Zuerst die gute Nachricht
Die Umschreibung (mittels Ausbildungserleichterung) von ICAO-IR-Berechtigungen in Teil-FCL IRs klappt inzwischen größtenteils problemlos. Von Einzelfällen abgesehen, in denen Piloten-Akten beim unvermeidlichen Transfer zwischen Landesluftfahrtbehörde und Luftfahrtbundesamt im föderalen Akten-Nirwana verschollen gingen, funktioniert die Eintragung des IRs knapp ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der entsprechenden Verordnung in der Regel ohne Probleme und inzwischen sogar recht zügig.
Das Referat L4 scheint den entsprechenden Prozess aus Bestätigung der Voraussetzungen durch einen Prüfer, Prüfung, Lizenztransfer und Eintrag der Berechtigung inzwischen im Griff zu haben.
Damit ist das Referat sogar flotter als die englischen Kollegen, die solche auf ICAO-IRs beruhenden Berechtigungen erst seit dem 1. August eintragen.
Versagen im Referat Ausbildung
Weniger erfreulich ist die Lage im Referat Ausbildung (L1). Dieses ist unter anderem für die Genehmigung der Ausbildungsbetriebe in Deutschland zuständig. Es geht also nicht nur um Einzellizenzen, sondern um Betriebsgenehmigungen für ganze Firmen mit zahlreichen Mitarbeitern.
Zugegeben, in diesem Referat laufen im Moment einige Entwicklungen zusammen, die allesamt arbeitsintensiv sind.

Endlich auf dem eigenen Flugzeug kostengünstig das IR machen! Während es in England und Österreich schon genehmigte Schulen für Competency Based IR und Enroute IR gibt, hat man beim LBA offenbar keine Zeit diese wichtige Neuerung auch umzusetzen. |
Zum einen ist das die Umstellung der Ausbildungsbetriebe auf die neuen Anforderungen des Teils ORA.GEN, der selbst für Mini-Organisationen im Unterschied zu JAR Management-Systeme vorsieht. Die Betriebshandbücher (OMs) aller Ausbildungsbetriebe müssen also überarbeitet, ergänzt und vom Referat L1 neu geprüft und genehmigt werden. Das ist nicht gerade wenig Arbeit, war aber seit dem Jahr 2011 klar abzusehen.
Dann müssen die seit März geltenden Regeln zum Competency-based- und Enroute-IR in die Praxis umgesetzt werden. Für das Referat L1 bedeutet das vor allem die Genehmigung von Theorie- und Praxis-Lehrgängen, für den neuen Weg zum alten IR (CIR) sowie für die neue Berechtigung namens Enroute-IR (EIR).
Und schließlich sind da einfach die normalen Neu- und Änderungsanträge von Unternehmen, die einen Ausbildungsbetrieb gründen oder erweitern wollen oder müssen.
Keine dieser drei Aufgaben erledigt das LBA im Moment in einem auch nur ansatzweise zufriedenstellenden Zeitrahmen. Für die Umstellung der JAR-FTOs und TRTOs auf neue EASA-ATOs hat man dabei noch einen halbwegs gangbaren Weg gefunden.
Sofern die neuen Betriebshandbücher nach ORA.GEN eingereicht wurden, dürfen diese Ausbildungsbetriebe erstmal wie bisher weitermachen, bis das neue OM geprüft ist. Vernünftigerweise geht man davon aus, dass diese Schulen nur wegen ziemlich formalistischen Anforderungen nach ORA.GEN ja nicht verlernt haben, wie man einen Betrieb führt. Damit schafft sich die Behörde erst mal Luft.
Trotzdem hapert es in den beiden übrigen Aufgabengebieten gewaltig. Die Genehmigung von Kursen für Enroute- und Competency-based-IR hat nach Angaben des Referats „niedrige Priorität“.
Und auch Neuanträge scheinen nicht gerade im Eiltempo bearbeitet zu werden. So liegen Neuanträge teils seit Oktober 2013 zur Genehmigung vor. Und selbst Firmen, die eine CAMO und einen gewerblichen EU-OPS-Flugbetrieb betreiben – also schon über geprüfte Management-Systeme verfügen, warten seit Januar oder Februar auf die Genehmigung des Ausbildungsbetriebs oder wenigstens auf eine erste Liste mit Anmerkungen zum OM.
Nun erwartet niemand, dass eine ATO in zwei Wochen genehmigt wird. Was für die Unternehmen aber besonders schädlich ist, ist der Umstand, dass bereits bei Antragstellung Voraussetzungen, wie z. B. die erforderlichen Räumlichkeiten, vorgehalten werden müssen. Man zahlt also Miete für Schulungsräume, die man acht Monate lang nicht nutzen kann.
Und einen auch nur halbwegs verbindlichen Zeitrahmen kann die Behörde auch nicht geben. Auf Anfrage schreibt das LBA nur lapidar:
Anträge werden bei uns nach Eingang und festgelegter Priorisierung bearbeitet. Der Zulassungsprozess für Ihre ATO wird sich daher noch etwas hinziehen. Wir wissen um die für Sie sich daraus ergebene ungünstige Situation, bitten jedoch um Verständnis, dass wir unsererseits zur Einhaltung der gesetzlichen Forderungen, wozu, wie oben beschrieben, auch die vollständige Prüfung Ihres Antrages gehört, verpflichtet sind.
Manage the Disaster
Es ist zumindest erforderlich, dass das LBA den Missstand managed. Also halbwegs realistische Zeitrahmen für die jeweiligen Anträge vorgibt und diese (wie z. B. die UK CAA) auch klar kommuniziert, damit die Unternehmen Personal und andere Ressourcen entsprechend einplanen können.
Weiterhin muss der Genehmigungsprozess angepasst werden. Es ist schlechterdings idiotisch, bei einem Zulassungsprozess, der sich voraussichtlich acht oder zehn Monate hinzieht, gleich zu Anfang alle Betriebsmittel vorhalten zu müssen. Effizienter kann man die Privatwirtschaft kaum schädigen.
Beim EIR und CIR stellt das Warten auf das Amt für Ausbildungsbetriebe und Schüler eine unzumutbare Situation dar. Soll man jetzt schon mit der freien Ausbildung beginnen? Kommen die ersten Kurse dann zu spät und war das Training vergebens? Auch hier müssen dringend klare Zeitrahmen veröffentlicht werden.
Da LBA schädigt durch die Unfähigkeit des Referats L1, dem anfallenden Arbeitsaufwand auch nur halbwegs angemessen nachzukommen, die Luftfahrtbranche in Deutschland ganz erheblich. Das Argument vom fehlenden Personal zieht dabei nur bedingt. Der momentan anfallende Arbeitsaufwand war bereits vor Jahren absehbar.
Solange das Referat L1 keine Fristen nennt und Zeit-Ziele formuliert, muss man vom Schlimmsten ausgehen (also von Jahren). Wer jetzt ausbilden muss, dem bleibt nur der Weg ins Ausland. Behörden wie die AustroControl oder die UK CAA schaffen es in der gleichen Situation, einen Ausbildungsbetrieb innerhalb von Wochen, schlimmstenfalls wenigen Monaten, zu zertifizieren.
Wenn das Pferd tot ist – einfach mal absteigen!
Während das Referat L1 also hoffnungslos überladen ist, scheint man an anderer Stelle durchaus auch Zeit für eher redundante Aufgaben zu haben. Zum Beispiel für ACAM-Inspektionen an weitgehend zerlegten Luftfahrzeugen, die dann auch noch in Zwangsgelder münden!

Wie soll man in diesem Zustand dem von LBA ACAM-Team geforderten Wägebericht erstellen? Wenn sich die Praxis der ACAM-Prüfer hier durchsetzt, kann man Flugzeug-Restaurierungen in Deutschland bald vergessen. |
© Ingo Wassermann |
So führte das LBA im September 2013 eine ACAM-Lufttüchtigkeitsinspektion an einer PA-24 Comanche durch. Das Problem dabei: Das Flugzeug hatte im Vorjahr einen Landeunfall (Fahrwerk eingeknickt) und wurde durch den neuen Halter, der den Bruch aufgekauft hatte, mühselig restauriert.
Wie bei solchen GA-Projekten üblich, zog sich die Restauration hin. Teile für das aus den 1960er-Jahren stammende Flugzeug müssen aufwendig beschafft werden, der mit der Triebwerks-Inspektion betraute Betrieb machte pleite und der Motor musste dort herausgeholt und zu einem anderen Unternehmen gebracht werden und zu allem Überfluss verletzte sich der neue Halter auch noch bei einem (anderen) Unfall und war monatelang nicht arbeitsfähig. Als das Flugzeug überprüft werden sollte, war der Rumpf zerlegt, der Motor außer Haus und die Avionik teilweise ausgebaut.
Das LBA selber schreibt über den Zweck der ACAM-Inspektionen:
Aufgabe des Sachgebiets ACAM (Aircraft Continuing Airworthiness Monitoring) ist die Überwachung der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit von Luftfahrzeugen. Hierfür sind im Sachgebiet ACAM-Lufttüchtigkeitsinspektoren beschäftigt, die stichprobenhaft Luftfahrzeuge auf deren Lufttüchtigkeit überprüfen.
Was man mit dieser Zielsetzung an der zerlegten Comanche wollte, bleibt das Geheimnis der Behörde. Entsprechend sinnfrei waren auch die Befunde:
- Wägebericht abgelaufen (wie soll man das Flugzeug ohne Motor denn wiegen?)
- Fehlender Transponder!
- Betriebszeitenübersicht nicht nachvollziehbar
- Ausrüstung gemäß § 8, 3.DV LuftBO nicht vorhanden (wo soll man in einem teilzerlegten Rumpf denn bitte den Feuerlöscher anbringen?)
- etc.
Zur Behebung dieser und anderer Beanstandungen wurden dem Halter dann Fristen gesetzt. Fristen, die er nach menschlichem Ermessen gar nicht einhalten konnte, es sei denn, man zaubert sich die seltenen Ersatzteile und den neuen Motor einfach herbei. Schließlich wurde auch noch ein Zwangsgeld von 500 Euro verhängt, weil eine weitere Fristverlängerung nicht beantragt worden sei (was der Halter bestreitet!).
Die Frage ist also: Warum legt das an anderer Stelle scheinbar so überlastete LBA einen derart sinnlosen Vorgang nicht einfach für eine Weile beiseite und inspiziert nach Abschluss der Restauration dann ein Flugzeug anstatt eines Teilehaufens?
Wer für solchen Blödsinn Zeit hat, sollte es auch schaffen, Personal für die dringend nötige Genehmigung deutscher Ausbildungsbetriebe aufzutreiben.