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7. September 2021: Von Ingo-Julian Rösch an Alexandra Eckelmann Bewertung: +3.00 [3]

Zum Thema Form 1 und Einbau von Gebrauchtteilen ohne "Papiere" (gemeint Form 1, ein STC brauchst Du grundsätztlich trotzdem) schau mal in 21.A.307 der EU-Verordnung 748/2021, vor allem in lit. c):

21.A.307 Freigabe von Bau- und Ausrüstungsteilen zur Installation
Ein Bau- oder Ausrüstungsteil darf in als Muster zugelassenen Produkten installiert werden, wenn es in einem betriebssicheren Zustand ist und
a) Gegenstand einer Freigabebescheinigung (EASA-Formblatt 1) ist, die bescheinigt, dass es in Übereinstimmung mit den genehmigten Konstruktionsdaten hergestellt wurde, und gemäß Abschnitt Q gekennzeichnet ist oder
b) ein Standardteil ist oder
c) im Fall eines ELA1- oder ELA2-Luftfahrzeugs ein Bau- oder Ausrüstungsteil ist, das
1. weder lebensdauerbegrenzt noch Teil der primären Struktur noch der Steuerorgane ist,
2. in Übereinstimmung mit dem anwendbaren Entwurf hergestellt wurde,
3. gemäß Abschnitt Q gekennzeichnet ist,
4. für den Einbau in das spezifische Luftfahrzeug identifiziert ist,
5. in ein Luftfahrzeug eingebaut werden soll, für das der Eigentümer die Einhaltung der Bedingungen 1 bis 4 überprüft hat und die Verantwortung für die Einhaltung akzeptiert hat.

oder auf englisch (um Streit um Übersetzungen vorzubeugen)

21.A.307 Release of parts and appliances for installation
A part or appliance shall be eligible for installation in a type-certificated product when it is in a condition for safe operation, and it is:
(a) accompanied by an authorised release certificate (EASA Form 1), certifying that the item was manufactured in conformity to approved design data and is marked in accordance with Subpart Q; or
(b) a standard part; or
(c) in the case of ELA1 or ELA2 aircraft, a part or appliance that is:
1. not life-limited, nor part of the primary structure, nor part of the flight controls;
2. manufactured in conformity to applicable design;
3. marked in accordance with Subpart Q;
4. identified for installation in the specific aircraft;
5. to be installed in an aircraft for which the owner has verified compliance with the conditions 1 through 4 and has accepted responsibility for this compliance.

Bei ELA1 und ELA2 hast Du da, wenn die Teile grundsätzlich für das Flugzeug geeignet sind (also z.B. ein STC haben), große Freiheiten. Struktur (könnte evtl. bei einem Motorträger der Fall sein) oder Steuerflächen sind meist die Ausnahme. Der Motor mag zwar eine TBO haben (bitte aber gegebenenfalls mit dem Hersteller klären ob das nicht doch eine Laufzeitbeschränkung ist, der Motor also nach Laufzeit X zwingend raus muss), eine TBO alleine ist aber nur eine Empfehlung und keine Laufzeitbeschränkung im Sinne dieser Norm. Auch die EASA schreibt dazu ausdrücklich auf Nachfrage:

"Thank you for your e-mail. As indicated in the point (c) of Guidance Material ‘GM M.A.305’ to Regulation (EU) No 1321/2014, a ‘life-limited part’ has to do with a permanent removal from service of a part in compliance with mandatory instructions developed in accordance with Commission Regulation (EU) No 748/2012 (Part 21).

Hence parts subject to scheduled maintenance, of a nature other than ‘mandatory’ are not considered life-limited parts."

Die Form 1, die Du aktuell hast, sind also wahrscheinlich noch von den vorherigen Teilen. Ein Form 1 ist auf ein konkretes Teil bezogen (Seriennummer). Das US-Pendant zum EASA Form 1 ist das FAA Form 8130. Insoweit gibt es auch ein Export-Form, in welchem durch eien FAA-Prüfer bescheinigt wird, dass das Teil ordnungsgemäß (gibt es bei Neuteilen, kann nur ausgestellt werden, wenn das Teil dem Prüfer vorliegt, daher im Zweifel gleich mitbesetllen, nachträglich ist das ganz schwer zu bekommen). Bei Gebrauchtteilen, welche nicht unter 21.A.307 lit. c fallen und aus den USA kommen, bräuchte man ein Dual Release. Das ist ein FAA Form 8130, welches die Freigabe nach EASA und FAA-Regeln bestätigt. Wie das aussehen muss, findet man bei der FAA.

Es gibt von der EASA eine Übersicht über "zugelassene Dokumente

(https://www.easa.europa.eu/sites/default/files/dfu/Parts%20Table%20EASA%20MMT%20Final_0.pdf).

Für ELA1 und ELA 2 ist aber der Hinweis unter der Tabelle wichtig, denn er verweist auf 21.A.307. Euer Motorsegler ist ja voraussichtlich ELA1 (bis 1.200 kg)

"Caution:

Components referred to in 21.A.307(c) of Annex I (Part-21) to Reg. (EU) 748/2012 (for ELA1 or ELA2 aircraft) are not subject to this FAQ: they shall only be accepted if considered eligible for installation by the aircraft owner in its own aircraft.
Standard parts are not subject to this FAQ: they shall be accompanied by an evidence of conformity (e.g. Certificate of Conformity (CoC)) traceable to the applicable standard [see AMC M.A.501(c) to Annex I (Part-M) to Reg. (EU) 1321/2014]"

Die Teile die Du schilderst,

  • Motor
  • Instrumente wie Höhenmesser
  • Transponder
  • Funkgerät

scheinen aber unter 21.A.307 lit. c zu fallen. Ein Form 1 braucht es daher nicht, wenn der Eigentümer zustimmt und die weiteren Voraussetzungen (Eignung, also STC, Kennzeichnung, etc.) erfüllt sind.

Aus meiner Sicht wäre die weitere Frage dann evtl. die "Freigabe" des Einbaus. Einfache Steckverbindungen, Schnellkupplungen und auch die Nutzung von Crimpwerkzeug kann der Pilot-Owner tendenziell freigeben. Antennen gehen (wohl) eher nicht. Funkgerät, Transponder und Höhenmesser wären daher wohl denkbar, wenn es "Schnelkupplungen" gibt, aber da kann man vermutlich wunderbar diskutieren. Nachdem Du hier aber schreibst, der Hersteller hätte das (wohl noch) eingebaut, müsste es ja eine Dokumentation nebst Freigabe geben. Ansonsten müsstet ihr, wenn da noch was fehlt, unterscheiden, was der Pilot-Owner selbst (noch) freigeben könnte und was gegebenenfalls durch einen Prüfer freigegeben werden muss. Dieser muss dann entscheiden, welche "Bedingungen" er vor der Freigabe erfüllt haben will.

Ganz ad hoc dürte es dann aber auch mit der Täuschung durch dern Verkäufer schwierig werden, es sei denn es finden sich beispielsweise konkrete Falschangaben zu Laufzeit oder Zustand des Motors und damit lässt sich eine arglistige Täuschung beweisen (sehr schwierig). Der Verweis des anderen Anwalts auf "Zubehör" ist daher wohl nicht ganz exakt, trifft aber insoweit teils zu, als dass dann zwar dei Teile einen "Unfallbeteiligung" aber wohl keinen eigenen "Unfallschaden" hatten, nicht aber die Zelle. Ist ein Teil aus einem Unfallfahrzeug, welches nicht beschädigt wurde, nun ein "Unfallteil". Vemrutlich kann man dazu eine Doktorarbeit schreiben. Jedenfalls beim Motor würde ich da das beste Argument sehen zu sagen, ein an einem Unfall beteiligter Motor (Krafteinwirkung beim Einschlag) ist jedenfalls erst einmal ein "Risiko" bzw. "Problem". Ob dann die Nichtangabe schon eine arglistige Täuschung ist, ist dann juristisch in der Folge zu diskutieren.

Alternativ wäre unter Umständen (nur) ein Mangel gegeben, dann steht aber im Raum, dass erst einmal die Möglichkeit zur Mangelbeseitigung gegeben werden sollte. Ich wäre daher aktuell mit einer Klage vorsichtigt (von wegen alle Anwälte raten immer nur zur Klage um zu verdienen - im Gegenzug denken auch viele, Rechtsrat ist umsonst und man gibt ja "nur kurz Auskunft") denn bei den Teilen die Du schilderst wäre es durchaus denkbar, dass es schwierig wird, zu beweisen, dass ein "Unfallflugzeug" vorliegt. Ohne eintrittsplichtige Rechtsschutzversicherung würde ich daher erst einmal versuchen die Papierlage gegenüber dem LBA sauber zu bekommen - was ja wohl ohnehin schon passiert ist -, damit der Flieger lufttüchtig ist. Scheitert dies aus irgendwelchen anderen Gründen, wäre auch für einen eventuellen Prozess eine bessere Ausgangslage gegeben, denn ein Flieger ohne passende Papiere wäre sicherlich "mangelhaft". Das Fass "Gewährleistungsausschluss" mache ich da jetzt mal nicht aus. Welche Erklärungen (Anfechtung, Beseitigungsaufforderung etc.) jetzt aber schon abgegeben werden sollten bzw. abgegeben werden können etc. wird euch sicher der bearbeitende Anwalt sagen können.

Gute N8

7. September 2021: Von Alexandra Eckelmann an Ingo-Julian Rösch Bewertung: +2.00 [2]

Guten Abend!

Und herzlichen Dank für diese super ausführliche Antwort sowie die Zeit, die Du dir genommen hast, absolut klasse.

Wie der Zufall es will, bin ich heute genau darüber gestolpert - Du sprichst von "C-STAN / owner accepted parts" und genau das wird auch hier zum tragen gekommen sein.

Noch ein Einwurf von mir. Fehler macht man, um sie zu korrigieren und zu lernen - daher, falls jemand, der dem Herstellerbetrieb angehört, dem ich hier mit Sicherheit mein Misstrauen ausgesprochen habe, mitliest und den Fall erkennt: Ich entschuldige mich. Ich nehme an, dass zumindest herstellerseitig alles soweit korrekt abgelaufen ist. Jedenfalls ist das die Hoffnung, die ich habe.

Noch unklar ist folgendes: Die Betriebzeitenübersicht des Flugzeugs. Dort steht beim Motor "vor dem Einbau": 3 Stunden und "beim EInbau": Stunden. Dann gibt es noch die Zeiterfassung nach dem Prüfflug, dort ist der Motor 30min gelaufen, die Betriebszeit des Motors wird nach Prüfflug aber mit der selben Stundenanzahl wie "vor dem Einbau" angegeben, also 3std. Kann dazu noch jemand etwas sagen? Hängt das eventuell mit der Betriebszeit der neuen Zelle zusammen? Da blicke ich nicht durch.

Also, jetzt ergibt einiges doch Sinn! Allerdings muss, auch wenn der Pilot/Owner die Verantwortung für den Einbau der alten Teile in die neue Zelle übernimmt, auch eine Dokumentation stattfinden, da gibt es auch einen Wisch, der unterschrieben werden muss. Für uns ist irreführend, dass wir davon nie etwas gesehen haben, obwohl der Hersteller in der Kommunikation mit meinem Lebensgefährten schrieb, der Verkäufer hätte doch wohl alle Unterlagen herausgegeben, was das betrifft. Dem ist eben nicht so. Heißt, wir haben nach wie vor das Problem einer absichtlich verschleierten Historie, umso mehr, da ja eben keine (neuen) Form Ones mehr nötig waren, weil von dieser "owner accepted parts"-Regelung Gebrauch gemacht wurde. Das ist meines Erachtens keine sonderlich tolle Sache, da sie Tür und Tor öffnet, ich habe mich heute wirklich lange damit befasst und viele blicken da nicht durch ("kann ich jetzt auf -ebucht- Teil X oder Y kaufen und ohne Papierkram einbauen lassen, ohne Form One usw.?", die Antworten darauf gehen extrem auseinander. Viele scheinen diese Lücke auch (noch) nicht zu kennen. Worüber ich mir auch nicht im klaren bin ist, da gab es sehr widersprüchliche Aussagen, wie es mit Teilen ist, die in einen Unfall/Absturz verwickelt waren. Bisher lautete der Tenor eher so, dass "unserviceable parts removed from an aircraft which has been involved in an accident or incident" (ungefähr der EASA-Wortlaut), nicht ohne dokumentierte Prüfung weiter verwendet werden dürfen. Und genau da ist für mich eine Lücke in der "owner accepted parts"-Regelung. Auch sonst konnte das bisher, nach meinen Recherchen, nieman richtig beantworten. Anders eben mit bereits als gebraucht eingestuften Teilen, die nicht lebensdauerbegrenzt sind oder zur primären Struktur des Flugzeugs gehören, oder eben zu den Steuerorganen - da geht es. Verrückt!

Nochmal zum Thema Zubehör: Zubehör ist in erster Linie alles, was beliebig ausgetauscht werden kann und zulassungstechnisch keine Relevanz hat. Das ist bei dem Motor zB nicht der Fall, ohne den wäre es ein komplett anderes Flugzeug und nicht zulassungsfähig. Vielleicht sähe das bei einem reinen Hilfstriebwerk ohne Möglichkeit zum Eigenstart anders.

Hui, was ein Lernprozess, irgendwo doch eine coole Sache. Wäre da nicht dieser blöde Beigeschmack, fände ich das richtig genial. Vor einigen Wochen wusste ich nicht mal, was ein Form One ist ;-).

VG Alexandra

7. September 2021: Von Chris _____ an Alexandra Eckelmann Bewertung: +2.00 [2]

"Vor einigen Wochen wusste ich nicht mal, was ein Form One ist" - und jetzt weißt du schon mehr als der Durchschnitt dieses Forums (mich selbst natürlich auch eingeschlossen). Wow.

8. September 2021: Von Wolff E. an Alexandra Eckelmann Bewertung: +1.00 [1]

Alexandra, meinen Respekt hast du. Du hast dich super schlau gemacht.....

9. September 2021: Von Alexandra Eckelmann an Wolff E.

Oh, ganz lieben Dank euch! Fühle mich gebauchpinselt :-).

Ich hoffe, die Sache wird sich klären und bleibe dran! Sollte sich etwas Neues ergeben, melde ich mich wieder. Ich hoffe, meinem Lebensgefährten ist der Spaß am Fliegen nicht endgültig vergangen und alles pegelt sich irgendwann wieder ein.

Also, bis bald und beste Grüße aus Niedersachsen!


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