ZZZ: Im gegebenen Fall waren nun beide Piloten nicht gerade Flugschüler, und dennoch hielt der "Kunde" offensichtlich den FI für kompentent, ihm das Flugzeug "vertraut" zu machen, um den wörtlichen Begriff zu nehmen.
Im Bericht steht, daß der Flieger ein Vereinsflugzeug ist. Was nicht erwähnt wurde, ist die Frage, ob eine Einweisung durch einen Fluglehrer vom Halter (dem Verein) vorgeschrieben war. Dies ist gerade bei „heiligen Kühen“ nicht selten. Zumal der rechts sitzende FI ja offenbar durchaus einige Stunden mit dem Flugzeug verbracht hatte. Man weiß natürlich nicht, wie er seine 25 Stunden Erfahrung gesammelt hat, aber es lässt sich in dieser Zeit schon einiges über das Flugzeug lernen, was auch lehrenswert ist.
ZZZ: Aber woher kommt dieser Anspruch, unbedingt "aerodynamische Gewalt" wie die genannten Verfahren praktisch zu vermitteln? Wäre "dem Kunden" nicht mehr "meinen" Fragen im Sinne der Sicherheit gedient?
Also zum einen kann man das Eine tun ohne das Andere zu lassen, zum anderen muß der Flieger natürlich wissen, wie sich das Flugzeug in Annäherung an Grenzsituationen verhält, damit er diese auch erkennt, wenn seine Aufmerksamkeit nicht dem Fahrtenmesser gilt.
Chris T: Und frage mich, ob das Trainingsrisiko überhaupt der Sache angemessen ist.
Überziehen im allgemeinen? Ja natürlich. Die Stall/Spin Unfälle außerhalb der Schulung sind zahlreicher als diejenigen während der Ausbildung (https://www.aopa.org/images/asf/spin_3.gif)
Chris T: Wer hat sich das eigentlich ausgedacht, was "fliegerisches Handwerk" sein soll und was nicht?
Du versuchst gerade zu definieren, daß ein Pilot eines Flugzeuges dieses nicht über den gesamten Bereich der zugelassenen / möglichen Flugenveloppe bedienen können muß. Wenn man nur Pilot werden will, reicht das vielleicht auch. Aber sollte man – und daß es viele dieser Fälle gibt ist leider gut dokumentiert – in die Lage kommen, in niedriger Höhe ungewollt zu überziehen, hilft NUR ein schnelles agieren, und dazu muß man wissen, was man tut. Diese Situationen sind nicht der Moment um in einem Buch nachzulesen, was man jetzt am besten tut. Der Flieger muß den Zustand schnell und sicher erkennen und schnell und sicher die Gegenmaßnahmen anwenden, damit er eine Chance hat nicht als BFU-Bericht zu enden.
Chris T: Mir deucht, statt dieser Stunts wäre etwas mehr Meteorologie angebracht. Denn beim Interpretieren der Vielzahl von Meteo-Produkten sind die meisten (mich eingeschlossen) eigentlich überfordert.
Ich dachte, Deine FAA-Ausbildung wäre so über alle Zweifel erhaben? Ist aber auch egal. Sich WISSEN anzueignen ist eine Holschuld. Lernen muß der Flieger selber, und Angebote auch die meteorologischen Zusammenhänge gelehrt zu bekommen sind mannigfaltig, die Literatur dazu erschöpfend. Aber ein Flugzeugen in den Grenzflugzuständen zu beherrschen und diese zu erkennen, kann man nicht aus einem Buch lernen. Genausowenig wie man landen aus einem Buch lernen kann, oder Spornradfliegen oder Kunstflug.
Alfred: Im Theorie Unterricht wird viel mehr Gewicht auf Technik gelegt, obwohl der Pilot keinen Schraubenzieher in die Hand nehmen darf.
Das stimmt nicht. An einem ELA1, also an den üblichen Brot- und Butter-Flugzeugen in der AL, darf ein Pilot ALLES selber machen. Einiges, darunter einen Großteil der Routinekontrollen, darf man, legitimiert durch einen Pilotenschein im Rahmen der Piloten-Halter-Wartung auch selber freigeben. Und natürlich trifft der Flieger mit guten Systemkenntnissen im Zweifel auch die fundiertere Entscheidung. Auf die Idee von Chris T, daß sich die Spreu vom Weizen durch die Entscheidung nicht zu fliegen trennen würde, übertragen, bedeutet dies, daß nur der Flieger natürlich auch erkennen muß, daß sein Flugzeug fluguntauglich ist, oder bald wird.
Wir können schlechterdings verlangen, Fliegern in Wartung, Halterschaft, Flugdurchführung, Flugplatz- und Flugartauswahl mehr Eigenverantwortung zu übertragen, gleichzeitig aber für einen Abbau von Wissen eintreten, teilweise unterhalb dessen, was sich durch blutige Erfahrung als essentiell herausgestellt hat.
Alexis: Für einen Approach Stall in einer 152 oder 172 oder Warrior sind 2000 ft AGL wirklich ausreichend.
NUR, wenn bei „first indication“ das Verfahren zum recovern gelehrt wird. Alles andere braucht deutlich mehr Höhe, alleine schon für die Übung. Wenn der Schüler auch aufgrund der nichtvorhandenen Sicherheitsmarge nicht dazu kommt, den Flieger selber zu erfühlen und den Zustand zu erfliegen, hat die ganze Übung ihr Ziel verfehlt.
Die Crew der Lanceair im Bericht hatte ja wegen Wolken schon nicht mehr Höhe zur Verfügung. Dann muß man die Einweisung auf ein solches Muster (oder äquivalent die Überziehübungen) auf einen anderen Termin verschieben.
ZZZ: Wenn das Risiko, beim Training umzukommen, höher ist als die Wahrscheinlichkeit, dass der Ernstfall auftritt […]
Das ist ja beim Schulen von überzogenen Flugzuständen nicht der Fall.
ZZZ: Nun zum Konkreten, alles etwas radikal formuliert
Die Möglichkeiten, einen Stall zu erleben ist ziemlich gut an den Unfällen aus Stall/Spin /LOC-I abzulesen: Verwandtenbesuchskurven, Ausweichen, Endanflugkurven, An- und Abflüge..
Klar, wenn alles gut läuft, kann man sich die kompletten Übungen zu Notfällen klemmen. Aber wenn nicht, findet sich der Pilot in der Unfall-Datenbank wieder.
ZZZ: Die erfolgreiche Stallrecovery Full-Flaps in Bodennähe verblüfft mich so sehr, dass ich dazu kaum was schreiben kann.
Dann fehlt Dir Erfahrung. Das herausfliegen aus dem Power-On Full Stall in Bodennähe ist sogar Soft-Field Handbuchverfahren für die MS894…