Hallo Wolfgang,
das ist ein interessanter Punkt, der auch immer wieder kontrovers diskutiert wird.
Zunächst muss man mal festhalten: Es bringt eben auch eine Menge Spaß. Es muss ja nicht immer etwas "bringen", Freude am Fliegen kann ja schon ein hinreichender Grund sein.
Dann wird immer wieder diskutiert, ob es Dir etwas für Deine Sicherheit bringt. Da muss man wohl zugestehen, dass das statistisch entweder nicht zutrifft oder jedenfalls nicht zeigbar ist. Natürlich lassen sich sehr viele Fälle kreieren, in denen Dir eine Kunstflugausbildung etwas bringt, etwa weil Du weisst, wie Du am sichersten wieder in eine aufrechte Fluglage zurückkommst, wenn Dich eine Turbulenz, Unachtsamkeit oder was auch immer auf den Rücken gedreht hat. Oder Du ins Trudeln gekommen bist und gelernt hast, es auszuleiten. Die "Gegner" der Kunstflugausbildung halten dem entgegen, dass es viel sicherer ist, zu lernen, eben diese Flugzustände zu vermeiden und dass mit dem Training dieser Flugzustände und der Verfügbarkeit des Wissens um diese ein erhöhtes Risiko entsteht. M.E. ist das ein Streit, der auf Grund der zur Verfügung stehenden Daten nicht entschieden werden kann. Ich selbst möchte das Wissen darum nicht missen, habe aber selbst auch noch keine Situation erlebt, in dem mir die Kunstflugausbildung bewusst geholfen hätte, mich aus einer schwierigen Situation zu befreien. Da ist vermutlich Außenlandeerfahrung im Segelflug praxisnäher.
Dann gibt es den Aspekt des präzisen Fliegens. Es trifft zu, dass im Kunstflug gewisse Schlampigkeiten sehr schnell sichtbar werden, die im Reiseflug gar nicht auffalen. Etwa, ob man mit den Füßen gut arbeitet, Kruven sauber aus- und einleiten kann, usw. Das lässt sich aber zweifellos auch mit anderen Methoden erlernen.
Ein anderer Aspekt ist das Energiemanagement des Flugzeugs, das im Kunstflug eine sehr große Rolle spielt. Jeder Pilot wird damit vor allem bei der Landung und im Anflug konfrontiert, der Kunstflugpliot quasi dauernd. 10kn hier liegen lassen und 300ft dort ist da einfach nicht richtig drin.
Ob das am Ende etwas zählbares bringt - wissen wir nicht.
Was mir persönlich (neben dem ganzen Spaß und den unheimlich coolen Selfies) am meisten "gebracht" hat, ist auch einfach das Gefühl, dass da keine große "Unbekannte Zone" mehr ist, die für den Normalpiloten zwischen 60° links und 60° rechts und einem Pitch von sagen wir +/- 30° und unterhalb des weißen Bereiches existitiert. Es gibt einfach ein riesiges Was-wäre-wenn im Kopf weniger, weil man halt gewisse Flugzustände und "Attitudes" schlicht schon gesehen hat.
Die Kunstflugausbildung bietet dafür einen guten Rahmen, ist mit 5h Blockzeit vergleichsweise unaufwändig und bietet - bei einem guten Lehrer - auch einen soliden Refresher im Bereich Theorie des Flugs. Viele Kräfte, die man aus der PPL-Ausbildung kennt, wirken bspw. bei einem Taildragger mit viel Wumms stärker (was passiert bspw. kräftemäßig, wenn Du im Startlauf den Schwanz hebst) und die richtige Reaktion lässt sich sehr anschaulich trainieren.
Der Kunstflug mit leichteren und langsameren Maschinen hat auch etwas, vor allem hinsichtlich Energiemanagement (Segelkunstflug ist hier die Königsdisziplin), der Spaß- und auch der Sicherheitsfaktor ist aber nach meiner Beobachtung in einem ausschließlich für den Kunstflug gebauten Trainer deutlich höher (analog im Segelflug).
Vielleicht hilft das.
LD