Login: 
Passwort: 
Neuanmeldung 
Passwort vergessen



Das neue Heft erscheint am 30. März
War früher alles besser?
Frühjahrsflug in die Normandie
EDNY: Slot-Frust und Datenleck
Triebwerksausfall kurz nach dem Start
Der kleine QRH-Bausatz
Unfall: Wer zu oft warnt ...
Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
Sortieren nach:  Datum - neue zuerst |  Datum - alte zuerst |  Bewertung

6. August 2017: Von Frank Naumann an Kai Rode Bewertung: +6.67 [9]

Mein erster Impuls, als ich die Bilder gesehen habe, war auch: "Das kann man doch nicht machen, an einem belebten Strand notlanden". Bei genauerer Betrachtung komme ich aber ebenfalls zum Schluß, daß dem FI - bei aller Tragik für die unschuldigen Opfer - letzten Endes kein Vorwurf zu machen ist. Von einem Menschen zu verlangen, sein eigenes Leben zu opfern, um andere Leben zu retten, ist schlicht unrealistisch und wird auch vom Gesetzgeber nicht verlangt. Jeder Feuerwehrmann oder Notarzt lernt in seiner Ausbildung den Grundsatz: "Selbstschutz geht vor Fremdschutz." Wäre es anders, dürfte kein Cirrus-Pilot jemals seinen Schirm ziehen, kein Jet-Pilot seinen Schleudersitz benutzen und kein UL-Pilot sein Gesamtrettungssystem aktivieren, denn er kann ja nicht wissen, wen er am Boden damit alles erschlägt. Auch der legendäre Cpt. Sullivan konnte bei seiner Notwasserung mitten in New York nicht von vornherein wissen, ob er dabei nicht ein Ausflugsboot mit Dutzenden Unbeteiligten versenkt. Es ist gut gegangen, er geht in die Geschichtsbücher verdientermaßen als großer Held der Luftfahrt ein, es hätte genauso gut aber auch anders enden können.

Im übrigen ist das Problem, daß Unbeteiligte Dritte am Boden durch ein Luftfahrzeug zu Schaden kommen, keineswegs selten und schon gar nicht neu. Die Entschädigung für solche Ereignisse ist deshalb bereits seit 1933 (!) international vertraglich geregelt, zuletzt geändert auf der Konferenz von Rom im Jahre 1952.

Dessen ungeachtet wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht, jetzt in der Haut des portugiesischen Fluglehrerkollegen zu stecken...

6. August 2017: Von Alexander Callidus an Frank Naumann Bewertung: +2.00 [2]

Wenn man einmal unterstellt, die Fakten wären:

Der Motor fiel in 800 ft aus, ergibt bis 50ft AGL ungefähr 2km Gleitstrecke.

Der Pilot hat die Wahl zwischen belebtem Strand, Brandungszone mit einigen Schwimmern und weiter draußen mutmaßlich ohne/kaum Schwimmer.

Die Überlebenschancen einer Landung auf weichem Strand sind nicht besser als auf Wasser, nur in der leidlich nassen Strandzone besser, dort meinetwegen 90% statt 80%.

Die Wahrscheinlichkeit, unbeteiligte zu verletzen ist an einem belebten Strand sehr hoch, im Planschwasser durchaus gegeben, weiter draußen sehr gering.

Jetzt multipliziert man die Wahrscheinlichkeiten und erhält, daß für die Verbesserung von sehr guten auf ausgezeichnete eigene Überlebenschancen die massive Gefährdung Dritter von sehr gering auf sehr wahrscheinlich in Kauf genommen wurde.

Den Streß der Situation und mögliche unbekannte Faktoren einmal beiseite hoffe ich, daß ich anders gehandelt hätte...

6. August 2017: Von  an Alexander Callidus

Alles gute Gedanken, aber noch eine kleine Ergänzung - die Spurbreite der Cessna bei knapp mannshohen Flächen ist nicht sehr weit, wie man beim Bannerschlepp sieht gucken auch verdammt viele hoch, gerade bei einem Unfall kann man dann auch mit Rufen oder erhöhter Aufmerksamkeit rechnen. Sprich der Sprung zur Seite, das Ducken oder wegrennen klingt nicht so unwahrscheinlich. Es ist vor allen Dingen tragisch.

Und jetzt mal die Gegenfrage: Wer hat alles Airbags an Gurt und Yoke? Wer hat Gurtschneider im Cockpit? Wer einen Sauerstoffvorrat, um bei verklemmten Türen im engen Schulflugzeugcockpit fü rein paar Minuten Luft zu haben, wenn das Wasser jenseits der Badezone 5 m tief ist?

Hoffen und Bangen sind sehr typische menschliche Eigenschaften. Wahrscheinlichkeitsrechnungen unter Druck nicht, vor allen Dingen in absoluten Ausnahmesituationen.

6. August 2017: Von Tobias Schnell an Frank Naumann Bewertung: +2.00 [2]

Frank,

während ich grundsätzlich mit Deinem Posting überinstimme, so hinkt dieser Vergleich doch m.E. ziemlich:

Von einem Menschen zu verlangen, sein eigenes Leben zu opfern, um andere Leben zu retten, ist schlicht unrealistisch und wird auch vom Gesetzgeber nicht verlangt. Jeder Feuerwehrmann oder Notarzt lernt in seiner Ausbildung den Grundsatz: "Selbstschutz geht vor Fremdschutz.

Der Notfallhelfer begibt sich in Gefahr mit dem Ziel, andere unter Inkaufnahme von bestimmten erhöhten Risiken für sich selbst zu retten. Dass hier weder rechtlich noch moralisch die Verpflichtung besteht, die eigene Unversehrtheit zu opfern, um anderen zu helfen, steht außer Frage.

Der SEP-Pilot, der außerhalb des Gleitbereichs einer sicheren Notlandemöglichkeit fliegt, geht dieses Risiko für sich selbst und seine Passagiere (die hoffentlich entsprechend gebrieft sind) bewußt ein, es dient alleine ihm und damit hat er aus meiner Sicht nicht das Recht, dieses Risiko auf unbeteiligte Dritte auszudehnen. Gut möglich auch, dass er gegen SERA.3101 und/oder 3105 verstoßen hat, was aber natürlich nichts mit der strafrechtlichen Bewertung zu tun hat.

Zumindest moralisch hat er aber die Pflicht, alles zu tun, um Schaden von Personen am Boden abzuwenden. Und ja - das gilt auch, wenn es die eigenen Überlebensaussichten verschlechtert.

Tobias

6. August 2017: Von Tee Jay an Tobias Schnell Bewertung: -0.67 [2]

(ich antworte mal dem letzten)

Die ganze Diskussion um Schuld oder Abwägungen von Menschenleben und was wäre wenn Fragen von der Couch aus bringen doch nix. Der Grad zwischen Held (Sully) und Täter (Beispiel hier) ist recht schmal. Vorsatz ist hier wohl auszuschliessen. Fahrlässigkeit in Betrieb und Wartung wohl auch. Die Menschen am Strand - so schlimm es für die betroffenen Angehörigen und Familien sich auch anhören mag - haben einfach nur großes Pech gehabt zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort zu sein. Vielleicht vergleichbar mit einem Autofahrer, der plötzlich mit Herzinfarkt quer über einen Bürgersteig oder in eine Eisdiele rauscht. Für die Passanten passiert das vergleichbar "aus heiterem Himmel". Da kommt im Nachhinein auch keiner und fragt: "Warum lässt er das Auto nicht einfach ausrollen".

6. August 2017: Von Karpa Lothar an Frank Naumann Bewertung: +3.00 [3]

Es wird gar nicht gefordert und erwartet, zuerst andere und danach sich selbst zu schützen.

Es hätte hier vollkommen ausgereicht, die unbeteiligten nicht vorsätzlich zu gefährden.

Der Pilot war der Gefährder - für sich und andere. Sein Notlandeziel war ein weiter entfernter Strand, der weniger belebt war. Dort wäre es möglicherweise besser ausgegangen. Aber er hätte frühzeitig erkennen können, dass er es nicht erreichen kann. Vielleicht hat er gelernt, einen einmal gefassten Plan bei einer Notlandung nicht mehr zu ändern und ist dementsprechend auf die Menschen runter statt auf das Meer auszuweichen. Und dabei vor Angst unfähig zum denken gewesen, wie das Kaninchen vor der Schlange.

Ich mag in Bezug auf seine Person nicht urteilen.

Aber seine Handlung hier krampfhaft rechtfertigen zu wollen, finde ich im Hinblick auf die Opfer recht bedenklich.

Die Regelungen für Opfer von Flugzeugunfällen gehen von nicht vermeidbaren bzw. kontrollierbaren Unfällen aus. Dies lag hier nicht vor - es war ein kontrollierter Flug in die Menschen.

Die Portugiesen sind ein friedliches Volk - woanders hätten die Piloten den Strand nicht lebend verlassen. Und es wird eine schwere seelische Last für die Piloten sein. Sie wird nur tragbar, wenn sie auch die Verantwortung übernehmen.

Rechtfertigungsversuche, wie Sie hier zu lesen sind, sind das Gegenteil davon.


6 Beiträge Seite 1 von 1

 

Home
Impressum
© 2004-2024 Airwork Press GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Airwork Press GmbH. Die Nutzung des Pilot und Flugzeug Internet-Forums unterliegt den allgemeinen Nutzungsbedingungen (hier). Es gelten unsere Datenschutzerklärung unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier). Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende, SRTM | Kartendarstellung: © OpenTopoMap (CC-BY-SA) Hub Version 14.22.03
Zur mobilen Ansicht wechseln
Seitenanfang