11. Oktober 2024 22:05 Uhr Jan Brill
Leserreise: Tag 7
Nach Laos: Entlang des Himalaja, Last Minute Permission und GPS-Jamming
Am heutigen Freitag war ernsthaftes Fliegen angesagt. Die Route führte über 1.100 NM von Kathmandu nach Laos. Der Tag bot für die Besatzungen gleich mehrere interessante Herausforderungen – vom Abflug am sehr verkehrsreichen Flughafen der nepalesischen Hauptstadt über Last Minute Permissions die erst in der Luft via Satphone erteilt wurden und großflächiges GPS-Jamming in Myanmar. Belohnt wurden wir allerdings durch einen wunderbaren Ausblick auf den Himalaya und das Mount Everest Massiv.

Das Himalaja-Panorama aus dem Cockpit der Cheyenne. | Problematisch beim heutigen Flug war die Permission für Laos. Denn wir hatten zunächst keinen guten Handling-Kontakt in das Land. Lediglich die Firma ASA, ein in Hongkong ansässiger Handler für große Business-Jets bot die Beschaffung der Erlaubnisse an, das aber nur im “Package” mit einem enorm teuren Handling-Paket, welches die ohnehin schon heftigen Kosten in Laos ohne Not auf das doppelte erhöhten. Zudem bestand ASA auf der eigentümlichen Regel, dass der Kunde erst mal alle Dienstleistungen bezahlen muss - auch solche wie z.B. Wochenendzuschläge die er sicher nicht in Anspruch nimmt - um dann nach dem Umlauf mühevoll Erstattungen abzurechnen.
Allein ein aus Thailand anreisender “Supervisor” der den lokalen Handler vor Ort irgendwie beaufsichtigen sollte, hätte zusätzliche Kosten von mehr als 1.800 US-Dollar verursacht, ohne für uns einen entscheidenden Mehrwert zu erbringen. Das war dann doch etwas zu unverschämt, obwohl man in Südasien bei den Gebühren natürlich eine gewisse Schmerzunempfindlichkeit mitbringen muss.
Mit einigem Aufwand stellte ATSD, unser Dispatcher in Deutschland, in der Nacht noch einen Kontakt zum lokalen Handler in Luang Phabang/VLLB in Laos her, der schließlich alle erforderlichen Erlaubnisse für das Land am frühen Morgen besorgte.

Der durch Jamming bedingte GPS-Ausfall über Myanmar verursacht jede Menge Fehlermeldungen. Das GTN koppelt allerdings über eine Stunde lang recht genau mit, während wir mit VOR-Navigation weiterfliegen. | Für uns bedeutete das allerdings: Beim Start zum ca. vier Stunden langen Flug um 10.00 Uhr Lokalzeit in Nepal lag die Erlaubnis für Laos noch nicht vor. Diese würde erst während des Fluges eintreffen und per Satphone übermittelt. Man nennt das "Airborne gehen – weitersehen". Ist nicht optimal, aber manchmal kaum anders machbar. Den Flug zu verschieben wäre aufgrund der dann fälligen Zuschläge jedenfalls nocht schlechter gewesen als eine bei Nichterteilung der Permission eventuell drohende Diversion nach Chiang Mai/VTCC in Thailand.
Zunächst musste aber die Departure aus Kathmandu abgearbeitet werden: Wir waren am Rande eines normalen Stands auf dem Hauptvorfeld untergebracht, was beim Rollen etwas hakelig war, aber viel besser als das sonst oft anzutreffende “we don’t have parking space”. Vor uns ein Air India Airbus der durch seinen Pushback unseren Weg zum Taxiway frei machte, ca. 30 Vorfeld-Leute rund um das Flugzeug und im brühwarmen Cockpit mussten erstmal FIC und ADC-Nummern für Indien auf der Ground-Frequenz eingeholt werden.
Dann endlich Startup und Einreihen zwischen fünf oder sechs ATRs zum Abflug. Aufgrund des guten Wetters boten wir eine Visual Departure an, was ATC auch gerne annahm. Die Piste 02 war praktisch “Nose to Tail” in Benutzung und als wir noch einen kurzen Backtrack machten um unsere TODA auf 2.500 m zu erhöhen war bereits der nächste Airliner im 5 NM Final. “Takeoff no delay” - klar - und nach dem aufgrund der Dichtehöhe von 7.000 ft nicht mehr ganz spritzigen Startlauf der Cheyenne dann Right Turn und Steigflug im Tal nach Osten.
Einmal aus dem Dunst herausgestiegen bot sich ein überwältigender Anblick des zentralen Himalaja auf der linken Seite der Cheyenne. Lhotse (27.890 ft) und Makalu (27.827 ft) waren klar zu erkennen, der Mount Everest (29.028 ft) der etwas dahinter steht, hüllte seinen Gipfel in eine dezente Lenticularis-Wolke. Derart gute Sichtbedingungen hatte ich hier bislang nur einmal, nämlich auf der Leserreise 2005, erlebt. Traumhaft!
Nachdem wir uns sattgesehen und fotografiert hatten musste unsere Reiseflughöhe von FL270 mit Kalkutta ATC koordiniert werden. Da die Flugsicherungen hier nicht vernetzt sind, muss der Pilot vor dem Überflug nach Indien den verfügbaren Level auf dem zweiten COM aushandeln und dann im aktuellen Sektor koordinieren. Das ist etwas Funkarbeit. Bei Biratnagar wendeten wir uns dann ab vom Himalaja und steuerten nach Süden entlang des Ganges in Richtung Dhakar und Chittagong in Bangladesch.
Jetzt war auch Zeit via Satphone die noch fehlenden Permissions einzuholen. Diese lagen tatsächlich inzwischen vor … große Erleichterung im Cockpit!
Auf dem Weg über Myanmar erlebten wir dann rund um Mandalay einen großflächigen GPS-Ausfall, eindeutig durch Jamming verursacht. Seit 2021 ist der Bürgerkrieg in dem Land zwischen der myanmarischen Militärjunta (State Administration Council kurz SAC) und der Nationalen Einheitsregierung Myanmars (National Unity Government kurz NUG), wieder aufgeflammt. Das Jamming des GPS-Empfangs ist zweifellos eine Folge des Konflikts. Der im Tracking zu sehende Haken nach Süden ist eine Folge des Jammings, den haben wir natürlich nicht geschlagen.

ILS Piste 23 über den Mekong nach VLLB. | Über eine Stunde lang flogen wir also “vintage” erst inbound, dann outbound Mandalay VOR. Trotzdem halbwegs genau zu navigieren ist in dieser Gegend kein Fehler, denn 30 NM nördlich des geplanten Routings liegt die Grenze zu China! Der GPS-Ausfall verursachte eine Vielzahl von Störungsmeldungen im Cockpit aber das GTN750 koppelte im Dead Reconning Mode ausgezeichnet mit, sodass nach rund einer Stunde bei Wiederherstellung der GPS-Solution der Positionsfehler nur rund 1,1 NM betrug.
Der Anflug nach Luang Phabang/VLLB war dann unproblematisch, das ILS entlang des Mekong ist ein echter Genuss und die Stadt begrüßte uns mit der typischen Ruhe und Gelassenheit an diesem abgeschiedenen Ort wo Mekong und Nam Khan River zusammenfließen.
Unser lokaler Handlingagent von Aviation Guard LAO ist ein ehemaliger ATR-Mechaniker, der Empfang durch ihn und seine Mitarbeiter ist sehr herzlich. Er ist ebenso froh wie wir die Sache ohne die ASA-Group als teurem und nutzlosem Overhead abwickeln zu können.
Zwei Tage werden wir hier in der zum UNESCO Weltkulturerbe zählenden Stadt verbringen...
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