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Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
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31 Beiträge Seite 1 von 2

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28. Dezember 2015: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Lutz D. Bewertung: +3.00 [5]

Lieber Lutz,


lass’ mal erst einmal abstecken, worum es gehen soll - denn eigentlich suche ich z.Zt. nicht aktiv politische Diskussionen.

Mir geht es um „Political Correctness“, und zwar in einem anderen Sinne als Du ihn meinst, und dieser negativen Political Correctness möchte ich hier im Forum nicht die unbestrittene Lufthoheit überlassen, die sie nach meinem Empfinden ansonsten an zu vielen Stellen in der Gesellschaft hat. Was nicht heißt, dass ich Dich im Forum als lästigen Tugendwächter und Moralwächter empfinden würde.

Wenn’s nun im folgenden um den Islam geht, dann als ein Beispiel für die Absurditäten von PC, und nicht, weil ich den Islam für das drängenste gesellschaftliche Problem halte.

> Aus meiner Sicht befeuerst Du mit diesen empirisch kaum nachprüfbaren Thesen (weshalb sie sich auch so gut halten), genau dieses dumpfe Unwohlsein gegenüber einer pluralistischen Gesellschaft, das wiederum mir Unwohlsein bereitet.

Der Katholik muss durchaus einstecken, nehmen wir ein paar Beispiele:

- Femen-Aktion Weihnachten 2013 im Kölner Dom: 600 Euro Strafe

- Titanic vs. Papst („Undichte Stelle“)

- Titanic 04/2010 - Einleitung Strafverfahren nach §166 abgelehnt.

Ob man es für sinnvoll hält oder nicht: Dass hier die Gesellschaft oder der Staat die Verletzung christlicher Gefühle nachhaltig und präventiv zu schützen gedenkt, ist nicht erkennbar. Wohl auch, weil §166 sich auf eine Störung des öffentlichen Friedens bezieht.

Solange also Katholiken nicht aus aus Protest mit dem Messer auf Polizisten losgehen, kann der öffentliche Friede im Sinne von §166 also auch nicht so ernsthaft gestört sein. Der §166 impliziert geradezu, aufgrund der „Dünnhäutigkeit“ der Muslime bei gleicher Verletzung religiöse Gefühle von Muslimen stärker zu schützen.

Du beziehst Dich auf den Alltag des Katholiken und hast Recht. Fast immer. Aber wenn eben Schüler „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet“ abschreiben sollen, ist das mit dem ersten Gebot inkompatibel. Und wenn der Protest von einem Leit-Medium für PC, dem Spiegel, dann als „durchgedreht“ bezeichnet wird, erscheinen mir die Maßstäbe der „Politisch Korrekten“ unausgewogen.

Du beschreibst „PC“ als rote Linie des Anstands, die gezogen werden musste, quasi um „Gut“ und „Böse“ voneinander zu trennen.

„PC“ empfinden andere, mich eingeschlossen, als Würgeschnur, die von „links“ (was auch immer das ist) definiert wird, um nicht nur Sprache, sondern auch Denken abzuwürgen und anderes Denken zu diffamieren.

Noch ein Beispiel gefällig?

Abermals das Volkserziehungsblättchen „der Spiegel“, hier „Weihnachten: So überleben Sie dämliche Debatten“,

Thema: „Islam: Religion der Gewalt“ (Link)

Einmal mehr wird Sure 5, 32 aus dem Zusammenhang gerissen, verkürzt und soll - naja - belegen, dass jeder aus dem Islam lesen kann, was er will. Einmal mehr, weil es auch so gerne unwidersprochen in Talkshows läuft, gerne auch als Beleg für die Friedfertigkeit des Islam. Dabei ist wenig so simpel falsifizierbar wie diese verkürzenden Zitate: Kontext und vollständiges Zitat benötigen nur einfaches Googlen, und schon wimmelt es von Kreuzigung, Töten und Abschneiden der Gliedmaßen, dass jeder Splatter-Fan auf seine Kosten kommt.

Um beim Spiegel zu bleiben: Die Spiegel-Variante der PC impliziert, dass Christen „durchdrehen“, und eine Diskussion (!), ob der Islam zur Gewalttätigkeit neigt, „dämlich“ ist. Über die Qualität des Journalismus im Sinne von Hajo Friedrichs ("Ein guter Journalist macht sich mit keiner Sache gemein, auch nicht mit einer guten“) brauche ich wohl nichts zu sagen.

Aber gerade dem Verfechter von "Linien des Anstandes" sollte auffallen, dass diese Linien, zu weit nach vorne verlagert, ihr Gegenteil bewirken: Sie lassen ihre Verfechter eben als realitätsferne Volkserzieher erscheinen, und schüren die Lust am Widerspruch.

Wir haben hier durchaus regelmäßig im Forum Beiträge, die auch m.E. „nicht gehen“, weil sie, wenn nicht gar ggf. strafrechtlich relevant, zumindest gegen den Geist der Völkerverständigung verstoßen. Gegen diese Beiträge ist das Forum recht wehrhaft, und das ist gut so.

Die Form, wie ich (und mutmaßlich andere in diesem Thread) „Political Correctness“ wahrnehmen, ist hingegeneine intellektuelle Bevormundung, Maßregelung und „Erziehung“, die ich mir im Allgemeinen, aber ganz besonders hier im Forum nicht wünsche.


Soviel zu PC und dem Forum, den Rest als eher kurze Antworten:

> Dann - für wie wahrscheinlich halte ich es, dass 'Sch... Christen' ähnlich hart geahndet wird wie 'Sch...Moslems‘?Das halte ich bis zum Beweis des Gegenteils für sehr wahrscheinlich und frage Dich, worauf Du Dich da stützt?

Da muss ich dann doch auf die schwer verifizierbaren Erlebnisse aus dem Bekanntenkreis zurückgreifen. Konkret: Die Stellungnahme, die Ralf Jäger, Innenminister NRW, anforderte, als ein Bediensteter im Knast nach Streitigkeiten bei der Essensausgabe murmelte „Scheiß Ramadan“. Es folgte die Beschwerde eines einsitzenden muslimischen Mörders, und dann kam der große Bahnhof des Dienstrechts. Es ist meine persönliche Mutmaßung, dass Ralf Jäger sich um ein „Scheiß Weihnachten“ nicht in gleichem Maße gekümmert hätte, die ich allerdings nicht belegen kann. Sollte ich mal lebenslänglich sitzen, kann ich es ja nachholen.

> [Einfluss der Kirchen auf Gesetze]

Das Problem ist hierbei insbesondere, überhaupt erst einmal eine muslimische Organisation zu finden, die glaubhaft und bundesweit weite Teile der Muslime vertreten kann.

> Polen und Tschechien, Track-Record

Das „best place on earth“ können wir vermutlich konsensual so definieren, dass über Generationen Menschen hierhin einwandern und wenige auswandern wollen. Diese Staaten kann man sehr wohl definieren, da fielen mir:

- USA

- Kanada

- Australien

ein. Auch Frankreich (mein Familienzweig „Maxton" wanderte zur Kontinentalsperre dort ein) und Deutschland - bis zurück zu den Hugenotten in Preussen - kann man hierzu begrenzt zählen.

Fallen Dir islamisch geprägte „Best places on earth“ ein? Es mag mein Mangel an geschichtlicher Bildung sein, aber ich würde das Ende von religionsgeprägter, christlicher Gewalt so in etwa dem Westfälischen Frieden zuordnen, was die geforderten 3-5 Generationen locker überschreitet.

Was übersehe ich da?

28. Dezember 2015: Von Roland Schmidt an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu Bewertung: +7.00 [9]

Was übersehe ich da?

Dass das hier ein Pilotenforum ist :-)

28. Dezember 2015: Von Alfred Obermaier an Roland Schmidt Bewertung: +2.00 [2]
Roland, haben Piloten keine Konfession?
Haben Piloten keine Meinung zu "Political Correctness"?
Thread lautet anders, Richtig, nur dann müsstest die hunderttausend anderen Threads auch kippen die sich weiterentwickelt haben.
Finde das Thema interessant, vor allem kommen jetzt von Georg und Lutz excellente, sehr bedenkenswerte Beiträge.
28. Dezember 2015: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Roland Schmidt Bewertung: +1.67 [2]
Recht haste...

Aber
a) Ich habe ziemlich konkret abgegrenzt, dass ich nicht über Politik an sich, sondern über die Abwehr von Bevormundung schreiben möchte
b) Ich würde ja gerne was Fachliches schreiben. Aber mit meiner idiotensicheren Spießerkiste DA40: Was soll ich da über Vergaservorwärmung oder die Reihenfolge Manifold- vs. RPM-Setting beisteuern? Oder IFR-Flugfähigkeiten?

Wenn's dem Fachbezug dient, könnte ich noch einen NVFR-Low-Approach EDDL von gestern hochladen oder verlinken.

28. Dezember 2015: Von Oliver Voigt an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu
Den Low - Approach würde ich mir gerne ansehen...zeig mal!!
28. Dezember 2015: Von Markus Doerr an Oliver Voigt
Low Approach in Düsseldorf ist nicht religiös. Das ist nur dem Kreis um den Kölner Dom vorbehalten.
28. Dezember 2015: Von Oliver Voigt an Markus Doerr
Ach komm, den Dom habe ich mir auch vor kurzem auf dem Heimweg von Leverkusen gegönnt...;-)
29. Dezember 2015: Von Lutz D. an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu
Auf Grund der vorgerückten Stunde nur kurz zwei Punkte:

Ich verstehe, dass Du nicht bevormundet werden willst, wer will das schon. Aber welche Strukturen führen dazu, dass Du (und mit Dir offenbar eine bedeutende Zahl der Bevölkerung) sich von einem Spiegel-Artikel bevormundet fühlen, während andere schlicht weiterblättern? Ich kann den von Dir aufgestellten Denkzusammenhang überhaupt gar nicht nachvollziehen, das klingt für mich wie von einem anderen Stern. Bei Pegida und Co. vermute ich ja küchenpsychologisch ein 'Platzproblem', das kann ich nur bei Dir kaum vermuten, weshalb noch etwas anders dahinter stecken muss, dass wir unsere Gedankengänge gegenseitig für Wirklichkeitsfremd halten.

Zum Westfälischen Frieden - ich schrieb nicht, dass wir in den letzten 3-5 Generationen vor allem religionsinduzierte Gewalt in Europa erfahren haben, ich schrieb, dass Europa die meiste Zeit der letzten 3-5 Generationen (und ehrlich gesagt auch zuvor) die meiste Zeit kein guter Ort war. Und wenn Du also etwas vergessen hast, dann das 20. Jahrhundert, in dem Christen aller Konfessionen zwischen Portugal und dem Ural die größten Katastrophen der Menschheit nicht verhindern konnten.
29. Dezember 2015: Von Lutz D. an Markus Doerr
Kirchen sind übrigens sehr wohl fliegerisch relevant. Die sind ja alle 'orientiert', d.h. sie ersetzen sehr zuverlässig den Kompass.
29. Dezember 2015: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Oliver Voigt Bewertung: +1.00 [1]
Okay, der Low-Approach - das ist einfach:
Aber nix auf dem Niveau von Björn erwarten...
Habe mich weder besonders weit runtergetraut, noch die ganze Piste ausgenutzt: Den Überflug über die Terminals wollte ich mitnehmen, und außerdem hatte eine Linienmaschine gerade das "Line-Up" bekommen...
29. Dezember 2015: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Lutz D. Bewertung: +3.00 [3]
Zum schwereren Teil, und Deine Antwort ist ja reduziert ausgefallen:

Ein Theologe würde vielleicht zu den Katastrophen des 20. Jahrhunderts sagen: "Sie passierten, weil die Menschen die Nation über Gott gestellt haben." Das ist für mich nicht die "richtige" Antwort aus heutiger Sicht. Aus heutiger Sicht ist ein innereuropäischer Krieg unwahrscheinlicher denn je, weil neben den vielen internationalen Kontakten und Reisen, die viel mehr Bürger heutzutage haben und machen können, auch die Bereitschaft deutlich nachgelassen hat, für eine (Gemeinschafts-)Sache sein Leben zu riskieren, geschweige denn, zu opfern. Um so fassungsloser blicken wir auf die Wirrköpfe, die für 70 Jungfrauen sich gerne mit anderen in den Tod sprengen (zumal es ja außerdem auch noch sexistisch ist, die Sache mit den Jungfrauen, um politisch korrekt zu bleiben).

Egal: Ich hatte jetzt eigentlich gehofft, dass Du ein muslimisch geprägtes Land nennen könntest, dass auf den "Places to be" auftaucht - etwas, was man nicht so auf dem Schirm hat, wie z.B. Indonesien. Falls nicht, sind wir uns wohl einig, dass die objektiven "Places to be" in den offenen Gesellschaften christlicher Herkunft liegen.


Zum "Warum nicht weiterblättern, sondern bevormundet fühlen?":
Weil es fast keine Alternativen zur Mutti-Jubelpresse gibt, zu der man weitergehen könnte. Weil der Spiegel einfach nur besonders dumm-dreist mit seinem "XY endlich verständlich erklärt" sich anmaßt, die Wahrheit und Erkenntnis gepachtet und Andersdenkende mit groben Worten diffamieren zu können, aber fast alle anderen Medien (DLF, Zeit und FAZ mal ausgenommen), inklusive derer, die ich zwangsbezahlen muss, ähnlich berichten. Und weil ich nicht will, dass sich dieser Hegemonialanspruch "Das ist nicht politisch korrekt" sich in dieses Forum ausdehnt.

Nochmal zwei Beispiele:
Nachdem der (definitiv mir unsympathische) Lutz Bachmann Justizminister Maas mit Goebbels in Bezug gestellt hatte, forderten gleich 3 SPD-B-Promis Strafverfolgung und Co. Mach' doch einfach mal den Google-Test "Bachmann Goebbels Brandt", um festzustellen, wie viele Qualitätsmedien das aus SPD-Sicht strafverfolgungswürdige Zitat korrekt als Plagiat von Willi Brandt (ggü. Heiner Geissler, CDU) zuordnen konnten bzw. wollten.

Wie viele Medien haben eigentlich den "deutschen Protest" gegen das "belgische, grenznahe" AKW "Tihange" mal in Frage gestellt? So nach dem Motto: a) Aus belgischer Sicht steht das Viech nicht "grenznah", sondern etwa in der Landesmitte zwischen Deutschland und Frankreich, und b) die Belgier haben das nicht Aachen vor die Nase gestellt, sondern in halber Entfernung zu Aachen liegt erst einmal die etwa gleich große Stadt Lüttich / Liege (neben Eupen), Belgien mutet also Deutschland kein Risiko zu, dass sie nicht selber zu tragen bereit sind. Dafür muss man nicht für oder gegen Atom-Kraftwerke sein, dafür muss man einfach nur etwas Wahrheitsliebe haben, und die Bereitschaft, journalistische Tiefenrecherche in Form des Blicks auf eine Karte zu betreiben.

Um mal richtig provokant zu sein: Ob "Wir schaffen das" in Frage zu stellen oder "Tihange": Das, was heute "politisch inkorrekt" ist, hätte man früher "undeutsches Verhalten" genannt: Die aktuelle Leitpolitik in Frage zu stellen, egal, was u.a. der Rest von Europa denkt.
29. Dezember 2015: Von Oliver Voigt an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu
Ist doch klasse...Danke Dir Georg!!!

"Gefällt mir"
29. Dezember 2015: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Oliver Voigt
Ja, ich wollte nach der Ausbildung eigentlich nie real "NVFR" machen - so überfordert fühlte ich mich damals in den 5 Stunden.
Jetzt ist es einfach nur entspannt und schön, und dass, obwohl ich einfach nur 300 Blockstunden mehr VFR Tag habe.

Düsseldorf war am Sonntag so wie Köln/Bonn: "Do you wish to cross the CTR with a Low-Approach or direct November-Sierra?". Ziemlich großartig. Für den dritt-größten Flughafen Deutschlands äußerst GA-freundlich.
29. Dezember 2015: Von Oliver Voigt an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu
Kann es gut nachvollziehen, dass Du so etwas auch einfach klasse findest! So eng über die Terminal hat natürlich nochmals einen besonderen Reiz! Ich stelle auch immer öfters fest, dass die großen Plätze GA-Freundlicher werden...

Ich hänge mit meiner NVFR immer noch bei 3 Stunden und schaffe es nicht die letzten beiden runter zu reißen...z.Z. nütze ich bei dieser Wetterlage fast jeden Abend SS+30 voll aus und liebe es!

Wir hätten sogar das Glück eine RW Beleuchtung zu haben, welche wir selbstständig am Mobiltelefon anschalten können und trotzdem klappt es nicht...traurig!

Danke nochmals für das Video!!

Oliver
30. Dezember 2015: Von Lutz D. an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu Bewertung: +9.00 [10]
Guten Abend Georg,

zunächst einmal hoffe ich, dass Du gut nach Jena gekommen bist.

es lassen sich also zwei Kernstreitpunkte herausstellen, die die Diskussion zwischen uns ausmachen:
1. a) Der Islam stellt ein Hindernis für eine Gesellschaft dar, ein lebenswerter Ort zu werden und b) die christlich geprägten Gesellschaften hingegen können diesen Zustand erreichen.

2. Es gibt eine von den Medien getriebene "political correctness" unter der Du die totalitäre Geltendmachung einer bestimmten These verstehst, die andere Auffassungen nicht zulässt.

Auf 1) und die damit von Dir gestellte Frage, ob ich den islamisch geprägte, lebenswerte Orte nennen kann, habe ich Dir in der Tat nicht geantwortet - teils aus Zeitgründen, teils mit Bedacht, weil die Diskussion mit Dir darüber darin münden wird, dass ich Dir latenten Rassismus unterstellen werde und Du Dich darauf hin in Deiner Auffassung bestätigt fühlen wirst, dass man gewisse Dinge auf Grund der political correctness nicht mehr äußern darf. Aber gut, ich will Deiner Aufforderung nachkommen.

Nicht mit aufgenommen als 1.c) habe ich die These - die man bei Dir auch rauslesen kann - dass das Christentum per se geeignet wäre notwendige und hinreichende Bedingung für die Schaffung einer lebenswerten Gesellschaft zu sein. Das war mir aber zu abwegig, obwohl Du es ja andeutest (ein Theologe würde antworten...). Im Anschluss drückst Du Dich dann ja darum, wie Du die besagten Katastrophen des 20. Jahrhunderts verübt durch christlich geprägte Gesellschaften erklären möchtest, dass etwas ähnliches auf Grund der heutigen Interdependenz der Wirtschaften nicht mehr möglich ist, ist aus historischer Sicht kaum haltbar und in politikwissenschaftlicher Hinsicht allenfalls wishful thinking. Die Interdependenz der europäischen Wirtschaften und Gesellschaften vor dem 2. Weltkrieg war höher als in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Auch die Kriege im Zerfallsprozess des Balkans oder der Bürgerkrieg in den USA haben gezeigt, dass Interdependenz definitiv kein Hindernis auf dem Weg in den Untergang sind. Frieden zu erhalten ist auch in unseren Zeiten kein Selbstläufer. Aber das war nur ein Exkurs. Zurück zu These 1.

Du hast mich gefragt, ob ich den islamisch geprägte "places to be" nennen kann. Dazu muss man ja mal zunächst sagen, dass jeder Mensch andere Variablen hat, die einen Ort zu einem "place to be" werden lassen. Der eine kann in Florida leben, der andere nicht, der eine in Italien, der andere in Hamburg - und gleichzeitig lassen sich für jeden Traumort eine beliebige Zahl von downsides nennen, vom Scheißwetter über die Mafia bis zur Todesstrafe oder Mücken. Ich möchte Dir also ungern eine Liste von Ländern nennen, die Du dann nutzt um an jedem darauf verzeichneten Land etwas auszusetzen - das wäre natürlich sehr einfach möglich. Dennoch glaube ich, dass auch heute Länder wie Marokko, Tunesien, Teile Ägyptens, die Malediven, die Emirate, der Oman, die Türkei, Armenien, Teile Albaniens, Teile Ägyptens, Indonesien, Brunei und Malaysia Orte sind, die man durchaus als lebenswert bezeichnen kann und die auch für eine nicht unbeträchtliche Zahl von Menschen ein Anziehungspunkt sind.

Ein lebenswerter Ort ist für mich einer, an dem der Einzelne starke Abwehrrechte gegen den Staat besitzt, in dem individuelle Entfaltung möglich ist, in dem ein gewisses Maß an Rechtsstaatlichkeit und politischer Teilhabe und wirtschaftliches Wachstum bestehen.
Du hast natürlich mit Deiner These 1.a) völlig recht, der Islam ist ein Hindernis auf dem Weg zu einer solchen Gesellschaft und ich schreibe auch gleich, warum. Aber um so abseitiger ist These 1.b). Denn Du übersiehst ja mal eben knapp 1200 Jahre Geschichte, in der es genau umgekehrt war, in der das Christentum in Europa der größte Entwicklungshemmer war, der Europa in ein Mittelalter gestürzt hat, während die islamisch geprägten Länder eine nie gekannte Blüte erreichten - nicht nur in wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Hinsicht, sondern auch in dem, was wir heute "Grundwerte" nennen würden. Wäre es wirklich der Islam an sich, der das Entwicklungshindernis darstellte, dann wäre eine solche Episode nicht möglich gewesen. Es war und ist auch nicht das Christentum oder die christlichen Werte, die Europa einen Entwicklungsschub verliehen haben, sondern es war der Eintritt in die Neuzeit mit dem beginnenden Primat zunächst der Wissenschaft über die Religion und später, seit 1789 auch mit dem Primat des Staates über die Religion, die wir bis heute in dem fundiert haben, was wir Laizismus nennen. Ist diese laizistische Doktrin einmal gelebte Praxis in der Staat und Wissenschaft dem Glauben vorgesetzt sind, ist der Weg frei zu einer Entfaltung einer liberalen, bürgerlichen Gesellschaft. Er ist nicht zwingend, es ist keine hinreichende Bedingung, wohl aber offenbar eine notwendige. Ja, der gelebte Islam (wie per se jede Religion) fordert den Primat über die Politik, ein laizistisches Staatsverständnis ist in vielen islamisch geprägten Ländern nur rudimentär vorhanden (aber nicht zuletzt die Türkei hat hier einen außergewöhnlichen track record, der leider seit fast zehn Jahren in die Binsen geht).

Die von Dir implizierte These, es gebe offenbar ja keine islamisch geprägten Länder, die "place to be" wären, beschreibt eine Koinzidenz, die zur Zeit besteht, die aber von anderen Faktoren getrieben wird, als dem Islam selbst, an unterschiedlichen Orten der Welt spielen unterschiedliche Ursachen eine Rolle, Tribalismus, Paternalismus, mangelnde Bildung, starke verselbstständigte Polizeistaaten (wie der Iran, in dem die Menschen vor und nach der Revolution nicht in unterschiedlichem Maße an Gott glaubten, das Land aber dennoch ein völlig anderes ist) oder Syrien bis 2010 (best read on this issue: Rafik Schami: Sophia).

Du hättest auch schreiben können:
- Kein Land, das von Schwarzafrikanern geführt wird, funktioniert
oder
- Kein Land, das von Juden regiert wird, lebt in Frieden mit seinen Nachbarn
Daraus zu folgern, dass das Schuld der Schwarzafrikaner oder der Juden wäre, ist aber genau so absurd (und, jetzt kommt es wie angekündigt, latent rassistisch), wie zu vereinfachen, dass der Islam Schuld ist an der Entwicklung besagter Länder. Wären die gleichen Menschen dort Christen und sonst wäre alles andere gleich, sähe das schlicht nicht anders aus.

Hast Du denn mal in islamischen Gesellschaften gelebt, dass Du derart urteilen kannst? Ich bin vielleicht ein bisschen biased, ich gebe es gerne zu. Ich habe zwischen 1998 und 2002 studienbedingt insgesamt 9 Monate in Amman, Cairo und Assuan und in verschiedenen Oasenstädten im Süden Marokkos (Quarzazate und Zagora) verlebt, vielleicht verstellt das meinen Blick, vielleicht schärft es ihn aber auch für einen Punkt: der Islam ist in den "orientalischen" Gesellschaften weder so monolithisch, wie er uns Europäern manchmal erscheint (allein "der Islam" zu sagen, ist ja eine Vereinfachung, die eigentlich zu nichts führt, außer zu Montagsdemonstrationen in Dresden) noch ist er für die Gesellschaften bestimmend - trotz aller Insignien wie Verzicht auf Alkohol, Freitagsgebet, Stellung der Frau in der Öffentlichkeit - und wie weltfremd das auch klingen mag. Weder bei der Stadtbevölkerung in Amman noch bei einfachen Menschen am Rande der Wüste, also ganz unabhängig vom Bildungsstand, war (und ich glaube in der Mehrzahl: ist) der Islam ein konstituierendes Persönlichkeitsmerkmal der Menschen. Die stehen nicht morgens auf und denken "ich bin Muslim, was mache ich denn heute mal muslimisches", selbst wenn sie tatsächlich mit dem Morgengebet den Tag beginnen. Die Parallelität und doch Getrenntheit dieser Phänomene macht es aber für uns hier irre schwer, zu sagen: Der Islam hat mit dem Islamismus oder gar mit dem islamistischen Terror wenig zu tun. So ist es aber. Ich verstehe, dass das in die Köpfe des Pegida-Abschaums (you can Quote me on that) nicht reingeht, aber bei anderen bin ich schon manchmal traurig, das die Gedanken zu dem Thema so kurz gefasst werden.

Zu Deiner These 2. Schön, dass Du mit Tihange ein Thema aus meiner Heimat aufgreifst. Tatsächlich ist es aber eher so, dass die belgische Öffentlichkeit die kritischen Veröffentlichungen zu Tihange und Doel sehr positiv begleiten. Insgesamt ist man hier sicher etwas gelassener, aber der echte Belgier ist durchaus offen für grenzüberschreitende Probleme und sieht, dass hier Entscheidungen getroffen werden, auf die unsere Nachbarländer Niederlande und Deutschland keinen Einfluß haben, es sie aber sehr wohl betrifft. Man ist hier also sowohl im Umgang mit dem Problem an sich, als auch mit tendenziöser Berichterstattung entspannter.
Du bist es offensichtlich nicht. Da habe ich eine ganz schlechte Nachricht für Dich. Journalismus in aller Welt entwickelt sich vom Sachbeitrag zum Kommentar. Da kann sich Henri Nannen im Grabe umdrehen oder jubeln, ich weiß es nicht. Aber tendenziöse Berichterstattung von Menschen für Menschen, hat es einerseits schon immer gegeben und ist doch andererseits völlig nachvollziehbar. Dass sich diese tendenziöse Berichterstattung in Deutschland tatsächlich etwas "links" ausnimmt, will ich gar nicht bestreiten. Aber man nimmt andererseits auch immer nur wahr, was man wahrnehmen will. Erinnere Dich an die Legionen tendenziöser Artikel zu Gunsten von Kohle und Nuklear in der Welt. Erinnere Dich an die Ausfälle der Bild, erinnere Dich daran, wie das Feuilleton der FAZ jahrzehntelang die Wagnerfestspiele kaputt und die Osterfestspiele in Salzburg hochgeschrieben hat. Du schreibst, Du kannst nicht auf andere Qualitätsmedien so einfach ausweichen - zählst dann aber gleich welche auf. Was Euch doch wirklich frustriert, ist, dass andere das auch lesen und es vielleicht glauben, während Du einen solchen Bericht innerlich zurückweist (Thema ist ja jetzt erstmal egal, es geht um das Prinzip). Da hilft eigentlich nur, selbst Journalist zu werden.

Trotzdem verstehe ich noch nicht, was Dir eigentlich Angst macht. Dass Deine Meinung von der veröffentlichten Meinung abweicht, für abseitig befunden wird, diffamiert wird und man vielleicht sogar einen gewissen Makel zurückbehält, wenn man eine gewisse Meinung äußert?
Nach meiner Einschätzung hilft dagegen nur eines: Einfach mal die besseren Argumente haben. Wer wie Pegida (Du kamst ja mit Lutz Bachmann um die Ecke) ohne Sachargumente Position bezieht, die noch dazu geeignet ist, andere Menschen herabzuwürdigen, auf den ist das Feuer nunmal eröffnet. Da möchte ich auch gar nicht helfen.

Deiner Antwort sehe ich natürlich entgegen, möchte aber einräumen, dass ich meine Argumente vermutlich damit abschließend vorgebracht habe.
30. Dezember 2015: Von Hofrat Jürgen Hinrichs an Lutz D. Bewertung: +2.00 [2]
Moin Lutz,

ganz herzlichen Dank für diese differenzierte und fachlich fundierte Stellungnahme. Zu der Wahrnehmung der Presse möchte ich noch hinzufügen, dass hier tatsächlich bei Menschen, die als Informationsquelle in großem Maße das Internet nutzen, ein technisch bedingter Wahrnehmungsbias - weit über das psychologisch bestens erforschte Phänomen der selektiven Wahrnehmung hinaus - entsteht; ich bekomme eben überwiegend die Suchtreffer, von denen "die Cloud" meint, dass ich sie bekommen möchte. Dadurch erhalte ich ein zunehmend einseitiges Bild, und der Eindruck, "der Mainstream" sei irgendeiner Form gleichgeschaltet, verfestigt sich. Die Erkenntnis stammt nicht von mir, finde die Quelle aber gerade nicht.
Zum Thema "Islam, Christentum und Grundwerte im Mittelalter" sei ergänzend noch das Buch "Allahs Sonne über dem Abendland" empfohlen, schon älter, und daher der Gleichschaltung hoffentlich unverdächtig.

Viele Grüße

30. Dezember 2015: Von Alexander Callidus an Lutz D. Bewertung: +2.00 [2]
Lutz, auch wenn es eine PM an Georg war, ein paar Anmerkungen:

Islamismus hat nichts mit Islam zu tun? Womit dann?

Das kulturelle Klima hat sich hier und in den arabischen Ländern geändert. Heute behandeln gebildete muslimische Angehörige der oberen Mittelschicht hier ihre Frauen so, wie sie es vor 20-30 Jahren den 'Bergtürken' vorwarfen. Places to be, wo man sich religionsunabhängig oder als Christ hochwillkommen fühlt? Ich fand es schon vor 20 Jahren befremdlich, auf einer Nilkreuzfahrt unter Deck gehen zu müssen, weil grimmigen Menschen am Ufer Kreuzfahrten nicht passtenund sie Karabiner hatten. Seither ist es nicht besser geworden.

Die vermeintliche political correctness habe ein linkes Gepräge? Schön wär's. Wenn wir mal der Kürze halber 'links' als kritisch, emanzipatorisch, aufklärerisch, antiautoritär, an das Gute im Menschen glaubend definieren, dann kann aktueller Journalismus nur von einem sehr, sehr konservativen Standort aus 'linker' aussehen: Kritische, analytische, antiautoritäre Texte habe ich in den Leitmedien in letzter Zeit nicht gelesen, ansatzweise noch in der FAZ, und das will was heißen. Das hat viele Gründe: kulturelles Klima, Theorieschwäche, Ausbildung und wirtschaftlich prekäre Bedingungen der Journalisten, Produktionsbedingungen. Ich stimme Georg zu, daß aus Taktgefühl, was political correctness m.E. sein sollte, eine Lust am Etikettieren geworden ist, die jede Diskussion erstickt. Denken ist mühsam und produziert Ungewissheiten, feste Kategorien schaffen Gewissheit.
30. Dezember 2015: Von Hofrat Jürgen Hinrichs an Alexander Callidus Bewertung: +3.00 [3]
Moin Herr Kollege,

ich denke, man muss da trennen: natürlich beruft sich der Islamismus auf den Islam, und es gibt im Islam sicherlich auch, wie in nahezu jeder Religion, Strukturen, die einen Extremismus möglich machen. Die Religion ist aber nicht die Ursache des Extremismus, sie bietet lediglich einen willkommenen ideologischen Rahmen für eine Gruppenbildung, die letztlich einem "wir, die Guten, gegen die anderen, die Bösen" entspringt, das wiederum in einer gefühlten Benachteiligung wurzelt. Und an diesem Punkt unterscheiden sich Islamisten und Pegida gar nicht so sehr.

Grüße
30. Dezember 2015: Von Alexander Callidus an Hofrat Jürgen Hinrichs
und es gibt im Islam sicherlich auch, wie in nahezu jeder Religion, Strukturen, die einen Extremismus möglich machen.

Dein "sicherlich auch" ist der interessante Punkt: wohnen dem Islam andere Strukturen inne als anderen monotheistischen Religionen? Antworten gibt es vielleicht, aber die reichen in das Gebiet der Theologie und der Psychologie und fallen einem nicht in den Schoß.
30. Dezember 2015: Von Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu an Lutz D. Bewertung: +8.33 [9]
Lieber Lutz,

das ist nicht nur ein sehr ausführlicher Artikel. Er ist auch sehr abwägend geschrieben, und insbesondere, weil ich weiß, wie geschult und fähig Du bist, mit spitzer Feder zu formulieren, weiß ich sehr zu schätzen, wie sehr Du auf Zuspitzungen verzichtest.

Am direktesten möchte ich einräumen:
Ja, die Phase des Islams als führender Hochkultur habe ich unterschlagen. Das ist nicht nur richtig, sondern es wäre auch unheimlich spannend, ein Buch zu lesen, was die Hintergründe und die tatsächliche Rolle der Religion im Rahmen des Aufstiegs und Falls der islamischen Staaten waren. Allerdings ist diese Phase mehr als 3-5 Generationen her.

Unmittelbar zum Widerspruch neige ich bei Deiner Formulierung:
Ja, der gelebte Islam (wie per se jede Religion) fordert den Primat über die Politik

Nein, m.E. unterscheiden sich die Religionen bezüglich ihrer Laizismus-Kompatibilität. Auf Anhieb fallen mir da "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist" ein, und das mutmaßliche Faktum, dass es keine "Christen-Scharia" gibt: Also den verschriftlichten Versuch, alle Regelungen einer Gesellschaft aus korrekter Interpretation der Bibel herzuleiten. Je mehr sich eine Religion "herablässt", die dringenden Dinge einer Gesellschaft aus der Zeit um Christi oder um Mohammed zu regeln, wie den z.B. Umgang mit Sklaven, Erst-, Dritt- und Exfrauen, Feinden etc., desto inkompatibler wird sie mit den sich doch etwas ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Du schreibst über die traurigen Entwicklungen der letzten 10 Jahre in der Türkei - mir fällt eher Ägypten ein: Ein Land, wo verblüffend ist, wie viele Frauen mittlere Managementpositionen besetzten und einem "Rudel" von Männern vorstehen. Und doch ist es, mit "Küchenpolitik" beobachtet, in beiden Ländern so, dass, kaum lässt der Druck (meinetwegen auch: undemokratische Repression) auf die islamischen Köpfe nach, sich die Staaten binnen weniger Jahre wieder in die Rückständigkeit entwickeln und ggf. das Militär putscht (oder darüber nachdenkt).

Ich will Dein "(wie per se jede Religion)" aber nicht so aufbauschen.

Lass' uns doch noch mal die "Political Correctness" abschließend klären. Du sagtest, dies sei die Grenzlinie des Anstandes. Ein "echter Grüner" müsste jetzt und hier im PuF-Forum fordern, dass nach abschließender Normierung durch den Bundesparteitag der Grünen fortan hier im "Pilot*innen und Flugzeug"-Forum jede rein maskuline Form der Personenbeschreibung politisch inkorrekt sei. Jan könnte den 3 Rubriken "Ontopic / Konstruktiv / Interessant" noch das vierte Merkmal "Politisch Korrekt" zuordnen, und ab 3 Minus-Votes verschwindet der Beitrag auch sicherheitshalber.

Nun bin ich tief überzeugt davon, dass Dir eine Zwangsvorschrift zur Genderschreibweise "Pilot*innen" etc. zutiefst zuwider wäre. Exakt das ist aber auch "Political Correctness". Es wirft die Frage auf "Wer definiert es? Wo steht es? Und warum ändert es sich dauernd?". Ich leite da mal tatsächlich zu Heiko Maas über - nicht wegen Pegida-Äußerungen, sondern wegen seiner Aufforderungen an Facebook & Co. (das impliziert dieses Forum), "Hassbotschaften" zu löschen. Diesem Mann in Person obliegt die Aufgabe der Definition und Umsetzung von Recht. Sein expliziter Job und seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass für strafbare Postings in Facebook und Co. eine Strafverfolgung auch stattfindet. Wer Naziparolen rauspupst, sollte nicht gelöscht werden, sondern vor Gericht landen! Das ist die Aufgabe von Polizei und Bürgern (bezüglich der Anzeige) und Judikative. Stattdessen sozialen Medien aufzutragen: "Löscht mal, was uns nicht passt, ihr wisst schon, was wir meinen" ist eine Mischung aus Zensursula und Erdogan.

Wo wir noch in diesem Thread auseinanderliegen, ist also die Frage: "Muss das PuF-Forum politisch korrekt sein? Und wenn ja, nach wessen Definition?" Wenn ja, mit den Pilot*innen als vorgeschriebener Schreibweise für jedermann oder nicht, wenn ja, aber ohne Genderschreibzwang, warum das nicht, und wer definiert es? Und wo darf die "Regeln des Anstands" der Unsichere nachlesen?


Zwischenstand: Obwohl ich jetzt eigentlich nicht noch einmal Differenzen zwischen uns aufbauschen wollte: Die "PC"-Frage, gerade hier im Forum, ist mir wirklich wichtig, und ich meine, dass Deine Definition "Grenzlinie des Anstands" falsch ist.

Im Gegenzug nun pure Angreifbarkeit:

- Meine Wut, über Muttis Flüchtlingspolitik ist primär die Sorge, dass ganz besonders ich dafür bezahlen muss. Ich schätze etwa 3% mehr Einkommenssteuer, und das Schreckgespenst der grünen 15%-igen "einmaligen" Vermögensgabe (Originaldokument) wird deutlich realistischer. Das ist nicht unendlich viel, aber nur ein Thema neben Bankenrettung, Transferunion, Mehrkosten für Deutschland bei einem Brexit etc., und "unpolitischen" Erblasten wie Beamten (sorry, Roland) und Demografie (und nein: Die Zuwanderung von Jungen in die Sozialsysteme auf der Nehmerseite ist keine Lösung des demographischen Problems). Es geht - ganz platt - ums Geld.

- Im Alltag stören mich muslimische Menschen nicht, wiewohl ich denke: "Im Sinne von Vielfalt reicht es", ich habe eher weniger Angst vor Überfremdung. Eine Mutter sagte mir einmal: "Mein Kind soll allein schon deswegen auf die katholische Realschule, damit es nicht so von Türken angegrabbelt wird, wie ich es damals wurde". Das ist logischerweise nicht meine Erfahrungswelt, wiewohl mir bisweilen auffällt, dass muslimische Jungs etwas mehr dürfen als andere Jungs. Meine Tochter werde ich vor einem eventuellen Risiko bewahren können. No topic, ich bin nicht Pegida.

- Mein Problem mit der Presse? Du hast viel Richtiges geschrieben, gute Vergleiche, und dass der Journalistenjob tatsächlich inzwischen ein prekäres Beschäftigungsverhältnis ist. Das nach verschiedenen objektiven Kriterien Journalismus nachgelassen hat. Ich begebe mich bei "Lutz Bachmann" und dem Goebbels-Vergleich wieder freiwillig auf dünnes Eis: Die quasi wortwörtliche "Willi Brandt-Urheberschaft" des Zitats ist nicht mir aufgefallen, sondern einem sozialdemokratischen Freund von mir. Der hatte den Verweis auf Willi Brand zunächst in einem Online-Artikel gefunden - ich meine, er sagte, von der "Welt". Und er war kurz danach wieder weg, aber noch in einem Webarchiv auffindbar. In "1984" ist ja der Job des "Helden", nachträglich die Archive umzuschreiben. Das ist heute viel einfacher: In einem Online-Artikel mal eben eine Bemerkung wegzulöschen, die das Schussfeld der SPD-B-Liga "Für die Äußerung gehört man vor den Kadi" wieder von der lästigen Geschichte freiräumt, ist eine Trivialität. Ich finde es tatsächlich gesellschaftlich gruselig, wie simpel Absurditäten von "1984" heute funktionieren.
Ich habe ca. 15 Minuten recherchiert, um hier im Forum das mit Webarchiv-Links belegen zu können, und es ist mir nicht gelungen. Deswegen kommt es jetzt in die Rubrik: "Angreifbare Positionen - habe ich von einem guten Freund gehört".
Ansonsten hast Du völlig Recht:
"Trotzdem verstehe ich noch nicht, was Dir eigentlich Angst macht. Dass Deine Meinung von der veröffentlichten Meinung abweicht, für abseitig befunden wird, diffamiert wird und man vielleicht sogar einen gewissen Makel zurückbehält, wenn man eine gewisse Meinung äußert?"
Ja, genau. Das ist ein ganz wesentliches Element.
Aus Sicht von Grünen, Linken und Links-SPD sind die "von Mutti verlassenen" CDUler heute Rechtspopulisten ganz knapp vor oder hinter der Grenze zur Kriminalität und denen, die Häuser oder gar Menschen anzünden.
Eine CSU, die ich als populistischer als die AfD empfinde, hat zwar noch gewisse Narrenfreiheit - aber die lässt sich ja mit Hochspannungserdkabeln für Bayern auf Kosten der Stromverbraucher und dem "Versucht doch Eure Autobahn-Maut für Ausländer!" kaufen.
Ich bin irgendwann - etwa mit 25 - in der Gesellschaft von links kommend als Bürger angekommen - und diese nach rechts über einen Rand, der kilometerweit vor der Straffälligkeit durch PC definiert wird, wieder zu verlassen, fällt mir schwer. Als Linker hat mir der tiefe Hass gefehlt, als vermeintlich Rechter fehlt mir unverändert etwas wie Hass - weder auf Ausländer noch auf sonst irgendwen. Meine Position ist doch ganz einfach und urliberal: Es ist nicht unsere Aufgabe, Banken zu retten, sollen sie scheitern, die neuen werden besser sein! 1-2 Jahre später: Es ist nicht unsere Aufgabe, Griechen oder andere fehlwirtschaftende Staaten zu retten, sollen sie scheitern, vielleicht birgt das die Chance für etwas Besseres. Und heute eben: Syrer, Eritreer, Sinti und Roma, den Balkan und wer sonst noch auf dieser Welt ein Bedürfnis nach Rettung mit der Mindestgarantie "Deutscher Hartz4-Satz" hat: Löst Eure Probleme selber!

Das sind jetzt viele offene Flanken, aber eigentlich schreien sie - glaube ich - nicht unbedingt nach Widerspruch. Weil sie keinen Objektivitätsanspruch erheben.

Wenn Du noch eine intellektuelle Kopfnuss in Sachen "Flüchtlinge" und Invidualrecht versus Staats-/Gesellschaftsinteresse möchtest, dann vielleicht folgende: Eine (gerade von rechts) regelmäßig thematisierte Frage ist die: "Wie kann man die alliierten Massentötungspläne an der deutschen Zivilbevölkerung rechtfertigen?". Selbstverständlich geht es nicht darum, damit Schuld zu relativieren. Sondern um die Frage, ob es "Gut" und "Böse" gibt, oder diese Grenzen immer zwangsläufig ungenau sind. Meine persönliche Auflösung für das Dilemma ist: "Jede Bevölkerung haftet - ob demokratisch gewählt oder wie auch immer zustande gekommen - für ihre Regierung und das, was sie tut. Es ihr eigenes Problem, für Abhilfe zu sorgen, oder mit den Konsequenzen zu leben". Wer unter Hitler lebt, hat Pech, und ist verpflichtet, das seinige zu tun. Das ist aber, auf heute übertragen, eine Logik, die aussagen müsste (wie es die polnische Regierung tut): "Liebe Syrer, ihr seid jung, ihr seid wehrfähig. Wenn Ihr eine Waffe braucht, können wir darüber reden. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, Euch aufzunehmen und junge Polen nach Syrien als Soldaten zu schicken, um Euer Land zu einem "better place" zu machen. Regelt das Problem selber!".

Politisches Asyl: Da fällt mir erst einmal nur ein: Warum Millionen von Menschen, aber warum lebt Edward Snowden in Moskau?
30. Dezember 2015: Von Hofrat Jürgen Hinrichs an Alexander Callidus Bewertung: +2.00 [2]
Ich denke, man muss weder Theologie noch Psychologie bemühen. Es reicht eigentlich der Blick in die Geschichtsbücher.
31. Dezember 2015: Von Lutz D. an Georg v. Zulu-eZulu-schwit-Zulu
...mich hat es um 3h30 (frag nicht) genau 30 Sekunden gekostet, einen Webartikel zu dem Verweis auf das Brandt-Zitat zu finden, in der FRANKFURTER RUNDSCHAU!!!!!

Damit meine ich, darf ich durchaus weiter behaupten, dass diese ganzen auch von Dir verbreiteten Thesen zu quasi-gleichgeschalteten Mainstream-Medien (vulgo Lügenpresse), die zu Gunsten der PC und der SPD die Archive umschreiben, völliger Quatsch sind. Das wird auch nicht besser, wenn man es elaboriert vorträgt.

Ansonsten hat mir Dein Beitrag ganz gut gefallen, aber inhaltlich kommen wir da in einigen Punkten nicht zusammen.




31. Dezember 2015: Von Wolff E. an Lutz D. Bewertung: +1.00 [1]
Lutz und Georg. Greift zum Telefon (die Nummer habt ihr) und klärt das direkt. Oder noch besser. Flieger rausziehen und in Koblenz oder Spa persönlich treffen. Nur so als Tipp...

Ansonsten schönen Jahreswechsel und möge die Summe der Starts und Landungen immer gleich sein. (Bei mir leider nicht der Fall)
31. Dezember 2015: Von Lutz D. an Wolff E.
Wenn wir telefonieren oder uns persönlich sehen, haben wir für Politik nie Zeit, Wolff ;). Wünsche Dir auch einen guten Rutsch!
31. Dezember 2015: Von Bernd Almstedt an Wolff E. Bewertung: +1.00 [1]
Ich fand den "kleinen" Diskurs jetzt recht anregend und spannend... - ich finde es immer wieder interessant, wenn man das Umfeld mal aus einer anderen Perspektive gezeigt bekommt. Dümmer wird man dadurch sicher nicht... 8-)
Vielen Dank für die gute Unterhaltung! ;-)

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