Guten Tag zusammen
Bei der Atmung fließt der Sauerstoff entlang eines Druckgefälles passiv von der Luft in den Lungenbläschen in das Blut und wird dort im Hämoglobin molekular gebunden.
Der O2 Druck in der Luft in Meereshöhe beträgt 213 hPa, im venösen Blut ist der Druck relativ konstant bei ca. 40 hPa (ja, Druck des gelösten Gases in einer Flüssigkeit !).
Ab ca. 39000 ft ist der O2-Partialdruck in der Luft bei ca. 40 hPa, es kann nichts mehr in der Lunge fließen. Darüber würde trotz Atmung der Sauerstoff sogar aus dem Blut in die Luft in den Lungenbläschen „zurück“ fließen. Spätestens hier gibt es die schnelle Bewusstlosigkeit nach Sekunden.
Durch Luftanhalten und „Pressen“ gegen die aktiv geschlossene Stimmritze, kann der status quo für einige Sekunden gehalten werden. Wer bei einer rapid decompression so cool ist und gegen Psyche und Druckverlust nicht schnappatmet, oder zu mindestens durch eine Wortäußerung automatisch ausatmet, hebe als Erster die Hand. Und wie einige Foristi beschreiben, das Druckgefälle arbeitet gegen den menschlichen Willen. Während dieses Luftanhaltens wird aber weiter O2 im Körper aus dem Blut verbraucht und CO2 produziert. Der nächste zwingend folgende Atemzug wird dann zur Katastrophe.
Ein emergency descent braucht etwa 30 – 60 Sekunden Denkzeit und Steuereingaben, bis der erste Höhenmeter real verloren wird. Dies kann schön in der Unfallakte des Quantas Fluges 80 mit einer B747 am 25.07.2008 ausgelesen werden, das Ereignis begann in FL 290. Bis zum Erreichen von FL100 vergehen weitere Minuten.
Das Luftanhalten hat bestenfalls eine Relevanz für die Zeit bis zum Anlegen der Notsauerstoffversorgung, im Cockpit also der quick donning mask. Aber wahrscheinlich sind da schon Worte gesprochen worden, der Gedanke also wahrscheinlich eher akademischer Natur.
In Businessjets hat der Fluggast über FL 400 schlechte Karten, der Eintritt der Bewusstlosigkeit ist einkalkuliert. Ab hier greift aber die Fremdrettungszeit, also die Reaktion der Crew zum emergency descent. Da diese Form der provozierten Bewusstlosigkeit eine retrograde Amnesie zur Folge hat, kann sich der Fluggast anschließend sowieso nicht an den Eintritt des Ereignisses erinnern.
@ N.Nickisch & S.Jaudas: Erst ab einer größeren Höhe, oder manueller Anwahl des emergency mode, liefert das geschlossene System bei Militärflugzeugen Überdruck in der Atemluft in der Maske. Der ist subjektiv hoch, real aber nur wenige mmHg höher als der Umgebungsdruck. Der höchste Druck wird bei Anti g Manövern bei 9g mit bis zu 60 mmHg Druckerhöhung erreicht. Das sind ca. 80 hPa und damit nur 7,9% Druckerhöhung bezogen auf Standardatmosphäre. Exorbitant ist da nicht die ideale Wortwahl.
@ E-P Nawothnig: bis 213 hPa Druckhöhe, ca. 37350 ft, reicht 100% Sauerstoff um 100 % Sauerstoffsättigung im Blut zu erhalten.
@ Eric N: in der Druckkabine ist der O2 Partialduck genau 21 %, egal wie hoch der absolute Druck ist.
@Patrick: jeder Kampfjet hat eine Druckkabine
Wer noch etwas lesen möchte:
https://helko-verlag.de/wp-content/uploads/2019/10/0616.pdf
aus dem Magazin Luftsport, Juni/Juli 2016, auf Seite 18 und 19.
Mit Fliegergruß
Ulrich Werner