Berufspiloten in gewerblichen Flugbetrieben haben einen stetigen Bedarf an Fort- und Weiterbildung. Sie fliegerisch fit zu halten sollte einleuchtend sein. Leider verhindern EASA und LBA im Moment gemeinsam, dass man die Piloten in den Flugzeugen trainiert, die sie dann auch wirklich fliegen. |
Es dürfte unstrittig sein, dass gewerbliche Betreiber von Flugzeugen, vor allem wenn sie im gewerblichen Personentransport (CAT) tätig sind, erheblichen und fortwährenden Trainingsbedarf für ihre Besatzungen haben. Einige Beispiele:
- Piloten müssen die erforderlichen Klassen- und Musterberechtigungen erwerben.
- Abgelaufene Berechtigungen müssen mittels Auffrischungsschulung erneuert werden.
- Qualifizierte Kapitäne müssen Lehrberechtigungen (CRI/TRI) erwerben können, um sich für Examiner-Positionen im Flugbetrieb zu qualifizieren.
- Fortbildungen für neue Verfahren (z.B. PBN-Qualifikationen) müssen durchgeführt werden.
- Ggf. verblasste Kenntnisse und Fertigkeiten müssen aufgefrischt werden.
Es dürfte ebenfalls klar sein, dass es nicht nur akzeptabel, sondern im höchsten Maße geboten ist, diese Trainings-Maßnahmen auf den Flugzeugen durchzuführen, die auch im Einsatz genutzt werden. Denn gerade bei Flugzeugen der Allgemeinen Luftfahrt unterscheiden sich die Abläufe und Verfahren im Cockpit auch innerhalb ein- und derselben Variante einer Klasse oder eines Musters erheblich.
Wer auch nur ein wenig Ahnung von der Praxis dieser Fluggeräte hat, dem leuchtet das ein: Eine King Air mit herkömmlicher Instrumentierung aus den 1980er-Jahren hat ganz andere Abläufe und Aufgaben zu bieten als ein Flugzeug gleichen Musters, das über ein aktuelles Garmin-Glascockpit verfügt. Und das, obwohl beide Flugzeuge als dieselbe Variante in derselben Musterberechtigung geführt werden.
Ein „Straight-CJ“ (C525) der ersten Generation wird grundlegend anders bedient als eine M2, obwohl auch diese beiden Flugzeuge dieselbe Musterberechtigung haben, wenn auch als unterschiedliche Varianten.
Betrachtet man das umfangreiche Feld der Glascockpit- und Autopilot-Nachrüstungen, wird das Bild noch unübersichtlicher: Eine Cheyenne von 1981 mit Garmin G600 und GTN unterscheidet sich insbesondere in der IFR-Fliegerei maßgeblich von einem Flugzeug gleichen Baujahres mit herkömmlicher Avionik.
Wenn Training also nicht nur Akten füllen, sondern wirklich Fertigkeiten (oder im EASA-Deutsch: „Kompetenzen“) für den Betrieb eines solchen Flugzeugs vermitteln soll, dann ist es wesentlich, dass auf genau den Flugzeugen mit genau der Avionik trainiert wird, die dann später auch im AOC zum Einsatz kommen.
„Früher war alles besser“ – so jedenfalls beginnt die Geschichte aus Sicht einiger LBA-Mitarbeiter, mit denen Pilot und Flugzeug über den Problembereich gesprochen hat. Früher konnten gewerbliche Flugbetriebe Klassen- und Musterberechtigungen für den Eigenbedarf als TRTO (Type Rating Training Organisation) im eigenen Unternehmen ausbilden. Wir müssen dem LBA in diesem Punkt recht geben: Das war sinnvoll und hat funktioniert. Wer als Frischling direkt von der ATPL-Fabrik seinen ersten Job in einem gewerblichen Flugbetrieb annahm, lernte „on the Job“ und wurde auf den Flugzeugen und in den Betriebsverfahren geschult, die er später als F/O auch anzuwenden hatte.
Damit machte die EASA in der Verordnung 1178/2011 (Teil-FCL) allerdings Schluss. Es gab ab April 2011 keine TRTOs mehr und auch keine betriebsinterne Ausbildung im AOC. Dies ist entweder schlicht vergessen gegangen oder diese erprobte und praxisbezogene Einrichtung wurde bewusst der reinen Lehre von der ATO (Approved Training Organisation) geopfert.
Seit Teil-FCL kann nur noch ein sehr kleiner Teil der praktischen fliegerischen Ausbildung im AOC gemacht werden. Eigentlich nur noch betriebsinterne Weiterbildungen, wie Line- und Route-Training, Operator Conversion und Command-Transition.
Der große und wesentliche Bereich der Klassen- und Musterberechtigungen sowie der Unterschiedsschulungen zwischen den Varianten und natürlich der Lehrberechtigungen können seit 2011 nur noch in einer ATO ausgebildet werden.
Und weil wir Europäer sind und tun, was man uns aus Brüssel oder Köln so vorschreibt, schlugen die deutschen Flugbetriebe die Hacken zusammen und gründeten ATOs oder taten sich mit bestehenden Ausbildungseinrichtungen zusammen! Unglaublich viel Geld und Mühe wurde in die Gründung von Ausbildungsorganisationen und in die Neuerschaffung der passenden Handbücher investiert.
Betroffen waren übrigens auch Betreiber von Flugzeugmustern, deren Ausbildung größtenteils im Simulator stattfindet. Denn für diese Betreiber schrieb das LBA in haargenauer Auslegung des Teils-FCL vor, dass auch das Landetraining (sage und schreibe sechs Platzrunden!) nur in einer ATO absolviert werden konnte. Also mussten auch diese Flugbetriebe eine ATO gründen oder sich einer ATO für ihr Muster anschließen und die eigenen Flugzeuge dort melden.
Die reine EASA-Lehre von der ATO hatte sich also auf ganzer Linie durchgesetzt. Egal, ob volles Typerating, Typerating-Instructor oder nur ein einfaches Landetraining: Alles hatte in einer ATO zu erfolgen. Und so wurde das zwischen 2011 und 2016 in Deutschland auch gemacht.
Catch 22: Nur die Flugzeuge dürfen nicht mehr genutzt werden!
Im Laufe des Jahres 2016 reifte beim LBA jedoch die Auffassung, dass das mit der ATO alles gut und schön sein mag, dass aber Flugzeuge, die im AOC genutzt würden, keinesfalls gleichzeitig in einer ATO eingesetzt werden könnten.
Dabei stützt sich das LBA auf die EU VO 965/2012 ORO.GEN b), in dem u.a. auch für AOC-Flugbetriebe festgelegt wird:
Jeder Flug ist entsprechend den Bestimmungen des Betriebshandbuchs durchzuführen.
Nun kann ein Flug in einer ATO aber nicht nach den Bestimmungen des Betriebshandbuchs eines AOCs durchgeführt werden. Das AOC stellt in fast allen Punkten Anforderungen im Betriebshandbuch auf, die mit den Erfordernissen eines Ausbildungsflugs schlicht nicht vereinbar sind. Damit sind Flugzeuge in einer ATO aus Sicht des LBA nicht einsetzbar, solange sie im AOC gemeldet sind.
Das Pikante dabei: Nichtgewerblicher Flugbetrieb darf nach ORO.AOC.125 sehr wohl in Abweichung von den strengen Vorschriften des AOCs durchgeführt werden, wenn der Betreiber das entsprechend definiert:
a) Der Inhaber eines AOC darf nichtgewerblichen Betrieb mit einem Luftfahrzeug durchführen, das ansonsten für gewerblichen Luftverkehrsbetrieb genutzt wird und das in den Betriebsvoraussetzungen seines AOC aufgeführt ist, sofern der Betreiber
1. diesen Flugbetrieb im Betriebshandbuch ausführlich beschreibt, was Folgendes umfasst:
i) Nennung der einschlägigen Anforderungen,
ii) klare Angabe der Unterschiede zwischen den Betriebsverfahren bei gewerblichem und nichtgewerblichem Luftverkehrsbetrieb,
iii) das Verfahren, mit dem sichergestellt wird, dass das mit dem Betrieb befasste Personal vollständig mit den entsprechenden Verfahren vertraut ist; [...]
Auf diese Weise können z.B. Überführungsflüge zur Werft oder auch einfach private Flüge des Unternehmers nach NCC oder NCO durchgeführt werden. Eine Abweichung von den Bestimmungen des OM ist also sehr wohl möglich und vorgesehen.
Allerdings nur für „nichtgewerblichen Betrieb“, wie das LBA spitzfindig herausarbeitete. In einer ATO sieht die Behörde aber einen anderen gewerblichen Flugbetrieb, weshalb zwar die private Nutzung erlaubt ist, die Nutzung zur Ausbildung der eigenen Piloten aber nicht. Das nennt man einen wirklichen Catch 22!
Und dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob AOC und ATO unter demselben Dach angesiedelt und von denselben Leuten geführt und gemanagt werden. Juristisch sind es zwei verschiedene Genehmigungen und damit zwei verschiedene Flugbetriebe, so die Sicht des LBA.
Durchsetzung in den Flugbetrieben
Wer auch nur ein bisschen von Pilotenausbildung versteht wird wohl einsehen: Piloten erst im Cockpit oben zu trainieren um sie dann im gewerblichen Einsatz das Cockpit unten fliegen zu lassen ist nicht unbedingt im Sinne der Flugsicherheit. Geht aber im Moment nicht anders, da die EASA eine wirklich bemerkenswerte Regel in die 965/2012 geschrieben hat und das LBA die natürlich auch genau so umsetzt. Dabei gäbe es trotz der wohl unbeabsichtigten Unpässlichkeit der Verordnung Lösungsmöglichkeiten, wie andere Behörden in Europa täglich demonstrieren. |
Diese Auffassung setzt das LBA nun seit Sommer 2016 rabiat durch. Als Erstes erwischte es den Betreiber einer King Air, der das Flugzeug sowohl in seiner ATO wie auch in seinem AOC einsetzte. Anlässlich eines banalen Reifenplatzers (nichts passierte, wurde durch Crew, CAMO und QM des Unternehmens alles vorbildlich gemanagt) kam das LBA auf die Parallelnutzung in AOC und ATO.
Dem Betreiber wurde nun AOC-seitig ein Level-1-Finding aufgedonnert, da er nach Auffassung des LBA gegen seine Pflichten aus ORO.GEN.110 b) verstoßen hatte. Level 1 ist der größte Hammer, den die Flugbetriebsprüfer im Werkzeugkasten haben, und zieht – wenn der Sachverhalt nicht unverzüglich abgestellt werden kann – in der Regel eine Schließung oder Einschränkung des Betriebs nach sich.
Man schoss also mit der ganz dicken Berta. Der Unternehmer klagte gegen das Finding und ging vor dem Verwaltungsgericht Braunschweig erwartungsgemäß mit fliegenden Fahnen unter. In den schwärzesten Farben malte die Kammer den Verstoß als schwerwiegende Gefährdung des Luftverkehrs, da nach Auffassung der Richter ja überhaupt nicht sichergestellt sei, ob das Flugzeug nach dem Flug in der ATO wieder in einem betriebssicheren Zustand in den AOC-Flugbetrieb zurückkehren würde (und das, obwohl die CAMO ja ohnehin dieselbe ist und in diesem Fall sogar die Piloten und Post-Holder in beiden Betrieben identisch waren).
Dieses Urteil wurde beim LBA vielfach herumgereicht und diente als ideale Rechtfertigung, nun flächig bei den Flugbetrieben durchzugreifen und die parallele ATO/AOC-Nutzung abzustellen.
Der Unternehmer gab allerdings nicht auf und zog zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht nach Lüneburg weiter, um zumindest die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen das Level-1-Finding durchzusetzen. Und hier bekam er Recht.
Allerdings auch nur in diesem beklagten Punkt: der aufschiebenden Wirkung. Um die eigentliche Sachfrage, ob der Betrieb in AOC und ATO parallel möglich ist, drücken sich die Richter im Beschluss mit dem Aktenzeichen 7 ME 120/16 vom 5.1.2017 leider herum.
Sie geben aber ein paar hilfreiche Kommentare ab. Zunächst einmal erklären sie ausführlich und deutlich, dass es sich – selbst wenn die parallele Nutzung nicht zulässig sein sollte – keinesfalls um ein Level-1-Finding handelt.
Sie erklären auch, dass – wenn der Gesetzgeber die private Nutzung ausdrücklich erlaubt – die Nutzung in einer viel strengeren Regeln unterworfenen ATO wohl kein allzu großes Problem darstellen sollte:
Im Übrigen würde auch die fehlende Genehmigungsfähigkeit des von der Antragstellerin durchgeführten ATO Betriebs nicht zu einer Beanstandung der Kategorie 1 – sondern allenfalls zu einer der Kategorie 2 – führen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass diese – hier unterstellte – Pflichtverletzung zu einer schwerwiegenden Gefährdung der Flugsicherheit führt. Die Antragstellerin hat insoweit mit ihrer Beschwerdebegründung überzeugend darauf hingewiesen, dass nach ORO.AOC.125 der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 eine private Nutzung der im AOC eingetragenen Luftfahrzeuge zulässig und genehmigungsfähig ist; eine entsprechende Genehmigung hat die Antragsgegnerin auch erteilt.
Eine Nutzung durch einen Berufspiloten bzw. einen Fluglehrer, der regelmäßig eine besondere Erfahrung mit dem jeweiligen Flugzeugmuster mit sich bringt, führt aus sicherheitsrelevanten Aspekten gegenüber einer privaten Nutzung durch einen unter Umständen weniger geübten Privatpiloten aber allenfalls zu einer Erhöhung der Sicherheit für den Luft- und Flugverkehr.
Aus diesem Text der Lüneburger Richter könnte sich eine zur Kooperation bereite Behörde natürlich eine ausgezeichnete Brücke bauen, den Betrieb in beiden Organisationen zu ermöglichen oder zumindest wie bislang zu dulden. Solche Ansätze sind beim LBA jedoch bislang nicht erkennbar.
Praktische Hürden
Das LBA stellt sich vielmehr auf den Standpunkt, dass ein Flugbetrieb sich dann eben ein eigenes Flugzeug nur für die Ausbildung zulegen müsse oder ein Flugzeug, das für die Ausbildung genutzt wird, aus dem AOC abzumelden sei.
Praktisch ist das natürlich nicht machbar: Denn selbst wenn man die 1.300 bis 3.500 Euro, die eine Neuanmeldung zurück ins AOC im Schnitt nur an Gebühren kostet, außer Acht lässt, beansprucht die Wiederanmeldung im AOC im günstigsten Fall Tage, in der Regel aber Wochen.
Das Flugzeug wäre nicht nur so lange unbenutzbar, die Möglichkeit der Nutzung von Leerflügen zur Ausbildung wäre auch komplett ausgeschlossen. Denn es gibt – besonders im Mittelstand – noch Flugbetriebe, die nicht dem Pay-to-Fly-Virus verfallen sind und die nicht der Ansicht sind, dass ein frischer F/O erstmal 10.000 oder 30.000 Euro Eintrittsgeld für ein Typerating in seinen neuen Job mitbringen sollte.
Diese Flugbetriebe finanzieren ihren neuen Piloten die Musterberechtigung. Da diese Firmen aber a) im Wettbewerb stehen und b) allesamt keine Gelddruckmaschine im Briefing-Raum haben, geht das nur, wenn Leerflüge für die Ausbildung der neuen Kollegen genutzt werden. So wie zu TRTO-Zeiten auch. Wenn die An- und Abmeldung zwischen ATO und AOC aber Tage oder gar Wochen dauert, ist diese Möglichkeit nicht mehr gegeben.
An einer parallelen Nutzung führt also kein Weg vorbei. Diese ist natürlich sicher machbar, wurde jahrelang praktiziert und das wurde vom OVG Lüneburg auch so beschrieben.
Was sagt die EASA?
Bleibt die Frage, was die EASA zu dem Thema sagt. In einer umfangreichen Korrespondenz, die wir bei Pilot und Flugzeug seit Herbst 2016 mit der General Aviation Task Force führen, bestätigt die Behörde übrigens die Auffassung des LBA: Ja, man kann die EU VO 965/2012 so lesen, dass privater Betrieb mit AOC-Flugzeugen erlaubt ist, der Betrieb in einer ATO aber nicht.
Niemand konnte uns in der Behörde bislang jedoch erklären, welchen Sinn diese Regelung macht, und ob man in Köln nicht auch der Auffassung sei, dass es zweckmäßig wäre, Piloten auf den Flugzeugen auszubilden, auf denen sie auch wirklich fliegen.
Wir haben auch trotz intensiver Bemühungen bis Redaktionsschluss noch keine Einlassung zur Sache von den für AOC-Flugbetriebe und die 965/2012 zuständigen EASA-Mitarbeitern Julia Eggerer und Jan Boettcher erhalten. Es würde uns wirklich brennend interessieren, welchen Sinn Eggerer, Boettcher und die zuständige Fachabteilung darin sehen, erst sämtliche Ausbildung über die VO 1178/2011 in die ATO zu zwingen, um dann die Nutzung der Flugzeuge mittels VO 965/2012 in der ATO zu untersagen – im Ergebnis also Piloten in AOC-Flugbetrieben die nötige Aus- und Weiterbildung derart zu erschweren oder diese sogar unmöglich zu machen. Beide haben auf wiederholte Anfragen jedoch nicht geantwortet.
Lediglich Dominique Roland, Chef der GA-Roadmap, hat zumindest versucht, unsere Fragen umfangreich, geduldig und kompetent zu beantworten.
Mehr als Vertröstungen kann er uns jedoch nicht schreiben. Angeblich gäbe es eine Rule-Making-Task, die sich des Problems annehmen würde. Angeblich sei sich die EASA des Problems bewusst und wäre bemüht, dies zu korrigieren. Eine Opinion war für das erste Quartal 2017 angekündigt. Zum Redaktionsschluss am 26. April liegt diese aber immer noch nicht vor. Und auch keine Stellungnahme der zuständigen EASA-Fachabteilung.
Aber selbst wenn eine solche Opinion bald erscheint – es dauert nach Angaben der EASA mindestens zwei Jahre, bis diese als Änderung der VO 965/2012 in Kraft tritt. Unsere simple Frage:
What are we supposed to do in the next 24 months to keep our pilots rated, current and safe?
konnte uns also auch Dominique Roland nicht beantworten. Nach seinen Angaben möchte die EASA mit Ausnahmeregeln arbeiten:
We are working in parallel with the member states to agree on a solution that will allow to bridge the gap, pending implementation of the amended regulation, by using flexibility provisions.
Wie gut das zwischen EASA und LBA bislang funktioniert, kann man mal einen Piloten über 60 fragen, der von der „Ausnahmeregelung“ beim Single-Pilot-Betrieb zwischen 60 und 65 Jahren profitieren wollte...
Warum sind nur wir so doof?
Die EASA macht mit der 965/2012 also eine in diesem Punkt wirklich kontraproduktive Regel. Es ist aber bezeichnend, dass nur wir in Deutschland aus diesem Umstand einen Nervenzusammenbruch machen. Andere Länder sehen das sehr viel pragmatischer: Österreich z.B. argumentiert ähnlich dem OVG Lüneburg, dass es ja angesichts der Tatsache, dass private Flüge nach ORO.AOC.125 ausdrücklich erlaubt sind, nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein kann, durch Auslassung der ATO-Flüge diese zu untersagen. Die AustroControl stellt sich also auf den Standpunkt, dass die parallele Nutzung europäisch schlicht noch nicht geregelt ist, und hat daher angemessene nationale Regelungen getroffen.
Andere Luftfahrtbehörden machen das mit anderen Begründungen ähnlich. Gemeinsam ist den anderen CAAs, dass sie einen Weg gefunden haben, die Unpässlichkeit der 965/2012 zu überbrücken, und ihren Flugbetrieben weiterhin erlauben, auf den Flugzeugen auszubilden, auf denen auch tatsächlich geflogen wird.
Warum wir in Deutschland nicht in der Lage sind, dieses Problem zu lösen, erschließt sich dem Autor nicht. Bei anderen Sachfragen, wie z.B. der Frage der Definition von Gastflügen für Vereine, war man durchaus in der Lage, mittels Brief aus dem Ministerium solche offensichtlichen Fehlgriffe der EASA zu korrigieren.
Im vorliegenden Fall scheint dem LBA aber nichts wichtiger, als die widersinnige und kontraproduktive Vorschriftenlage auf das I-Tüpfelchen genau durchzusetzen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier vielleicht auch ein bürokratisches Spielchen gespielt werden soll. Jedem in der Branche soll verdeutlicht werden, dass die EASA Mist gebaut hat und dass das LBA ja am liebsten an den alten TRTOs festgehalten hätte. Ein branchenweites „I told you so“ auf dem Rücken der deutschen Flugbetriebe und vor allem auf Kosten der Sicherheit.
Denn eine Konsequenz ist jetzt schon überdeutlich: Trainingsmaßnahmen, die sich aufschieben lassen, werden aufgeschoben. Und Piloten, die neu in die AOCs kommen, werden auf irgendwelchen Schulmaschinen trainiert, die mit der Ausrüstung der Einsatzflugzeuge meist wenig bis nichts zu tun haben.
Fazit: Didaktischer Unfug und unflexible Strukturen
Buchstäblich fliegt sich unsere Cheyenne im Moment die Reifen wund mit Trainings-Aufträgen, da deutsche Operator ihre eigenen im AOC gemeldeten Flugzeuge nicht mehr für die Aus- und Weiterbildung ihrer Piloten nutzen dürfen. Wirtschaftlich freuen wir uns sehr über die Vertriebsunterstützung aus Braunschweig und Köln. Didaktisch und in punkto Flugsicherheit ist diese Situation allerdings untragbar. |
Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass unsere eigene ATO vom beschriebenen LBA/EASA-Unfug wirtschaftlich heftig profitiert. Da viele unserer Kunden ihre eigenen Flugzeuge nicht mehr für das Training ihrer Piloten einsetzen dürfen, fliegt sich unsere D-INFO zurzeit die Reifen wund mit Typeratings und Auffrischungsschulungen. So sehr wir uns über die Verkaufsförderung aus Braunschweig finanziell freuen, so unsinnig ist dieses Vorgehen unter didaktischen Gesichtspunkten. Das nagelneue Garmin-Glas-Cockpit unserer D-INFO hat mit der eher zweckmäßigeren Ausrüstung der meisten AOC-Flugzeuge nicht mehr viel gemeinsam.
Entweder unsere TRIs müssen bei jedem zweiten Handgriff erklären: "Hier machst du das so, aber später im AOC-Flugzeug musst du anders vorgehen", oder man reißt das Training mehr oder weniger sinnfrei ab und hofft darauf, dass der neue F/O später von einem erfahrenen Kapitän schon irgendwie mitbekommt, wie FMS, Autopilot und Navigationsanlage auf den Einsatzflugzeugen funktionieren. So sehr ich mich über verkaufte Flugzeit freue: Als TRI und TRE ist für mich nur zu offensichtlich, dass nichts das Training auf den eigentlichen Einsatz-Flugzeugen ersetzen kann!
Wirklich erschreckend ist aber nicht die Tatsache, dass die EASA bei der Formulierung der 965/2012 irgendwo Mist gebaut hat. Wirklich erschreckend ist der Umstand, dass dieser offensichtliche Missstand in unserer EU-Behördenwelt nicht schneller als in 24 Monaten korrigiert werden kann.
In jeder arbeitsfähigen Struktur würde z.B. der FAA-Administrator oder ein Staatssekretär im Ministerium einen Letter of Interpretation oder einen Erlass herausgeben, der das Problem behebt, bis der Gesetzgebungsprozess nachgebessert hat.
Bei uns zeigt das LBA auf die EASA und die EASA auf das LBA. Das Problem behebt aber keiner, da das LBA keine breiten Schultern machen möchte, um einen Fehler der EASA zu decken, und die EASA mal wieder auf die dusselige nationale Behörde zeigen kann, die bei der Anweisung, aus dem Fenster zu springen nur die Frage stellt „wievielter Stock?“