12. Oktober 2013 schlageo1
Leserreise: Tag 43
Gruppendynamik: Von Ayers Rock nach Broome
Eigentlich müsste man sich die Mühe machen, wenigstens einmal (das würde genügen, weil das Procedure gesetzmässig nach immer demselben Ritual abläuft) den Start aller neun Flugzeuge im Detail zu beschreiben: Wir bringen es auch nach sechs Wochen Training einfach nicht fertig, eine Start-Reihenfolge festzulegen und einzuhalten, welche gewährleistet, dass wir uns gegenseitig nicht behindern. Die Folge: wiederholte, zunehmend ungeduldige Aufrufe aller acht hinterherfliegender Flugzeuge beim Controller mit der Bitte um Freigabe des Steigfluges und eine Menge Rückfragen nach Position und Höhe des ganzen Hornissenschwarms. Und dasselbe dann wieder beim Sinkflug – keiner geht ohne Standby-Anweisung durch, und womöglich folgt ein Orbit für ein oder mehrere Flugzeuge. Da aber auch von einem solchen Startprotokoll keine Besserung zu erwarten ist, spare ich mir die Mühe.
In der europäischen oder nordamerikanischen Radargemütlichkeit fällt das nicht weiter auf. Da wird die 25 Knoten schnellere Jetprop einfach an der Cheyenne vorbeigeleitet oder die TBM an der PC-12. Dort wo aber ohne Radar rein nach Zeit gestaffelt wird ist eine im Level 240 gemütlich vorausfliegende Twin-Turbprop (nein Max, wir nennen keine Namen!) für eine dahinter kommende PC-12 ein einahe unüberwindliches Hindernis. Die Differenzgeschwindigkeit ist selten hoch genug um den erforderlichen Staffelungsabstand nach dem Überholen herzustellen und der Level 240 blockiert den Steigflug auf eine ökonomischere Höhe.
Nun hat das Fliegen in der Gruppe eine Menge Vorteile. Aber eben auch diesen Nachteil. Und die ausgeklügeltste Startreihenfolge ist futsch, wenn ein Flugzeug wegen Paperwork, Tanken oder aus sonst einem Grund am Boden gehalten wird. Da bleibt die ein oder andere Geduldsprobe oder Langsamflugübung nicht aus.
Je nach Flexibilitätsgrad der Flugsicherung ist dann mit einem "Visual Contact" auch mal ein Überholen/Übersteigen des blockierten Levels möglich, das geht aber nicht immer. Gut zu wissen, dass die bissigen Kommentare auf der Company-Frequenz nicht ernst gemeint sind. Und das Ritual bietet auch eine Chance: Susanne und Herbert konnten mit ihrer TBM 850 das Feld von hinten aufrollen und 5 (in Worten: fünf) Flugzeuge überholen, was ihnen nach der Ankunft in Broome einige Runden Bier wert war. Danke, Susanne und Herbert, wir werden morgen mit full flaps / gear down fliegen !
Die Strecke von Ayers Rock nach nach Broome: Sand, Sand, Sand. Aus FL 220 nicht eben spektakulär. Kein Wunder, dass mich die Airline-Piloten, welche sich während meiner Saharadurchquerungen jeweils als Relaisstationen zur Verfügung stellten, um meine Flughöhe 2000' AGL beneideten; aus dieser Höhe ist nämlich jede auch noch so wüste Wüste ein graphisches Kunstwerk. (Kommt dazu: bei der Caravan beinträchtigen keine Flügel und keine Triebwerke die Sicht nach unten. Aber, zugegeben eine Klimaanlage wie in der Cheyenne wäre auch in der Caravan sehr angenehm.)
Natürlich waren wir wieder die letztem in Anflug und damit auch die letzten beim Tanken. Aber die Wartezeit wurde uns nicht lang. Broome ist ein Platz, von welchem aus das Outback versorgt wird, uns so stehen niergends soviele Busch- und Wasserflugzeuge herum wie hier; dann gabs das Gespräch mit dem jungen Piloten, welcher mit einer C210 einen Sarg von Christchurch nach Alice Springs zu transportieren hatte und zu guter letzt die Landung einer Dash des australischen Zolls, welcher uns eine Kanguruh-Landung vorführte, wie ich sie bei einem so grossen Flugzeug bisher noch nie gesehen habe (wir rätselten darüber, wieviele Landungen der Pilot in seinem Flugbuch zählten wird.)
Weitere highlights des Tages: wir feiern Falkmars Geburtstag, bei Temperaturen von weit über 30 Grad schmeckte das Freibier besonders gut. Und: eine besonders illustre Crew ist auf dem Titelblatt der neusten Druckversion von Pilot und Flugzeug abgebildet.
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