
Halt Stopp! Das Amtsgericht Wiesbaden bot dem Gebühren-Wildwuchs in Hahn Einhalt. |
© Thomas Frey / Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH |
Verkehrsflughäfen in Deutschland erfüllen einen öffentlichen Versorgungsauftrag. Sie können also – auch beim Thema Gebühren – nicht einfach schalten und walten, wie sie wollen. Entgeltordnungen müssen deshalb durch die zuständige Behörde genehmigt werden. Das ist auch gut so, denn dadurch sollen Auswüchse bei den Gebühren verhindert werden.
Es gibt nur wenige deutsche Verkehrsflughäfen mit absoluten Abschreckungs-Entgelten – Frankfurt Main ist einer davon – den Rest der deutschen Infrastruktur kann man auch mit dem Privatflugzeug meist noch zu erträglichen Preisen nutzen.
Deutschland und auch Frankreich – wo dies ähnlich gelagert ist – sind damit Inseln der Vernunft in Europa, während andere Länder die GA von ihren Flughäfen aussperren (wie in Italien oder Spanien) oder durch wildgewordene Handling-Unternehmen aussperren lassen (wie in Großbritannien).
Die schönste genehmigte Gebührenordnung nützt aber nichts, wenn dem Piloten durch seine schiere Anwesenheit weitere hohe und nicht genehmigungspflichtige Kosten auferlegt werden, wie z. B. Handlinggebühren oder Abfertigungsentgelte.
Und genau das hat der Flughafen Hahn getan. Hinter wichtigen Abkürzungen und Verordnungen – z. B. „Bodenabfertigungsdienst-Verordnung (BADV)“ – verschanzt, drückte man den Flugzeugbetreibern hier eine Mindestgebühr von 150 Euro zzgl. Mehrwertsteuer für Flugzeuge bis 5,7 Tonnen rein. Wohlgemerkt, in der
genehmigten Entgeltordnung steht davon nichts, lediglich in einer
separaten Veröffentlichung mit dem Titel „General Aviation Terminal Nutzungsbedingungen und Entgelte“ sind diese Kosten aufgeführt. Darin enthalten sind nach Angaben des Flughafens:
- Annehmen des Flugzeugs [...]
- Vorlegen/Entfernen von Bremsklötzen,
- Ent- und Beladen von Gepäck,
- einmaliger Transport des Gepäcks vom Flugzeug zum Geb. 417 und vv.,
- einmaliger Transport von Passagieren vom Flugzeug zum Geb. 417 und vv.,
- einmaliger Transport von Flugzeugbesatzung vom Flugzeug zum Geb. 417 und vv.,
- Unterstützung beim Anlassen der Triebwerke (keine ASU),
- Kommunikation mit dem Flugzeug über Company Frequency (VHF 131.640 MHz, Callsign „HAHN OPERATIONS“ gemäß BADV,
- Anlage 1, Punkt 5.3,
- Meldung der Flugdaten gemäß BADV, Anlage 1, Punkt 1.1,
- Vermittlung der Flugzeugbetankung.
Wenn Sie sich jetzt fragen, was zum Teufel genau das „Annehmen des Flugzeugs“ ist – das fragen wir uns auch.
Fertig sind Sie damit natürlich noch nicht. Denn zum Schnäppchenpreis von nur 98 Euro zzgl. MwSt. bietet Ihnen der Flughafen noch das „Servicepaket“ an. Darin enthalten sind dann:
- Vermittlung von Service und Drittleistungen wie Catering, Hotelzimmer, Konferenzräumlichkeiten, landseitiger Transport oder Limousinenservice,
- Bereitstellung von Wetter- und Flugsicherungsinformationen,
- Bereitstellung von Kaffee und heißem Wasser je 1 Liter) auf Anfrage durch die Besatzung,
- W-LAN Internetzugang,
- Kopien (max. 20).
Wenn Sie also mit einer bescheidenen C152 in EDFH landen, dort aufs Klo gehen und sich beim Rausgehen vorschriftsmäßig auch noch kurz nach dem Wetter erkundigen, dann schulden Sie nach Auffassung des Flughafens für:
Annahme des Flugzeugs: 178,50 €
Servicepaket : 116,62 €
zusammen also flotte 295,12 €
Und darin enthalten sind noch nicht einmal die Lande- und Abstellgebühren.

Markus Bunk, Geschäftsführer der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH muss wohl die Mond-Gebühren am GAT überdenken. Sein Finanzchef ging vor dem Amtsgericht Wiesbaden mit den Forderungen gegen einen Piloten baden. |
© Thomas Frey / Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH |
Es wäre also durchaus möglich, dass der ein oder andere hier der Meinung ist, das sei ein wenig viel, zumal das GAT in Hahn, untergebracht in einer alten Baracke, zwar sauber und zweckmäßig ist, aber keinesfalls dem Standard eines VIP-Terminals an einem internationalen Verkehrsflughafen entspricht. Und selbst da würde man in den allermeisten Fällen deutlich weniger Geld lassen ...
Ein Pilot aus Wiesbaden, der letztes Jahr in Hahn landete, wehrte sich. Er bestritt die Forderungen des Flughafens und zahlte lediglich die Lande- und Abstellgebühren.
Statt das Ganze jetzt stillschweigend unter „Forderungen uneinbringlich“ versanden zu lassen, agierte der Finanzchef, Sven Kortmann, stur. Nicht nur, dass er die Forderung beim Piloten durch die Creditreform einzutreiben versuchte, die wiederum mit der Schufa drohte, was bei bestrittenen Forderungen ausdrücklich nicht zulässig ist, wie der Bundesgerichtshof erst kürzlich wieder bestätigte (Aktenzeichen I ZR 157/13), er klagte auch noch vor dem Amtsgericht Wiesbaden und tat der Allgemeinen Luftfahrt damit den nicht unerheblichen Gefallen, für solche unangekündigten Wucher-Gebühren endlich mal eine gerichtliche Klärung herbeizuführen.
Dass sich der beklagte Pilot hier seiner Sache recht sicher war, kann man auch der eher launigen Klageerwiderung seines Anwalts entnehmen. Der schreibt:
Weiter ist festzuhalten, dass auch die Klägerin eine juristische Person des Privatrechtes ist, also nicht nach Gutsherrenart hier irgendwelche Gebührenordnungen festlegen kann etc. Wenn die Klägerin für die Inanspruchnahme bestimmter Leistungen Entgelte vereinnahmen will, so müssen bezüglich dieser Leistungen letztendlich entsprechende Vereinbarungen getroffen sein oder entsprechende Entgelte müssen zumindest üblich sein.
Hier meint die Klägerin, ihre GAT-Entgelte seien dadurch [vereinbart], dass sie im GAT Terminal Gebäude 417 ausgehängt seien und auch auf der Flughafen Frankfurt-Hahn Homepage aufgeführt seien.
Der Aushang im Terminal kann wohl für den ersten Gebäudebesuch keine vertragliche Regelung abgeben. Wenn in ein Stockwerk nur eine Rolltreppe führt und am Ende dieser Rolltreppe die Benutzung als gebührenpflichtig dargestellt wird, so kann wohl nicht von einer wirksamen Vereinbarung für die allererste zwangsläufige Rolltreppenbenutzung ausgegangen werden.
[...]
Hier ist nicht bekannt, was das Annehmen eines Flugzeugs sein soll. Es wurden keine Bremsklötze angeboten oder entfernt. Ent- und Beladen von Gepäck wurden weder angeboten noch wurde der Service angefordert. Es wurde weder ein Gepäcktransport angefordert noch erfolgte er. Der 80-jährige Passagier trug sein Gepäck selbst zum Ausgang. Beide Passagiere wurden nicht transportiert, sondern mussten laufen. Auch die Flugzeugbesatzung, also der Beklagte, wurde weder irgendwohin transportiert noch wurde es angeboten. Eine Unterstützung beim Triebwerkanlassen erfolgte ebenfalls nicht. Irgendeine Kommunikation blieb auch aus. Irgendwelche Meldungen erfolgten nicht. Eine Betankung des Flugzeuges war auch nicht erforderlich und erfolgte natürlich auch nicht. [...]
In Düsseldorf etwa wird das GAT von einem fremden Dienstleister betrieben. Es handelt sich um ein aufwendiges Gebäude. Die Kosten dort betragen € 19,00.
Das GAT in Köln ist ebenfalls eine Sehenswürdigkeit. Die Kosten für die Benutzung betrieben durch einen fremden Dienstleister betragen € 21,00.
Tatsächlich brauchte das Amtsgericht Wiesbaden denn auch nicht mal eine ganze Seite, um die Klage abzuweisen:
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerseite hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung aus §§ 311 II, 241 BGB. Es ist nicht ersichtlich, dass die Parteien die Leistungen, auf die sich die Klägerin beruft, vereinbart haben sollen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte – sei es ausdrücklich oder konkludent – seine Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen, so wie klägerseits in der Anlage K1 vorgelegt, erklärt hätte. Es fehlt insbesondere ein Vortrag zu §305 II BGB.
Der Flughafen Hahn trägt übrigens die Kosten des Verfahrens. Aber das Land Rheinland Pfalz hat ja gerade einen Nachtragshaushalt von 120 Mio. Euro beschlossen, um den Flughafen zu subventionieren. Da kann man sich den einen oder anderen Prozess um idiotische und komplett überzogene Entgelte natürlich locker leisten.
Aktenzeichen: AZ 93 C 4600/14