geht es auch hier keinem einzigen Tier "sofort" besser, wenn Du ein Bio-Steak kaufst. Aber der Markt ist sehr wenig reguliert. Das heisst, es dauert nur so 6 bis 12 Monate, bis man erste Auswirkungen an den Haltungsbedingungen hat.

Ob der Ökostrom "für Dich produziert" wird, kannst Du ganz einfach Überprüfen: Als Du Dich bei Deinem Stromanbieter auf die Warteliste für einen Ökostromtarif hast setzen lassen, wie lange hat es gedauert, bis er die entsprechende Kapazität aufgebaut hatte und Dir Deinen Strom verkauft hat? Oder hat er vielleicht doch "in Island angerufen" und gesagt: "Ich brauche jetzt noch mal zertifikate für weitere x kWh - sagt euren Isländischen Kunden, ihr Strom ist gerade dreckiger geworden"?

Und zu SAF hatte ich genau das geschrieben, was Du auch sagst: Wenn Du nicht glaubst, dass SAFs ohnehin vorgeschrieben werden, dann hat Deine Entscheidung und damit die Erhöhung der Nachfrage eine Auswirkung - zwar natürlich nicht sofort, aber halt auf ein paar Jahre gesehen.

Sofort sind die Dinge wie Du schreibst gar nicht komplex: Ein Flug mit SAF erzeugt genauso viel CO2-Emission, wie ein Flug mit Jetfuel. Das ist ganz einfache Physik. Es ist nur rechnerisch eine irgendwie bilanziell gefühlt "bessere" Emission für manche.

12. April 2023: Von Alexander Patt an F. S. Bewertung: +5.00 [5]
„Sofort sind die Dinge wie Du schreibst gar nicht komplex: Ein Flug mit SAF erzeugt genauso viel CO2-Emission, wie ein Flug mit Jetfuel. Das ist ganz einfache Physik. Es ist nur rechnerisch eine irgendwie bilanziell gefühlt "bessere" Emission für manche.“

Wenn man eine Fragestellung auf abstrakter Ebene nur genügend simplifiziert, kann man damit buchstäblich jede Antwort begründen. Allerdings hat diese Lösung dann mit der komplexen Realität fast nichts mehr zu tun.
13. April 2023: Von Guido Frey an F. S. Bewertung: +3.00 [3]
Es gab früher bei Greenpeace Energy ein ganz pfiffiges Angebot, das, wenn es auch so umgesetzt wurde, die reine Umdeklaration verhinderte:

Alle Lieferanten von Ökostrom für diesen Tarif mussten sich verpflichten, innerhalb von fünf Jahren zusätzliche Kapazitäten zur Ökostromerzeugung mindestens in Höhe der Jahresabnahme von Greenpeace Energy zu schaffen.

Der Tarif war leicht teurer als der Marktschnitt, brachte dadurch aber auch zusätzliches Angebot in den Markt.

Vielleicht könnte ein solches Modell im SAF-Markt für Akteure, die an einer wirklichen Umstellung interessiert sind, auch etwas bewirken?

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