Hallo,
erstmal in die Runde: Interessante Diskussion, ich hoffe, das geht so weiter!
Bei welcher Geschwindigkeit ist der Energieverlust am geringsten, der vermutlich hauptsächlich in Form von Widerstand entsteht?
Diese Geschwindigkeit ist v_BestGlide (bei stehendem Motor) bzw. v_y (bei Vollgas). Praktisch sind diese beiden Geschwindigkeiten bei unseren Kleinflugzeugen im Rahmen der Genauigkeit, mit der man in dieser Stresssituation fliegen kann, identisch.
Die Frage, ob es besser gewesen wäre, mit v_x oder v_y zu steigen, hängt vom Einzelfall ab. Vorrangiges Ziel ist es ja, die zur Verfügung stehende Gesamtenergie in möglichst geringer Zeit zu erhöhen, und diese ist:
E_gesamt = m*g*h + 1/2*m*v^2
Nach dieser Formel wäre ein Steigen mit v_y immer zu bevorzugen, denn im Falle des Falles bin ich schneller und habe über die Zeit mehr Höhe aufgebaut, also habe ich sowohl mehr potentielle als auch mehr kinetische Energie.
Warum steigt man dann überhaupt mit v_x? Wenn man den Spezialfall Short-Field mal außer Acht lässt, dann bleibt als Vorteil lediglich, dass man natürlich früher auf v_x als auf v_y ist. Man hat also einen Zeitvorteil, der allerdings in der weiteren Folge schwindet (v_y holt auf).
Ich will in die Diskussion aber noch einen anderen Punkt einbringen, der speziell bei sehr leichten Flugzeugen (Zweisitzer, UL, TMG) zum Tragen kommt:
Wenn ich mit v_x steige, steige ich mit einem höheren Anstellwinkel als bei v_y. Nehmen wir zur Vereinfachung mal an, der Motorausfall ist plötzlich und total (also von 100% auf 0% in 0,0 Sekunden), so fliege ich ab diesem Moment ballistisch (Annähernd Parabelkurve mit -9,81 m/s^2 in vertikaler Richtung). Der Flieger hält seine Fluglage (Pitch) aufgrund der Trägheit aber erstmal bei, d.h. mein Anströmwinkel vergrößert sich und wenn ich nicht schnell reagiere, bin ich in kürzester Zeit im überzogenen Flugzustand.
Als Folge machen wir logischerweise: Pitch down! Das bedeutet aber, dass ich den Anstellwinkel des Höhenruders stark vergrößere und dort dann mehr induzierter Widerstand erzeugt wird. Als Folge verzögert der Flieger weiter, weswegen wir vergleichsweise viel Pitch-Down brauchen, um wieder einen flugfähigen Zustand herszustellen und auch noch genug Energie für den Abfangbogen zu haben.
Diesen Effekt sieht man übrigens schön in Jan Brills Video im 2. Versuch (Link zum Video mit Zeitmarke). Motorausfall, Pitch down, soweit alles normal, aber trotzdem wird der Flieger recht hart auf die Bahn geknallt, da zu wenig Energie für den Abfangbogen da ist.
Im Rahmen der Schulung üben wir ja auch den Motorausfall in 50 ft mit Wiederlandung auf der Bahn (EDNY ist dafür lang genug). Man schafft es, je nach Höhe, in diesem kurzen Pitch-Down-Zeitraum nicht, genug Fahrt für einen sauberen Abfangbogen aufzubauen. Ich entschärfe das dann, in dem ich im Abfangbogen etwas Gas reinschiebe. Einmal habe ich es den Schüler ohne Gas machen lassen, das war die härteste Landung meiner FI-Karriere und definitv nichts, was ich wiederholen will.