Da ich nun von mehreren gebeten wurde, den Ansatz etwas mehr zu erklären, habe ich anbei das Spreadsheet angehängt.
Es ist leider nicht gerade selbsterklärend und gut strukturiert (ganz anders als ich sonst arbeite :-).
Ich beschreibe hier deshalb den Ansatz und hoffe, mit den folgenden Erklärungen kann - wer will - das Spreadsheet entweder anpassen oder komplett selbst nachbauen.
1. Zunächst: der innere Teil des Rechenrads ist rechnerisch ziemlich trivial (einfach Gewicht aufsummieren) und man kann diesen Teil nutzen, um die Grafikerstellung in Excel nachzuvollziehen. In dem Block ab Zelle J8 findet man: in Spalte J die Zahl Erwachsener (1,2,3,4), in Spalte K zugehörig die Winkel des Drehrads (20 Grad entsprechen 80kg), in Spalte L und M die X und Y-Koordinaten der Beschriftungen im Drehrad, und in der Grafik (ab Zeile 79) sieht man die Anordnung der Zahlen (1,2,3,4).
Die gelbe Eingabezelle K9 dient dazu, das Drehrad in der Grafik drehen zu können (zum Austesten in der Excel-Grafik).
Spalten N, O, P sind die Daten für den ersten Kreis, entlang dessen nachher geschnitten wird. Und so weiter; die Spalten nach rechts ergeben die Daten für die immer weiter außenliegenden Kreise und Beschriftungen.
Und so weiter für den inneren Teil (Gewicht aufsummieren).
2. Komplizierter wird es beim Performanceteil.
Das Spreadsheet enthält oben links ab Zelle B9 einen Rechenblock, mit dem man die Rechnung ausprobieren kann. Gelbe Zellen sind Eingabezellen, orange Zellen sind Modellparameter.
Die grundlegende Annahme des Fits ist, dass sich die Rollstrecke als Produkt einer Konstante mal vier Einflussfaktoren berechnen lässt:
Bei MTOM, Meereshöhe und 15°C ohne Wind beträgt die Ground Roll meines Fliegers laut POH
G_standard = 500m,
und bei abweichenden Werten berechnet sich die Ground Roll näherungsweise als Produkt
Ground Roll = G_standard * f_PA * f_T * f_M * f_W mit den Korrekturfaktoren
Pressure Altitude: f_PA = (1 - Druckhöhe[ft]/145442)^(-5,255876*k))
Temperatur: f_T = ((273,15 + Temperatur[°C])/288,15)^k
Masse: f_M = (Masse/MTOM)^m
Wind: f_W = (1 + Gegenwindkomponente/Rotationspeed)^(-w)
Die Parameter k, m und w sowie G_standard werden aus den die Kurven im POH des Fliegers durch Ausprobieren bzw. Fits ermittelt. Diese Fits habe ich im Rechenblock ab Zeile 56 für die drei Blöcke PA+T, M und W ausprobiert und dabei auch die Fehler abgeschätzt (die Fehler minimiert mittels des Excel-Solvers, dabei Unterschreitungen stärker bewerten als Überschreitungen). Diese Fits muss man für ein anderes Flugzeug natürlich neu bestimmen und deren Qualität beurteilen.
In meinem Fall (M20J) habe ich k=2,46889, m=2,7268673 und w=0,4047607 als guten Fit ermittelt.
Die kruden Konstanten in den obigen Formeln kommen übrigens von Einheitsumrechnungen sowie den Eigenschaften der Standardatmosphäre und sind in https://www.eaa393.org/Cleco/Cleco03/to-m20e_3.htm nachzuvollziehen, wo ich den Ansatz auch herhabe.
3. Nun zu der Umsetzung im mechanischen Rechner.
Um multiplizieren zu können, müssen wir erstmal von einem additiven Denkschema in ein muliplikatives (logarithmische Skala) wechseln.
Wie oben beschrieben, auf der Innenseite des Stators (obige Tabelle im Spreadsheet links von Spalte AC) entsprechen 20 Grad genau 80 kg, also einem additiven Gewicht.
Auf der Außenseite des Stators (obige Tabelle im Spreadsheet rechts von Spalte AM) geht es um die Rollstrecke und damit die o.g. Einflussfaktoren, und hier geht es logarithmisch zu: Hier entsprechen 100 Grad einem Faktor e bzw. Summand 1 im Logarithmus. (Damit entsprechen 69,3 Grad einem Faktor 2, also einer Verdopplung der Rollstrecke).
Die Spalten AC bis AM sind die Beschriftungen des Stators mit den Anfluggeschwindigkeiten. Dort sind auch die Führungslinien, die die additive Gewichtslogik (20 Grad = 80 kg) in die Rollstreckenlogik (69,3 Grad = Verdopplung) übersetzen, also den Logarithmus ziehen.
Die Formel
Ground Roll = G_standard * f_PA * f_T * f_M * f_W
wird logarithmisch zu
ln(Ground Roll) = ln(G_standard) + ln(f_PA) + ln(f_T) + ln(f_M) + ln(f_W)
wobei alle Summanden entsprechend der Relation 1 Grad = Summand 0,01 auf dem Rechenschieber stehen.
Im Spreadsheet ab Spalte AS (Temperatur) nach rechts findet man die Berechnungen. Hier stehen dann zum Beispiel die Temperaturen und daneben (durch die o.g. Formeln hergeleitet) die passenden Winkel sowie die dazu passenden grafischen Koordinaten für die Beschriftungen.
4. Für die Produktion der aufklebbaren Beschriftungen des Rechenrads habe ich die Grafik des Spreadsheets nach Powerpoint kopiert und dort verschönert, zB die Zahlen in den richtigen Ablesewinkel gedreht je nach ihrer Position. Dann das Ganze auf einen Aufkleber ausgedruckt, mit Klarlack übersprüht (um die Druckerfarbe zu schützen) und dann ausgeschnitten und aufgeklebt.
5. Das Rechenrad selbst ist ein 3D-Druck. Anbei die STL-Dateien. Alle müssen auf 10% skaliert werden. Die Rotoren werden in die Grundplatte eingelegt (bleiben beweglich) und die Statoren zur Befestigung darüber mit Kunststoffkleber angeklebt.
Wenn sich jemand die Arbeit macht und diesen Ansatz nachvollzieht und seinen eigenen Rechenschieber baut, würde ich mich über einen Kommentar hier freuen!
Nachtrag: auch das Spreadsheet, welches die o.g. herkömmliche W&B-Grafik erzeugt, ist angehängt.