Hallo zusammen
Das Vorgehen der CAA ist nur vordergründig eine „Erleichterung“. Man sollte sich die Zusammenhänge der zugrundeliegenden Gesetze genau betrachten und sich dann ein Bild machen. Dann kann sich die Perspektive, das Vereinigte Königreich gehe für die Piloten voran, deutlich relativieren.
Entgegen anderen Abweichungen der CAA, die auf den sogenannten „alternative means of compliance“ nach VO (EU) 1178/2011 beruhen, ist der momentane Schritt auf Grundlage des Art 14 Abs. 4 der VO (EG) 216/2008 begangen worden. Dieser Schritt muss übrigens durch die EASA fachlich gegenüber der EU-Kommission bewertet werden, dort gibt es dann eine politische Entscheidung. Dies kann auch die nachträgliche Untersagung des Schrittes sein. Da das Vorgehen der CAA keinerlei Verfahren beinhaltet, den level of safety ersatzweise anders abzudecken (wie z.B. derzeit in D/A/CH das Verfahren, Hubschrauberpiloten Ü60 single hand fliegen zu lassen), halte ich eine kritische Entscheidung der Kommission für möglich. Und davon unabhängig, darf Art. 14 nur temporär angewandt werden.
Die Begründung der CAA für den Schritt ist gem. der Anzeige (Link im ersten Beitrag dieses Thread) eine Arbeitsüberlastung der Behörde, Zitat: „… significant regulatory burden that will be placed on the UK General Aviation…..“. Was dem konkret zugrunde liegt, wird nicht berichtet. Arbeitsaufwand Brexit ??? Ein Vertreter der CAA hat interessanterweise nur 7 Tage vor diesem Papier bei einer EASA-Tagung leitender Ärzte der nationalen Luftfahrtbehörden in Köln kein Wort verlautbaren lassen.
Das eigentliche Problem ist dann im letzten Satz aufgeführt. Die Tauglichkeitsbedingungen an sich werden nicht aufgehoben. Die Verantwortung der Einhaltung geht auf den einzelnen Piloten über, der dies zu erklären hat. Wer eine falsche Erklärung abgibt oder gegen die medizinischen Bedingungen verstößt, wird angreifbar. Die Instanzen, die dies genau zu benutzen wissen, sind die Versicherungen, nach einem Ereignis. Man könnte sagen, es wird die Freiheit gewonnen, leicht in das Illegale abzuweichen. Der Pilot wird letztlich allein gelassen, wenn ansonsten eine medizinische Sondergenehmigung möglich ist.
„Volanti Subvenimus“, wir dienen den Fliegenden, ist der Leitsatz der Flugmedizin der Bundeswehr. Wo es medizinisch vertretbar ist, wird der Pilot unterstützt und nicht allein gelassen (ja, das kostet Zeit). Auch die zivilen Flugmediziner in Deutschland handeln nach meiner beruflichen Erfahrung in diesem Gedanken.
Mit Fliegergruß
Ulrich Werner