... sondern im Vergleich zu sich selbst vor fast 30 Jahren. Und das ist dann schon etwas, was man auch selbst beurteilen kann.
Das kann man schon alleine deswegen erst Recht nicht beurteilen, weil man "sich selbst vor 30 Jahren" ja gar nicht kennt. Alles, was man kennt sind 30 Jahre alte Erinnerungen, die typischerweise mehr über das Selbstbild aussagen, als über die tatsächliche Realität. Selbs für die Persönlichkeitsstrukturen, die nicht dazu neigen, ihr eigenes Bild aus der Vergangenheit zu verzerren ist es völlig normal, dass man sich z.B. an Extremsituationen besser erinnert, als an "normales". Deswegen war das "eigene ich vor 30 Jahren" auch gefühlt öfter in solchen.
Im Buch "The Killing Zone" wird die Behauptung aufgestellt und recht überzeugend vertreten, dass es die Anfangszeit der Fliegerei (die ersten 200-300 Stunden) sind, die am gefährlichsten sind.
Das ist absolut richtig, widerspricht aber den Aussagen hier nicht:
Es ist nun mal biologischer Fakt, dass körperliche und kognitive Funktionen ab einem bestimmten Alter abnehmen (übrigens nicht erst bei "alten" Menschen, sondern schon ab einem Alter von etwa 30-35). Über viele Jahre wird diese Abnahme noch kompensiert durch eine überproportionale Zunahme von Erfahrung.
Irgendwann dreht sich aber dieses Verhältnis, weil zum einen sich die Abnahme der Leistungsfähigkeit beschleunigt während der zusätzliche Erfahrungsgewinn immer kleiner wird und zum Anderen es immer größere Schwierigkeiten gibt, sich in neuen Situationen zurechtzufinden, in denen kein Erfahrungswissen vorhanden sein kann. Daher gibt es z.B. immer noch eine signifikante Anzahl Autofahrer das Navi in ihrem Auto ignorieren und lieber mit der Falk-Karte oder dem Shell-Atlas navigieren. Das ist auch überhaupt kein Problem, so lange diese neue Technik "ignorierbar" ist und man das nicht zwingend nutzen muss.
Alles ganz normal und hat überhaupt nix mit dem Fliegen zu tun. Das geht Autofahrern, Handwerkern, Musikern, etc. allen ganz genau so. Und alle merken nur sehr schlecht bis gar nicht an sich selbst, dass sich etwas verändert hätte oder gar, dass man langsam die entsprechende Tätigkeit nicht merh voll ausführen kann.
Allerdings gibt es bei Hobby-Piloten eine Besonderheit, die für die meisten anderen Tätigkeiten nicht in diesem Umfang gilt: Sie fliegen nur extrem selten mit Personen zusammen, die ihre Leistungsfähigkeit von Aussen beurteilen können. Flugpraxis ist generell oft eine Herausforderung - aber wenn mann dann auch noch all die Flüge abzieht, bei denen auf dem rechten Sitz kein anderer Pilot, sondern ein (nicht-fliegender) Freund, Familienangehöriger oder gar niemand sass, dann wird es sehr oft sehr dünn. Für manche Piloten ist sogar der obligatorische Übungsflug der einzige Flug alle 2 Jahre, in denen jemand die Leistung beurteilen kann.
Vergleicht man das mit dem Autofahren, dann wird das Problem klar: Es gibt wohl keinen Fahrer auf der Welt, der nach dem ersten oder zweiten Hinweis "Mensch, langsam solltest Du aber das Auto öfter stehen lassen" seinen Führerschein abgibt. Ein Autofahrer (und einige von uns haben sicher Erfahrung mit den Eltern in dieser Beziehung) hat sicher duzende, wenn nicht hunderte Male so etwas gehört, bevor er auch nur ernthaft drüber nachdenkt - und zwar immer von Beifahrern, die selber einen Führerschein haben und deswegen die Fahrleistung in etwa beurteilen können.
So viele Chancen haben Piloten nicht - und deswegen braucht es Mechanismen, die diese Chancen schaffen.