
IFR-Trainings- und Checkflüge im deutschen Luftraum werden mehr und mehr eingeschränkt. Die zahlreichen PPR-Vorschriften nehmen dem Training die erforderliche Flexibilität. |
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Für Fluglehrer und Prüfer wird es immer schwieriger, adäquate Rahmenbedingungen für Ausbildung und Befähigungsüberprüfungen zu schaffen. Wo immer möglich, wird in der IFR-Ausbildung natürlich auf Simulatoren (Flight Navigation and Procedures Trainer, FNPT I und II) zurückgegriffen. Schon aus Kostengründen. Es gibt aber eine ganze Reihe von Trainingsmissions, bei denen das nicht möglich ist. Und das hat sowohl praktische als auch rechtliche Gründe.
Praktisch kann man den Simulator in der IFR-Ausbildung für eine Vielzahl von Trainingsaufgaben vor allem am Anfang der Ausbildung sinnvoll einsetzen. Irgendwann kommt aber der Punkt, an dem das echte Fliegen ganz einfach nötig ist. Nichts ersetzt vom Übungszweck her das spannende Gefühl in einem GA-Cockpit bei Regen herumgeschaukelt zu werden oder IMC mit Turbulenz unmittelbar zu erleben. In einem CU einen Wegpunkt programmieren und dabei Kurs und Höhe halten? Einen realistischen Eindruck dieser Workload liefert nur das echte GA-Cockpit.
Nicht alles geht im Simulator
Die Vorteile des Sims – hohe Übungsdichte, Konzentration auf das geübte Verfahren, frei wählbare Zeitachse – unterscheiden diese Form des Trainings ja eben gerade von der echten IFR-Schaukelei, bei der man sich nicht aussuchen kann, wann ATC etwas will, wie stark die Turbulenz ist und wann einem vielleicht übel wird, die Hände schwitzen oder man sich den Kopf rennt.
Es geht also nicht ohne das echte Fliegen. Vor allem nicht in der zweiten Hälfte der IFR-Ausbildung.
Noch wichtiger ist die Möglichkeit, im Flugzeug zu trainieren, bei Umschulungen und In-Übungs-Haltung. Die FNTPs bilden in aller Regel nur ein generisches Cockpit innerhalb einer Klassenberechtigung nach. Wer aber in der Praxis und unter kundiger Anleitung seine Avionik und sein Flugzeug besser kennenlernen möchte, der kommt angesichts der unbegrenzt vielen Avionik-Variationen um ein Training im konkreten Flugzeug und in der Luft nicht herum.
Für die jährlichen Befähigungsüberprüfungen sieht die Lage noch deutlicher aus. Die meisten Piloten müssen den IR-Check mit der Verlängerung der jeweiligen Klassen- oder Musterberechtigung verbinden. Damit sind sie nach „FCL.625.A IR(A) — Revalidation“ in aller Regel auf einen Flug im Flugzeug festgelegt. Ein FNTP darf nur genutzt werden, wenn mit der IR-Befähigungsüberprüfung keine Klassen- oder Musterberechtigung mitverlängert wird. Und selbst dann auch nur für jeden zweiten Checkflug. Für den größten Teil der Piloten von SEP-, MEP- und anderen kleineren Single-Pilot-Flugzeugen scheidet eine IR-Verlängerung im Simulator damit schon aufgrund der Verordnungslage aus.
Fülle von Beschränkungen im Widerspruch zu den Trainings-Anforderungen
Zum Ablegen einer sinnvollen IFR-Übung oder Prüfung gehört mehr als nur „zwei Approaches“ irgendwo zu fliegen. Eine Trainings-Mission, von der der Schüler wirklich etwas hat, muss lange vor dem Start ausführlich besprochen werden. Dazu gehört Planbarkeit, also die Aussicht darauf, einen solchen Flug auch weitgehend wie geplant durchführen oder zumindest beginnen zu können. Denn nichts ist für den Lernerfolg eines angehenden IFR-Piloten schädlicher als ständige Umplanungen und Eingriffe des Lehrers aufgrund von flugbetrieblichen (sprich ATC) Notwendigkeiten.

Voranmeldung von IFR-Training ist in Deutschland inzwischen die Regel. Am 20. Mai hieß es dann: Generell kein IFR-Training möglich heute. Dabei ist die Koordination mit der Flugsicherung nur die halbe Miete ... |
Ein Schüler in der dicht gedrängten Ausbildung zum IR schafft seinen ersten, zweiten oder auch fünften Non-Precision-Approach mit anschließendem Fehlanflugverfahren und Holding bestenfalls, wenn alles weitgehend so abläuft wie geplant und vorbesprochen. Nur dann fügen sich in seinem Kopf Theorie, Planung und erlebte Praxis zu einer Erfahrung zusammen, die sich in Fähigkeiten und Kompetenzen verdichten kann.
Ein „Könnt Ihr bitte nochmal einen 360 auf dem Localizer machen, wir haben noch XYZ in der Platzrunde“ oder eine abgeblasene und fünf Mal geänderte Missed-Approach-Procedure macht die gesamte Übung komplett nutzlos, das weiß jeder IFR-Lehrer.
Natürlich hält aber keine noch so gute Trainings-Planung den Kontakt mit der Praxis länger als vielleicht 30 oder 45 Minuten lang aus. Der Intercept war Murks oder der Missed Approach zu zögerlich. Das kann dem Schüler jetzt tagelang im Kopf rumgeistern oder man macht es einfach nochmal und besser und erzielt einen Erfolg!
Zur gelungenen IFR-Trainingsmission gehört immer auch die Flexibilität, eine Übung oder einen ganzen Anflug wiederholen zu können. Und dabei ist es nicht egal, ob man das nächste Woche beim nächsten Flug oder gleich macht. Wenn der Schüler heute nicht mit dem Regen in IMC und dem Seitenwind klar kam, wird ihm eine Wiederholung bei der nächsten Mission in CAVOK und Windstille nichts nützen. Eine unmittelbare Wiederholung unter den gleichen Randbedingungen ist für viele Aufgaben in der Schulung nicht nur sehr nützlich, sie ist auch ein unerlässliches Werkzeug, um dem Schüler Selbstvertrauen und das Gefühl von Fortschritt zu geben.
Nun gibt es allerdings im Training eine Fülle von Beschränkungen, die im Widerspruch zu den beschriebenen Anforderungen an eine effektive IFR-Ausbildung stehen.
An vielen – auch kleineren – IFR-Plätzen müssten Trainingsanflüge mit der genauen Anzahl angemeldet werden. Und das nicht nur am Flugplatz selbst, sondern auch beim Wachleiter des zuständigen Sektors – zusätzlich zum Flugplan, der natürlich ohnehin aufzugeben ist.

... notorisch verkehrsreiche und überlastete Flughäfen wie z. B. Kassel/EDVK erlassen immer häufiger eigene Beschränkungen, die zusätzlich zur Koordination mit ATC beachtet werden müssen und die einer IFR-Trainings-Mission jeglicher Flexibilität berauben. |
Kleinere Abwandlungen des Trainings-Programms sind zwar in aller Regel direkt mit den Lotsen kein Problem, wer aber z.B. nach zwei Anflügen in Siegerland/EDGS feststellt, dass das Ganze bei doch böigem Rückenwind auf der 31 und 400 ft OVC einfach heute nix wird, und mit dem Schüler lieber nochmal für zwei ILS auf die 09 nach Kassel/EDVK rüber möchte, der muss landen, nur um die Anflüge voranzumelden oder sich im Funk einen Anschiss von Kassel Turm abholen, warum man keine NOTAMs lesen würde.
Dienstleistung im Sinne des Schülers sieht nach unserer Ansicht anders aus.
An anderen Plätzen verhindern weitere Betriebseinschränkungen den IFR-Trainingsverkehr. Mal sind es Fallschirmspringer oder Segelflieger, die aus unerfindlichen Gründen nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich weit vom IFR-Verkehr separiert werden müssen, obwohl sich beide im Luftraum Echo der Golf befinden und eigentlich vertragen müssten.
IFR-Übung unter VFR?

Nicht alles geht im Simulator. Für bestimmte Trainingsinhalte in der IFR-Ausbildung ist das wirkliche Fliegen einfach nötig. |
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Eine leider auch nicht wirklich taugliche Lösung ist das Semi-IFR-Training unter VFR. Also das Abfliegen der Instrumentenflugverfahren unter VFR und mit spärlichem Kontakt zur Flugsicherung.
Gelegentlich kann man das sicher mal machen, um einen Trainingsflug zu ermöglichen. Gerade am Anfang der Ausbildung, wenn der Schüler noch nicht das volle Spektrum der Aufgaben im Cockpit übernimmt, kann das zum Kennenlernen der Verfahren ein Anfang sein.
Oder bei Checkflügen mit wirklich soliden Kandidaten. Wenn es nur darum geht, mit einem geübten und sehr sicheren Piloten pro forma für das LBA zwei Anflüge und ein Holding aufs Radar zu malen, dann kann man das ohne Minderwert natürlich auch nach VFR tun, um ATC zu entlasten.
Sobald im Training aber komplexere Aufgaben anstehen oder man zur Prüfung einen Wackelkandidaten neben sich sitzen hat, tut man diesem ganz und gar keinen Gefallen, nach VFR zu fliegen. Denn bei solchen VFR-IFR-Übungsflügen entsteht selten ein durchgehender Fluss in den Übungen, da die eigentlichen IFR-Verfahren immer wieder unterbrochen werden, um auf Wetter oder die Situation als VFR-Verkehr Rücksicht zu nehmen. Das macht es dem Kandidaten unnötig schwer.
Hier mal ein Vollkreis im Final Approach und da das Holding viel zu tief geflogen wegen der Wolken, dann beim Missed Approach schon drei Meilen zu früh rum und schnell irgendwie wieder zurück auf den Final Approach. Für ganz große IFR-Helden ist so ein Stakkato kein Problem – für Schüler oder weniger geübte Kandidaten ist eine solche ständig vom Standard abweichende Abfolge aber kaum zu beherrschen.
Daher sind IFR-Trainings- oder Prüfungsflüge unter Sichtflugregeln nach meiner Ansicht nur sehr eingeschränkt und in einer kleinen Anzahl von Fällen sinnvoll. Der realistische Ablauf eines IFR-Flugs und die Interaktion mit ATC lassen sich eben nur beim „real thing“ sinnvoll üben und prüfen.
Betriebliche Erfordernisse für Checkflüge
Ganz so flexibel, wie man sich das vielleicht bei der DFS vorstellt, ist übrigens auch die zeitliche Gestaltung von Trainingsflügen nicht. Vor allem Checkflüge im gewerblichen Bereich müssen mit Flugdienst- und Ruhezeiten, Flugzeugverfügbarkeit und der Arbeitszeit der Kandidaten und Checker in Deckung gebracht werden. Da isses dann halt wirklich manchmal so, dass ein Proficiency-Check oder OPC um 11.30 und wirklich nur um 11.30 Uhr gemacht werden kann. Allzu viel Flexibilität ist im System einfach nicht mehr enthalten, dazu ist die Regelungsdichte zu hoch.
Wer drei Berufspiloten an die Home-Base zum OPC bestellt und dann gesagt bekommt, die DFS mache heute generell keine Übungsflüge, der hat ein erhebliches flugbetriebliches Problem, wenn das Wetter keine VFR-Flüge erlaubt.
Fazit
Ereignisse wie am 20. Mai müssen Einzelfälle bleiben. Übungs- und Checkflüge sind kein Privatvergnügen und keine Verfügungsmasse bei der Ressourceneinteilung der Flugsicherung. Übungs- und Checkflüge sind gesetzliche Vorgaben, denen ein Betreiber nachzukommen hat. Und darüber hinaus sind sie sogar sinnvoll.
Wo immer möglich, wird ein Operator schon aus eigenem finanziellen Interesse Training und Checkflüge auf den Simulator verlagern. In vielen Fällen ist dies aber nicht möglich, weil die Verordnungslage den Einsatz von FNTP bei den Befähigungsüberprüfungen einschränkt oder weil es für die entsprechenden Muster keine zugelassenen Simulatoren gibt.
Klar, dass man sein Training nicht in EDDF oder Tegel plant. Aber es gibt eine Vielzahl von IFR-Flughäfen – vor allem in der (nordhessischen) Provinz –, deren ILS oder GPS-Anflüge nicht unbedingt immer zu 100% ausgelastet sind. Hier auch noch Einschränkungen und umständliche Meldepflichten zu erlassen ist weder im Sinne der Flughafenbetreiber noch der Piloten.
Neben General-Einschränkungen wie am 20. Mai müssen also auch die diversen weiteren und über den Flugplan hinausgehenden Meldepflichten für IFR-Training zurückgefahren werden. Diese dienen vor allem der wirtschaftlichen Personalplanung der Flugsicherung, das ist klar, denn das Aufkommen von IFR-Trainingsflügen ist kaum vorhersehbar. Die DFS wüsste also gerne Tage im Voraus, wer wo wie viele Approaches fliegt. Das geht aber eben nicht.
Hier müssen flexiblere Verfahren der Zusammenarbeit gefunden werden. Wenn schon Voranmeldung, dann z.B. eine Anmeldung in einem Gebiet und nicht mehr einzeln pro Flugplatz, was die Flexibilität beim Training enorm einschränkt. So viel Flexibilität sollte von einem ATC-Dienstleister, der sich seiner Service-Kultur rühmt, zu erwarten sein.
Und weshalb sich Fallschirmspringer und Segelflieger den Luftraum rund um Siegerland oder Mönchengladbach bei geeignetem Wetter nicht wie von ICAO und EASA vorgesehen teilen können, erschließt sich dem Autor auch nicht.
Dazu gehört natürlich auch, dass IFR-Flieger auf dem ILS nicht gleich Schnappatmung bekommen, wenn sie andere Verkehrsarten sehen und diesen ggf. in VMC ausweichen müssen – auch das ist nämlich ein wichtiger Teil des IFR-Trainings: Einen eingebauten Vorflug gibt es nicht!