Ist nur grob Korrekturgelesen, aber ich hau' es mal raus:
Ein grenzwertiger Flug...
Da ja Threadnamen ohnehin Schall und Rauch sind, poste ich mal hier, im Thread mit der Ankündigung, die letzten 14 Stunden meines Thielerts möglichst effizient wegpusten zu wollen.
Zusammenfassung:
- Der Flug war ein doppelter Misserfolg, denn erstens bin ich in Brünn / Brno statt Ostrau / Ostrava gelandet,
und zweitens sind nun gerade mal 2:40 statt 4 Stunden weg.
- Eigentlich war ich so stolz, im ganzen Jahr 2018 keine Dummheiten gemacht zu haben - aber heute war
es dann - auch ohne IMC - mal wieder so weit.
Wenn’s eine Überschrift für den Flug heute gibt, dann: Wie blöd es ist, wenn man keinen ernsthaften Plan
B mehr hat, und Plan A klappen muss.
Der Plan
Den Plan, heute vom sturmgeplagten NRW nach Ost-Tschechien zu fliegen, hatte ich schon seit ein paar Tagen regelmäßig mit dem Wetter abgeglichen. Wirklich gut sah es ja nie aus, und die Prognose änderte sich auch öfters by Top-Meteo - aber letztlich lief es nach meinem Erachten darauf hinaus, dass im Zeitfenster Samstag / Sonntag / zur Not Montag früh Sonntag mittag das erste gute „Window of oppurtunity“ wäre.
Die Idee: Starten, bevor der Sturm / Orkan in NRW wirklich einsetzt, in der Zeit ergibt sich bis zum
Sonnenuntergang in Tschechien dann auch ein Fenster, in dem man östlich von Prag sicher VMC
wieder runterkommen sollte.
Normalerweise nutze ich Top-Meteo, und jetzt rückwirkend abgerufen, sieht das Bild für 13:00 UTC so aus (Bild 1). Nun habe ich mir angewöhnt, bei diesem Bild blau mit „Da kannst Du hoch und runter“ gleichzusetzen. So wie im Sommer, wenn die CBs über das Land ziehen, um man im Kern nur auf Linien und Wachsamkeit achten muss. Die Gegenaussage war das GRAMET von AutoRouter (Bild 2).
Normalerweise traue ich meiner Interpretation von Top-Meteo mehr als GRAMET, darum habe ich
das zur Seite gewischt.
16 Minuten Telefonat mit der Wetterberatung um 12 Uhr lokal, auch wieder eine sehr positive Erfahrung. Im
Prinzip: „Unten“ ist ganz schlecht. Oben könnte gehen, aber da ist ein sehr fieses Band auf der Linie Erfurt - Egelsbach. „Und wenn ich nicht durchkomme? Wo kann ich dann bei dem Sturm landen? In Hannover?“ Sinngemäß: „Nö, da kommst Du nicht hin als VFRler. Vergiss Köln, Luxemburg, Hahn - ab Nancy könntest Du im Süden vielleicht runterkommen“.
Ich habe mir das Ganze etwas schöngeredet, dass in Düsseldorf ja der Wind und die Böen auf der Bahn lägen. Wenn rückwirkend betrachtet 13 Airliner divertet sind, war das wohl wirklich etwas hübsch gerechnet. Immerhin, es war klar: Unbedingt vollltanken.
Das Fenster war ca. 1-1,5 h Stunden breit, um mit ausreichend Licht in Ostrava zu landen. Ich habe ca. 30 Minuten am Flughafen gewartet, den FPL delayed, und am Ende des Fensters das Loch zum blauen Himmel im Westen gesehen. Also zum Flugzeug…
Der Start…
… war definitiv die riskante Phase. Aushallen, sofort einsteigen, Auftanken. Der Tankwart fluchte über den wackelnden Flügel, aber völlig wild fühlte es sich nicht an. Beim Rollen zum Haltepunkt war es gerade zu ruhig, sodass ich noch beim Rollen um einen „Immediate Departure“ bat. Den kriegte ich, und wenn ich mich richtig erinnere, las der Turm noch G45 vor (die quasi von der Seite kamen). Ich weiß es nicht, im Archiv der METARs finde ich nur einen geringeren Wert. Egal. Ich kannte zwar G35 beim Landen von vorne, und hatte es als „anspruchsvoll“ in Erinnerung. Der Start war so aber einfach Achterbahnfahrt. Kaum hatte ich etwas beschleunigt, drehte sich das Flugzeug schon schlagartig. Und die ersten 1000 ft Höhe waren ein Horror von kräftigen Banks, abwechselnd Tröte, dann wieder gelber Bereich, hoch und runter. Gefühlt ein: Halte das Flugzeug, 2. Prio: Versuche mal, weitere 100 ft Höhe zu gewinnen. Kurzum, eine Grenzerfahrung. So ein "Arrgh, ist aus. Verfickt, kämpfe, ah, geht doch. Puh, geschafft, Flugzeug stabil. Einmal Luft holen. Arggh, schon wieder".
Whiskey habe ich in 1500 ft passiert, dann kam der Übergang zu FIS. Auch das ist vielleicht für Lotsen interessant: Natürlich kann ich funken. Normalerweise. Aber nicht heute. Nach dem Einleitungsruf brach ich ab, um das Flugzeug zu halten. Der Rest kam in 3 bis 4 Teilsätzen mit mehreren Sekunden Pause. Um die Botschaft rüberzubringen: „Ich will über die Wolken, ich brauche FL95, und wenn es geht, möchte ich gerne nicht südlich der TMAs von Köln / Bonn fliegen müssen, sondern vorher auf 090 gehen. Gesagt habe ich wohl 270.
Ab 3500 ft ging es. Keine negativen G mehr, kein vom Gurt im Sitz gehalten werden, iPad blieb auf dem Schoß. „Mein Loch“ war über Nörvenich. Es gab andere, kleinere Löcher, aber ich wollte nicht freiwillig mehr als etwa 15 Grad Bank einnehmen. Wenn geradeaus fliegen extrem schwer ist, kurbelt man sich nicht durch ein Wolkenloch.
Nachdem ich über den Wolken war, war auch klar: *Mindestens* FL95. Aber auch: „Der Himmel hängt nicht voller Monster, die bis FL180 und höher aufragen. Da begann die normalere Phase. Radar hat mich über Köln routend in FL100 und über FL110 nach Osten aufgenommen. Da war die nächste Grenze. Wolken unter FL80-90 waren kaum wahrnehmbar, FL95 wäre nicht gegangen
Und Wolkenlöcher gab es fast gar nicht. Nun bin ich bald 50 und Raucher. Ich weiß aus Human Performance,
dass die Limits ohne Sauerstoff eigentlich mit sehr gesunden Jungpiloten bestimmt wurden. Eigentlich versuche ich, FL120 zu vermeiden. Auf jeden Fall ist mir eins klar: FL140 ohne Sauerstoff anzufordern, ist nicht nur nicht legal, sondern auch hochgradig unvernünftig, weil mutmaßlich die Höhenlimits schon so knapp gewählt sind wie bei 1,5 km Sichtweite VFR zu fliegen - was man auch anständigerweise nicht machen sollte.
Aber unter FL120 ging es phasenweise gar nicht.
Auch hier war es wieder das Fliegen ohne Plan B: Kurven in FL120 um die Tops herum: Höher Fliegen wäre medizinisches Terra Incognita gewesen, in IMC nach unten - inkl. Vereisungszonen, teils aufliegender Bewölkung und Co. VFR ein absolutes Nogo für einen VFRler. Alles ohne Plan B am Limit.
Radar clearte mich erst nach Cheb, dann nach VEMUT (weiter südlich). Ich weiß nicht, ob es Glück war oder Wetterbeobachtung durch Radar: Das war jedenfalls auch die Gasse, die ging. Die CB-Zipfelmützen waren aus Sicht von FL120 wirklich übersichtlich, aber drumherum reichten die Wolkenkämme halt doch auch so schon auf FL140. Mein Clearing der tschechischen Lotsen nach VOZ war ebenfalls prima, VOZ selbst aber von einem CB überschattet, und überhaupt ging es eigentlich nur Richtung Brno. Mit den Zipfelmützen links und rechts nahm ich dann das nächste Wolkenloch, um mal zu gucken, was unten so ging.
Als ich dann auf 4000 ft war, war ich im Kern in einem U, in dem auf allen Seiten es ziemlich dunkel und undurchsichtig aussah. Und als ich aus der Öffnung des Us raus war, mal außen vorlassend, was gewesen wäre, wenn Namest Tower nicht gesagt hätte: „Flieg durch meine TMA und CTR, wie Du lustig bist“ - war weiterhin in Richtung Ostrava alles dunkel. Brno lag noch in der Sonne, und hatte 8 Knoten Wind - es reichte für den Tag. Ich sagte noch irgendwas von „I filed Medlanky (die Graspiste in Brno) as Alternate“, und Brno Radar sagte irgendwas von „We recommend Turany“ (der Flughafen mit den 100 Euro Taschengeld), die Begründung habe ich nicht verstanden, es reichte aber für den Tag. Warum nicht 100 Euro zahlen, um wieder den
Boden küssen zu dürfen?
Was waren jetzt bei vorläufiger Betrachtung die „Lessons learned“?
- Selbst, wenn es nur um G35 nach TAF geht (die stark von der Seite kommen), und das
Flugzeug G20 Seitenwind landen kann: Don’t do it! Ich hab’s ja geschafft, und man neigt
zur Dramatisierung. Aber ich denke: Wenn ich die Situation 20 mal mit Varianz durchspiele,
führt das mindestens einmal zu mindestens der Zerstörung des Flugzeugs. Das will ich nicht
mehr machen.
- Die Option: „In EDDL zur Not landen“ war äußerst fragwürdig - schöndenken. Wenn Airliner abbrechen und
diverten, hat ein GA-Kleinflugzeug da nichts verloren.
- Heute war IFR oder VFR geschissen. Jedenfalls mit meinem Flugzeug ohne AP (der wohl eh ausgestiegen wäre). Es war jedenfalls kein Flug, den man unter IFR mit einer DA40 ohne AP problemlos hätte machen können, VFR aber nicht.
- Mit Sauerstoff hätte ich ganz locker nach FL140 gefragt. Damit wäre ich deutlich entspannter - ohne die Nerven der Lotsen zu strapazieren - den zum Glück passenden Kurs geflogen. Es hat mit FL120 gepasst, und das kann ich gesundheitlich noch - aber andere Optionen hatte ich nicht wirklich.
Und ganz zum Schluss noch zum Handling des Thielerts:
Wenn es zwischen Tröte und tief im gelben Bogen binnen Sekunden schwankt: Wie genial ist dann, einfach nur den Regler vor- und zurückzuziehen, und die Elektronik den Rest machen zu lassen?! Wenn man auf FIS nur noch in Fragmenten funken kann: Wieviel Kapazität ist dann noch da, um sich um anderen Krams wie Propspeed oder gar Sättigung zu kümmern?
Anhang:
Der Flug bei Flightradar: