Was Ihr sogenanntes, "profundes" Fachwissen betrifft, so empfehle ich Ihnen mal folgenden Artikel von der Homepage des VDI (=Verein Deutscher Ingenieure) zulesen (speziell Absatz 13).
Hier wird deutlich, dass es im Bereich des Notfallsystems bei Ausfall des Kabinendrucks, durchaus auch technische und nicht nur menschliche Ursachen geben kann. Im Übrigen ist gerade hinsichtlich der korrekten Wartung der Maschine einiges unklar. Ich wäre also sehr vorsichtig mit Vorverurteilungen der Crew, aber das ist Ihnen ja egal, Hauptsache draufhauen und polemisieren....
Zitat: ============================================================= Die Rätsel des Helios-Fluges 522
VDI nachrichten, Düsseldorf, 19. 8. 05 -
Es wird dauern, bis die Ursachen für die Flugkatastrophe in Griechenland endgültig geklärt sind. Doch bei den Nachforschungen steht die Sauerstoffversorgung an Bord im Vordergrund. Dabei ist in der Regel genügend Zeit, bei einem Druckabfall auf eine niedrigere Flughöhe zu sinken.
Passagierflugzeuge sind in der Regel mit zwei Systemen ausgestattet, die für Frischluft und Sauerstoff an Bord zuständig sind. Das eine ist die normale Versorgung mit Frischluft, das zweite ein Notfallsystem.
Bei der normalen Versorgung wird die Luft an Bord umgewälzt, um eine gewisse Bewegung zu erzielen und die Luft in diesem Prozess zu reinigen und anzufeuchten.
Gleichzeitig wird aus dem Luftstrom in die Triebwerke so genannte Zapfluft (bleed air) abgezweigt und der Kabinenluft beigemischt. Auch diese muss angefeuchtet werden. Ein erheblicher Anteil des Wassers an Bord eines Passagierflugzeugs wird deshalb für das Anfeuchten der Luft verbraucht.
Das Mischungsverhältnis von Zapfluft und umgewälzter Luft kann im Flugzeug reguliert werden. Die gesamte Luft als Zapfluft aus dem Triebwerk zu nehmen, ist unökonomisch, da das Abzweigen der Luft aus dem Triebwerk dessen Leistungsfähigkeit beeinflusst.
Bei neuen Flugzeugen wird deshalb darüber nachgedacht, das Zapfluft-System zu Gunsten einer On-Board-Produktion von Sauerstoff aufzugeben.
Während eines Reisefluges herrscht in der Kabine ein Innendruck, der dem Druck in einer Höhe von 2000 m bis 2500 m entspricht. Sinkt dieser Druck plötzlich, wird das Notfallsystem ausgelöst. Fliegt ein Flugzeug in einer Höhe von 10 000 m, herrscht außerhalb der Maschine nur etwa ein Viertel des Innendrucks. Durch einen Defekt in der Flugzeughaut kann es deshalb zu einem solchen Druckabfall in der Maschine kommen.
Fällt der Innendruck in der Kabine so weit, dass im Flugzeug der Druck auf einen Hohe von 4000 m absinkt, fallen Sauerstoffmasken aus den Gehäusen über den Sitzen. Diese werden entweder aus einem Druckgassystem mit Sauerstoff versorgt oder über chemischen Sauerstoff.
Die chemischen Sauerstoffsysteme sind lokal über den Sitzen angebracht. Bei ihnen wird mit dem Ruck an der Maske eine thermische Zündung ausgelöst. Diese führt zu einer chemischen Kettenreaktion, über die definiert Sauerstoff an die Maske abgegeben wird.
Die Druckgasversorgung ist zentral und wird über Verteiler an die Masken geleitet. Das Druckgassystem liefert bis zu 60 min Sauerstoff, das chemische System zwischen 12 min und 15 min. Ein solches System war vermutlich auch an Bord der 737 von Helios.
Die Piloten im Cockpit werden über ein separates System mit Druckgassauerstoff versorgt. Bei Druckabfall werden die Piloten durch ein optisches und akustisches Signal gewarnt. Sie greifen dann sofort zu ihren Masken. Dabei handelt es sich entweder um Vollgesichtsmasken oder Halbmasken mit einem Augenschutz, damit bei Rauch im Cockpit die Instrumente noch ablesbar sind.
Die Sauerstoffversorgung über die Druckgasflaschen für die Piloten wird in der Regel vom Wartungspersonal vor dem Abflug geöffnet. Der Pilot kann durch Anfassen seiner Rettungsmaske fühlen, ob Druck auf den Zuführungsschläuchen der Maske ist. Auf diesen Schläuchen ist ein Druck von 5 bar, am Kinn der Maske ein Druckminderer für den richtigen Atemdruck.
Wenn aber, so Fachleute gegenüber der VDI nachrichten, nach der Wartung die Druckgasbehälter nicht wieder geöffnet wurden, dann steht zwischen Behälter und Maske noch ein Restdruck auf der Zuleitung, die der Pilot fühlen kann und die ihm den Eindruck gibt, der Druckgasbehälter sei offen. Setzt sich der Pilot die Maske aber auf, ist nach wenigen Atemzügen kein Sauerstoff mehr da. "Dies ist ein nicht erkennbarer Fehler und könnte eine der Ursachen für das Unglück sein."
1999 verloren bei einem Learjet in den USA nach Druckverlust Crew und Passagiere das Bewusstsein. Auch hier soll das Notventil geschlossen gewesen sein. Nach einem Flug von fast drei Stunden stürzte das Flugzeug ab.
Bei der Suche nach den Ursachen für die Katastrophe des Helios-Fluges 522 ist so auch die Vermutung geäußert worden, dass die Sauerstoffversorgung im Cockpit nicht arbeitete, während die in der Kabine funktionierte - zumindest die vorgeschriebenen 15 min.
Aktuelle Sauerstoff-Notversorgungssysteme haben deshalb Signalquellen, die angeben, ob das Ventil offen oder geschlossen ist.
Klappt die Versorgung, atmen die Piloten ein Gemisch von Umluft und mindestens 40 % Sauerstoff ein. Je stärker der Druck im Flieger abfällt, umso höher wird der Anteil an Sauerstoff.
Entsteht Rauch im Cockpit, können die Piloten manuell auf eine 100 %-ige Sauerstoffversorgung umschalten.
In der Regel gehen die Piloten bei einem Druckverlust in den Sinkflug, mit einer Sinkrate von ungefähr 900 m/min. Bei einer Höhe von 3000 m wäre normales Atmen wieder möglich.
Bei einem Druckabfall kann auch die Temperatur auf bis minus 50° C sinken. Das erklärt zwar die Unterkühlung, die bei vielen der Opfer festgestellt wurde - andererseits müssten dann auch die Fenster im Inneren der Kabine vereist gewesen sein. Das war aber wohl nicht so, da ja die Piloten der beiden Jets, die die Boeing über griechischem Territorium begleiteten, in die Passagierkabine hineinsehen konnten.
Auch dass Triebwerksgase über die Zapfluft in das Flugzeug eingedrungen sind und zur Bewusstlosigkeit von Piloten und Passagieren geführt haben könnten, ist nicht wahrscheinlich. Die Zapfluft wird in der Regel deutlich in Flugrichtung vor der Brennkammer des Triebwerks abgezapft.
Zudem gilt plötzlicher Druckverlust keineswegs als übermäßig gefährlich. "So etwas kommt weltweit einmal pro Woche in einem Flugzeug vor und ist absolut beherrschbar", sagte Markus Kirschneck, Sprecher der Vereinigung Cockpit nach dem Unglück.
moc ============================================================= Zitat Ende
Grüße, TS
|