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19. Juli 2013 Jan Brill




Leserreisen-Erkundungsflug nach Attu

Die kleine Aleuten-Insel Attu kann man getrost als das Ende der Welt bezeichnen. Sie ist die westlichste zu den USA gehörige Insel des Archipels, genau genommen ist sie soweit westlich, dass sie schon wieder östlich ist. Sie liegt nämlich auf 173° Ost, die Datumsgrenze hat hier eine Beule. Von Attu aus sind es nur noch 531 NM nach Petropavlovsk (UHPP) auf Kamtschatka in Russland. Nach Japan sind es von dort aus nur noch 1.332 NM. Und genau wegen dieser geografischen Lage interessieren wir uns für die seit dem Zweiten Weltkrieg unbewohnte Insel. Die Casco Cove Coast Guard Loran-Station dort wurde 2010 geschlossen und seit drei Jahren war niemand mehr auf der 1.800 m langen Piste am Ende der Welt. Für die Überquerung des Nordpazifik im Rahmen der Leserreise 2013 wollen wir den Crews jedoch aus Sicherheitsgründen diese Option bieten. Daher haben wir uns die Insel und die Piste am Mittwoch in einem wahrhaftigen Explorationsflug einmal angesehen.

Doch zuerst einmal zu der Frage, weshalb Attu eigentlich so wichtig ist für unseren Flug um die Welt. Die zehn Flugzeuge, die sich verbindlich zur Leserreise im September und Oktober dieses Jahres angemeldet haben müssen irgendwie über den Nordpazifik kommen. Und das sicher und halbwegs zeitig in der ersten Septemberwoche.

Vom letzten "normalen" Flugplatz Adak (PADK) aus sind es 910 NM ins russische Petropavlovsk. Für die allermeisten Flugzeuge der Reise, die von einer Mooney bis zur King Air 200 reichen, liegt diese Distanz im Normalfall gut im Bereich des Machbaren. Normal ist aber so gut wie nichts in dieser Weltgegend. Die Crews haben auf der Strecke mit einigen Schwierigkeiten zu rechnen:

1. Mindestens 50 kts Gegenwind, es können auch gerne mal 70 kts sein.

2. Ein Routing im russischen Luftraum das kaum vorhersehbar ist und einige Umwege beinhalten kann.

3. Eis in den ökonomischen Flughöhen, denn auch im Sommer ist das Wetter auf den Aleuten grässlich.

4. Zu Petropavlovsk gibt es keinen Alternate. Man erreicht entweder den Airport auf Kamtschatka oder man liegt im Wasser.


Alle diese Überlegungen haben uns veranlasst hier für die Leserreise Abhilfe zu schaffen. Attu (PAAT oder ATU) liegt 377 NM von Adak weg und 531 NM vor Petropavlovsk, also nach einem guten Drittel der Gesamtstrecke. Natürlich gibt es auf der Insel außer der verlassenen Coast Guard Piste keinerlei Infrastruktur. Keinen Sprit, keine Leute - gar nichts.

Die Distanz ist aber ideal, um sich von Adak aus dort selber ein Fuel-Depot anzulegen. Bedeutet: Die Crews fliegen am Vortag von Adak nach Attu, deponieren dort Fässer, Kanister oder Turtle-Packs und fliegen wieder zurück nach Adak. Am nächsten Tag können die Besatzungen dann das in Attu deponierte Fuel aufbrauchen und mit vollen Tanks die Reststrecke nach Petropavlovsk in Angriff nehmen.

Das alles ist zweifellos ein bisschen aufwändig, aber wer in Adak auf gute Windverhältnisse für den Non-Stop-Flug wartet, der kann ggf. lange warten.

60 NM östlich von Attu liegt Shemya, eine Air Force Base mit ILS, für die wir als Durchgangsverkehr jedoch keine Genehmigung erhalten haben. Im Notfall könnte man sich jedoch dahin retten, das macht die Sache etwas leichter.

Auch Attu war lange Zeit nur im Notfall anfliegbar. Seit dem Abzug der Coast Guard 2010 ist der Platz aber als normale Low Use Facility der FAA klassifiziert. In den jeweiligen Unterlagen (AF/D) stand jedoch nach wie vor, dass eine Genehmigung der Coast Guard erforderlich sei, die diese mangels Präsenz vor Ort aber nicht mehr geben konnte. Dieser Deadlock kostete uns einiges an Arbeit und erst mit Hilfe der US-AOPA konnte der rechtliche Zustand klargestellt und die Nutzung ermöglicht werden.

Die rechtliche Seite ist aber nur die halbe Miete. Denn in drei Jahren kann eine Menge passieren auf einer Piste im rauen Klima der Aleuten. Daher war eine Inspektion der Piste vor Ort unabdingbar.

Die Gelegenheit dazu bot sich diese Woche, als unsere Cheyenne auf einer Kunden-Rundreise zwei Tage in Anchorage Station machte. Wie liehen uns Max also von den sehr hilfsbereiten Kunden zurück, der Autor flog mit der Linie nach Anchorage um zusammen mit Arnim Stief, der auf dem Kundenflug als Safety mit dabei ist, und der die Aleuten-Plätze von zwei Weltumrundungen bereits kennt, die "Runway-Inspection" in Attu durchzuführen.

Einen ausführlichen Bericht zu diesem recht spannenden Flug von Anchorage über Cold Bay, Dutch Harbor uns Adak nach Attu sowie unsere Vorbereitungen vor Ort finden Sie in der August-Ausgabe von Pilot und Flugzeug. Hier vorab einige kommentierte Bilder des Trips.


Bewertung: +6.00 [6]  
 



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attu-1.jpg

Unsere sechs Zwerge vor dem Einsteigen in Anchorage. Wir führen 6 x 60 Liter in Fässern mit um angesichts der rauen Wetterbedingungen in Attu nachtanken zu können, falls Adak nicht anfliegbar sein sollte.


 




19. Juli 2013: Von Lutz D. an Jan Brill
Ein Wort: Wow!
19. Juli 2013: Von Guido Warnecke an Jan Brill
Safe flights & godspeed!
19. Juli 2013: Von Wolfgang Lamminger an Jan Brill

Jan,

dass nach dieser Veröffentlichung mal keiner auf die Idee kommt und 360 l. Jetfuel klaut ;-)

19. Juli 2013: Von Wolff E. an Wolfgang Lamminger Bewertung: +2.00 [2]
Und wir machen uns Gedanken ob wir uns in Meschede oder Koblenz treffen wollen. Wie wäre es mit ATTU?
22. Juli 2013: Von Mathias Göschl an Jan Brill
WOW !

6 x 60L "Zwerge" Jet-A, d.h. ca. 50+ kg/Fass: von Hand entladen und am "A.... der Welt"
an einen sicheren Ort gerollt und verzurrt. Ihr hattet hoffentlich vorher ein gutes Frühstück !!!

herzliche Grüsse,
Mathias
22. Juli 2013: Von Wolff E. an Mathias Göschl
Deswegen wird es ja auch manchmal "sportfliegen" genannt....
22. Juli 2013: Von  an Mathias Göschl

now worry...jb hat für die cheyenne die montage von pylons beantragt...dann können die 2 fässer zielgenau abgworfen werden....am funk dann: your target is 15 gals at 9 o clock....

mfg

ingo fuhrmeistger

27. Juli 2013: Von  an Jan Brill
Äha! I kriag mei Mei oiwei no ned zua.
(Alle Achtung! Mein Mund steht immer noch offen.)
29. Juli 2013: Von Stefan Wildegans an 
Großes Kompliment der Diashow. Die gibt genau das wieder, was einen wettermäßig auf den Aleuten erwartet. All den Teilnehmern viel Glück auf dieser anspruchsvollen Passage. Und wer dann schon auf Attu, Atka oder Adak landet sollte auch etwas über die Geschichte der Aleuten im zweiten Weltkrieg mit ihren Tragödien wissen, und z.B. auf Attu nur zwei-dreihundert Meter von der Landebahn entfernt an der Masacre Bay die Einschußkrater und alten Stellungen der Japaner besichtigen und der vielen Tausend Amerikaner und Japaner Gedenken, die dort so sinnlos ihr Leben ließen.

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