Das Problem sind nicht die Segelflieger. Die haben fast alle FLARM. Für deren Anwendungsfall ist das ein günstiges, verbreitetes und bewährtes System. Es gibt ca. 12.000 FLARM allein in DE.
Mit einem günstigen Kombigerät kann man die gut im Motorflugzeug oder Hubschrauber empfangen. Im Gegensatz dazu haben viele Motorflugzeuge aber nach wie vor weder ADS-B Out noch FLARM. Da ist der Handlungsbedarf weitaus größer!
Wie ich schon schrieb, sollte in Motorflugzeugen idealerweise beides (ADS-B In / Out und FLARM) eingebaut werden. Das ist, in Relation zu den Anschaffungs- und Betriebskosten eines Motorflugzeugs, nicht allzu teuer.
Was ist also dein Punkt? FLARM ist dir nicht gut genug, also sollte das niemand verwenden?
Andersherum für alle ADS-B zu fordern ist kaum realistisch. Um ES auf 1090MHz (SSR) mit SIL = 1 und SDA = 1 senden zu dürfen, brauchst du nicht nur einen zertifizierten Transponder sondern auch eine entsprechende zertifizierte GPS-Quelle - und ausreichend Strom für den Betrieb. Da wäre vielleicht - wie in den USA - ein zweiter Frequenzbereich mit niedrigeren Anforderungen an Genauigkeit und Sendeleistung eine Lösung; haben wir aber derzeit nicht.
Für die Kollisionsvermeidung bringt das ADS-B auch keinen großen Vorteil gegenüber FLARM, es trägt nur zu mehr Situational Awareness und "onboard entertainment" bei. Praxisbeispiel:
Ein Segler kreist im Bart und ich fliege auf diesen mit beispielsweise 120 kts zu. Dank FLARM wird mir das Segelflugzeug spätestens zwei Minuten vorher "stabil" in meiner Moving Map - und falls vorhanden im EFIS oder Air Traffic Display - angezeigt.
Der Alarm Level ist dann aber 0 (informational) weil aus einer Entfernung von ca. 4-5 NM auch kaum zu beurteilen ist, ob wir uns überhaupt kritisch annähern werden. Zu dem Zeitpunkt kann ich das andere Flugzeug oft noch gar nicht sehen. Ich hab also - dank des FLARM im Segler - bereits eine deutlich bessere Situational Awareness als ohne. Wenn ADS-B Out vorhanden ist, sehe ich das andere Flugzeug noch früher; was die SA noch weiter erhöhen könnte, aber zur Kollisionsvermeidung kaum noch einen Vorteil bringt.
Die Wahrscheinlichkeit einer Kollision kann prinzipbedingt erst mit ausreichender Genauigkeit vorhergesagt werden, wenn sich die Ziele weiter annähern. Das ist übrigens selbst bei einem aktiven TCAS nicht anders. Bei Flughöhe 5.000 ft generiert ein TCAS die RA auch erst 20 Sekunden vorher. Die Entfernung beträgt in meinem Beispiel dann immerhin noch etwas über 1.200 Meter.
Wenn du schneller fliegst oder dir das andere LfZ entgegen kommt, erfolgt die Warnung bei gleicher "estimated time to impact" aber größerer Distanz. Mir erscheint eine Vorwarnung basierend auf verbleibender Zeit sinnvoller als anhand der Entfernung.
Verkehrpiloten reagieren lt. Untersuchungen in durschnittlich 3 Sekunden auf eine RA. Vermutlich braucht der Privatpilot etwas länger. Aber wie lange brauchen du oder ich, um auf ein eindeutiges visuelles und akustisches Alarmsignal mit Steigen oder Sinken zu reagieren?
Bei PowerFLARM und TRX höre ich an der Tonfolge (hoch-tief bzw. tief-hoch), ob der Konfliktverkehr höher oder niedriger fliegt und weiche halt andersherum aus. Das AT1 sagt mir "above" oder "below" und ich fliege dann in die jeweils andere Richtung. Nur bei "same altitude" hab ich ein Dilemma, wenn ich das andere Flugzeug nicht sehe. Da hängt es dann von der Situation ab, wohin ich ausweiche. Auf der Map bzw. im FLARM Display sehe ich immerhin, in welcher Richtung das andere Flugzeug sich befindet. Wenn ich das ECD aufs PFD aufgeschaltet habe und das Ziel "vor" mir ist, sehe ich dort einen dicken gelben Kreis.
In der hypothetischen Situation bin ich immer noch besser dran als ohne ECD - dann hätte ich das andere LfZ nämlich vermutlich gar nicht bemerkt.
Man kann diskutieren, ob z.B. 30 Sekunden Vorwarnzeit (dafür mit geringerer Prognosegüte) oder ein zusätzliches Ping (wie ein TA im TCAS) sinnvoll wären. Aber das sind Details.
Ich halte angesichts der gegebenen Realitäten ein ECD, das FLARM und ADS-B empfängt, in Kombination mit einem entsprechenden Anzeigegerät für eine absolut sinnvolle Ergänzung von "see & avoid".
Ich seh das eim bisschen wie Bremsassistent, ESP oder AIrbags im Auto - die bieten auch keine 100% Sicherheit; aber würdest du darauf verzichten?