Apropos missgünstiges Menschenbild..Ich kopier den mal für die Sparfüchse rein:
Das gab erwartungsgemäß Ärger wegen erstens der unverschämten Darstellung ihres absurden Reichtums; zweitens der unverschämten Ignoranz der Klimakrise und drittens der Unverschämtheit der Menschen, sich darüber zu beschweren und ihr nichts zu "gönnen". Den ersten Ärger hatte es schon zwei Tage zuvor gegeben, nachdem Kylie Jenner lieber 17 Minuten flog, als 45 Minuten mit dem Auto zu fahren. Das lässt sich auf dem Twitter-Account Celebrity Jets nachverfolgen, der die Privatjets der Superreichen trackt und neben Route, Flugzeit, Treibstoffmenge und -kosten auch die CO₂-Emissionen ausrechnet. Den automatisierten Bot hat der US-amerikanische Student Jack Sweeney codiert. Und so nannte Twitter Kylie Jenner von da an eine "climate criminal", eine Klimakriminelle also.
Ihre Halbschwester und chirurgisches Vorbild Kim Kardashian war einen Tag zuvor laut Celebrity Jets mit ihrem vollständig cremefarbenen Jet ("Cream" ist ein Akronym für "Cash rules everything around me") zwischen Los Angeles und New York unterwegs und hinterließ dabei 23 Tonnen CO₂ in der Atmosphäre. Zum Vergleich: Ein CO₂ emittierender deutscher Durchschnittsmensch müsste zum Ausgleich dieser Menge etwa zwei Jahre lang aufhören zu leben.
Nun weiß man, dass die reichsten zehn Prozent für mehr als die Hälfte der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich sind, aber in der aktuellen Diskussion über Inflation, Sparen und Verzicht werden sie bisher komplett in Ruhe gelassen. Und während die verhältnismäßigen Geringverdiener an weich gewordenen Papierstrohhalmen zutschen, Sojasteaks mit Holzbesteck zerteilen und an die Erzählung glauben, es liege an jedem Einzelnen, die Welt zu retten, machen die Kardashians dieser Welt einfach weiter wie bisher. Gleichzeitig sind sie es auch, die sich vor den Folgen des Klimawandels besser schützen können. Wenn in Kalifornien die Wälder brennen, ziehen sie eben in ihr Zweit-, Dritt- oder Vierthaus an einem kühleren Ort. Oder sie siedeln auf den Mars um. Wozu macht man sich selbst also die ganze Mühe? Mit Blick auf Hitzewellen und Waldbrände fühlt sich gerade sowieso alles ziemlich sinnlos an.
Geht es in Wahrheit vielmehr um Herrschaft und Machterhalt als um eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung? Schließlich wird immer nur ein Teil der Gesellschaft zur Anstrengung aufgefordert: Es geht um die To-go-Becher und Lastenräder der Stadtbewohnerinnen, die Pauschalurlaube und Grillgüter der Landbewohner und ums Kaltduschen. Sie alle haben dann zumindest das Gefühl, etwas beizutragen, aber dass das leider völlig unverhältnismäßig ist – ein Tropfen auf den klimawandelheißen Stein, wenn man so will –, ja, Pech!
Dazu kommt, dass dieser Teil der Bevölkerung sich dabei auch noch gegenseitig das Leben zur Hölle macht – wenn sich beispielsweise die einen an die Straße kleben und die anderen sie wieder wegreißen, um zu ihrer unterbezahlten Lohnarbeit zu kommen. Die Superreichen können derweil ganz in Ruhe ihr Zuviel von allem leben und darstellen und werden dafür ernsthaft bewundert. Jede Kritik wird von denjenigen, die wahrscheinlich insgeheim hoffen, mit einem Start-up oder Bildern von ihren Füßen auch irgendwann einmal superreich zu werden, als "nicht gönnen" einsortiert. So kann und wird der Planet nicht heilen. Es wird Zeit, mit erhobenen Holzgabeln die tatsächlich Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.