Ja, kann ab und an sinnvoll sein, nein, kürzt sich nicht raus, der induzierte Widerstand nimmt ja objektiv ab, bilanziell kannst du die Gesamtenenergie im Flugzeug erhöhen; wie sinnvoll ist das, je nach Situation?
Naja durch den geringeren Widerstand erzeugst du auf jeden Fall mehr Fahrt (Wkin), die erst danach leichter zu Wpot umgewandelt wird. Es ist physikalisch nix anderes, als im Windschatten eines anderen Autos zu beschleunigen bzw. als Fahrradfahrer im Windschatten einen Weltrekord aufzustellen, oder in einer Röhre im Vakuum statt mit normalem Luftwiderstand zu beschleunigen. Die Gesamtenergie wird also auf jeden Fall größer. Immer. Notwendigerweise.
Die Frage ist, wann ist das sinnvoll. Bilden wir nur zur Verdeutlichung zwei Extrembeispiele:
a) Du willst einen Ferryflug mit 30% behördlich genehmigter Überladung machen, der Platz ist am Meer, die Startbahn ist 3000 m lang, aber üblicherweise bist du nach 400 m in der Luft? Bei einer derartigen Avgasbombe willst du so wenig Reibung und Reifenplatzergefahr wie möglich haben, also so früh wie möglich in der Luft sein. Vr wird größer sein als sonst. Und, sobald abgehoben, je schneller, desto mehr Auftrieb, bei weniger induziertem Widerstand. Für den Fall eines (SEP) Motorausfalls, landest du wieder und rollst vorsichtig aus.
b) Du willst einen Filmstunt mit einer STOL-SEP drehen und mit 1% schneller als Vs mit jaulender Tröte über einen Tannenwald „hot and high“ rausfliegen (Actionszenario Flucht vor einem Drogenkartell in den Anden etc.). Die Langsamkeit ist das Nervenzerfetzende. Beim Testen für den Dreh übst du an einer abgesperrten Grasbahn mit kleinen Heliumballons an leicht zerreißbaren Wollfäden, um ein Gefühl für Tempo und Winkel zu bekommen. Das einzige, was du hier testest, ist Fliegen ohne Bodeneffekt am Rand der Physik.
Und jetzt die Frage, welches der beiden Szenarien hat mehr Fehlertoleranz? Eindeutig a). Nur - in der Praxis will man ja auch diesen Extremfall nicht. Je nach Maschine, Beladung, Topographie, Bahnlänge etc. ist es überflüssig.
Was dir Beschleunigung auf Vy im Bodeneffekt immer bringt, ist mehr Optionen für die Schrecksekunde, weil hier der Puffer erhöht wird (im Segelflug rechnen wir immer mit dem Seilriss, im Motorflug würden wir mit einem unzuverlässigen Motor gar nicht erst zum Start rollen…).
Ich finde, dass es einfach Möglichkeiten erweitert. Aber egal ob hot, high, nah an MTOM (und ohne Hindernisse im Abflug): Wir reden wir da aber immer noch über Details und Theorie. Es sei denn, wir fliegen wirklich am Limit von Testpiloten oder STOL-Wettbewerben.
Ganz einfach pragmatisch sehen: Allein wegen der Möglichkeit des Seilrisses beschleunigt man im Segelflug beim Winschstart noch kurz nach vorne, bevor man sanft in den optimalen Steigwinkel geht. Für den Motorflug ist das kaum was anderes: Kurz nach dem Rotieren auf exakt Vy zu achten, wird an den meisten Plätzen keinen merklichen Unterschied machen, als kurz flach zu bleiben, bevor man sanft die Nase in den sinnvollsten Steigflugwinkel bringt mit der richtigen Dosis an Seitenruder. Bei „heiß und MTOM“ nutzt man dann halt ein bisschen Physikkenntnis für effizienteres Beschleunigen vorm Steigflug mit optimaler Steigrate. (Bei Soft Field T/O ändern wir unsere Parameter ja auch nur ein bisschen, einfach weil es sinnvoll ist).