Es bedeutet nämlich, dass noch öfter und vermutlich viel früher "hingeschmissen" wird. Für den bis dahin angerichteten Schaden müssen andere Privatpersonen und Unternehmen zahlen. Das Vertrauen in "junge Unternehmen" wird noch geringer, das Überwinden von anfänglichen Problemen noch schwieriger.
Im Bereich der sog. Startups wird eine Menge zu diesem Thema erlernt und in der Praxis erforscht bzw. ausprobiert. Eines der Hauptprobleme, die dort häufig beobachtet werden können, ist mangelndes Fachwissen für die Umsetzung einer Idee oder mangelndes Fachwissen zum Finden eines Marktes und des dazu passenden Produktes.
Das nötige Wissen lernt man weder in der Schule noch an der Universität und oft wird gelernt während es gleichzeitig unter Zeitdruck um die Umsetzung geht. Am Ende überleben diejenigen, die schneller lernen als andere.
Ohne Wagniskapitalgeber, die wenigstens für einige Monate eine 100% Konzentration auf das Startup ermöglichen, würde das nicht funktionieren. Die restlichen Randbedingungen machen das aber für Leute im mittleren Alter, die bereits z.B. eine Familie haben, nicht attraktiv.
Das Positive ist, daß man in diesem Bereich dank Investoren etwas wagen kann ohne im Falle des Fehlschlages überschuldet zu sein. Das Negative ist, daß Risikokapitalgeber notgedrungen eine falsch bepreiste Gelegenheit suchen und der potentielle Markt immer sehr, sehr groß sein muß, weil es nötig ist sehr große Verluste durch einen großen Gewinn ausgleichen zu können. Man kann häufig lesen, daß von 10 Startups 7 eine Totalabschreibung werden.
Ohne entsprechende Absicherung ist angstfreies Experimentieren nicht möglich. Es braucht zum Experimentieren und Beschreiten von Neuland entweder eine etwas draufgängerische Einstellung oder halt eine Umgebung, die Fehlschläge tolerierbar macht.
Übrigens hat die FAA im Rahmen der Arbeiten an Aeronautical Decision Making festgestellt, daß gerade erfolgreiche Unternehmer oft Persönlichkeitsmerkmale haben, die einer sicheren Entscheidungsfindung während der Vorbereitung und Durchführung eines Fluges entgegenstehen. Gerade die Bereitschaft Risiken einzugehen ist das eigentliche Risiko.
Im Rahmen meiner Arbeit ist gerade in Großunternehmen die Angst vor Fehlschlägen der Grund warum neues Wissen nicht angewendet wird oder Maßnahmen zum Erlangen von neuen Wissen nicht ergriffen werden. Die Angst vor dem potentiellen Verlust einer Beförderung oder dem Verlust des Bonus wirkt extrem abschreckend. Neulich hatte ich einen besonderen Fall. Da beträgt der Jahresbonus das 18-fache des monatlichen Gehaltes für Entwickler. Entsprechend will sich da niemand aus dem Fenster lehnen und etwas Neues wagen. Damit wirkt gerade der Anreiz als Bremse. Das belegt doch ganz gut, daß überliefertes Wissen nicht so ganz richtig sein kann.
Psychologen haben das erforscht und das Ergebnis ist, daß nur durch das Schaffen einer Umgebung, in der die Anforderungen des Systems und die Bedürfnisse der Teilnehmer im Einklang zueinander stehen Wandel und Entwicklung möglich sind. Wie man das schafft kann man lernen, aber man muß dazu aus der Box heraustreten. Das allein ist aber schon sehr schwer.
Hier ein Beispiel von der US Navy, wie man aus dem schlechtesten U-Boot der Flotte eines der besten Boote macht. Der Kapitän David Marquet berichtet in
Turn the Ship Around wie man aus Befehlsempfängern Führer macht und in der Folge Verantwortung delegieren kann. Ich erwähne das, weil es gut zeigt, daß das allgemein hier geäußerte Menschenbild nicht so ganz stimmen kann. Im Buch finden sich auch Hinweise darauf, daß viele der "listed men" in der Navy typischerweise aus bildungsfernen Familien kommen und die Navy/Army ist für diese in USA typischerweise ein Ausweg aus der eigenen schlechten Situation. Ich kenne selbst so einen, der im Trailerpark irgendwo in Nebraska aufgewachsen ist. Dank der Army hat er studiert und ist heute selbständig. Gäbe es das ziemlich große US Militär nicht, was würden diese Leute dann wohl tun?