Nun wollten wir ja nie Atomwaffen, aber so wie es jetzt aussieht, könnten wir auch keine mehr machen, selbst wenn wir wollten.
Du bist ja Physiker, guck dir mal an, wie weit die Schweden (!) in den 60ern waren und wie leicht es für die Norweger gewesen wäre. Aus dem Kopf heraus gab's da 'ne Schätzung der CIA, dass jede technologisch versierte Nation die erste Bombe für den Aufwand weniger hundert Mio. Dollar bauen könnte. Vielleicht keine Wasserstoffbombe, aber geschenkt. Die Zentrifugen in Natanz (Iran) stammen von Siemens, wenn ich mich recht entsinne. Strauß wollte ja mal die Bombe.. .
Wir haben uns da in eine Ecke manövriert. Ich bin absolut kein Waffenfanatiker, ganz im Gegenteil, aber die globale Entwicklung, in der sich die USA gerade als Anführer der freien Welt verabschiedet, macht mir Sorgen. Europa braucht eine gemeinsame Verteidigungspolitik - und dazu gehören selbstverständlich auch Atomwaffen, wenn man sich das Arsenal der anderen globalen Spieler ansieht. Reicht das, was Frankreich hat und kontrolliert, aus? Demnächst unter Le Pen? Oder sind meine Sorgen übertrieben?
Nein, aber die tief hängende Frucht wäre da, dass wir schlicht mal soviel ausgeben, um konventionell als Europäer komplett unangreifbar zu sein; ist nix anderes, als wir schon jahrzehntelang hatten, mit dem Vorteil, dass die Sowjetunion alleine schon 280 mio EW hatte, jetzt Russland nur noch gut 145 mio, und der Rest dazwischen mit wenigen Ausnahmen (Fico, Orbán) liberale, westorientierte Demokratien sind. Wir brauchen einfach massive konventionelle Abschreckung, ob Frankreich und England dann nuklear die Lücke zu Russland verringern, liegt nicht in unserer Hand. Aber ganz pragmatisch gesehen, wenn die USA 100.000 Militärs gen Asien verschieben können und nur noch deren nuklearer Schirm zählt, haben wir trotzdem noch solide Aussichten, dass Präsident Bonespur nicht als Weichei vor Autokratiekollegen dastehen möchte. Nicht besonders beruhigend, aber ein echter Grund, dass alle freien europ. Staaten einfach konsequent das Richtige machen.
(mal ganz davon abgesehen war und ist Kernkraft auch gut gegen die Klimakatastrophe, aber mein Bauchgefühl ist, dass das Thema "Klimarettung" in den nächsten 10 Jahren komplett von anderen Themen verdrängt werden wird. So falsch das auch sein mag.)
Da wäre ich gar nicht so pessimistisch, da eine beschleunigte Dekarbonisierung uns auch so bzgl. der Angreifbarkeit und Unabhängigkeit in die Karten spielt. Auf dt. Sparkonten liegen so 2,8 Billionen €, aus dem Kopf. Selbst wenn nur die obersten 30% der Vermögenspyramide die Wärme- und Verkehrswende vollziehen, sind wir deutlich weniger angreifbar und erpressbar. Schade ist alleine, dass es so langsam, mühselig, sprunghaft und bürokratisch erfolgt. (Zu Propagandaopfern hab ich mich jetzt oft genug geäußert.)