15. Oktober 2013 schlageo1
Leserreise: Tag 46
Künstlertempel in Bali
Wie am Vortag verabredet, trafen wir uns um 10.00 Uhr für die Tempelbesichtigung, allerdings in veränderter Besetzung und deshalb auch leicht modifizierten Reisezielen. Der Guide brachte uns ins Künstlerquartier - und dort als erstes zu den Holzschnitzern. Seit fünf Generationen werden dort aus Sandelholzblöcken die wunderlichsten Figuren hergestellt. Auch wenn ich mit röhrenden Hirschen, trompetenden Elefanten und wiehernden Pferden nichts anfangen kann, muss ich anerkennen, dass dahinter handwerkliches Können steckt, und Können lässt dann Kunst werden - über Geschmack kann sich streiten. Aber sie werden gekauft, diese Figuren, sowohl von Einheimischen als auch von ausgewanderten Balinesen, vorwiegend in England.
Tröstlich: auch meine Reisegefährten konnten den Skulpturen nicht allzuviel abgewinnen, und so waren wir bald auf dem Weg zu den Malern, welche sich in einem 900 Jahre alten, zum UNESCO Weltkulturerbe gehörenden Tempel niedergelassen hatten. Auch dort waren Künstler am Werk, aber die Werke entsprachen auch hier nicht unserem Geschmack: weder die sechsarmigen Frauen noch die siebenschwänzigen Drachen konnten uns aus unserer Reserve holen, und erst recht nicht die zigfach kopierten, naturalistischen Bilder von Arbeiterinnen im Reisfeld oder die brennend rot überzeichneten Sonnenuntergänge am Meer - Scheusslichkeiten, wie sie auch am Montmartre oder ähnlichen Touristenfallen angeboten werden. Daneben gab es aber auch Maler, deren Arbeit man nicht geringschätzen darf, auch wenn sie nicht gefällt - einer malte mit einem Pinsel, der nicht mehr als 3 Haare hatte, in Feinstarbeit ein in sich verwobenes Motiv. Der Karton war schon fast vollständig bedeckt - nach mehr als zwei Monaten Arbeit!
Die Silberschmiede arbeiteten in einem eigenen Tempel: auch dort wurden Arbeiten ausgeführt, für die unsereins ein Mikroskop benötigen würde.
Der nächste Tempel, der bisher grösste, wurde uns vorgeführt, um die integrierte Arbeit aller Künstlergruppen zu zeigen: in der Tat gab es hier feinste Holzschnitzarbeiten an Türen zu besichtigen, Goldschmiedearbeiten auf Umrandungen und Bilder an Wänden und Decken. Mich faszinierten aber die Fabelwesen am ehesten, welche zumeist mit einem Sonnenschirm geschützt und mit einem schwarz - weissen Tuch mit Karomuster umhüllt waren. Und vor allen lag ein Körbchen aus einem gefalteten Bananenblatt, in welchem ein Räucherstäbchen glühte. Ach ja, und einige Blumen waren immer auch dabei.
Da zwei unserer Mitreisenden noch keine Reisfelder gesehen hatten, solte die Fahrt wieder zum Vulkan Batur gehen, wo wir gestern unsere Velotour begonnen hatten. Ich hätte zwar die Drachen gerne nochmals am Himmel stehen sehen, aber der Aufwand von 3 Stunden Autofahrt war uns denn doch zu gross. So liessen wir uns vor dem Museum of Modern Balinese Art absetzen; dort bekamen wir dasselbe zu Gesicht wie in den Stunden zuvor, aber 100 Jahre älter. Atemberaubend fanden wir das nicht, und so verzogen wir uns in Hotel, um dessen Luxus und Ruhe nochmals zu geniessen.
Fotostrecke: Bali per Velo
