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11. Dezember 2017 Jan Brill

Behörden: Sinnlose Fortbildungen


Wie das LBA die Zeit der Flugbetriebe verschwendet

Unerfahrene Flugbetriebsprüfer des LBA schicken berufserfahrene Postholder in gewerblichen Flugbetrieben und Flugschulen in letzter Zeit häufig auf komplett sinnlose Basis-Lehrgänge. Das Ergebnis ist eine sowohl für die Teilnehmer wie auch für die Vortragenden des Lehrgangs äußerst unbefriedigende Situation.

Der Audit in einer x-beliebigen Flugschule in Deutschland neigt sich dem Ende zu. Die Auditoren (die sich häufig gar nicht so nennen dürfen, denn lange nicht alle Betriebsprüfer des LBA haben ein formales Training für diese Aufgabe) erklären ihre Beanstandungen.

Die formale Qualifikation der Postholder, also z.B. des Heads of Training und seiner Stellvertreter, ist jetzt ein beliebter Ansatzpunkt für ein Finding: Die tatsächliche Qualifikation können die Prüfer insbesondere im Flugschulenbereich mangels eigener Kenntnisse oft gar nicht prüfen. Mit einem HT, der die Aufgabe seit zehn Jahren macht und den Teil-FCL seit der frühen NPA-Phase aus der Westentasche kennt, ein Assessment-Gespräch auf Augenhöhe zu führen ist für viele Flugschulen-Inspektoren des LBA fachlich unmöglich. Also wird auf die formale Qualifikation abgehoben.

„Wann waren Sie auf einem Teil-FCL-Lehrgang?“, ist jetzt eine gefürchtete Frage. Eine Antwort wie z.B. „Nie, ich arbeite seit der Entwurfsphase mit dem Teil-FCL, publiziere intensiv darüber, werde aus Ihrem Hause – off the records natürlich – oft um Rat gefragt und besuche regelmäßig EASA-Workshops“, ist dann aus Sicht des LBA keine zufriedenstellende Antwort.

Es muss eine formale Qualifikation her. Ein Kurs. Und seit dem Verschwinden der EASA Academy gibt es dafür in Europa nur noch eine Adresse, die vom LBA zuverlässig akzeptiert wird: die JAATO.

Vergleichbar einem Zombie aus „The Walking Dead“ lebt der niederländische Verein namens JAA, der uns im Bereich der Allgemeinen Luftfahrt so viele schöne Dinge wie das JAR-Medical für Segelflieger oder JAR-FCL gebracht hat, als Trainings-Organisation weiter, um all die Regelwerke zu erklären, an denen man seit EASA keinen Anteil mehr hat.

Dass dies nicht gleich die EASA macht – und auf diesem Weg vielleicht auch ein bisschen Feedback aus der Praxis einsammelt – liegt am Kompetenzgerangel zwischen den verschiedenen europäischen Luftfahrtbehörden-Vereinigungen ECAC, EASA und JAA.

Jedenfalls findet sich einige Monate später eine höchst unterschiedlich zusammengesetzte Gruppe von Postholdern und Behördenmitarbeitern (die müssen auch zu dem Kurs) aus ganz Europa in einem stickigen und viel zu kleinen Meeting-Raum am Flughafen Gatwick wieder und sehen voller Vorfreude einem dreitägigen Kurs zum Teil-FCL entgegen.

Warum der Kurs ausgerechnet in Gatwick stattfindet, wo alles elend teuer ist, man mit dem eigenen Flugzeug praktisch gar nicht landen kann und zumindest aus Deutschland auch nicht mit der Linie hinkommt, das erschließt sich dem Autor leider nicht.

Der Kurs selber wird von einer externen Beraterin abgehalten und besteht im Wesentlichen aus drei Phasen:

  1. Einem allgemeinen Überblick über die EASA-Verordnungen und die Bezugsquellen (EU LEX)

  2. Einem Workshop-Element, in dem die Teilnehmer bestimmte Einzelaspekte aus der VO 1178/2011 heraussuchen müssen.

  3. Gegenseitigen Kurz-Referaten zu den Bestimmungen für Lizenzen und Berechtigungen, die in Gruppenarbeit von den Teilnehmern vorbereitet und dann vorgetragen werden.

Besonders der zweite Teil ist für manche Teilnehmer äußerst quälend. Mit einem Stichwort per Volltextsuche einen Tag lang willkürlich ausgesuchte Zahlen oder Sätze aus einem PDF herauszusuchen ist für die Teilnehmer, die größtenteils über eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Hochschulstudium verfügen, ein „Skill“, der eigentlich seit Langem als beherrscht abgehakt ist.

Oder anders ausgedrückt: Das lernt man beim Vorbereiten der ersten Sachkunde-Referate in der achten Klasse. Warum man das für eine Kursgebühr von deutlich über 1.000 Euro bei der JAATO nochmal üben soll, ist eine Frage, die wohl nur das LBA beantworten kann.

Der Vortrag selbst ist strukturiert und gut vorbereitet. Allerdings nur auf dem Stand der ursprünglichen Verordnung. Bei den neueren Entwicklungen und Ammendments der VO 1178/2011 und 965/2012 kommt die Vortragende massiv ins Schwimmen. Beispiele:

  • Die Konzepte und Möglichkeiten hinter dem CB-IR-Kurs (Ammendment M3 VO 245/2014) werden in großen Teilen unrichtig und unvollständig dargestellt und

  • die Tatsache, dass Twin-Turboprops unter 5,7 Tonnen operationell nicht mehr als Complex Aeroplanes behandelt werden (VO 2016/1199), ist ihr ebenfalls neu.

Das wäre nicht weiter schlimm, der Kurs dient eindeutig als Basis-Kurs zur grundlegenden Orientierung, wer sich aber ab und zu über eine obskure Behördeninterpretation wundert, findet hier vielleicht eine Ursache.
Wer also gehofft hatte, im Rahmen des Kurses endlich einmal von der Quelle zu trinken und richtig tief in die Materie einzusteigen oder gar nützliche FCL-Survival-Skills für die tägliche Praxis zu erhalten, der wird enttäuscht.

Für Mitarbeiter in einer Flugschule oder einer Behörde, die ganz frisch in den Themenbereich einsteigen, ist der Kurs eine gute erste Orientierung zum Thema. Mehr aber auch nicht.

Der Preis von über 1.000 Euro pro Person ist nur durch die behördliche Anerkennung der JAATO zu rechtfertigen, keinesfalls durch den Gehalt des Kurses. Ich habe auf Fortbildungen von Landesluftfahrtverbänden sehr viel bessere und tiefere Einführungen zum Thema gehört.

Tatsächlich teilt sich das Publikum auch sehr schnell in drei Gruppen:

  1. Behörden- und Firmenmitarbeiter, die erstmals in das Thema einsteigen – sie profitieren am meisten von den drei Tagen.

  2. Teilnehmer, die in ihrer täglichen Praxis nichts mit dem Teil-FCL zu tun haben und diese Aufgaben im Betrieb delegieren – bei ihnen geht der Kurs „da rein und da raus“.

  3. Teilnehmer, die täglich mit den relevanten EASA-Regeln arbeiten. Für sie ist der Kurs eine Qual, etwa so wie für einen ausgebildeten Mathematiker, der nochmal Bruchrechnung in der fünften Klasse besuchen muss.

Die Kosten für das betroffene Unternehmen für diese Maßnahme mit acht Postholdern inkl. An- und Abreise und Spesen: Weit über 20.000 Euro!

Zu kritisieren ist weniger die JAATO, die einen soliden, aber extrem teuren Basiskurs anbietet, sondern die Betriebsprüfer des LBA, die die Teilnahme an diesem Kurs praktisch vorschreiben, und das auch dort, wo die Teilnahme absolut keinen Sinn ergibt, da die tägliche Praxis der Postholder weit, weit, über dem Level des Kurses stattfindet.

Die Prüfer müssen selber die Kompetenz der Postholder prüfen. Gegen Fortbildungen ist nichts zu sagen, aber bitte angepasst und nicht als Strafarbeit oder Verlegenheits-Finding.

Wichtig wäre auch, das derzeitige Monopol der JAATO in diesem Bereich aufzulösen. In einem wirklich freien Markt regeln sich Angebot und Nachfrage für einen solchen Kurs sehr schnell.



Bewertung: +5.00 [5]  
 
 




15. Dezember 2017: Von Thomas AufAnfrage an Jan Brill Bewertung: +2.00 [2]

Hallo Jan!

Vielen Dank für Deine aufklärende Arbeit! Jetzt wird mir einiges klarer! Es scheint mir, dass sowohl die Kompetenz, als auch der Wille zur Kompetenzbildung an vielen Stellen fehlt.

Hierzu eine - anders gelagerte - Geschichte zur Willkür des LBA:

Wir (2 PPLer) haben, inspiriert vom Lisa-IFR-Kick-Starter, unsere IR-Ausbildung aus verschiedenen Gründen in Tschechien gemacht. Die Tschechen leben das Motto "competency based", was bedeutet, dass jeder dort erst das EIR macht und anschließend IR (competency based).

Nach der EIR-Prüfung hat es nur ca. 2 Wochen gedauert, bist wir unsere Lizenz vom LBA hatten. Entsprechend positiv gestimmt reichten wir unsere Unterlagen nach bestandener CBIR-Prüfung am 13.09.2017 ein.

Dann der Hammer: Wir wurden ersucht, einen Nachweis über unsere theoretische Ausbildung und Prüfung zu erbringen. Ein Hinweis auf unsere gültige EIR-Berechtigung half nicht weiter. Wir hätten seinerzeit einen Nachweis nach FCL.825 über die theoretische Ausbildung und Prüfung erbracht, nun wäre aber ein Nachweis nach FCL.615 erforderlich.

Eine detaillierte Ausarbeitung unsererseits, dass FCL.825 i.S. Theorie nur auf FCL.615 verweise (es also keine eigene Regelung gibt und damit identisch ist) und dem Hinweis, dass sämtliche deutsche Flugschulen auf ihren Internetseiten damit werben, dass EIR-Holder keinen weiteren Theorienachweis zu erbringen haben, half nichts.

Auch eine Mail der tschechichen CAA direkt an das LBA, in der bestätigt wurde, dass - wie auch die Prüfungsurkunde aussagt - die theoretische Ausbildung und Prüfung gem. Richtlinie 1178/2011 erfolgt ist und für das CBIR entsprechend anerkannt werden sollte reichte noch nicht aus.

Denn jetzt verlangte das LBA allen Ernstes, dass die tschechische ATO (die logischerweise von der tschechischen CAA genehmigt wurde) das in der E-Mail der tschechischen CAA geschriebene bestätigen sollte.

Nachdem nun also, natürlich papierhaft, weil E-Mail ja nicht gilt, unsere ATO bestätigt hat, dass die tschechische CAA mit ihrer Ansicht richtig liegt, dass die theoretische Ausbildung und Prüfung zum EIR auf das CBIR angerechnet werden kann und soll, haben wir in dieser Woche nach nunmehr 3(!) Monaten endlich unsere neue Lizenz mit Eintrag IR erhalten.

Unser Hinweis, dass die Hinderung an der Ausübung unserer Rechte aus der Lizenz durch die unnötige Verzögerung dazu führe, dass wir unsere Fertigkeiten nicht trainieren können und dies wohl kaum der Flugsicherheit diene - die ja oberstes Ziel des LBA sein sollte - blieb natürlich unbeantwortet. Insgesamt war die Kommunikation mit dem LBA leider sehr unerfreulich, da die Mitarbeiterin des LBA auf Angebote, die offenen Fragen einmal telefonisch zu klären, nicht eingegangen ist und per E-Mail gestellte Fragen einfach ignoriert und nicht beantwortet hat.

Da fragt man sich leider tatsächlich, warum man sich als Bürger so etwas von einer Behörde gefallen lassen muss. Es bleibt die Hoffnung nach der ersten positiven Erfahrung mit der Erstellung der Lizenz mit Eintrag EIR, dass wir beim nächsten Mal wieder an einen guten Mitarbeiter geraten und die arroganten und ahnungslosen einfach verschwinden... :-)

15. Dezember 2017: Von RotorHead an Thomas AufAnfrage Bewertung: +1.00 [1]

"Da fragt man sich leider tatsächlich, warum man sich als Bürger so etwas von einer Behörde gefallen lassen muss."

Muss man nicht, es gibt z.B. das Verwaltungsgericht Braunschweig...

16. Dezember 2017: Von Thomas Paeßens an RotorHead

Stimmt natürlich. Wenn man den Weg gehen möchte. Schön ist allerdings anders...


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